Vater-Aufgabe: Flügel verleihen

In unserem Familienkalender war eine Woche im Jahr immer fix eingeplant: Während meiner Schulzeit fuhren wir Jahr für Jahr ins vorarlbergische Schruns zum Skifahren. Diese Woche anfangs Februar war meistens mit viel Sonnenschein gekörnt und wurde mit der Zeit von unseren Vermietern der Ferienwohnung als „Schweizer Woche“ bennant.

Ich bin meinen Eltern bis heute dankbar für dieses schöne Ritual, welches ich – zwar mit etwas weniger Wetterglück – bis zum ersten Corona-Winter mit meinen Kindern weiterführte. Die Liebe zum Wintersport lebt weiter und ich geniesse jeden Schwung, den ich in die steile Sennigrat-Piste zeichnen kann.

Verbunden mit dieser Liebe zum Skifahren ist auch der natürliche, befreiende Glaube, den mir mein Papi vorgelebt und mitgegeben hat. Neben der einen Woche im Februar verbrachten wir nämlich auch hin und wieder einen Sonntag in den Bergen statt im Gemeindegottesdienst. Für uns wurden an diesen Sonntagen die Alpen zur Kirche: Wir haben auf dem Skilift Lobpreis Lieder gesungen, fühlten uns unserem Schöpfer nahe und freuten uns als Beschenkte am Leben.

In ganz spezieller Erinnerung ist mir ein Papi-Sohn-Ski-Weekend in Verbier. Zu zweit verbrachten wir wunderbare Tage auf den anspruchsvollen Pisten und abends genossen wir die gemeinsame Zeit beim Essen im Restaurant. Und als wir später im Bett lagen, begannen wir „Holländisch“ miteinander zu sprechen. Natürlich ohne die Sprache zu beherrschen und ohne wirklich etwas Bedeutungsvolles zu sagen.

Mir wird etwas zugetraut

Aber wir hatten Spass zusammen, konnten Tränen lachen und das unbeschwerte Leben feiern. Ernsthafter war der Moment auf der Skipiste, als mein Papi auf einer besonders herausfordernden Buckelpiste zu mir sagte: «Mein Sohn, jetzt hast du mich in den skifahrerischen Fähigkeiten überholt!».

Für diese Anerkennung bin ich meinem Daddy bis heute dankbar! Überhaupt ist dies ein Wesenszug von ihm, der bis heute anhält: Er glaubt an mich, feiert mich und schenkt mir Anerkennung.

Das tut gut – und wie! Es ist das, was Richard Rohr die Vaterliebe, die uns Kinder Flügel verleiht, nennt. Alle, die das erleben, wissen, dass uns in Wahrheit nicht ein österreichischer Energydrink zum Fliegen bringt, sondern ein Mensch – am besten tatsächlich der Vater -, der uns etwas zutraut, an uns glaubt und damit unser Selbstvertrauen stärkt.

Papi hat meinem Skifahren Flügel verliehen.

Und meinem Glauben, der sich an Freiheit und nicht an Gesetzlichkeit orientiert.

Und meinem Leben insgesamt, weil er mir immer wieder etwas zutraut und stolz auf mich ist.

«Päpu, danke dafür!»


Dieser Artikel ist zuerst als Kolumne in der Rubrik «Gut gemacht, Papa!» im Magazin MOVO – Was Männer bewegt. Was Männer bewegen. erschienen.  

Glücksaufgabe

Und was haben deine Eltern gut gemacht? Wofür bist du ihnen dankbar?

Welche Wurzeln verankern dich im Leben und welche Flügel bringen dich zum Fliegen? (Einige Gedanken zum Wurzel & Flügel Konzept findest du hier oder auch in meinem GlücksBuch.)

Falls du selber Kinder hast: Was willst du ihnen mitgeben?

Übrigens, wenn du deine Geschichte mit deinem Vater auch teilen willst, wende dich doch an die MOVO-Redaktion, die sind immer wieder dankbar für gute Geschichten für die Rubrik «Gut gemacht, Papa!».

Mutig weiterstolpern

Im Februar habe ich hier im Blog schon darüber geschrieben, dass das Jahr für uns als Familie ein regelrechtes Auf und Ab war (Das Leben auf der Achterbahn und Die Welt steht Kopf). Auch in meiner Kolumne im Magazin Family und FamilyNEXT habe ich unsere familiäre Situation zum Thema gemacht. Die Fragestellung war wie zugeschnitten auf unsere Situation: Das hilft mir, wenn ich daran zweifle, dass Gott es gut mit mir meint?

Schon mehrmals habe ich erlebt, dass Gott endlich ein Gebet erhört hat und wir voller Freude und Dank nächste Schritte in Angriff nahmen – bis dann der Schock kam: Was gerade noch eine Gebetserhörung und Traumerfüllung war, entpuppt sich plötzlich als Albtraum.

Anfangs Jahr haben wir eine solch schmerzliche Erfahrung gemacht: Unserem Sohn wurde zusammen mit dem Praktikumsjahr schriftlich eine anschliessende Ausbildung (Lehre) zugesagt, erst noch in seinem Wunschbetrieb. In den letzten Monaten war er längere Zeit arbeitsunfähig und als wir den Wiedereinstieg mit dem Ausbildungsbetrieb besprechen wollten, kam der Schock: Die Lehrstelle wurde entgegen der Abmachung zurückgezogen.

Gott, was soll das?!

In solchen Momenten sind die Zweifel schnell da. Aber ich weiss gar nicht genau, an was ich zweifle: An uns als Eltern? An Gott? An unserem Sohn? An den Mitmenschen?

Manchmal verzweifle ich fast an der Komplexität des Lebens. An einen guten Gott zu glauben, fällt mir nicht so schwer. Aber die Achterbahnen des Lebens auszuhalten dafür umso mehr: Wenn ich auf dem Höhepunkt schon den nächsten Tiefschlag zu erwarten habe, wie soll ich mir da die Lebensfreude bewahren? Fühle ich mich zu gut, lauert bestimmt hinter der nächste Ecke wieder ein Dämpfer.

Nein, ich wehre mich gegen eine solche destruktive Gedanken- und Gefühlswelt. Es gelingt mir bei weitem nicht immer. Doch ich will fröhlich und mutig meinen Weg gehen. Und dabei ringe ich mit meinem Gott, fordere ihn schon mal heraus. Wenn er das Beste für uns will, wie kann es denn zu all den Rückschlägen kommen?

Ich weiss nur, dass zum Glauben auch Zweifeln gehört. Ohne Zweifel kein Glaube. Glauben ist eben keine Wissenschaft, sondern eine Lebensschule: Ringen, hoffnungsvoll Neues wagen, umfallen, Chancen packen, Herausforderungen meistern, Enttäuschungen wegstecken, Fragen aushalten.

Und wenn es sein muss, darf ich auch an Gott und am Leben zweifeln. Solange ich daran nicht „verzweifle“, nicht zu Grunde gehe. Mir hilft aktuell ganz besonders, dass liebe Menschen mit uns leiden und wir die Zweifel gemeinsam aushalten.

Dieser Artikel ist zuerst als Kolumne in der Rubrik „Das hilft mir, wenn …“ im Magazin Family und FamilyNEXT erschienen.  

Glücksaufgabe

Wo zweifelst du aktuell im Leben und vielleicht auch in deinem Glauben? Und was hilft dir, daran nicht zu verzweifeln (zu zerbrechen)?

Meine Osterpredigt an der gms Matinée handelte von Gelassenheit im Sturm. Dazu gab es – inspiriert von der Bergpredigt und vom Buch Tänzer und Stolperer von Bernhard Ott – Impulse dazu, wie wir vom Stolperer zum Tänzer werden können. Die Predigt gibt’s hier zum Nachhören.

Die Welt steht Kopf

Ich liebe starke und imposante Bühnenprogramme mit kreativen, professionellen und auch überraschenden Elementen. Sei dies beim Konzertbesuch, als Teilnehmer einer Tagung oder eines Kongresses und selbst im Gottesdienst lasse ich mich gerne von einer frischen, qualitativ hochstehenden Präsentation ansprechen. Das inspiriert mich.

Neulich war jedoch genau eine andere Form das, was mir in der Situation gut tat: Ein schlichter Taizé-Gottesdienst ohne Band – dafür mit beruhigenden Flötenklängen, ohne üppiger Deko. – dafür mit angenehmem Kerzenlicht, ohne Präsentation – dafür mit unaufdringlicher Leitung mit der Einladung, sich von den Liedern und Texten ansprechen zu lassen.

Es sind zwei komplett unterschiedliche Dinge, die ich beide sehr schätze und auf keinen Fall gegeneinander ausspielen will – genau die Ergänzung sind für mich wertvoll: Vielleicht passt hier wieder einmal das Bild von «Wurzeln und Flügeln» ganz gut.

Ein schlichter Taizé-Gottesdienst erinnert mich an meine Wurzeln. Es sind Texte und Lieder, die mich geborgen im Glauben an den liebenden Gott, in dem ich beheimatet bin, ruhen lassen.

Mehr als eine Dose Red Bull verleiht mir auf der anderen Seite ein starkes Programm Flügel: Es fordert mich heraus, den guten Wurzeln des Glaubens auch Taten folgen zu lassen. Ein gutes Programm – ob jetzt in einem christlichen Setting oder auf einer politischen Konferenz – ist für mich dann gut, wenn es mich kulturell abholt und mich inspiriert, selber aktiv zu werden und etwas zu bewegen.

Für mein Leben in dieser verrückten Welt – Corona war gestern, heute ist Krieg in Europa – brauche ich unbedingt Wurzeln und Flügel: Ich will mich in etwas Grösserem aufgehoben und getragen fühlen, gleichzeitig will ich in aller Ohnmacht und Komplexität des Lebens auch erfahren, wie ich mich an meinem Ort in kleinen Schritten für die gute Sache einbringen kann.

Anders ausgedrückt: Ich will nicht jeden Sonntag «bloss» daran erinnert werden, dass Gott es gut mit mir meint und mich auch in der grössten Not des Lebens trägt. Ich will auch mal herausgefordert werden mit der Frage, was es in meinem Leben heissen könnte, diesem Jesus nachzufolgen und diese Welt in seiner Kraft zu einem besseren Ort zu machen – mit mehr Liebe und weniger Hass.

Und natürlich will ich anderseits auch nicht andauernd hören, was ich tun könnte, sondern brauche die erfahrbare Gewissheit, dass ich in Gottes Händen gut aufgehoben bin.

Meine Welt steht Kopf

Wie ich schon im letzten Blogartikel (Das Leben auf der Achterbahn) durchblicken liess, steht derzeit nicht nur die grosse Welt um mich herum Kopf, sondern auch in unserer kleinen Familienwelt sind wir gerade arg herausgefordert. Nach einem längeren gesundheitsbedingten Ausfall wurde unserem Sohn der Ausbildungsplatz gekündigt, just in dem Moment, als er sich dank professioneller Hilfe auf sein Comeback vorbereitete und dem Arbeitgeber seinen Plan für den Wiedereinstieg präsentieren wollte. Wir teilen jetzt erst recht mit vielen anderen die Erfahrung: Arbeiten in einem sozialen Job kann alles andere als sozial sein …

Eine Kündigung kommt selten alleine. Jedenfalls musste ich auch gleich noch den Ausstieg eines sehr wertvollen Mitarbeiters zur Kenntnis nehmen.

Und da kam eben der eingangs geschilderte Taizé-Gottesdienst genau richtig: Eine schlichte Feier in einer kleinen Gemeinschaft. Die meisten Leute kannte ich nicht, aber der schönen Stimme meines Sitznachbarn zu lauschen und mich dadurch daran erinnern zu lassen, dass Gott genau jetzt oben, neben und unter mir ist – das brauchte ich.

«In deiner Hand steht meine Zeit» war so eine Liedzeile, die mich meine Wurzeln spüren liess. Und es war nachhaltig! In den Tagen und inzwischen Wochen nach dieser Feier erinnere ich mich fast Mantra mässig immer wieder daran: Meine Zeit steht in seinen Händen.

Wo ist Gott, wenn die Welt Kopf steht? Warum können einzelne Machthaber wie Putin so viel Leid anrichten und Leben zerstören? Warum lässt Gott das zu?

Glaub mir: Ob meine kleine oder unsere grosse Welt Kopf steht, die Frage «Gott, was soll das?» ist ein ständiger Begleiter.

Und trotzdem will ich an meinen Wurzeln festhalten: Da ist ein liebender Gott.

Glücksaufgabe

Was hilft dir in Situationen, in denen deine Welt Kopf steht? Und welche Wurzeln tragen dich, wenn das Chaos in der Welt überhand nimmt?

Das Leben auf der Achterbahn

Mit 20 war ich sowas von im Flow, dass ich meinte, es gebe nur eine Richtung im Leben: Steil aufwärts.

Erfolgreich abgeschlossene Banklehre, Jungschar gegründet, 1. August-Redner im Dorf, mehrere Camps organisiert …

Ein Jahrzehnt – und manche Lebenserfahrung – später, war mir längst klar: Im Leben kann es nicht nur aufwärts gehen. Irritationen, Scheitern und Brüche gehören genauso dazu.

Zu einem bereits gut gefüllten Alltag mit unterschiedlichen Verpflichtungen kam quasi obendrauf noch der Familienalltag mit Kleinkindern. Wir zahlten als Paar teures Lehrgeld, weil plötzlich nicht mehr alles möglich war (war es natürlich schon vorher nicht – und doch: geht nicht, gabs irgendwie nicht), die Kräfte nicht mehr reichten, Enttäuschungen und Anfeindungen verarbeitet werden mussten.

Auch in dieser Phase gabs zum Glück immer wieder schöne Flow-Erfahrungen. Wir wurden aber auch arg ausgebremst. Und so wurde uns an unserem eigenen Erleben deutlich, was ja eigentlich schon klar war: Eine Lebenskurve ist selten gerade – und vor allem führt sie nicht fortwährend steil aufwärts.

Das 3D-Leben

Nochmals knapp zwei Jahrzehnte – und so manche Horizonterweiterung – später, scheint mir auch diese Sicht von der auf- und abwärts führenden Lebenskurve zu kurz gegriffen. Das Leben verläuft nicht einfach linear mal nach oben, dann wieder etwas nach unten.

Dies passt ja auch nicht in das 3D-Zeitalter. Das Leben ist einfach komplexer als es die Einteilung in Höhepunkte und Tiefschläge zulassen würde.

Je länger je mehr komme ich mir wie auf einer wilden Fahrt auf einer Achterbahn vor – am besten noch unter erschwerten Bedingungen, sagen wir mal eine Achterbahnfahrt im Nebel: Du weisst nicht, was als Nächstes kommt. Noch gerade ging es steil aufwärts, dann runter und unvermittelt geht’s in eine gewaltige Rechtskurve (oder war es links?) …

Leben pur, Orientierung nicht einfach.

Vor knapp zwei Wochen gönnte ich mir eine Auszeit im Solbad. Zwischen den Saunagängen reflektierte ich Tagebuch schreibend über meinen Alltag. Dabei durfte ich feststellen: Nach einem nicht einfachen Herbst haben sich Dinge am Anfang des neuen Jahres in eine gute Richtung entwickelt. Hoffnungsvoll habe ich meinen Auszeittag beendet.

Der Hammer folgte 24 Stunden später: Was sich für uns als Familie gerade so hoffnungsvoll entwickelte, wurde jäh ausgebremst. Statt steil aufwärts geht’s die Steilwandkurve runter und die Gefühlsachterbahn nimmt Fahrt auf – mit Höchstgeschwindigkeit.

Auch wenn ich hier (für den Moment) keine persönlichen Details preisgeben will, bestimmt kannst du dir vorstellen, wie es uns geht – weil du solches auch schon erlebt hast: Rauf, runter, links, rechts – wo stehen wir eigentlich? – man, ist das ungerecht! – und jetzt? …

Du bist nicht alleine!

In dieser ungemütlichen Situation sind wir gerade einige Dinge am Buchstabieren. Eines davon ist: Wir sind nicht alleine!

Gerne glauben wir ja an einem Tiefpunkt im Leben, der Lüge, wir wären die Ärmsten und besonders hart vom Leben geschlagen. Das stimmt nicht!

Natürlich wissen wir das. Doch wenn wir uns im Jammertal ins Schneckenhaus zurückziehen, sehen wir nur Menschen, die es besser haben als wir.

Während ich aber mit anderen über unsere Situation sprach, ist mir von schwierigen Lebenssituationen berichtet worden, die mich nicht kalt lassen.

Tatsache ist: Auch bei anderen – selbst wenn sie wunderschöne Fotos auf Insta teilen – geht nicht alles wie „am Schnüerli“, geht nicht alles glatt, scheint nicht jeden Tag die Sonne!

Lass dir helfen!

Wir sind so dankbar für gute Menschen an unserer Seite: Familie und Freunde, die unsere Not mittragen, Menschen, die Anteil nehmen und für uns beten, und wir sind dankbar für die professionelle Hilfe – von der Psychologin bis zum Rechtschutz.

Diese Kombi von Freunden und professioneller Hilfe wünsche ich allen, die das 3D-Leben auf der Achterbahn in seiner ganzen Komplexität erfahren: Wir müssen nicht verschweigen, was uns belastet. Und wir müssen nicht irgendwelche Helden spielen, die keine Hilfe brauchen.

Oder wie mir gestern jemand anvertraut hat: Die gutgemeinten Notfallkügeli der Eltern haben leider nicht gereicht, um ein traumatisches Erlebnis meiner Jugendzeit zu verarbeiten.

Und mir hilft, zu wissen, dass Gott da mit mir auf der Achterbahn des Lebens ist – selbst wenn ich meine Fragen an ihn habe und ich so manches einfach nicht verstehe. Er ist da. Vielleicht verhindert er nicht den freien Fall. Doch er fängt mich am Ende auf.

Glücksaufgabe

Vielleicht gibt es in deinem Leben gerade keinen Nebel und keine Steilwandkurven. Dann freu dich dran, sei dankbar und bete vielleicht für jemanden, der es gerade ganz anders erlebt.

Und wenn du selbst Tiefschläge zu verdauen hast und dich kaum orientieren kannst: Lass dir helfen! Rede mit Freunden und lass die Unterstützung von Profis zu.

Schauendes Vertrauen

Es ist meine Hoffnung, dass ihr alle gut ins neue Jahr gestartet seid. Jedenfalls wünsche ich uns viel Hoffnung, Mut, Weitblick und Gelassenheit in dieser ungewissen Zeit.

Im Dezember habe ich an dieser Stelle über Vertrauen geschrieben (Frage des Vertrauens und Gnadenbringende Weihnachtszeit …), heute beschliesse ich diese kleine Serie.

Zu meinen schönen Aufgaben als Ressortvorsteher Bildung gehört es, dass ich anfangs Schuljahr das Kollegium bestehend als Lehr- und Betreuungspersonen sowie Schulleitung und -verwaltung mit einer kurzen Ansprache begrüssen darf.

Letzten Sommer, dem Abstand zwischen den rund 100 Mitarbeitenden unserer Schule war anzusehen, dass wir zum wiederholten Mal ein Schuljahr im Pandemie-Modus starten müssen, wollte ich nicht über Corona sprechen.

Darum wählte ich folgendes Zitat:

Nichts kann den Menschen mehr stärken als das Vertrauen,
das man ihm entgegenbringt.
Adolf von Harnack, protestantischer Theologe

Blind vertrauen?

Nein, in meiner Ansprache habe ich nicht für «blindes Vertrauen» im Schulalltag geworben. Dies wäre dort, wie an vielen anderen Stellen auch, fehl am Platz.

Aus gutem Grund gibt es Behörden (in diesem Fall beispielsweise die Bildungskommission), die eine Aufsichtspflicht haben. Und als Führungspersonen, Chefs, Trainer oder eben auch als Lehrpersonen sind wir gefordert, «häre z’luege» (hinzuschauen) was unsere Schützlinge bewegt, was sie tun oder auch nicht tun.

Darum wünschte ich uns zum Start ins Schuljahr «schauendes Vertrauen». Ich sagte zum versammelten «Team»:

«Unser Umgang an der Schule ist von Vertrauen geprägt, jedoch nie von Gleichgültigkeit. Wir vertrauen einander und wir sehen einander.»

Blindes oder schauendes Vertrauen – darüber hatte ich mir letzten Sommer erstmals Gedanken gemacht. Ich fand diesen Gedanke spannend und habe mich gefreut, dass er auch vom Kollegium gut aufgenommen wurde.

Ich sehe dich!

Diese Äusserung kann man so oder so hören. «Ich sehe dich!», vor allem wenn der Satz mit erhobenem Zeigefinger ausgesprochen wird, kann man als Bedrohung hören: «Pass nur auf, was du tust, ich habe dich unter Kontrolle!».

Wenn ich zusammen mit meiner Frau jeweils Paare auf ihre Hochzeit hin begleiten darf, lassen wir uns in den Traugesprächen von Bibeltexten inspirieren. Bei einem Treffen schauen wir uns gemeinsam Psalm 139 an. In poetischer Sprache wird hier beschrieben, wie einzigartig und wunderbar der Mensch geschaffen ist.

Es ist auch davon die Rede, dass wir vor Gott nicht weglaufen können – er sieht uns überall.

Da ist es wieder: «Ich sehe dich!».

Was hörst du, wenn Gott das sagt? Fühlst du dich getragen? Denn: Egal was passiert, egal wo du bist, egal was du tust – er sieht dich, er ist da, du bist in seiner Liebe aufgehoben.

Oder macht es eng? «Was? Gott sieht die ganze Zeit auf mich? Ich will mich doch nicht von Gott kontrollieren lassen!».

Schauendes Vertrauen soll keine Bedrohung sein. Es hat mit Wertschätzung zu tun und einem positiven «Ich sehe dich!». Wir wollen alle gesehen und geschätzt werden.

Wir wollen gesehen werden, wenn es uns nicht gut geht, weil wir dann Ermutigung brauchen.

Wir wollen gesehen werden, wenn uns etwas besonders gut gelingt, weil wir dann gefeiert werden möchten. (Das kann so gut tun, hat therapeutische Wirkung – und wird so selten gemacht!)

Etwas weniger gern wollen wir gesehen werden, wenn uns etwas misslingt. Da braucht es dann die hohe Schule des schauenden Vertrauens. Ich muss meinem Gegenüber nicht sagen, was es schon selber herausgefunden hat (was schief gelaufen ist). Doch wenn ich nicht als Kontrolleur sondern als Coach schauend vertraue, finden wir gemeinsam Entwicklungsschritte, die sogar das Scheitern zu einer wertvollen Erfahrung machen.

Blindes Vertrauen kann Gleichgültigkeit bedeuten: «Mach einfach, ich hab genug mit mir selbst zu tun».

Schauendes Vertrauen hingegen ist ein Akt der Wertschätzung, die uns allen gut tut.

«Ich sehe dich!»

«Ich vertraue dir!»

«Ich unterstütze dich!»

Glücksaufgabe

In welchem Umfeld (Beruf, Familie, Verein …) könntest du die Aspekte vom schauenden Vertrauen umsetzen?

Dieser wertschätzende Umgang miteinander wird uns glücklich und stark machen!

Wurzeln & Flügel für unsere Kids

Nun ist es also soweit: Unsere Älteste wurde diese Woche volljährig. Der Situation geschuldet gabs natürlich keine „Big Party“, doch wir haben Wege gefunden, diesen grossen Tag trotzdem würdig zu feiern.

Mit mir als Vater hat dieser 18. Geburtstag der eigenen Tochter mehr gemacht als etwa ihre Konfirmation. Rechtlich ist sie nun selber für ihr Leben verantwortlich. Natürlich wird sich in der chaotischen Familien-WG nicht von einem Tag auf den anderen alles verändern.

Und trotzdem: Meine Verantwortung als Vater ist jetzt eine andere. Joy ist nun für ihr Leben und ihre Entscheidungen selber verantwortlich. Wo sie das wünscht, unterstützen wir sie als Eltern selbstverständlich weiterhin.

Es fühlt sich speziell an – speziell schön, aber auch speziell nostalgisch. Immer wenn auf Facebook eine schöne Erinnerung aus der Familienzeit mit unseren kleinen Kindern aufpoppt, steigt in mir so ein wohlig warmes und gleichzeitig bittersüsses Gefühl auf: „Ooohhh, wie schön das war. Schau mal unsere herzigen, kleinen Kids. Hm, hätten wir sie noch mehr geniessen sollen? Welche Chancen und Momente haben wir verpasst?“

Aber Halt! Ich falle da ja selbst in die Manipulationsfalle von den Highlight-Momenten, die wir so gerne auf Social Media teilen. Diese Momente sind 100 % wahr und ganz oft auch ohne irgendwelche Filter einfach schön.

100 % wahr sind aber auch die vielen anderen Momente, in denen wir uns nicht einig waren, wo wir Kämpfe auszutragen hatten, wo wir nicht verstanden, was eines unserer Kinder zu tiefst beschäftigte, wo Kompromisse niemanden wirklich glücklich machten …

Familylife pur: 100 % wunderschön und 100 % anstrengend.

Schlaue Rechner unter uns wenden nun ein: „Das gibt aber 200 Prozent! Das geht gar nicht!“.

Stimmt! Das Familienleben fühlt sich oft wie 200 % an und das geht eigentlich gar nicht. Egal in welcher Phase die Kids sind, die Familienphase ist unheimlich intensiv – an Schönem, an Herausforderndem, an Emotionen, an Aufgaben.

Was bleibt?

Ich hüte mich, hier eine öffentliche Bilanz über mein Vatersein zu ziehen. Überhaupt ist das auch nicht an mir.

Doch so viel des persönlichen Ein- und Rückblicks teile ich in der Hoffnung, dass es andere Väter und Eltern ermutigen kann:

Verpasste Chancen

Die Zeit vergeht so schnell, dass es für einiges, das man gerne gemacht hätte, irgendwann zu spät ist. Zwei, drei Dinge kommen mir da schon auch in den Sinn.

Etwas Konkretes, das ich bereue: Meine Frau und ich waren eine Zeit lang sehr oft an den Wochenenden für Seminare, Auftritte, Referate … engagiert. Wertvolle Familienzeiten mit Abenteuer im Wald oder Ausflügen erlebten unsere Kids eher mit ihren Grosseltern als mit ihren Eltern. Das würde ich heute versuchen anders zu planen.

Mit Wurzeln und Flügel das Leben gestalten

Und wie steht es um meine Vision, die ich mir für den Lebensbereich Familie vor Jahren gesetzt hatte? „Ich investiere Liebe, Zeit und Vaterenergie in meine (vor)pubertierende Kids, fördere sie auf dem Weg zu mutigen und starken Persönlichkeiten.“

Unsere Kids sollen zu mutigen und starken Persönlichkeiten heranwachsen. Ist das geglückt?

Ich glaube schon. Für mich hat das viel mit dem Konzept von Wurzeln und Flügel zu tun.

Wurzeln stehen für Geborgenheit, ein Verankertsein im Leben, quasi ein Fundament auf dem meine volljährige Tochter nun weiterbauen kann. Wir sprechen da auch von einem gesunden Selbstwert. Das Wissen, dass sie als Geschöpf wertvoll und geliebt ist – einfach so, ohne besondere Leistung.

Flügel meint den Mut, sich selbst etwas zuzutrauen, also sich mit einem gesunden Selbstvertrauen den Aufgaben des Lebens zu stellen. Dazu gehört auch ein reflektiertes Selbstbewusstsein – ich bin mir meiner Stärken und Grenzen bewusst, resp. ich bin daran, diese zu entdecken und entfalten.

Lasst uns also gut verwurzelt sein. Und auf dass uns unsere Flügel immer wieder zum Fliegen bringen. Das wünsch ich dir – und natürlich ganz besonders meiner volljährigen Tochter!

Glücksaufgabe

Was hast du von deinen Eltern mitbekommen?

Und falls du selber Vater oder Mutter bist: Was willst du deinen Kindern mit auf den Weg geben?

Mehr zum Wurzeln & Flügel-Konzept findest du hier.

Und wenn dir dieser kurze Einblick in unsere Vater-Tochter-Beziehung nicht reicht – hier gibt es mehr: Kolumne: Nachgefragt (bei Joy und Stef) im Magazin FamilyNEXT.

Veranstaltungstipp:
Forum Ehe+Familie: Stress lass nach – Familien entlasten
Samstag, 12. März 2021
online

Stress in der Familie

Regelmässig darf ich im family Magazin eine Kolumne für die Rubrik „Das hilft mir, wenn …“ beisteuern. Für eine der letzten Nummern hatte ich die Aufgabe, etwas zum Thema „Das hilft mir, wenn der Haussegen schief hängt“ zu schreiben.

Stress in der Familie – das ist ja gerade zu Corona-Zeiten ein noch aktuelleres Thema als sonst. Wer Homeoffice und Familienalltag – an einigen Orten sogar Homeschooling/Fernunterricht – unter einen Hut bringen muss, ist tatsächlich gefordert. Gut möglich, dass da der Haussegen ab und zu mal schief hängt.

Hier also, was mir in solchen Situationen hilft:

Früher war das einfach. Gabs tagsüber Ärger, reichte es, abends einige Minuten neben dem schlafenden Kind zu verweilen: Sämtlicher angestaute Groll verschwand. Der Anblick meines schlafenden Kindes hatte eine beruhigende Wirkung und füllte nebenbei meinen Tank mit Liebe, Dankbarkeit und Vaterstolz.

Leider sind wir aus dieser Phase herausgewachsen. Heute, mit zwei Teenagern, ist vieles komplizierter und der Vater ist beim schlafenden Kind nicht mehr erwünscht – und schläft zu dieser Zeit meistens sowieso schon.

Bin ich durch die Arbeit gereizt und geht es dann in unserer Familien-WG chaotisch und laut zu und her, wird es ungemütlich. Gelingt es uns zusätzlich als Paar nicht, als Team am selben Strick zu ziehen, hängt der Haussegen definitiv schief.

In solchen Situationen hilft mir, wenn ich zuerst wieder zu meiner Balance finde: Ich schaff mir eine Oase um ausgeglichener zu werden. Eine kleine Fahrradtour, das Vollbad oder Tagebuchschreiben.

Nach der Beziehung zu mir selbst muss die Beziehung als Paar geklärt werden: Wie geht es uns? Wie können wir wieder am selben Strick ziehen? Uns hilft das Reden auf dem morgendlichen Spaziergang. Und wahrscheinlich bin ich nicht der einzige Mann, der sich nach dem Sex wieder besonders geliebt und ausgeglichen fühlt …

Von den unberechenbaren Teenagern versuche ich weniger einzufordern, sondern mich überraschen zu lassen: Zum Beispiel, wenn sie ihre Liebe zu mir darin zeigen, dass ein Dialog für einmal über ein „Ja.“ – oder öfters „Nein!“ – hinausgeht. In solchen Situationen liegt es dann an mir, mich bei meiner Tätigkeit unterbrechen zu lassen und meine volle Aufmerksamkeit auf mein Kind zu richten.

Dieser Artikel ist zuerst als Kolumne in der Rubrik „Das hilft mir, wenn …“ im Magazin family erschienen.  

Glücksaufgabe

Wie würde diese Kolumne klingen, wenn sie aus deiner Feder stammen würde?
Konkret: Was hilft dir, wenn der Haussegen schief hängt?

Versuche konstruktive Wege in den drei oben erwähnten Bereichen zu finden:

  • Guter Umgang mit mir selbst: Wie finde ich eine gute Balance?
  • Für Paare: Wie könnt ihr eure Partnerschaft stärken?
  • Für Eltern: Beziehung vor Erziehung – was hilft dir, eine stabile Beziehung zu deinen Kindern aufzubauen?

Fröhliche Weihnachten?

Wie bleibt man in der Adventszeit glücklich? Und vor allem: Wie erhält man sich in DIESER (Corona)-Zeit die Lebensfreude?

Du hast es selbst in der Hand! Mindestens zu einem grossen Teil bist du selber für dein Glück – auch in Corona-Zeiten, auch an Weihnachten – verantwortlich.

Wie kann also das mit dem Glück glücken? Wie du zum Gestalter deiner eigenen Lebensfreude und Lebenszufriedenheit wirst, will ich dir heute weniger mit Text näher bringen, sondern lade dich ein, dich mittels zwei Livestream-Aufzeichnungen mit der Frage auseinanderzusetzen. Dabei kommt ein Impuls von mir selber, der andere ist eine Predigt von Ladina Spiess, ehemalige Moderatorin von Radio SRF.

Letzten Sonntag war ich zu Gast bei „Gospel & Talk“ in Bern. In diesen 20 Minuten erfährst du, was das Glück ausmacht und warum ich mit „fröhliche Weihnachten“ im Grunde nichts anfangen kann:

Hier geht’s direkt zum Talk. Falls du etwas mehr Zeit hast: Spule das Video zurück und du wirst mit wunderbarer Musik beschenkt!

Und falls du, was ich sehr bedauern würde, den Talk nicht hören willst, hier ein Gedanke daraus: Wir alle investieren viel in unser Glück.

  • Manchmal investieren wir ins HABEN.
  • Manchmal investieren wir ins TUN.
  • Manchmal investieren wir ins SEIN.

Nicht alle dieser drei Wege sind gleich erfolgsversprechend. Aber dazu mehr im Talk.

Killer der Lebensfreude

Ebenfalls letzten Sonntag sprach Ladina Spiess in einer ansprechenden, unterhaltsamen Predigt über Lebensfreude. Auch wenn du hierfür etwas länger Zeit brauchst, ich empfehle dir sehr, das Referat nachzuhören! Gerade für Menschen, die manchmal etwas zu kämpfen haben, den Kopf hängen lassen oder sich durch Corona die Laue vermiesen lassen – hier kommt „Seelenfutter“, das dir gut tun wird!

Auch da wieder: Ich hoffe, du gönnst deiner Seele diesen Impuls!!

Falls du dich nur fürs „Abstract“ interessierst. Hier die vier Lebensfreude-Killer, die ich aus der Predigt von Ladina Spiess mitgenommen habe:

Erstens: Stress und Überforderung

Zweitens: Langeweile und Unterforderung

Drittens: Vergleichen

Viertens: Wenn … dann.

Wenn du nun tatsächlich lieber liest als hörst, dann findest du hier im GlücksBlog oder natürlich in Glück finden – hier und jetzt zu jedem der Lebensfreude-Killer eine Glücksaktivität als Gegenpol: Flow statt Unter-/Überforderung, Dankbarkeit statt das Vergleichen, Leben im Hier und Jetzt satt „Wenn … dann“.

Glücksaufgabe

Hast du dir mindestens einer der beiden Livestreams angeschaut? Wenn nicht – das wäre jetzt eben die Glücksaufgabe für diese Woche …

Das Beste, das geschehen könnte …

In zwei Wochen ist es wieder soweit: Ich darf zur DH!

Da ich nicht masochistisch veranlagt bin, gehört der Termin bei der Dentalhygienikerin natürlich auch für mich nicht zu den Highlights in meiner Agenda. (Tatsächlich bringt schon das Geräusch während der Untersuchung meinen Körper dazu, sich zu verkrampfen.)

Trotzdem freu ich mich auf den DH-Termin! Vor einigen Jahren hab ich den Versuch gestartet, meinem Hirn einen positiven Zugang zur DH-Behandlung zu geben.

Und so geht mein kleiner Trick: Der nächste DH-Termin ist nie so weit weg, wie wenn ich nach der DH zur Zahnarztpraxis hinauslaufe. Ich freu mich also auf die Behandlung, weil ich danach ein Jahr Ruhe von der DH habe.

Obs funktioniert? Die Vorfreude hält sich nach wie vor in Grenzen, aber tatsächlich verändert der positive Ansatz meine Einstellung zu diesem Termin.

Eine gewisse Ähnlichkeit gibt es bei einer Taktik, die Juliet Funt am diesjährigen Global Leadership Summit vorgestellt hat. Sie nennt es „Laddering Up“.

Dabei geht es darum, in einer Situation in einen inneren Dialog zu treten und sich selbst zu fragen: Was ist das Beste, das daraus entstehen kann? Und wenn das eintrifft, was kann wiederum die best mögliche Folge davon sein?

Es ist quasi die Umkehrung vom üblichen Gedankenspiel des „Worst Case Scenarios“, wo wir nach den schlimmst möglichen Folgen von etwas fragen.

Was ist also das Beste, das aus meinem DH-Termin resultieren kann? Im besten Fall höre ich, dass meine Zähne gesund sind (und ich gar nicht so schlecht Zähne putze …).  Daraus folgert, dass ich gute Aussichten habe, ohne Zahnschmerzen auszukommen. Dies wiederum führt im besten Fall dazu, dass ich für mindestens ein Jahr keine Zahnarzt-/DH-Termine brauche. Das wiederum schont meine Finanzen, meine  Zeit und meine Nerven …

Du entscheidest selbst, ob das jetzt ein passendes Beispiel war. Aber immerhin kennen wir wohl alle dieses Gefühl auf dem Stuhl in der Zahnarztpraxis.

Natürlich funktioniert die Übung auch in ganz anderen Lebensbereichen – bei Prüfungen, Terminen, Projekten und Begegnungen.

Das „Laddering Up“, das Fragen nach den besten Folgen eines Termines oder einer Tätigkeit, kann zu einer Motivations-Pille werden: Eine Routinearbeit wie das Schreiben eines Blogartikels, das Ausliefern einer Bestellung oder das Ernten von Gemüse bekommt eine tiefere Bedeutung, wenn wir danach fragen, was die bestmöglichen Ergebnisse davon sein könnten.

Eine Zufallsbegegnung kann der Anfang einer bereichernden Freundschaft sein, die wiederum dazu führen kann, dass ich mehr Freude im Alltag erlebe und mein Hobby mit jemandem Teilen kann …

Die Übung lässt sich soweit heraufspielen, bis wir bei unserem grossen „WHY“ landen. Warum tun wir, was wir tun? Was ist die Sinnhaftigkeit in unserem Sein und Tun?

„Laddering Up“ hilft in Beruf, Freizeit und Familie. Die Frage, was das Beste Resultat unserer Kindererziehung sein könnte, gibt dem doch immer auch wieder herausfordernden Familienalltag eine andere Bedeutung.

Das Beste Resultat daraus? Unsere Kids werden zu eigenständigen, positiven Persönlichkeiten mit einem gesunden Selbstvertrauen, die Liebe in diese Welt tragen.

Und das motiviert mich, dem WHY in meinem Leben nachzugehen: Gemäss meinem Lebensmotto möchte ich „Liebe schenken, Hoffnung verbreiten, Glaube leben“.

Glücksaufgabe

Wie würde das bei dir aussehen, wenn du deine alltäglichen Termine und Tätigkeiten mit „Laddering Up“ zu mehr Bedeutung verhelfen würdest?

Weitere Motivationstipps für den Alltag durfte ich diese Woche in einem Kurzinterview auf Radio Life Channel weitergeben.

 

Strafe Gottes?

Was für ein Kontrast: Zuletzt schaute ich spätabends regelmässig bei CNN rein, um die dramatische Corona-Entwicklung in den USA und das ungeschickte Handeln des mächtigsten Mannes zu verfolgen. Gestern Abend jedoch liess ich mich spätabends nicht von drastisch steigenden Zahlen berieseln, sondern genoss unser traditionelles Sommerfestli in unserem Garten.

Liebend gerne würde ich nun über die Qualität dieser unbekümmerten Stunden zusammen mit anderen Menschen schreiben – doch dies tat ich schon letztes Jahr.

Und so kommen wir halt wieder zurück zu dieser Corona-Krise: Neulich, im Anschluss an einen Gemeindepräsidenten-Anlass, standen wir, soweit möglich mit der nötigen Distanz,  zusammen beim Apéro. Natürlich war das Thema gesetzt – einmal mehr ging es um Corona und wie wir damit umgehen würden.

Irgendwann kamen dabei auch die geschmacklosen Plakate, die suggerieren, Corona wäre die Strafe Gottes für unser Handeln, zur Sprache. Was ich als Pfarrer denn dazu sagen würde? „Ist Corona jetzt eine Strafe Gottes oder nicht; was sagst du dazu, Stef?“

Meine spontane Antwort ging in diese Richtung: „Nein, ich glaube nicht, dass Corona eine Strafe Gottes ist. Vielmehr ist es eine Gelegenheit, unser Leben zu reflektieren.“

Es ist einfach nicht fair, Gott Dinge in die Schuhe zu schieben, die wir im Grunde selber zu verantworten haben. So viele Krisen und Katastrophen auf dieser Welt sind ja tatsächlich hausgemacht oder eben „menschgemacht“.

Dann ist Corona als doch eine Quittung für unser Handeln? Ja, so formuliert stimmt der Satz wohl schon. Aber die Konsequenzen unseres Handelns mit einer Strafe Gottes gleichzusetzen, liegt mir fern.

Von Welt-, Menschen- und Gottesbildern

Ein Lieblingswitz von meiner Frau und mir geht so: „Als wir noch keine Kinder hatten, waren wir auch für eine konsequente Erziehung.“

In der Tat haben wir längst nicht all unsere edeln Vorsätze im hektischen Erziehungsalltag umsetzen können. Doch die Idee einer partnerschaftlichen Erziehung, die die Persönlichkeit des Kindes wahr- und ernstnimmt, dabei auch aushält, dass ein bestimmtes Verhalten auch bestimmte Konsequenzen mitbringt, gefällt uns nach wie vor.

Bin ich nun also ein strafender Vater, wenn ich mein Kind nicht vor den Konsequenzen seines Handelns bewahre?

Wo würde denn mein Kind landen, wenn ich es jedesmal vor den Folgen seines Handelns verschonen würde?

Und jetzt zurück zu Gott und Corona: Wo würde die Menschheit landen, wenn Gott uns vor jeder Katastrophe verschonen würde?

Krisen wie die gegenwärtige machen uns demütig, erinnern uns daran, dass wir nicht alles unter Kontrolle haben und lassen uns über den Wert jedes einzelnen Menschenleben nachdenken. Das ist die gute Seite der schrecklichen Corona-Tragödie.

Ich stelle eine böse Vermutung auf: Wenn wir unsere Kinder vor den Konsequenzen ihres Handelns verschonen, werden sie zu selbstverliebten Zeitgenossen, die tatsächlich meinen, alle anderen existieren nur dazu, sie glücklich zu machen.

Wenn „der liebe Gott“ tatsächlich nur „lieb“ im Sinn von uns vor jedem Leid und jeder Katastrophe zu verschonen wäre, würde auf dieser Welt bald einmal nur noch Narzissten leben, die tatsächlich davon ausgingen, die gesamte Welt dreh sich um sie selbst.

Es ist eine Frage des Menschen- und Gottesbildes. Ich glaube nicht an einen strafenden Gott, der bloss darauf wartet, wann er uns ein nächstes Virus als Strafe für unser Handeln vorbeischicken könnte.

Aber Gott ist auch nicht ein Spielball unserer Laune, der nur dafür da ist, uns ein möglichst bequemes Leben zu ermöglichen. Nein, unser Handeln hat tatsächlich Konsequenzen – viele positive, aber oft auch schmerzhafte.

In einem schwarz-weiss Denken ist alles entweder Strafe oder Bestätigung. In meinem Weltbild gibt es jedoch mehr Farben als bloss schwarz und weiss.

Und: Ich bin gerne ein Kind meines Vaters im Himmel. Die göttliche Liebe ist das grossartige und vollkommene Geschenk des Lebens.

Glücksaufgabe

Wie denkst du über „Strafe Gottes“? Welche Menschen- und Gottesbilder prägen dich? Und was bedeutet es für dich, in Gott einen himmlischen Vater zu haben?