Bilder im Kopf

Es gab Jahre, da hab ich mir ganz konkrete Neujahrsvorsätze gefasst und sogar andere angeleitet, wie man mit einem PEP (Persönlicher Entwicklungsplan) erfolgreich ins neue Jahr starten kann.

Auf die lange Sicht darf ich auch feststellen, dass mich mein zielorientiertes Vorgehen, sprich die Klarheit über meinen Fokus, «weit» gebracht hat.

Ja, gerade gestern Abend hörte ich mich beim Neujahrs-Gönner-Apéro von gms/Happy Kids diesen Satz sagen: «Dieses Jahr wird das gms 25jährig – und ich liebe diese Arbeit mehr denn je!». Und das hat damit zu tun, dass wir seit 25 Jahren fokussiert, gar hartnäckig, den einen Traum verfolgen – Safe Places, Begegnungsräume, zu schaffen, wo sich unterschiedlichste Menschen wohl und angenommen fühlen und für ihr Leben und Glauben inspiriert werden.

Weil wir unterwegs nicht aufgegeben haben und unsere Vision nicht nach den ersten Schwierigkeiten austauschten, dürfen wir heute hier und da Früchte unserer Investitionen ernten.

Darum: Fokus ist gut und wichtig! Und Neujahrsvorsätze, wenn sie mehr als eine halbherzige Wunschvorstellung sind, können zu wertvollen Meilensteinen auf dem Weg werden.

Meine Top Ten

Trotzdem habe ich mich dieses Jahr mehr mit dem Rück- als mit dem Ausblick beschäftigt: Zum Jahreswechsel habe ich während 10 Tagen je ein Bild aus meinen TOP TEN 2023 auf Facebook und WhatsApp geteilt.

Was für besondere, schöne Momente aus dem vergangenen Jahr bleiben hängen, hab ich mich gefragt und dabei als Gedankenstütze meine Fotos auf dem iPhone «durchgeswipet»: Als absoluter Höhepunkt bleibt der Vater-Sohn-Urlaub in Arizona hängen, dann gab es viele schöne Begegnungen mit alten und neuen Freunden, Erfolgserlebnisse bei der Arbeit, fröhliche (und schwere) Familienmomente …

Ich liebe es, meine Gedanken zu verschriftlichen und so habe ich natürlich schon oft meine Ziele in Worten festgehalten. Beim Anblick der Top Ten 2023 merkte ich: Da braucht es gar keine Worte mehr. Ich will, dass diese Bilder in mir haften bleiben.

Und diese Bilder im Kopf – und vor allem im Herzen – wecken in mir die Sehnsucht nach mehr davon.

So werden die Bilder aus dem Jahresrückblick zu meinem Neujahrsvorsatz: Ich will Raum schaffen, dass auch 2024 solche Erlebnisse Platz haben. Ich will Beziehungen gestalten, den Moment geniessen, Neues erleben.

Ob die Neuropsychologin oder der (Mental)Trainer: Immer mehr Fachleute, so kommt es mir mindestens vor, weisen darauf hin, welch starken Einfluss unsere inneren Bilder auf uns haben.

Gerade diese Woche habe ich in einem Podcast von der Taktik gehört, einen Trigger dadurch zu stoppen, dass man ihm ein anderes, im besten Fall humorvolles Bild, entgegenhält. Statt mich von einem Trigger runterdrücken zu lassen und vielleicht in Panik zu landen, ist es möglich, innerhalb einer Millisekunde Gegensteuer zu geben – und durch das lustige Bild kommen wir ins Lachen: Humor vertreibt somit die Angst.

Der schlechteste Neujahrsvorsatz war schon immer «Ich muss joggen gehen und abnehmen!». Bringt nichts!

Aber positive Bilder im Kopf – das bewegt was.
Probiers aus!

Glücksaufgabe

Welche schönen Momente, Bilder!, willst du mit ins neue Jahr nehmen? Und was für Bilder sollen dein 2024 prägen?

Weggetragen

«Du hangisch wieder», wurde mir Ende September mehrmals gesagt. Gemeint war, dass auch mein Kopf im Plakat-Wald des Wahlherbstes zu finden war.

Auch wenn ich mich nach mehreren Wahlkämpfen (mit mehr oder weniger Ambitionen) daran gewöhnt habe, wochenlang an einem Plakat von mir selbst vorbeizufahren – es bleibt etwas Spezielles und irgendwie auch Unangenehmes.

Schön war dieses Jahr, dass mir Kids auf dem Schulhausplatz «Sälü Herr Gerber» nachgerufen haben. Erschreckend fand ich, wie viele Menschen unser, zugegebenermassen kompliziertes und für Kleinparteien auch unfaires, Wahlsystem nicht begreifen: «Wenn sein Plakat im Dorf hängt, dann will er auch unbedingt in den Nationalrat». Nein, das war nicht so, ich wollte nur meiner Partei (EVP) helfen und unserem Nationalrat (Marc Jost) zur Wiederwahl verhelfen.

Soweit so gut, um Politik soll es hier nicht gehen.

Eine Szene nach den Wahlen war so skurril, dass ich sie hier mit euch teilen will: Als wir durch ein Nachbardorf fuhren, sahen meine Frau und ich, wie ein Werkhof Mitarbeiter gerade den Plakatständer mit meinem Kopf darauf wegtrug.

Das ist eingefahren: Ich werde einfach weggetragen. Ein starker Mann nimmt mich einfach so unter seinen Arm – und weg bin ich.

Wir schauten der Szenerie etwas perplex zu und verpassten es so leider, ein Foto davon zu schiessen. Ein solches Bild hätte meine Gedanken hier eindrücklich untermalen können. Nun setz ich einfach auf deine Vorstellungskraft!

Endlichkeit vor Augen

Dieses Bild, wie ich weggetragen werde, brannte sich sofort in mein Herz. Deutlicher kann man nicht mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert werden. Meine Zeit, mein Sein und Tun, all die schönen Beziehungen und all mein freudiges Wirken, aber auch sämtlicher Schmerz des Alltags – all das hat ein Verfallsdatum.

Irgendwann werde ich nicht mehr sein!

Und bei dir ist es genauso!

Ich finde diesen Gedanken nicht bedrohlich – auch wenn ich hoffe, dass mein Verfallsdatum noch einige Jahre auf sich warten lässt.

Doch die Endlichkeit vor Augen ist für mich eine Einladung, mein Leben bewusst zu gestalten. Mich regelmässig, ganz besonders um meinen Geburtstag herum (war gestern), zu fragen, was ich durch mein Sein und Tun bewegen will und was ich eines Tages hinterlassen will.

Die Amis sprechen da schön von «Leave a legacy», die deutsche Übersetzung kommt nicht an diesen schönen Satz heran: Ein Vermächtnis hinterlassen.

Aber bleiben wir dabei: Welches Vermächtnis wollen wir zurücklassen? Das entscheidet sich heute – und nicht auf dem Sterbebett!

Die kleinen Entscheidungen des Alltags bestimmen, welche «Legacy» wir einmal zurücklassen werden.

Das Bild meines Wegtragens ist kaum an Dramatik zu überbieten, wenn ich dir jetzt noch etwas ganz Persönliches anvertraue: Genau in diesen Tagen, als sich die Szenerie abspielte, erfuhren wir, dass die Chemotherapie bei meinem Vater sein Ziel verfehlt und er besser seiner baldigen Endlichkeit ins Auge schaut.

Lass uns im Bewusstsein leben, dass wir möglicherweise schon morgen weggetragen werden.

Glücksaufgabe

Meine Hoffnung, dass es auch nach dem endgültigen Wegtragen meiner Selbst nicht zu Ende ist, nährt sich aus meinem Vertrauen in die christliche Verheissung: Nach dem unvollkommenen Leben im Hier und Jetzt mit all seiner Schönheit und seiner Tragik, wartet auf uns ein vollkommenes Leben im Jenseits. All unsere Sehnsüchte werden da gestillt werden.

Und welche Hoffnung trägt dich über die Endlichkeit des diesseitigen Lebens hinaus?

Nach den vielen Worten hier ein Lied, das mich bewegt und etwas von dieser Hoffnung ausdrückt:

«Ich bin drin, und du bist draußen.»

Heute ist Halloween.

Und Reformationstag.

Und der 24. Geburtstag vom gms studen.

Passend dazu ist in der aktuellen Ausgabe des Magazins familyNEXT in der Rubrik «Erwachsen glauben» ein Artikel von mir abgedruckt, in dem ich davon schreibe, dass ich meine Mitmenschen nicht mehr in zwei Kategorien einteilen möchte.

Anlässlich des heutigen gms Geburtstags stelle ich den Artikel hier in den GlücksBlog, auch wenn der Text länger als gewohnt ist …

«Du darfst hier nicht rein. Du gehörst nicht zur Gemeinde!» Mir lief schon damals, vor 25 Jahren, ein kalter Schauer den Rücken hinab, als ich miterlebte, wie ein Mädchen einem Nachbarkind mit diesen Worten den Eintritt ins Gebäude der Freikirche verweigerte.

Zwar war dieses «Drinnen-Draußen» ein Glaubenssatz, den ich damals durch meine theologische Prägung auch verinnerlicht hatte. Doch in diesem Moment war mir klar: Da ist etwas schiefgelaufen! Was für ein Bild von Gott und seiner Gemeinde hatte dieses Kind mitbekommen, dass es aus der Gemeinde einen Exklusiv-Club machte? Ich mutmaße, dass eine Art Subtext die biblischen Geschichten im Kindergottesdienst begleitete: Weil wir Jesus lieben, gehören wir zu seiner Familie. Wer Jesus nicht liebt, gehört hier nicht dazu – und ist darum auch nicht willkommen bei uns. Wie tragisch, wenn das die Botschaft ist, die bei den Kindern hängenbleibt. Der Gott der Liebe wird zum exklusiven Gut für einige Auserwählte. Aus dem «Lasset die Kinder zu mir kommen!» wird ein «Du hast hier nichts verloren!».

Willkommenskultur!

Etwa zur selben Zeit stand ich zusammen mit meiner Frau vor einer Gemeindegründung. Wir wollten im Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, eine zeitgemäße Gemeinde für kirchendistanzierte Familien aufbauen. Von Anfang an sollte in dieser neuen Gemeinde eine Willkommenskultur gelebt werden. Mit dem Gründungsteam hatten wir einen entsprechenden Traum definiert: «Wir wollen kirchendistanzierten Menschen einen Ort bieten, wo sie sich wohl und angenommen fühlen, Gott kennen und lieben lernen.“

Für dieses Anliegen investiere ich mich noch heute. Dieser Traumsatz wurde zur DNA unserer Gemeinde. Unterschiedlichste Menschen, junge und alte, christlich sozialisierte und Agnostiker, bestätigen, dass sie hier einen Ort erleben, wo sie sich außergewöhnlich angenommen und wohl fühlen. Und ja, auch den zweiten Teil des Traums dürfen wir erleben: Die Besucherinnen und Besucher kommen in Kontakt mit Gott.

Exklusiver Kreis?

Und trotzdem hat sich einiges verändert seit dem Start unserer Arbeit. Auch wenn wir die Willkommenskultur von Anfang an großschrieben und ohne klassischen Bekehrungsaufruf auskamen, basierte unser theologisches Modell auf der Überzeugung, dass sich Menschen bewusst für Drinnen oder Draußen entscheiden müssten.

Auch wenn ich versuchte, keine gnadenlosen Grenzen zu ziehen, steckte ich meine Mitmenschen in unterschiedliche Kategorien. Es fühlte sich zwar unnatürlich und unmenschlich an, wenn ich Menschen von der Liebe Gottes überzeugen musste. Ist Liebe nicht etwas, das man spürt und erfährt? Aber so habe ich es in meiner theologischen Ausbildung gelernt: Unser Auftrag ist es, Menschen für Jesus zu gewinnen. Doch in dieser Rolle als «Vertreter», der Menschen das Seelenheil «andrehen» will, fühlte ich mich immer etwas unwohl.

Natürlich, Teil einer göttlichen Mission zu sein, ist keine Wohlfühloase. Doch mit der Zeit rieb ich mich am theologischen Konzept dahinter: Wie kann es sein, dass ein Gott, der sich in seiner Liebe mit seiner ganzen Schöpfung versöhnt hat, nur einem kleinen, exklusiven Kreis von Menschen ewigen Frieden schenkt?

Es finden sich selbstverständlich genügend Bibelverse, die wir im Sinn eines exklusiven Clubs auslegen können. Nehmen wir Offenbarung 14,4. Ironischerweise spricht gerade die «Hoffnung für alle»-Bibel von den 144.000 als exklusiv Auserwählten: «Von allen Menschen sind sie es, die freigekauft und ausgewählt wurden.» Andere Übersetzungen wie die Lutherbibel sprechen von «Erstlingen». Immerhin ergänzt die «Hoffnung für alle“ in der Fußnote eine andere mögliche Übersetzung: «Als Erste von allen Menschen sind sie (von ihrer Schuld) freigekauft und ausgewählt worden.»

Allversöhner?

Letzte Woche wurde ich bei einem Hausbesuch von einem 75-Jährigen gefragt: «Bist du denn ein Allversöhner?» Ich kam kurz ins Stocken und konnte weder schnell ja noch nein sagen. Über all die Jahre hat sich mein Verständnis vom Evangelium deutlich geweitet: Vom klassischen «Drinnen-Draußen», bei dem nur einige wenige «richtig Gläubige» gerettet werden, habe ich mich längst verabschiedet.

Zusammen mit Rob Bell (Buchempfehlung: Das letzte Wort hat die Liebe) und anderen treibt mich die Frage um, ob ein allmächtiger Gott tatsächlich am Ende nicht an sein Ziel kommen sollte: die ganze Schöpfung mit sich zu versöhnen. Gemäß Kolosser 1,19 + 20 ist dieses Ziel bereits vollbracht: «Denn Gott wollte in seiner ganzen Fülle in Christus wohnen. Durch ihn hat er alles mit sich selbst versöhnt. Durch sein Blut am Kreuz schloss er Frieden mit allem, was im Himmel und auf der Erde ist.» Rob Bell gibt ein leidenschaftliches Plädoyer dafür ab, dass am Ende in jedem Fall die Liebe gewinnt: «Der Gott, von dem Jesus uns erzählt, gibt nicht auf, bis alles, was verloren ging, gefunden wurde.»

Mogelpackung?

Ein Teenie unserer Gemeinde war letzten Sommer als Leiter in einer christlichen Sportfreizeit. Als begeisterter Fußballer stellte er kritisch fest: «Einigen Leitern geht es nur darum, die Kinder zu bekehren. Der Sport ist ihnen gar nicht wichtig.» Ich freute mich über diese kritische Reflexion! Natürlich haben wir die Mission, Gottes Liebe weiterzugeben und mit Menschen Jesus nachzufolgen. Doch inzwischen sehe ich selbstkritisch, dass einige unserer Aktivitäten Gefahr laufen, zur Mogelpackung zu werden: Wir machen attraktive Angebote, bloß um Menschen zum Drinnen zu bekehren.

Da will ich mich künftig an Rob Bells Gedanken des werbenden Gottes halten, der uns Menschen nicht aufgibt. Ich möchte mir, uns und dem Mädchen aus der eingangs geschilderten Episode zurufen: «Lasst uns diese göttliche Willkommenskultur leben! Lassen wir die verletzenden Kategorien von Drinnen und Draußen hinter uns und feiern stattdessen die Liebe Gottes mit allen, die das möchten!»

Dieser Artikel ist zuerst im Magazin familyNEXT in der Serie «Erwachsen glauben» erschienen.

KI macht uns zu Ameisen

Letzten Sonntag hab ich mit Interesse von einer praktischen Anwendung von KI (Künstlicher Intelligenz) gelesen und erst nach einigen Abschnitten gemerkt, dass ich den Erfinder dieser Anwendung ja persönlich kenne.

Martin Künzi erklärte in der NZZ am Sonntag, wie er mit seiner Firma Enigma ein Tool entwickelte, das ganze Kommunikationskonzepte innert Sekunden generieren kann. Es ist faszinierend, welche Möglichkeiten in der KI stecken und wie sie vielerorts die Arbeit verändern wird. So sagt Martin, dass sich seine Agentur künftig dank dem neuen Tool vor allem auf die strategische Beratung von Kunden fokussieren kann.

Und gleichzeitig liest man eine gehörige Portion Respekt aus dem Artikel: Angst dürfte man nicht haben, gibt Martin Künzi zu bedenken, aber lernen sollte man, intelligent mit der KI umzugehen. Und: «Ich habe schon Respekt davor, wohin das alles noch führt.»

Der Artikel hat mich fasziniert, bestimmt grad noch ein bisschen mehr, weil Martin neulich bei uns im Garten bei einem Eat’n’Meet Teil einer tollen Tischrunde war.

Anders ging es mir bei einem weiteren Artikel über die KI. Im Mai brachte die NZZ am Sonntag unter dem Titel «Der Mensch ist Steigbügelhalter für etwas Grösseres» ein Interview mit Jürgen Schmidhuber, Pionier der KI-Forschung. Das Gedankengut in diesem Interview hat mich provoziert – ich hab sogar in meinem Tagebuch darüber nachgedacht.

Damals legte ich den Artikel zur Seite und dachte, irgendwann muss ich das in meinem GlücksBlog verarbeiten. Irgendwann ist heute.

KI: Chance oder Gefahr?

In meinem Berufsalltag habe ich bisher nur wenig Berührungspunkte mit KI. Als witzige Spielereien liessen wir auch schon Impulse von ChatGPT generieren. Das Resultat war (noch) ernüchternd. Und als ich merkte, dass ChatGPT auf die Frage nach meinem Buch «Glück finden – hier und jetzt» nur allgemein Platituden zum Thema, aber nichts zu meinem Buch lieferte, war ich natürlich eingeschnappt und definitiv enttäuscht von der KI, die ja gar nichts weiss 😊.

Doch was ich da vom Experten lese, der sachlich und fasziniert von der zu erwartenden Entwicklung der KI spricht, rüttelt mich und meine Überzeugungen auf:

Menschen werden irgendwann wohl nicht mehr die Wichtigsten sein, doch deswegen nicht verschwinden. Schauen Sie sich um, die Ameisen sind ja auch noch da! Die gibt es schon viel länger als die Menschen, und obwohl wir klüger sind, haben wir kein Interesse daran, alle Ameisen auszurotten.

Die gute Nachricht: Wir brauchen keine Angst vor KI zu haben, sie will uns nicht ausrotten. Naja, ich bin da schon etwas skeptischer. Gefüttert wird KI von Menschen und die Geschichte lehrt uns, dass hilfreiche Tools in falschen Händen zu ganz viel Zerstörung führen kann.

Doch unwohl wird mir hier vor allem beim Vergleich vom Menschen mit den Ameisen: Es soll dem Menschen in absehbarer Zeit gehen wie der Ameise? Das bringt mein Welt- und Menschenbild ziemlich durcheinander.

KI stellt uns vor grosse ethische Fragen, das sagt auch Werber Martin Künzi. Da wird noch viel Arbeit auf uns warten.

Und als Theologe muss ich an biblische Texte (bspw. Psalm 8) denken, die mich daran erinnern, wie klein der Mensch als Teil des Universums ist. Trotzdem erhält der Mensch in diesen Texten eine herausragende Stellung: Gar als Krone der Schöpfung wird er betitelt.

Nein, ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass wir bloss «Steigbügelhalter für etwas Grösseres» sein sollen.

Ich hoffe darauf, dass der lebendige Mensch vor der «toten» Maschine bleibt.

Glücksaufgabe

Der Mensch ist eingeladen zu gestalten. Das tut er oft ganz ordentlich und so ist vieles erfunden, erschaffen und entwickelt worden.

Manchmal wurden wir aber auch zu Sklaven solcher ursprünglich hilfreichen Tools. So wird beispielsweise gefragt: Dient die Wirtschaft dem Menschen oder dient der Mensch der Wirtschaft?

Meine Glücksfrage an dich: Welchen Tools (vom Smartphone bis zum Geld ganz allgemein) hast du erlaubt, dich «im Griff» zu haben, statt sie im Griff zu haben? Glück kann hier heissen, dich von Abhängigkeiten zu lösen

Tu, was du liebst – liebe, was du tust!

Gestern Abend spät setzte ich mich müde und erfüllt in unseren Garten und hielt noch einen Moment inne. Gerade kam ich zurück vom Sommerfest unserer Kirche; Leute verabschiedet, Material verstaut, das Herz voller Eindrücke.

Beim Reflektieren über das schöne Fest zu Ehren unserer freiwillig Mitarbeitenden und für alle, die sich auf irgendeine Art zu unserer Gemeinschaft zählen, hüpfte mein Herz vor Freude: Einfach schön, was aus diesem zarten Pflänzchen, das sich gms studen nennt, geworden ist.

Und da kam mir in den Sinn, wie ich als junger Pfarrer bei einem ersten Jubiläumsfest unserer Gemeinde Buttons mit dem Slogan «I love my church» drucken liess. Es hat schon damals gestimmt, aber vielleicht war es mehr eine Kopfsache und ich versuchte mit solchen Aktionen die «gms family» zu motivieren … – es gibt viele «To-Do’s», die man als junger Gemeindegründer, der seinen Vorbildern nacheifert, abzuarbeiten hat.

Ich habe noch so einen «I love my church»-Button in meiner Tagebuch-Box, aber sonst sind diese Buttons – und zum Teil leider auch die Menschen, die sie damals erhielten – aus dem gms Alltag verschwunden.

Doch gestern Nacht im Garten fuhr mir der Gedanke durch den Kopf: Dieser «I love my church»-Slogan war noch nie wahrer als gerade jetzt.

Gut möglich, dass dies auch mit dem zu tun hat, was ich am Sonntag predigte: «Es geht mehr um unser Sein als unser Tun! Für viele von uns heisst emotional gesund zu leben und glauben vielleicht einfach einmal unser Leben zu entschleunigen – statt hektischem Tun, kraftvolles Sein. Unsere Gottesbeziehung als echte Kraftquelle entdecken – nicht als Punkt auf unserer To-Do-Liste.» (Die ganze Predigt «Lustvoll statt kraftlos leben und glauben» findest du in unserem Podcast.)

Als Leiter vom gms setze ich heute weniger auf die richtigen «To-Do’s». So sind Missionstatement, Strategien und Motivationssprüche nicht mehr omnipräsent. Das heisst nicht, dass diese falsch sind oder auf unserer Reise falsch waren. Aber irgendwann auf unserem Weg ist der Traum vom gms nicht mehr auf Karten gedruckt worden, sondern er wurde zur Seele unserer Gemeinschaft: Es ist unsere DNA, es ist unser SEIN, dass im gms eine Willkommenskultur spürbar ist und sich unterschiedlichste Menschen wohl und angenommen fühlen.

Die Karriere sausenlassen

Man kann seine Arbeit als Job gegen Geld erledigen. Manchmal wird die Arbeit eine Gelegenheit für eine persönliche Karriere: Arbeit gegen mehr Geld und vor allem Prestige.

Einige von uns dürfen erleben, wie erfüllend es ist, wenn man nicht einfach einen Job erledigt, nicht eine Karriere bastelt, sondern liebt, was man tut – wenn es weniger um den persönlichen Benefit geht, sondern um einen Beitrag zu einem grösseren Gut. Beruf ist nicht mehr bloss Arbeit, Beruf ist Berufung.

Ich gebe zu, ich werde jedes Jahr wieder etwas kribbelig während der Sommerpause: Wenn ich die Leute zu lange nicht «spüre», fühle ich mich wie im luftleeren Raum. Als ich dies während den Ferien unserem Sohn erzählte, berührte er mich liebevoll mit dem Zeigefinger nach dem Motto: «Jetzt spürst du wieder jemanden.»

Letzten Sonntag luden wir dann zum Saisonstart zur erstem Matinée mit der neuen Serie «Emotional gesund leben und glauben» ein. Und sie kamen, die Menschen, sehr unterschiedliche Menschen: Mehr als jemals zuvor an einer normalen gms Matinée. Es gab ganz viel «zu spüren» an diesem Morgen.

Und einmal mehr spüre ich: Eine prestigeträchtige Karriereplanung hätte ganz andere Formen angenommen, aber diese Woche lässt mich tief im Innern spüren: Es hat sich gelohnt, meiner Berufung treu zu bleiben – ich liebe, was ich tue – i love my church.

Noch eine Ergänzung, bevor ein falscher Eindruck entsteht: Diese Woche sprach mich jemand an und meinte, bei uns laufe scheinbar gerade alles rund. Es war mir eine eindrückliche Erinnerung daran, dass Social Media eben nicht alles zeigt. Neben dem, was ich wirklich liebe, erleben wir gerade in mancherlei Hinsicht super-chaotische Zeiten. Das gehört offensichtlich auch zum Leben und auch zu einer Berufung. Doch diese Herausforderungen brauchen einen persönlicheren Rahmen als einen Blog oder Instapost, um sie mit anderen zu teilen.

Und noch ein Nachtrag: Eigentlich wollte ich noch etwas zum Bild in diesem Blog schreiben, weil es zum Ausdruck bringt, was ich am gms so liebe. Aber ich hoffe jetzt, das Bild spricht für sich selbst …

Glücksaufgabe

Kannst du auch sagen: Ich liebe, was ich tue? Wenn nicht, dann beginne doch einfach damit, mehr von dem zu tun, was du liebst.

Was könnte es für dich heissen, mehr zu SEIN als zu TUN?

Und grad noch so eine persönliche Frage: Mit wem teilst du die persönlichen Herausforderungen in deinem Leben?

Wenn alles spriesst …

Ich erlebe gerade einen zweiten Frühling!

Nein, es geht nicht um eine andere Frau.

Vor einem Vierteljahrhundert habe ich mir als engagierter Jugendarbeiter und junger Theologiestudent ausgemalt, wie eine Kirche für Menschen von heute aussehen müsste: Kreativ, lebensnah und gesellschaftsrelevant.

Mit viel Enthusiasmus machte ich mich zusammen mit anderen Menschen – und bald auch schon mit meiner zukünftigen Frau – an die Arbeit: Aus Träumen wurden konkrete Visionen, aus Ideen praktische Schritte, aus neugierigen Mitmenschen motivierte Mitstreiter.

Beruflich war das mein erster Frühling: Im Gepäck hatte ich viele ermutigende Erfahrungen aus der Freiwilligenarbeit mit jungen Menschen (Jungschar und Jugendverein) und jetzt wurde ich dafür bezahlt, meinen Traum zu leben.

Naiv, wie man nur mit Frühlingsgefühlen und Schmetterlingen im Bauch sein kann, habe ich gedacht, die Welt hätte auf uns gewartet. Zwar zogen unsere speziellen Brunch-Gottesdienste teils über 200 Menschen an. Doch als die erste Neugier gestillt war, blieb ein kleiner, harter Kern an Mitstreitern übrig. Unsere Aktivitäten waren für viele eine willkommene Abwechslung zum normalen Kirchenalltag – aber irgendwie auch nicht viel mehr.

Nach den Frühlingsgefühlen war schnell klar: Unsere Berufung als Paar – inzwischen Eltern – wird kein Spaziergang (schon bald klang Xavier Naidoo in Dauerschleife in unseren Ohren: «Dieser Weg, wird klein leichter sein»).

Unzählige gute Begegnungen, leuchtende Kinderaugen, geniale Projekte … das gehörte immer zu unserem Weg. Und doch nagte schon bald und immer öfters die Frage nach dem «Return on Investment (ROI)» – spätestens als der Arbeitgeber die Projektunterstützung nach 10 Jahren auslaufen liess, wurden diese Fragen existenziell.

Noch näher als die Frage nach dem betriebswirtschaftlichen ROI war mir auf diesem Weg ein Zuspruch aus den Psalmen:

«Die mit Tränen säen,
werden mit Freuden ernten.
Sie gehen hin und weinen
und tragen guten Samen
und kommen mit Freuden
und bringen ihre Garben.»
Die Bibel, Psalm 126,5+6

Freude unterwegs

Letzten Montag war ich – wie etwa seit zwei Jahrzehnten vierteljährlich – bei meinem Coach. Er hat all mein berufliches Auf und Ab durch meine Erzählungen hautnah miterlebt und mich darin unterstützt, in allem Hinterfragen meinen eigenen Weg zu finden.

Und als ich also letzten Montag von so viel Gutem erzählen konnte, das ich in letzter Zeit und insbesondere in den letzten drei Monaten erleben durfte, staunten und freuten wir uns beide herzlich.

Foto: Melanie Blaser-Gfeller

Ich fühle mich tatsächlich beruflich gerade in einem zweiten Frühling: Die Veränderungen per 1. Januar (politische und andere Mandate aufgegeben, dafür Pfarrertätigkeit von 60 auf 100 % aufgestockt, neue regionale Verantwortung) fühlten sich sofort stimmig an und die vielen guten Begegnungen mit Menschen der Region lassen mich hoffnungsvoll vorwärtsblicken. Es ist noch nicht ein «mit Freuden ernten», wie es das Psalmwort sagt. Aber es ist ein verheissungsvolles Spriessen wie im Frühling.

Dieses Frühlingsgefühl wirkt sehr motivierend. Es ist nicht mehr die jugendliche Naivität wie im ersten Frühling. Doch mit den vielen gesammelten Erfahrungen kann ich in meinem zweiten Frühling hoffentlich mit mehr Weisheit agieren.

Was mich zuversichtlich stimmt: In den letzten Wochen habe ich ganz viele Menschen zwischen 30 und 90 Jahren getroffen, die sich genau wie ich mich nach einer Gemeinschaft sehnen, wo wir in zeitgemässen, post-modernen Formen mit einer weiten Theologie progressiv glauben können.

Das macht definitiv Lust auf mehr! Möge das frühlingshafte Spriessen zu einem «mit Freude ernten» werden.

Glücksaufgabe

Wo darfst du gerade Frühlings-/Glücksgefühle erleben?

Ich bin meiner Kirche, der EMK Schweiz, sehr dankbar, dass sie durch die Aufstockung meiner Anstellung in mich und in die Region investiert. Und wem bist du dankbar?

Guten Morgen, liebes Spiegelbild!

Das war irgendwie eine komische Woche: Sehr viel wirklich Gutes einerseits, gleichzeitig meldete sich meine «innere Systemstimme» immer mal wieder mit der Meldung: «Akkustand niedrig!».

Während die Tage gut waren, voller interessanten Begegnungen und spannenden Projekten, waren die Nächte wenig erholsam: An ungestörten Schlaf war nicht zu denken, dementsprechend wiederholte sich allmorgendlich der holprige Start in den Tag.

Wie sagt man so schön? Wenn der Tag zerknittert beginnt, hat er jede Menge Entfaltungsmöglichkeiten. Naja …

Umarm den Tag

Das ist irgendwie lustig und doch nicht. Jedenfalls stell ich mir einen optimalen Start in den Tag nicht zerknittert vor.

Darum wie wir in den Tag starten, ging es auch letzten Dienstag, als ich einen Kurs zum Thema Persönliches Ressourcenmanagement gestalten durfte. Neben den gängigen Zeitmanagement- und Organisationstipps, angefangen bei der ALPEN-Methode, übers Eisenhower- und Pareto-Prinzip bis zum Parkinson’sche Gesetz, beschäftigten wir uns mit ganz Grundlegendem.

Der wichtigste Grundsatz: Der Auftrag muss klar sein! Wenn das Ziel schwammig bleibt, können wir noch lange unser Zeitmanagement optimieren – wir werden dabei vielleicht immer effizienter (können schneller mehr erledigen), aber ob wir dabei auch effektiv sind (das Richtige in Bewegung bringen), bleibt fraglich.

Doch lange vor der optimalen Arbeitsorganisation und auch vor der Auftragsklärung kommt die persönliche Einstellung und die gesunde Selbstfürsorge.

Und so war mein erster Tipp an die Schulsekretärinnen in besagtem Kurs: «Umarmt den Tag! Startet mit einer positiven Einstellung in den neuen Tag.»

Ich lud die Frauen ein, ihr eigens Spiegelbild am morgen freundlich zu begrüssen. Das verhaltene Lachen der Kursteilnehmerinnen bestätigte mir, dass sich der Gedanke an ein ermutigendes Selbstgespräch vor dem Spiegel etwas fremd anmutete.

Es hat aber keine abgestritten, dass diese hohe Kunst der Selbstfürsorge zu früher Morgenstunde eine wirkungsvolle Sache sein könnte: Noch bevor ich den eigenen Kindern, dem Chef, den Mitarbeitenden oder den Kunden begegne, sorge ich für eine positive Begegnung mit mir selbst.

Anders ausgedrückt: Wie will ich (aufrichtig) nett zu meinen Mitmenschen sein, wenn ich mit mir selbst abschätzig umgehe?

Mut zur gesunden Selbstfürsorge

Stell dir vor, du hast eine kleine «Bude» mit einer einzigen äusserst wertvollen Maschine, die quasi für deinen gesamten Umsatz zuständig ist. Wirst du nicht alles daran setzen, dass diese Maschine jeden Tag gut geölt läuft? Du wirst sie hegen und pflegen, weil dein ganzer Umsatz daran hängt.

Nun, spätestens bei Thomas Härry und seinem Vortrag am Willow Creek Leitungskongress 2022 haben wir eindrücklich gelernt, dass Menschen keine trivialen Systeme wie Maschinen sind – sondern höchst komplexe Wesen, deren Laune täglich neu unberechenbar ist.

Ich hüte mich also davor, Mensch mit Maschine zu vergleichen. Aber gib dem Bild trotzdem eine Chance: Wenn du als Unternehmer:in schon deine Maschine von ganzem Herzen hegen und pflegen würdest, wie viel mehr solltest du da um eine gesunde Selbstfürsorge bemüht sein?

Du bist keine Maschine!
Du hast eine viel bessere Pflege als jede Maschine verdient!

Darum: Sei dir ein guter Freund, eine gute Freundin!

Sei gut zu deinem Spiegelbild, begrüss dich schon am Morgen freundlich und sorge dafür, dass du deine «innere Systemstimme» nicht ignorierst, wenn sie wieder einmal sagt: «Akkustand niedrig!».

Glücksaufgabe

Gesunde Selbstfürsorge ist keinesfalls egoistisch! Sie ist ein wichtiger Schlüssel zu mehr Freude, Glück (Zufriedenheit) in deinem Leben – und im Leben deiner Mitmenschen.

Darum ist wichtig, dass du dich mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigst:

Was hilft dir dabei, positiv in den Tag zu starten?

Wie lädst du wirkungsvoll deinen inneren Akku auf?

Was von deinen Tätigkeiten gibt dir Energie?
Und was nimmt dir Energie?

Leerer Tank schon anfangs Jahr?

Diese Meldung hat mich beeindruckt: Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern tritt überraschend zurück, weil ihr Tank leer sei.

«Ich weiss, was man für diesen Job braucht,
und ich weiss, dass ich nicht mehr genug im Tank habe.
So einfach ist es.»
Jacinda Ardern

Die empathische, junge Premierministerin erhielt weltweit Bewunderung für ihre Leistungen in ihrer zwar kurzen Amtszeit, die jedoch von Krisen (Attentaten von Christchurch, Vulkanausbruch, Corona) gespickt war.

Ihr Rücktritt zeigt: Es braucht nicht immer einen Skandal, um vorzeitig aus einem Amt zu scheiden. Aber was es braucht, ist eine gesunde Selbstwahrnehmung und Rückgrat: Wer sein Amt gut macht, wird bei einer vorzeitigen Rücktrittsankündigung nicht nur Menschen überraschen, sondern auch viele enttäuschen.

Nicht alle schaffen es, wie Jacinda Ardern hinzustehen und zu sagen: «Genug ist genug!». Ein solcher Schritt soll gut überlegt sein, aus einer eigehenden Selbstreflexion erwachsen. Man muss in sich hineinhorchen und spüren, wann genug ist, wann nicht mehr genug im Tank ist. Jacinda Ardern sagte sinngemäss, dass man wissen sollte, was man zu geben hat – und was eben nicht (mehr).

Ich vermute, dass viel zu viele von uns viel zu lange auf dem Zahnfleisch laufen, weil sie entweder nicht so eine gute Selbstwahrnehmung wie Jacinda Ardern haben oder nicht das nötige Rückgrat, um die Entscheide zu fällen, die längst fällig wären.

Lernen vom Kohelet

Mir persönlich hilft dabei die Weisheit, die ich in den letzten Monaten im Bibelbuch Kohelet (Prediger) während der Matinée-Serie «Haschen nach Wind» im gms wiederentdeckt habe.

Es ist eine äusserst steile Aussage, wenn der Kohelet sagt: «Windhauch um Windhauch, alles vergeht und verweht.» Eindrücklich zeigt er auf, wie vergänglich menschliche Bestrebungen sind – ob wir uns ganz dem beruflichen Erfolg, der Klugheit oder dem Vergnügen hingeben, der Prediger kommt zum Schluss, dass dies alles Windhauch um Windhauch, flüchtig und vergänglich ist.

Doch sein Ziel war nicht etwa, uns in eine Depression oder einen Nihilismus zu stürzen. Vielmehr ging es ihm darum zu sagen: Menschliche Bemühungen mögen Windhauch sein, wer sein Vertrauen auf Gott setzt, baut auf das bleibende Fundament.

In einer solchen demütigen Haltung können wir unser Leben befreiter gestalten. Der Kohelet lädt uns ein, zu akzeptieren, dass wir vieles im Leben nicht unter Kontrolle haben. Und gerade darum können wir in Gelassenheit das geniessen, was uns anvertraut ist und das gestalten, was in unseren Möglichkeiten steckt.

Und noch ein Rat gibt uns der Kohelet mit auf den Weg: Meide die Extreme! Mit anderen Worten: Übertreib es nicht!

Wer immer Perfektion sucht, macht sich das Leben selbst schwer.

Und wer ins andere Extrem fällt, wird auch nicht glücklich: Pures Chaos und Gleichgültigkeit haben genauso eine selbst­zerstörerische Tendenz – das wusste schon der Prediger.

Ein ausgewogener Lebensstil mit einer gesunden Selbstwahrnehmung und einem starken Rückgrat, das wünsch ich dir für 2023!

Glücksaufgabe

Ich habe schon erlebt, dass Menschen nach der Lektüre des Glücks-Buches ihre beruflichen und freiwilligen Engagements neu sortiert haben. Das ist nicht immer einfach und man enttäuscht auch andere Leute. Doch eine solche Selbstreflexion ist eine wichtige Glücksaufgabe.

Wo willst du 2023 deinen Fokus legen?

Wie steht es aktuell um deinen Tank?

Und wo ist es an der Zeit für eine Veränderung?

Podcast Empfehlung: Die Messages der Kohelet-Serie kannst du jetzt online nachhören.

Dream big. Do big.

Früher konnte für mich ein Traum nicht gross genug sein. Mir wurde ja nicht umsonst gesagt: «Je grösser dein Traum, desto stärker kann sich Gott darin zeigen».

Inzwischen habe ich auch kleine Träume schätzen gelernt und bin mir ziemlich sicher, dass die Gleichung «Grosser Traum = Grosser Gott» hinkt. In vielen ach so schönen grossen Träumen steckt wohl eine dicke Portion GW – und zwar nicht GW als Gottes Wille, sondern als Grössenwahn.

Und trotzdem habe ich im gms gestern Abend bereits zum zweiten Mal den Werbespott «Dream big. Do big.» von Sunrise gezeigt. Mich inspiriert dieser Clip, weil er uns ermutigt, nicht nur von einer besseren Welt zu träumen, sondern auch konkret etwas für eine bessere Welt zu tun – ob im Kleinen oder im Grossen spielt da weniger eine Rolle.  

Mich faszinieren Geschichten von Menschen, die genau nach diesem «Dream big. Do big.» mutig etwas angepackt haben. Wie gesagt: Auch wenn ich es in meiner Ausbildung oder an Kongressen noch etwas anders gelehrt bekam, die Grösse dieser Träume spielen mir heute nicht mehr so eine Rolle.

Was mich begeistert sind Menschen, die von einer Idee, einem Anliegen oder einer Not so sehr gepackt wurden, dass sie nicht nur beim Träumen blieben, sondern mutig und innovativ Neuland betreten haben. Ein solcher Mensch ist Nathalie Schaller. Als Sozial-Unternehmerin wurde ihre Story am Willow Creek Leitungskongress vorgestellt.

Sie gründete nach ihrem Jurastudium [eyd], das erste humanitäre Modelabel Deutschlands. Bei [eyd] steht nicht Profit, sondern das Wohlergehen der Produzentinnen im Vordergrund. Die traumatisierten Frauen, die in den Partnerwerkstätten in Indien und Nepal arbeiten, werden therapeutisch betreut und befähigt, ihr Leben selbst zu gestalten. [eyd] ist im deutschsprachigen Raum in über 50 Concept Stores vertreten.

Für mich eine sehr beeindruckende Geschichte:

«Abitur, Studium, Karriere – so hätte Nathalie Schallers Leben aussehen können. Doch auf Reisen nach Indien und Kambodscha begegnet sie Überlebenden von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Sie will helfen, schmeißt ihr Jura-Studium und gründet ein humanitäres Mode-Label.»

Im Grander-Vision-Video berichtet Nathalie Schaller am Leitungskongress, wie ihr Herz Feuer fing für eine grosse Vision. Und im Live-Talk motivierte sie die Kongressbesucher:innen:

«Wenn du merkst, dass etwas in dir glüht, dann mache ein Feuer daraus!»

Ein tolles Bild – aber wie macht man das?

Bleiben wir im Bild: Diese Woche glühte ein grosses Stück Holz in unserem Cheminée vor sich hin. Die Luftzufuhr passte, doch es brauchte weitere Holzstücke, damit sich ein richtiges Feuer entwickeln konnte.

Träume leben

Vom Bild des Feuers können wir dreierlei für unsere Träume lernen:

Ein Traum beginnt damit, dass wir in uns hineinhören, um herauszufinden, was in uns «glüht»:
=> Was sind die Themen, die dich nachts wachhalten?
=> Worüber kannst du stundenlang diskutieren?
=> Welche Menschengruppen sind dir besonders wichtig?

Sorge für eine passende Luftzufuhr:
=> Beschäftige dich mit dem Thema, dass dir wichtig ist!
=> Schaue Dokus dazu oder liess entsprechende Bücher.
=> Lerne Menschen kennen, die Erfahrung in diesem Bereich haben.
Wichtig: Wie beim Feuer braucht es das richtige Mass an Sauerstoff.
Mit zu viel Sauerstoff beginnt es wild zu flackern und das Feuer ist zu schnell vorbei! Zu viele Infos bringen dich durcheinander und bald ist der Traum aus!
Aber bleib dran, wenn du dich gar nicht mit deinem Traum auseinandersetzt (Luftzufuhr abstellst), erlöscht das Glühen schlagartig.

Bleib nicht alleine mit deinem Traum:
Hast du schon ein beeindruckendes Feuer mit nur einem Holzstück gesehen?
=> Triff dich mit Menschen, die dasselbe Anliegen teilen!
=> Schmiede mit ihnen zusammen Pläne!
=> Überlegt euch, wie aus dem «Dream big.» ein «Do big.» werden kann.

Glücksaufgabe

Ich liebe es, einem schönen Feuer zuzuschauen.

Und ich liebe es, Menschen zu erleben, die für ein Anliegen brennen.

Mit Träumen, die wir gemeinsam in Taten verwandeln, verändern wir die Welt in kleinen Schritten zum Guten. Das geht selten ohne Schweiss und Rückschläge – aber es macht glücklich!

Für die Lias und Luanas dieser Welt

Diese Woche hatte ich mein Standort- und Fördergespräch. In einem offenen Austausch haben wir uns mit meiner beruflichen Situation und der Entwicklung im letzten Jahr beschäftigt.

Dabei gab es viel Grund zur Freude – zum Beispiel über Ziele, die erreicht wurden und Perspektiven, die sich in den letzten Monaten eröffnet haben.

Doch ich nutzte die Gelegenheit auch, um einen ehrlichen Blick in unerfüllte Wünsche zu geben: Sowohl ich als auch meine Frau erhalten immer mal wieder ausgezeichnete Feedbacks auf unsere Predigt- und Referententätigkeit. Trotzdem fühlt sich vieles in unserem Alltag nach «Kleinklein» an – und nach Halloween befreien wir beispielsweise verklebte Fenster in unserer Location vom nächtlichen Eierbewurf.

Anders ausgedrückt mit einem konkreten Beispiel: Ich erhalte super ermutigende Feedbacks auf «Glück finden – hier und jetzt» (zuletzt vom ehemaligen Regierungsrat Bernhard Pulver), aber mein Glücks-Buch ist weit davon entfernt, ein Kassenschlager zu sein.

Was ist Erfolg?

Das Gefühl, das ich also in diesem Mitarbeitergespräch offen benannte, hat damit zu tun, dass ich mir «mehr Erfolg» wünsche und die «grosse Bühne» vermisse.

Mein Chef nahm meine Gefühle ernst, hielt mir gleichzeitig den Spiegel vor: «Warum hast du damals vor Jahren die Strategie deiner Arbeit angepasst und freiwillig auf die «grosse Bühne» verzichtet? Und von wegen «mehr Erfolg»: Gibt es etwas Wirkungsvolleres als das, was ihr da tut – denk nur an die Lias und Luanas, die hier einen Safe Place gefunden haben und sich aktiv einbringen!»

Touché! Es ist ein cooles Gefühl, vor 200 oder 1’000 Menschen zu sprechen und dafür Anerkennung zu erhalten. Doch ich habe mich bewusst dafür entschieden, mich für die Lias und Luanas dieser Welt einzusetzen. In der Hoffnung, abseits des Scheinwerferlichts nachhaltiger wirken zu können.

Das heisst dann halt auch: Hier ein Teenie-Kreis mit acht Personen, dort eine Matinée mit zwanzig Teilnehmenden und dazwischen ein wilder Cocktail von Umbauen, Einkaufen, Chai Latte zubereiten, Administration und Marketing.

Richtig schön ist es, wenn ich in die Predigtvorbereitung eintauchen kann und meine Gedanken mit anderen teilen darf. Und wenn wir dann wie letzten Sonntag Meilensteine feiern dürfen, fühlt sich unser Engagement tatsächlich sehr stimmig und nachhaltig an: Mit unterschiedlichsten Menschen durften wir den 23. Geburtstag unserer Arbeit feiern und die Moderation wurde von zwei jungen Frauen sehr persönlich, sympathisch und professionell gemacht.

Gibt es eine schönere Frucht als das: Zwei Menschen, die bei der Geburtsstunde vom gms noch gar nicht auf der Welt waren, erzählen offen, wie sie das gms als Geschenk von Gott erleben, hier einen Safe Place und die Liebe Gottes gefunden haben.

Darum mache ich, was ich mache!

Darum habe ich mich entschieden, mich künftig voll und ganz als Pfarrer zu betätigen und die Politik hinter mir zu lassen.

Für die Lias und Luanas dieser Welt.

Glücksaufgabe

Mit wem kannst du über ungestillte Sehnsüchte sprechen? Was für ein Glück, wenn man einen Chef hat, der einem dabei hilft zu sortieren. Wenn es nicht der Chef ist, kann ein Freund, Partner oder Coach diese Aufgabe übernehmen und dich spiegeln.

Und wenn du wissen willst, was denn die beiden jungen Frauen erzählt haben, dann empfehle ich dir von Herzen, in die Audio-Aufnahme der Matinée «Geschenk von Gott» reinzuhören. Mich macht es sehr glücklich – dich hoffentlich auch!