Platz für alle. Wirklich?

«Mini Farb und dini, das git zäme zwee,
wäred’s drü, vier, fünf, sächs, siebe,
wo gärn wettet zämebliibe,
git’s en Rägeboge, wo sich laht lah gseh,
git’s en Rägeboge, wo sich cha lah gseh.»

Ja, dieser Regenbogen.

Immer wieder ein demütiges Staunen, wenn der Friedensbogen irgendwo am Himmel aufleuchtet.

Und leider in den letzten Jahren auch immer wieder ein Ärgernis, wenn im Namen der Vielfarbigkeit darüber gestritten wird, wer nun zu welchen Bedingungen unter diesem Bogen alles Platz finden darf.

«Wie konnte es nur soweit kommen, dass ein biblisches Zeichen als Symbol der Schwulen-Bewegung missbraucht wird?» monieren die einen, während andere auf Social Media stolz Flagge zeigen – wahlweise für mehr Frieden auf dieser Welt oder für Diversität und ganz grundsätzlich für ein respektvolles Miteinander.

Persönlich ist mir der Regenbogen in vielerlei Hinsicht sehr wichtig: Zuerst als Naturphänomen, das mich immer wieder in eine innere Verzückung führt.

Dann als biblisches Versprechen, dass Gott es gut mit dem Menschen meint und er seinen Friedensbogen über uns spannt.

Und schliesslich genauso wie ich es im oben zitierten Kinderlied viele Jahre gesungen habe: Als Symbol für eine diverse Gesellschaft, wo alle ihren Platz finden dürfen und wo wir gemeinsam stärker (und schöner!) sind als jede:r für sich.

Auf so vielen Webseiten von Vereinen, Kirchen und Clubs steht: Bei uns sind alle herzlich willkommen. Ach, wirklich?

Oft steht im ungeschriebenen Kleingedruckten: Du bist willkommen, wenn du dich unseren Normen und Formen anpasst.

Oder wie es mein Bruder in seiner Lebensgeschichte auf den Punkt bringt: Mäth – Ja, aber …

Alle gleich

Zum 30-Jahre-Jubiläum des Weltbestsellers «Der Regenbogenfisch» fand in der Presse eine würdigende, jedoch auch kritische Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Kinderbuches statt.

Ist es nun eine schöne Erzählung über das Teilen oder doch eher eine versteckte Botschaft in Richtung Gleichmacherei: Alle müssen gleich werden, damit sie in unserer Gesellschaft akzeptiert werden?

So gab beispielsweise Julia Stephan im Bieler Tagblatt vom 15. Oktober 2022 zu bedenken:

Meine deutsche Mutter, die das Schweizer Wertesystem, seine ungeschriebenen Verhaltensregeln gerade erst zu durchschauen begann, gab mir ihre Interpretation dieser Geschichte mit auf den Weg: Das Schicksal des Regenbogenfischs, am Ende nur einer unter vielen zu sein, sei ein typisch schweizerisches Ärgernis: «Bloss nichts Besonderes sein, bloss nicht auffallen, sonst werden alle neidisch auf dich.»

Jede:r ein Original

Wenn alle gleich sind, wo bleiben denn dann all die schönen Farben? Ich wünsche mir eine Gesellschaft, wo jede:r seine/ihre Farbe einbringen kann und mit seiner/ihrer Identität und Originalität geschätzt und geliebt wird.

Unsere Tochter Joy und ihre Partnerin Loa setzen sich mit ihren wöchentlichen Schwumpf-Geschichten genau dafür ein: Die kleinen und grossen Hörer:innen erfahren in den sympathischen Tiergeschichten, wie eine Welt aussehen könnte, wo Diversität nicht bloss ein schönes Mode- oder gehasstes Reizwort ist. Hier leben unterschiedlichste Menschen mit ihrer Einzigartigkeit und Eigenheit nicht nur friedlich neben- sondern wertschätzend miteinander.

Die Autorinnen schreiben über ihr Projekt:

Der kleine Biber Marco hat zwei Papas, der Molch Anton sitzt im Rollstuhl und ein Hasenbaby kommt zu früh zur Welt… dies ist nur ein kleiner Einblick in unsere vielfältigen Kindergeschichten. Unser Ziel ist es, Diversität auf kindgerechtem Weg zu vermitteln. Die 10-15minütigen Tiergeschichten werden auf Schweizerdeutsch erzählt und sind gratis auf Spotify und Anchor zu finden.

Mein bisherige Lieblingsgeschichte handelt natürlich passenderweise auch vom Regenbogen: Das Eichhörnchen Mimi macht sich darin auf die Suche nach den unterschiedlichsten Familienformen und findet auf ihrer Suche sechs tolle neue Freunde. Alle haben ihre eigene Geschichte und gemeinsam entdecken sie den Regenbogen mit all seinen Schattierungen und Farbverläufen.

Dabei fasziniert mich, wie Unterschiedlichkeit nicht ausschliesst sondern Diversität zu einem bereichernden Miteinander führt. Jede:r hat etwas Besonderes an sich. Es geht nicht um «Norm-al»: Normal ist, dass wir unterschiedlich sind und dazu stehen dürfen – und nicht menschgemachten Normen entsprechen müssen. 

Glücksaufgabe

«Das Fremde muss nicht länger fremd bleiben.» Hab ich hier im GlücksBlog nach meiner Begegnung mit dem Juden und dem Imam geschrieben.

Für einige mag es (be)fremd(end) sein, dass der Regenbogen von der Diversitäts-Bewegung in Beschlag genommen wurde. Aus religiösen Gründen haben viele Mühe, wenn die Formen der menschlichen Sexualität aus dem konservativ-traditionellen Rahmen fallen.

In einem Referat hat der deutsche Theologe Michael Diener kürzlich sehr offenen über seine Entwicklung mit diesen Thema gesprochen.

Hier auch noch ein Lesetipp: Homosexualität: Auf dem Weg in eine neue christliche Ethik?
Und wer sich ganz grundsätzlich Gedanken darüber machen möchte, wie man glauben kann, wenn der Glaube aus der Kindheit plötzlich zu eng wird, findet in Wenn der Glaube nicht mehr passt: Ein Umzugshelfer von Martin Benz wertvolle Impulse um den eigenen Glauben weiterzuentwickeln.

Und natürlich empfehle ich herzlich die Schwumpf-Geschichte vom Regenbogen und den dazugehörenden Instagram-Kanal.

Der Mensch im Zentrum

Wer hätte das gedacht? Nun bin ich also Hauptmann Armeeseelsorge. Da mein letzter Blogbeitrag zum historischen Lehrgang viele positive Echos bewirkte, nehme ich heute nochmals Bezug dazu.

Seit einer Woche bin ich wieder ganz im zivilen Leben unterwegs. Und natürlich wurde ich hier und da angesprochen, entweder wurde mir zur Ernennung zum Hauptmann gratuliert, interessiert nachgefragt, was denn die Armeeseelsorge genau mache oder einfach salopp rhetorisch gefragt: «Und? Froh hast du’s hinter dir?».

Tatsächlich konnte ich diese Frage nicht mit einem klaren Ja beantworten. Natürlich sind meine Füsse dankbar, müssen sie bei dieser Hitze nicht mehr den ganzen Tag in unbequemen Kampfstiefeln stehen … Aber auf der anderen Seite machte sich diese Woche schon ein wenig «Lagerkoller» breit – nach den intensiven drei Wochen bin ich zwar froh, wieder bei meiner Familie zu sein, doch meine neuen Freunde vermisse ich schon auch.

Da drückt der Schuh

Die Schnittstelle zwischen militärischem und zivilem Leben, die ich in den letzten Tagen erlebte, eignet sich gut, um herauszufinden, was ich im Militärdienst schätzen gelernt habe und was ich jetzt überhaupt nicht vermisse.

Wie gesagt: Dass die Schuhe nicht mehr drücken, haben meine Füsse dankend zur Kenntnis genommen. Der bildlich gesprochene drückende Schuh entdecke ich aktuell in zwei Dingen:

Als Milizpolitiker verbrachte ich diese Woche schon wieder Stunden in Beratungen und Sitzungen. Bei einigen – wie in den Bewerbungsgesprächen – ging es um den Menschen. Vorwiegend ging es aber um Schulraumplanung, Finanzen, Verträge, Parkplätze …

Es mag überraschen, dass einer der Werte in der Schweizer Armee «Menschen im Zentrum» heisst. Natürlich ist ein solcher Slogan sehr schnell niedergeschrieben, aber nur sehr langsam als gelebte Kultur gefestigt.

Wenn schon die Armee als Ganzes sich der Menschenwürde verpflichtet, gilt dies umso mehr bei der Armeeseelsorge. Und das war in unserem Lehrgang spürbar: Die Theorieblöcke waren von der Frage geprägt, wie wir es schaffen, den Menschen ins Zentrum unseres Wirkens, Begleitens und Unterstützens als Seelsorger zu stellen.

Dieser Ansatz zog sich auch durch unsere Pausen und (knapp bemessene) Freizeit: Ein persönlicher Austausch zu später Stunde mit dem Vorgesetzten, Anteil nehmen an einer brüchigen Lebensgeschichte, Mitfreuen, wenn Versöhnung geschieht, Menschen und ihre Prägungen kennen und schätzen lernen … – ich habe es genossen, stand der Mensch in diesem Kurs im Zentrum. Und das fehlt mir diese Woche.

Die zweite Erkenntnis kam für mich etwas überraschend: Der Militäralltag war durchgetaktet (05.45 Aufstehen, 06.15 Frühstück, 07.00 Besinnung, 07.45 Theorie …) und so blieb wenig Spielraum für freie Planung. Eigentlich hätte ich gedacht, dass ich dies auf keinen Fall vermissen würde. Und ich glaube, ich vermisse es auch nicht wirklich – zu sehr habe ich über all die Jahre die Freiheit des «eigenen Chefseins» schätzen gelernt.

Aber mir wurde neu bewusst, wie viel Energie und Disziplin es kostet, wenn man seinen Alltag selbständig planen kann (darf/muss). Da ist es schön, sich auch einmal von einem «Picasso» (Wochenplan) führen zu lassen, der einem sagt, was als Nächstes ansteht.

Der Traum der vorbehaltlosen Annahme

Richtig gefreut habe ich mich, dass ich wieder zurück in meinem Alltagsjob bin. Nein, ein Job ist es nicht, es ist meine Berufung, die ich zusammen mit meiner Frau seit 23 Jahren leben darf: Seit der Gründung vom gms (Gemeinde im Bezirk «Kirche anders» der EMK Schweiz) ist es uns ein Anliegen, Orte zu schaffen, wo sich Menschen wohl und angenommen fühlen, Gott kennen und lieben lernen.

Diesen Traum träumen wir zum Glück nicht alleine. Gerade gestern Abend haben wir mit Menschen, die sich zu unserer Gemeinde zugehörig fühlen, über Annahme, Begegnung und Entwicklung nachgedacht.

Eine Aussage hat mich dabei gleichermassen gefreut als auch erschüttert: Sowohl ein Schüler als auch ein Frau Mitten im Leben haben zu bedenken gegeben, dass sie neben dem gms kaum einen Ort haben, wo sie diese vorbehaltlose Annahme erleben.

Es braucht Mut auf beiden Seiten: Organisationen – ob kirchliche Gemeinschaften, Schulen, Firmen oder eben die Schweizer Armee – brauchen den Mut, den Menschen nicht nur im Leitbild ins Zentrum zu rücken.

Und es braucht den Mut, vielleicht auch gerade nach enttäuschenden Erfahrungen, sich als Mensch aufzumachen und Teil einer Gemeinschaft zu werden. Dabei macht man sich verletzlich, geht ein Risiko ein.

Doch wenn man diesen mutigen Schritt wagt, kann der Gewinn riesig sein.

Das habe ich in meinen drei Militärwochen erlebt. Und das möchte ich immer wieder erleben und darum will ich noch konsequenter den Menschen ins Zentrum stellen.

Glücksaufgabe

Neulich durfte ich zusammen mit meiner Frau ein Glücks-Referat für Lokführer und Zugbegleiterinnen halten. Im Gespräch am Mittagstisch fragte ich einen Güterzug-Lokführer, ob das nicht ein furchtbar einsamer Job sei. Er: «Ich liebe diese Ruhe und das Alleinsein!».

Ein Weg zu mehr Lebenszufriedenheit ist, zu wissen, woraus man Energie zieht. Kannst du dich mit dem Lokführer identifizieren? Oder eher mit mir, wenn ich feststelle, dass mir Lebensgeschichten (Menschen) mehr Freude machen als Sachgeschäfte?

«Der Mensch im Zentrum» heisst auch, dass du dich kennst und weisst, was dir gut tut – und was nicht.

Der Imam und der Jude – meine neuen Freunde

Derzeit habe ich das grosse Privileg, Teil eines historischen Kurses zu sein: Im dreiwöchigen Technischen Lehrgang (TLG) werde ich zusammen mit rund 30 anderen Männern und einer Frau zum Armeeseelsorger ausgebildet.

Diesen TLG zu einem historischen Kurs macht die Tatsache, dass neben der riesigen Vielfalt von Theologen aus den christlichen Kirchen auch ein Imam und zwei Vertreter aus der jüdischen Glaubenstradition dabei sind.

Während ich mir durch die Auftritte meiner Frau und durch meine Tätigkeit bei Willow Creek das Miteinander mit nahezu allen Frei- sowie den Landeskirchen gewohnt bin, ist dieser enge Kontakt mit den Vertretern aus den anderen beiden grossen monotheistischen Religionen Neuland.

Und ich liebe dieses Neuland!

Militärdienst als Privileg – ehrlicherweise muss ich zugeben, dass dies noch vor einigen Jahren ein fremder Gedanke für mich gewesen wäre. Natürlich, ich habe meinen obligatorischen Militärdienst absolviert und dabei auch viele schöne Begegnungen erlebt und dank einem Sonderjob fühlte sich schon meine erste (und äusserst bescheidene) «Militärkarriere» sinnvoll an.

Doch die Freude war gross, als ich vor schon bald 20 Jahren meine Pflicht erfüllt hatte und all meinen militärischen Krimskrams abgeben durfte.

Beschenkt

Nun bin ich also freiwillig zurück. Vieles, was ich höre und lerne, zeugt von einer grossen Sinnhaftigkeit der Armeeseelsorge. Neben grosser Neugier und Vorfreude habe ich grossen Respekt vor der Aufgabe, die auf mich zukommen wird.   

Doch vorerst geniesse ich das dreiwöchige Miteinander mit all diesen spannenden Menschen. Was wir in den Theorien lernen, füllt unseren Werkzeugkasten für die kommenden Einsätze. Als noch wertvoller erlebe ich die Begegnungen beim Essen, im Ausgang oder beim Bier spät abends (doch, doch, auch das gibt es in einem Kurs lauter Pfarrer, Pastoren, Diakonen, Priester, einem jüdischen Vorbeter und dem Imam – gut, dieser verzichtet selbstverständlich aufs Bier, ist aber trotzdem dabei).

Ungezwungen und total sympathisch entsteht in unserem gemeinsamen Unterwegssein ein interreligiöser Dialog, der in seinem Wert kaum überschätzt werden kann. Dieser Dialog überwindet übrigens auch den Röstigraben.

Der jüdische Rektor einer Schule, bedient gerne die jüdischen Klischees – und lacht gerne mit uns darüber. Und wenn der Imam sich selbst und seine Religion aufs Korn nimmt, entstehen wunderbare Momente. Er hat uns von Anfang an versichert: Bei Witzen, die das «Weltliche» betreffen, lache er gerne mit, doch wenn es um Witze über das «Göttliche» gehe, gebe es für ihn nichts mehr zu lachen.

Meine neuen Freunde, der Imam und der Jude, bringen mit ihrem Humor eine angenehme Leichtigkeit in unsere Gruppe und in unseren Dialog. Es ist wirklich ein riesiges Privileg: Noch nie hatte ich die Gelegenheit, Vertreter dieser Religionen so persönlich kennen zu lernen und die Möglichkeit, einfach mal ne dumme Frage zu stellen. Bereitwillig geben wir einander Auskunft über unsere Herkunft und unsere Tradition.

Und als der Imam bei der gestrigen Besinnung mit uns betete, hat mich das unglaublich stark berührt. Oft werden vor allem die Unterschiede unserer Religionen sichtbar – und dann auch besonders betont.

Das Gebet vom Imam war mir fremd: Aber das lag an der Sprache und dem Gesang. Der Inhalt war mir überhaupt nicht fremd. Wie Gott in diesem Gebet beschrieben wurde – da war ich voll dabei. (Übrigens haben mir auch der Gesang und die Sprache gefallen.)

Drei Erkenntnisse nehme ich von den ersten beiden Wochen des TLGs mit:

1. Auch in meiner zweiten «Militärkarriere» werde ich wohl kein guter Schütze (aber zusammen mit meinem jüdischen Freund, der beim Pistolenschiessen etwa ähnlich talentfrei ist wie ich, kann ich sogar darüber lachen).

2. Die Besuche von mehreren Sterne-Generälen hat uns darin bestätigt, dass die Armeeseelsorge eine sehr wichtige und wertvolle Sache ist (gerade die Pandemie hat dies eindrücklich aufgezeigt).

3. Und vor allem nehme ich mit, dass das Fremde nicht länger fremd bleiben sollte! Das Miteinander von Muslimen, Juden, Frei- und Landeskirchlern ist ein wertvoller Schatz.

Lasst uns Brücken bauen. Mit den gemeinsamen Werten wie Respekt, Gerechtigkeit, Freiheit, Wertschätzung, Offenheit, Solidarität und Gleichbehandlung kann es uns gelingen, auch über Kirchen- und Religionsgrenzen hinaus Barrieren abzubauen und das Fremde schätzen zu lernen. Und so für mehr Liebe statt Hass auf unserer Welt zu sorgen.

Glücksaufgabe

Wo hattest du letztmals die Gelegenheit genutzt, das Fremde kennenzulernen?

Wo könntest du neugierig deinen Horizont erweitern und beginnen, im «Anderen» eine Ergänzung statt einer Bedrohung zu sehen?

Übrigens: Zu meinen neuen Freunden gehört jetzt auch ein katholischer Priester.
Und: Über den historischen Kurs berichten auch die Medien gerne wie beispielsweise das Echo der Zeit oder BlickTV.

Das Leben auf der Achterbahn

Mit 20 war ich sowas von im Flow, dass ich meinte, es gebe nur eine Richtung im Leben: Steil aufwärts.

Erfolgreich abgeschlossene Banklehre, Jungschar gegründet, 1. August-Redner im Dorf, mehrere Camps organisiert …

Ein Jahrzehnt – und manche Lebenserfahrung – später, war mir längst klar: Im Leben kann es nicht nur aufwärts gehen. Irritationen, Scheitern und Brüche gehören genauso dazu.

Zu einem bereits gut gefüllten Alltag mit unterschiedlichen Verpflichtungen kam quasi obendrauf noch der Familienalltag mit Kleinkindern. Wir zahlten als Paar teures Lehrgeld, weil plötzlich nicht mehr alles möglich war (war es natürlich schon vorher nicht – und doch: geht nicht, gabs irgendwie nicht), die Kräfte nicht mehr reichten, Enttäuschungen und Anfeindungen verarbeitet werden mussten.

Auch in dieser Phase gabs zum Glück immer wieder schöne Flow-Erfahrungen. Wir wurden aber auch arg ausgebremst. Und so wurde uns an unserem eigenen Erleben deutlich, was ja eigentlich schon klar war: Eine Lebenskurve ist selten gerade – und vor allem führt sie nicht fortwährend steil aufwärts.

Das 3D-Leben

Nochmals knapp zwei Jahrzehnte – und so manche Horizonterweiterung – später, scheint mir auch diese Sicht von der auf- und abwärts führenden Lebenskurve zu kurz gegriffen. Das Leben verläuft nicht einfach linear mal nach oben, dann wieder etwas nach unten.

Dies passt ja auch nicht in das 3D-Zeitalter. Das Leben ist einfach komplexer als es die Einteilung in Höhepunkte und Tiefschläge zulassen würde.

Je länger je mehr komme ich mir wie auf einer wilden Fahrt auf einer Achterbahn vor – am besten noch unter erschwerten Bedingungen, sagen wir mal eine Achterbahnfahrt im Nebel: Du weisst nicht, was als Nächstes kommt. Noch gerade ging es steil aufwärts, dann runter und unvermittelt geht’s in eine gewaltige Rechtskurve (oder war es links?) …

Leben pur, Orientierung nicht einfach.

Vor knapp zwei Wochen gönnte ich mir eine Auszeit im Solbad. Zwischen den Saunagängen reflektierte ich Tagebuch schreibend über meinen Alltag. Dabei durfte ich feststellen: Nach einem nicht einfachen Herbst haben sich Dinge am Anfang des neuen Jahres in eine gute Richtung entwickelt. Hoffnungsvoll habe ich meinen Auszeittag beendet.

Der Hammer folgte 24 Stunden später: Was sich für uns als Familie gerade so hoffnungsvoll entwickelte, wurde jäh ausgebremst. Statt steil aufwärts geht’s die Steilwandkurve runter und die Gefühlsachterbahn nimmt Fahrt auf – mit Höchstgeschwindigkeit.

Auch wenn ich hier (für den Moment) keine persönlichen Details preisgeben will, bestimmt kannst du dir vorstellen, wie es uns geht – weil du solches auch schon erlebt hast: Rauf, runter, links, rechts – wo stehen wir eigentlich? – man, ist das ungerecht! – und jetzt? …

Du bist nicht alleine!

In dieser ungemütlichen Situation sind wir gerade einige Dinge am Buchstabieren. Eines davon ist: Wir sind nicht alleine!

Gerne glauben wir ja an einem Tiefpunkt im Leben, der Lüge, wir wären die Ärmsten und besonders hart vom Leben geschlagen. Das stimmt nicht!

Natürlich wissen wir das. Doch wenn wir uns im Jammertal ins Schneckenhaus zurückziehen, sehen wir nur Menschen, die es besser haben als wir.

Während ich aber mit anderen über unsere Situation sprach, ist mir von schwierigen Lebenssituationen berichtet worden, die mich nicht kalt lassen.

Tatsache ist: Auch bei anderen – selbst wenn sie wunderschöne Fotos auf Insta teilen – geht nicht alles wie „am Schnüerli“, geht nicht alles glatt, scheint nicht jeden Tag die Sonne!

Lass dir helfen!

Wir sind so dankbar für gute Menschen an unserer Seite: Familie und Freunde, die unsere Not mittragen, Menschen, die Anteil nehmen und für uns beten, und wir sind dankbar für die professionelle Hilfe – von der Psychologin bis zum Rechtschutz.

Diese Kombi von Freunden und professioneller Hilfe wünsche ich allen, die das 3D-Leben auf der Achterbahn in seiner ganzen Komplexität erfahren: Wir müssen nicht verschweigen, was uns belastet. Und wir müssen nicht irgendwelche Helden spielen, die keine Hilfe brauchen.

Oder wie mir gestern jemand anvertraut hat: Die gutgemeinten Notfallkügeli der Eltern haben leider nicht gereicht, um ein traumatisches Erlebnis meiner Jugendzeit zu verarbeiten.

Und mir hilft, zu wissen, dass Gott da mit mir auf der Achterbahn des Lebens ist – selbst wenn ich meine Fragen an ihn habe und ich so manches einfach nicht verstehe. Er ist da. Vielleicht verhindert er nicht den freien Fall. Doch er fängt mich am Ende auf.

Glücksaufgabe

Vielleicht gibt es in deinem Leben gerade keinen Nebel und keine Steilwandkurven. Dann freu dich dran, sei dankbar und bete vielleicht für jemanden, der es gerade ganz anders erlebt.

Und wenn du selbst Tiefschläge zu verdauen hast und dich kaum orientieren kannst: Lass dir helfen! Rede mit Freunden und lass die Unterstützung von Profis zu.

Gnadenbringende Weihnachtszeit …

Hast du gerne Weihnachtslieder? Und welches sind deine liebsten Weihnachtslieder?

Hier ein kleines Rätsel für Weihnachtslieder-Profis unter uns: Erkennst du die folgenden Zeilen? Aus welchen Liedern stammen sie? (Lösung am Ende des Artikels)

A) «Gnadenbringende Weihnachtszeit!»

B) «Einfach frei nach Schnauze backen»

C) «Kehrt mit seinem Segen ein in jedes Haus»

D) «überen eus in Ewigkeit» (Schweizer Mundart)

Weihnachtslieder sind nicht jedermanns Sache. Obwohl die Auswahl ja riesig ist und in jeder Stilrichtung etwas zu finden ist.

Überhaupt: Wie hast du es so mit Weihnachten?

Die Advents- und Weihnachtszeit lebt von einem spannenden Mix aus Kitsch, Romantik, Geschenke, sinnentleerten Ritualen, Sehnsucht nach menschlicher Wärme und dem Aufblitzen einer göttlichen Liebes- und Hoffnungsbotschaft.

An uns persönlich ist es, zu entscheiden, welchen Aspekt davon wir besonders gewichten wollen.

Nachdenklich stimmte mich folgende Zeile, die ich gestern im Bieler Tagblatt entdeckte:

An Weihnachten scheint mir vieles unsinnig.
Einige treffen sich mit Menschen,
die sie nicht mögen und nicht sehen möchten,
um eine Geburt zu feiern,
an deren Existenz sie zweifeln. 

Jessica Ladanie
(in: Jesus wäre vegan, Kolumne im Bieler Tagblatt, 23.12.21)

Oje, wie traurig ist denn das?!
Viel Stress mit wenig Inhalt.
Schade, wenn Weihnachten nicht mehr sein darf!

Mir gefallen die kitschigen Weihnachts-Liebesfilme, gegen Geschenke habe ich nichts einzuwenden und auch Familienfeste und Weihnachtsessen mit Freunden gehören für mich in die Zeit am Jahresende.

Aber wenn das alles ist, wäre mir tatsächlich lieber, wenn wir es nicht mehr mit der Geburt dieses Babys in der Krippe im Stall von Betlehem in Zusammenhang bringen würden. Wir brauchen wirklich nicht eine Geburt zu feiern, wenn wir deren Existenz anzweifeln.

Dann wäre eine Jahresend-Party als Zeichen des menschlichen Miteinanders viel ehrlicher.

Doch soweit lasse ich es für mich persönlich nicht kommen: Weihnachten ist das Fest der Liebe! Und zwar nicht einfach Liebe als wohlig-warmes-romantisches Miteinander von Menschen.

Hier geht es um göttliche Liebe!!

Genau für Zeiten wie die gegenwärtige wurde Weihnachten! Gott besucht uns in aller Schwachheit, Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit. Sein Licht bringt uns eine neue, ganz andere Hoffnung. Eine Liebe, die nicht von dieser Welt ist.

Eine Frage des Vertrauens

Letzte Woche habe ich hier über Vertrauen geschrieben. Tatsächlich handelt es sich aus meiner Sicht auch bei Weihnachten um eine Vertrauenssache.

Wer Weihnachten ernst nimmt, steht hier vor einer Vertrauensfrage:

Vertraue ich irgendeinem Weihnachtszauber aus Kitsch, Romantik, Kommerz und Engelchen?

Oder merke ich, dass hier mein Herzvertrauen gefragt ist, mich der Höchste persönlich besucht und mich fragt: Vertraust du mir?

Vertraust du der gnadenbringenden Weihnachtszeit, weil er – weil Jesus – es ist, der da Gnade bringt?

Manchmal dringen die alten Weihnachtslieder nicht so recht zu meinem Herzen durch. Diese alte Sprache ist mir fremd.

Und doch: Genau diese «gnadenbringende Weihnachtszeit» wünsche ich mir dieses Jahr ganz besonders. Etwas Gutes, etwas Göttliches ist mir, dir, uns allen geschenkt. Sind wir bereit, dieses Geschenk anzunehmen und dem Schenkenden zu Vertrauen?

Oder mit dem populären Weihnachtslied (Last Christmas) gefragt: Wem schenkst du dieses Weihnachten dein Herz und dein Vertrauen?

Glücksaufgabe

Welcher Teil von Weihnachten macht dich glücklich?

Und hier noch die Lösungen zum Weihnachtslieder-Rätsel:
A) «O du fröhliche»
B) «In der Weihnachtsbäckerei»
C) «Alle Jahre wieder»
D) «Das isch de Stern vo Bethlehem»

Frage des Vertrauens

Und, hast du das Frühstück heute morgen überlebt?

Eine doofe Frage, ich weiss. Aber in einer Zeit, in der man nicht mehr weiss, wem man sein Vertrauen schenken kann, darf, soll, beginne ich mich mit komischen Fragen zu beschäftigen:

Was, wenn ich den Bauern im Lande nicht mehr trauen kann, weil sie möglicherweise der Milch ein Gift beisteuern?

Oder wie ist es mit dem Buschauffeur? Wird er mich – allenfalls gar im Schneesturm – sicher ans Ziel bringen?

Und die Autoindustrie: Wer sagt mir, dass mein Neuwagen nicht nach 10’000 Kilometer explodieren wird?

Das Leben ist lebensgefährlich. Ohne Vertrauen überleben wir da nicht lange. Wir alle leben tagtäglich aus dem Vertrauen heraus. Wer nur aus Angst lebt, lebt irgendwann nur noch zurückgezogen in seiner kleinen Welt – oder irgendwann gar nicht mehr.

Ich entscheide schon am Morgen, ob ich mit Vertrauen oder mit Angst in den Tag starten will – vom Lebensgefühl her, aber auch ganz praktisch: Die Milch am Frühstückstisch, daneben liegt die Tageszeitung: Hm, kann ich darauf vertrauen, dass der Journalist über tatsächliche Ereignisse berichtet oder verdreht er Fiktion in Fakten?

Und schon bald geht’s wirklich ans «Läbige»: Wenn ich meine Kinder anderen Menschen anvertraue – vertraue ich da auch wirklich? Oder wenn ich mich selbst den Händen eines Therapeuten anvertraue – vertraue ich darauf, dass mir geholfen wird?

Wer aktiv ins Leben eintaucht, steht andauernd vor der Vertrauensfrage.

Langzeitfolgen des Misstrauens

Es wird derzeit viel über Langzeitfolgen gesprochen – wahlweise meint man damit die Folgen einer Corona-Erkrankung (Long Covid), die vermuteten Folgen einer Impfung oder die psychischen und gesellschaftlichen Folgen von Social Distancing.

Ich frage mich, wie sich die Langzeitfolgen des gegenwärtigen Misstrauens manifestieren werden.

Das Hinterfragen von Autoritätspersonen ist keine neue Erscheinung. Und ich begrüsse, dass man durch verschiedene Strömungen mindestens seit der 68er-Bewegung bis zu «Me too» die Autoritätsgläubigkeit abgelegt hat und man sich bewusst wurde, dass auch die eigenen Idole nicht vor Fehltritten und falschen Entscheidungen gefeit sind.

Doch ich befürchte, dass gerade, wie so oft, das Pendel ins andere Extrem ausschlägt: Während die Verschwörungstheoretiker, für die alle Amtsträger ferngesteuert werden, eine kleine Randerscheinung sind, gibt es mehr und mehr Leute, die nur noch sich selbst trauen.

Und diese Entwicklung scheint mir für ein gesundes Miteinander als Gesellschaft nicht gerade förderlich.

Ich will meiner Nachbarin genauso wie meinen Gemeinderatskollegen, meinen Kindern genauso wie dem Journalisten meiner Lokalzeitung, meinen Freunden genauso wie meinen Ärzten, meinen Mitarbeitenden genauso wie meinem Bundesrat unterstellen, dass sie es grundsätzlich gut mit mir meinen.

In diesem Sinn habe ich diese Woche nach einer Tagung mein Fazit gezogen: Haltung vor Meinung.

Wir können uns in manchem uneinig sein. Und das ist auch völlig okay so. Aber wir sollten dabei Haltung bewahren: Eine Haltung des Vertrauens, des Respekts und des guten Willens.

Man kann das als naiv betrachten. Und tatsächlich wurde mein Vertrauen auch schon hier und da missbraucht.

Doch ich weigere mich in aller Deutlichkeit, all meinen Mitmenschen – ob Nachbarn oder Autoritätspersonen – in einer Haltung des Misstrauens zu begegnen.

Glücksaufgabe

Während der Pandemie ging vieles verloren, was uns als Gemeinschaft zusammenhält. Ich hab das selber in verschiedenen Gremien erlebt. Geselliges Zusammensein oder Networking ohne fixe Agenda fördert unser Miteinander (und unser Vertrauen zueinander) ungleich stärker als Zoom-Meetings.

Auch wenn wir unsere sozialen (physischen) Kontakte in den nächsten Monaten nochmals reduzieren müssen, bitte ich dich: Zieh dich nicht zurück in dein Schneckenhaus! Gib nicht dem Misstrauen gegenüber allen und allem Raum sondern frag dich, wie du dein Leben mit einem gesunden Vertrauen gestalten kannst.

Jetzt muss es raus!

Seit dem letzten Abstimmungs-Wochenende wissen wir es: Wir, die für einen Vernunft basierten Umgang mit der Pandemie einstehen, sind in der klaren Mehrheit. Bei allen Fragen, die auch wir haben, setzen wir auf Vertrauen gegenüber Wissenschaftler, Politiker und Behörden.

Aber wir sind eine leise Mehrheit.

Warum?

Weil wir alle in unseren Freundeskreisen oder auf Social Media schon die Erfahrung – oder mindestens die Beobachtung – gemacht haben, dass diskutieren mit euch, liebe Impfskeptiker und Corona-Massnahmen-Gegner, oft zwecklos ist. Argumente werden zu Glaubensfragen, Misstrauen gegenüber allem (ausser der eigenen Weltanschauung) dominiert. Wer es anders sieht als ihr, ist entweder der Lügenpresse auf den Leim gegangen oder hat sich längst in den Fängen von Bill Gates verstrickt.

Und genau darum und weil ich ja nicht zu weiteren Spannungen beitragen möchte, habe ich diese Woche nicht getan, was ich eigentlich den Eindruck hatte, tun zu sollen: Ein SRF-Beitrag mit Stephan Jakob, Chefarzt Intensivmedizin am Inselspital Bern, hat mich bewegt, mich sehr dankbar und gleichzeitig total wütend gestimmt. Ich wollte diesen Beitrag auf Facebook teilen. Aber dann sah ich, wie bei anderen, die dies getan hatten, heftig gestritten wurde.

Und dann liess ich es – ich will ja nicht Öl ins Feuer giessen.

Challenge akzeptiert

Es ist so verlogen und heuchlerisch, wenn die grosse Volkspartei, die sonst nicht besonders feinfühlig auftritt und gewöhnlich für das Ausschliessen von ganzen Menschengruppen Lärm macht, plötzlich vor Diskriminierung und Spaltung der Gesellschaft warnt.

Und noch schlimmer – das „kotzt“ mich (sorry der Ausdruck) und viele andere wirklich an: Wer mit dem Diktatur-Argument oder dem Nazi-Vergleich kommt, hat sich echt in wilden Verschwörungsmythen verrannt!

Wisst ihr eigentlich, was eine Diktatur ist? Da kann man nie – und schon gar nicht in einer Krisensituation – über politische Vorlagen abstimmen!

Wisst ihr eigentlich, was die Nazis mit den Juden gemacht haben? Muss ich es wirklich schreiben oder erinnert ihr euch an den Geschichtsunterricht und die Bilder der Gaskammern?

Warum ich jetzt doch so angriffig und pointiert schreibe, wenn ich doch verbinden statt trennen will? Weil die Not und die Hilfeschreie von Betroffenen – Patienten und Personal – aus den Spitälern nicht spurlos an mir vorbeigehen.

Und weil ein Post von Michael Diener, den ich als Mensch und Kirchenleiter sehr schätze, mich herausgefordert hat, aufzustehen und den Verschwörungsmythen entgegenzutreten. Diener schreibt: „Habt den Mut, zum Schutz des Lebens, zum Impfen aufzurufen und damit verbunden natürlich auch zur Verständigung. Wer jetzt nicht Farbe bekennt – und damit auch mithilft, dass eine die Gesellschaft noch weiter spaltende Impfpflicht vermieden werden kann – kann sich seine Aufrufe zu ‚Märschen für das Leben‘ zukünftig auch sparen.“

Das Virus verschwindet nicht einfach von selbst, das erleben wir diese Tage gerade eindrücklich. Wir werden in Zukunft damit leben müssen. Aber es gibt ein gutes Mittel, um den Schaden des Virus zu begrenzen.

Oder wie es ein Freund und Arzt kürzlich sagte: „Wie kann es sein, dass uns Gott in so kurzer Zeit eine nachweislich wirksame Impfung gegen das Virus schenkt und Menschen lehnen dieses Geschenk ab?“

Man kann die Impfung auch als Teufelszeugs abtun. Doch es wird gefährlich, wenn wir die Diskussion in die eine oder andere Richtung religiös aufladen.

Darum appelliere ich zum Schluss an den gesunden Menschenverstand, der anfangs der Pandemie so lauthals eingefordert wurde: Wenn eine überwältigende Mehrheit der Experten zum Schluss kommt, der einzige Weg aus der Krise liegt in einer hohen Impfquote, warum kann man sich da nicht mit einem gesunden Grundvertrauen und aus gesellschaftlicher Solidarität zum Picks überwinden?

Glücksaufgabe

Die Pandemie ist ein Härtetest für unsere Lebenszufriedenheit. Ich hab wirklich genug von den chaotischen Zuständen und der totalen Planungsunsicherheit.

Darum meine Frage: Was können du und ich zur Überwindung der Pandemie beitragen?

Ein erster Schritt könnte sein, diesen 15minütigen Videobeitrag zu schauen und die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen:

Das macht Sinn!

Ein Kennzeichen glücklicher Menschen ist, dass sie einer Tätigkeit nachgehen dürfen, die sie als sinnerfüllt erleben.

Wer dies regelmässig erleben darf, lebt wahrscheinlich ihre Berufung oder hat mindestens den passenden Job oder ein spannendes Engagement als freiwillig Mitarbeitender gefunden.

Ich habe das Privileg, immer wieder solche Flow-Momente erleben zu dürfen, in denen meine Passion, meine Stärken und mein Persönlichkeitstyp zu den Aufgaben passen, die mir im ausleben meiner Berufung begegnen.

Strahlende Kinderaugen und dankbare Eltern

Jahr für Jahr erlebe ich Mitte Oktober ganz viel Sinn in meiner Tätigkeit: Wenn 40-60 Kinder und das freiwillige Mitarbeitendenteam (mit vielen Jugendlichen) mit soviel herzhafter Freude, strahlenden Augen und einem „Big Smile“ bei den Happy Kids Days mitwirken, erlebe ich ganz viel Sinnhaftigkeit in meiner Tätigkeit.

Selbst wenn es eine sehr anspruchsvolle Woche ist und wir als Leitungsehepaar stark gefordert sind, bleibt es eine der schönsten Wochen im ganzen Jahr.

Zu den grossen Worten hier die entsprechenden Beweisfotos:

Neben dem nonverbalen Feedback der Kids gibt es auch immer wieder einzelne Eltern, die ihre Dankbarkeit konkret aussprechen. Das ist ein schöner Lohn für alle Mitarbeitenden, die viel Energie in dieses Projekt stecken. Und mich erinnert es daran, wie viel Sinn diese Arbeit macht.

Wenn der Familienvater und Unternehmer seine Kids abholt und anerkennend sagt: „Unsere Mädchen sind einfach immer glücklich, wenn sie bei euch gewesen waren“, ist das der schönste Beweis dafür, dass wir im Verein Happy Kids tatsächlich unsere Mission leben.

Müde, aber sehr glücklich

Gestern war auch so ein Tag, an dem die Sinnhaftigkeit meiner Tätigkeit konkret spürbar war: Ein Filmteam der Evang.-method. Kirche Schweiz besuchte uns und machte Aufnahmen von diversen Projekten von gms/Happy Kids.

Ist möglicherweise ein Bild von eine oder mehrere Personen und Innenbereich

Der Besuch von Menschen, die vorher nie in unserer Location waren, ist immer etwas sehr Spannendes: Wie nehmen sie uns, unser Lokal und unsere Projekte wahr? Wie fühlen sie sich dabei?

Und bei einem so dicht gefüllten Tagesprogramm wie gestern: Wie erleben sie die Zusammenarbeit mit uns?

Was ich gestern gespiegelt bekam, macht mich riesig dankbar: „So viel gelacht wie heute, habe ich schon länger nicht mehr – und dies trotz dem ganzen Stress“, bekamen wir zu hören. Oder: „Ich kam an einen neuen Ort, mit mir kaum bekannten Leuten, und es war kein Moment peinlich.“

Das ist Balsam und Feuerwerk für meine Seele in einem: Ich geniesse still, dass unser 22jähriger Traum lebt. Und es pusht mich wie eine Rakete vorwärts: Genau, lass uns dies weiterhin tun und diesen Traum von einem Ort, wo sich die unterschiedlichsten Menschen wohl und angenommen fühlen, noch konsequenter in Tat umsetzen.

Flow bis zum Umfallen

Dabei habe ich bei aller Sinnhaftigkeit und Schönheit von solchen Highlights (mindestens) zwei Dinge gelernt:

1. Es gibt auch in einer sinnerfüllten Tätigkeit nicht jeden Tag Highlights, die sich auch noch wunderbar anfühlen. Ganz oft bestehen auch bei der tollsten Arbeit die Tage aus Arbeit, aus harter Arbeit sogar. Zudem gehören Rückschläge genauso dazu und schmerzen wohl noch gerade eine Spur stärker, wenn so viel Herzblut mit im Spiel ist.

2. Flow kann süchtig machen. Immer schneller, immer mehr, immer höher – diese Gefahr besteht, wenn es gerade richtig gut läuft. Doch das kann auf die Dauer nicht gut gehen.

Weil ich neben allem Schönen derzeit auch mit Unschönem und Unbequemem zu kämpfen habe, ist mir in den letzten Tagen aufgefallen, das wohl meine Seele mit diesem Tempo nicht ganz mithalten kann: Müde ins Bett fallen und doch nicht einschlafen können, ist so ein Anzeichen dafür.

Darum freu ich mich auf eine kleine Auszeit am Sonntag und Montag.

Glücksaufgabe

Jetzt hab ich sehr viel von mir erzählt. Wie sieht es bei dir aus? Wo erlebst du (Beruf / Freiwilligenarbeit / Familie) das Glück einer sinnerfüllten Tätigkeit? Wie fühlt sich das an?

Wie zeigt sich ein Flow-Erlebnis in deiner Tätigkeit?

Und weisst du auch, wann genug ist? Planst du bewusst Auszeiten ein?

Ich will frei sein!

«Liberté» dröhnte es gestern durch Berns Gassen. Es folgten unschöne Szenen mit einem Mix aus Blumen, Grabkerzen, Bierdosen und Böller der Demonstrierenden. Was mit einem Einsatz von Wasserwerfer, Reizgas und Gummischrot quittiert wurde.

Von welcher Freiheit sprechen wir da?

Vielleicht kommen wir dem Problem unserer Zeit am ehesten auf die Schliche, wenn wir uns an das Trio erinnern, aus welchem der Ruf nach «Liberté» stammt:  

Liberté – Égalité – Fraternité

«Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit» – statt Brüderlichkeit wird gerne zeitgemässer Solidarität genannt – dieses Trio von Schlagwörtern bedingt sich gegenseitig. Wenn dies nicht mehr der Fall ist, kann aus «Liberté» schnell einmal ein egoistischer Individualismus resultieren, in dem jede und jeder für sich schaut – eine Gesellschaft, die sich vom WIR zum ICH auseinanderdividiert.

Es kann durchaus gefährlich sein, mit Schlagwörtern um sich zu werfen, ich weiss. Ich wage es trotzdem: Führt diese Form von egoistischem «Liberté» zu Ende gedacht nicht zu einer Art Anarchie?

Heute passen mir die Corona-Massnahmen nicht, morgen ist es die Wehrdienstpflicht und übermorgen nehme ich mir die Freiheit, den Linksverkehr auf unseren Strassen einzuführen.

In einer freien Gesellschaft muss Freiheit immer als gemeinschaftliches Gut des WIRs betrachtet werden. Eine absolute ICH-Freiheit ist nur möglich in einer vollständigen Einsamkeit – also dort, wo ich mich aus der Gemeinschaft zurückziehe.

Doch so lange ich Teil einer Gemeinschaft bin, zählt, was schlaue Denker schon vor hunderten von Jahren gesagt haben:

«Die Freiheit des Einzelnen endet dort,
wo die Freiheit des Anderen beginnt.»
Immanuel Kant (1724-1804)

«Die Freiheit besteht darin, dass man alles das tun kann,
was einem anderen nicht schadet.»
Matthias Claudius (1740-1815)

«Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,
dass er tun kann, was er will,
sondern darin, dass er nicht tun muss, was er nicht will.»
Jean-Jacques Rousseau (1712-78)

Eine freie Gesellschaft ist nur frei, wenn die Freiheit für alle gilt (Gleichheit). Dies zeigt sich beispielsweise in der Meinungs- oder Handlungsfreiheit. Doch diese Freiheit kann nicht damit gleichgesetzt werden, dass es keine Regeln mehr gibt.

Ich bin kein Freund einer bürokratischen Überreglementierung. Noch weniger bin ich jedoch Freund von willkürlichen Regeln und fragwürdiger Regelauslegung. Ob im Fussball oder im Strassenverkehr: Nicht die Menge der Regeln macht es aus, sondern die Klarheit und dass man sich gemeinsam dafür verpflichten, nach diesen Regeln «zu spielen».

Freiheit – Gleichheit, und da wäre dann noch die Solidarität. In einem so freien Land wie der Schweiz «Liberté» zu brüllen und dabei die Freiheit anderer derart mit Füssen zu treten, ist nicht die Freiheit, von der ich träume.

Wo bleibt da die Solidarität mit all den Verantwortungsträgern in Politik, Wissenschaft, Gesundheitswesen, Bildung … die seit rund 20 Monaten im Ausnahmezustand nach bestem Wissen und Gewissen ihre persönliche Freiheit dem Allgemeinwohl unterordnen?

Ich erlebe Leute, die glauben tatsächlich, all diese ernsthaften Menschen, die ihr Bestes geben, seien sowieso alle ferngesteuert – von wem auch immer, Bill Gates oder dem Teufel persönlich – oder aber, alle Mandatsträger – von Politik bis Kirche – würden ihr Amt sowieso nur aus persönlichem Interesse und Machtgier ausführen.

Wir alle machen Fehler – darum geht es hier nicht. Und ich will auch niemanden auf ein überhöhtes Podest hieven. Trotzdem habe ich Hochachtung von dem, was in unseren Spitälern, aber auch im Bundeshaus geleistet wird.

Und vor allem habe ich grosse Achtung und Dankbarkeit dort, wo ich ganz direkt mitkriege, wie sich Menschen dafür einsetzen, diesem fiesen Virus den Stecker zu ziehen: «Mein» Schulleitungsteam, das bis ans Ende der persönlichen Kräfte im Corona-Modus seine Arbeit tut.

Pierre Alain Schnegg, den ich kürzlich in einem Talk sehr demütig erlebte (wir haben übrigens ein Podcast davon). Oder der Vorsteher des Volkschulamtes, der aufrichtige Arbeit leistet …

«Liberté» zu schreien, ist einfach. «Fraternité» – oder eben Solidarität – zu leben und Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen, ist eine andere Sache. Das heisst auch verzichten – zum Beispiel auf einen Teil der ICH-Freiheit, damit die WIR-Freiheit nicht verloren geht.

Glücksaufgabe

Was bedeutet für dich Freiheit? Ich genoss neulich die neue Freiheit dank Zertifikat im Wellness-Hotel oder beim gemeinsamen Essen in der Kirche.

Aber Freiheit ist ja viel mehr als keine Maske tragen zu müssen. Oder Halt: Genau das ist doch die grösste Freiheit! Wirklich frei ist, wer keine Maske (im übertragenen Sinn) aufsetzen muss, sondern ganz sich selbst sein kann und sich (trotzdem) aufgehoben in der Gemeinschaft fühlt.

(Wo) erlebst du solche (innere) Freiheit?

Und noch etwas in eigener Sache …

Ich will meine Verantwortung für Mensch und Umwelt wahrnehmen – als Pfarrer und als Politiker.

Darum stelle ich mich anfangs November zur Wiederwahl als Gemeinderat. Und deshalb möchte ich in einem halben Jahr in den Berner Grossrat gewählt werden.

Unterstützt du mich dabei?
Wie du dies tun kannst, erfährst du demnächst in Stef’s Polit-News. Gerne lade ich die dazu ein, diese jetzt zu abonnieren.

Nicht auf meine Kosten!

Gestern schaute ich mir einen Krimi an, indem sich ein Klimaaktivist nicht länger damit zufrieden gab, Plakate mit Warnbotschaften à la „Es gibt keinen Plan(et) B“ in die Luft zu strecken. Die Leute liessen sich davon weder beeindrucken noch bewegen, meinte er, darum bräuchte es jetzt ein kraftvolleres Vorgehen.

In seinem Fall hiess dies: Stromausfall im Stadtteil zu provozieren oder SUVs im Autohaus zu besprayen. Ich finde auch: Reden ohne zu handeln, bringt wenig. Doch aus meiner Sicht sind solche illegalen Aktionen, vor allem wenn andere zu Schaden kommen, wenig zielführend, resp. ethisch nicht verantwortbar. Mit kreativen Aktionen eine breite Bevölkerung auf eine notvolle Situation aufmerksam zu machen, ist das Eine. Mit einer solchen Aktion bewusst jemandem Schaden zuzuführen, ist etwas anderes.

Die Ansicht, dass es höchste Zeit ist zum Handeln, teilen inzwischen viele. Die farbigen Plakate der streikenden Klimajugend und die eindringlichen Worte von Greta alleine reichen nicht aus. Doch wie so oft herrscht grosse Uneinigkeit, wie der Weg zum Ziel auszusehen hat. Die hochemotionalen Debatten rund um die drei Umweltvorlagen, die am 13. Juni zur Abstimmung kommen, geben einen Eindruck davon.

Stolz auf „gesunden Volksverstand“

Unser Schweizer System mit der direkten Demokratie ist einzigartig und erhält viel Bewunderung. Ich erinnere mich, wie wir Freunden in Chicago unser System zu erklären versuchten. Gary stellte erstaunt und bewundernd fest, dass ein so kleines Land weltweit in vielen Bereichen top aufgestellt und nie in grosse Konflikte verwickelt sei.

So sehr ich eigentlich Freund von klarem Leadership bin, so sehr überzeugt mich der Schweizer Weg mit einem Mix von Neutralität, Kollegialitätsbehörden und direkter Demokratie. Gerade der Volkswille hat eine ausgleichende Kraft und unser System mag zwar schwerfällig sein, doch wir holen alle anderen Länder wieder auf, weil wir nicht den mühsamen Zickzack-Kurs von links nach rechts, von Regierung zu Opposition gehen müssen. Als lösungsorientierter Mittepolitiker ist mir diese Lösungssuche in Sachfragen sowieso viel lieber als ein starres Rechts-Links-Muster.

Auch wenn ich persönlich nicht mit jeder Abstimmung glücklich bin, erfüllt mich die Schweizerische Eigenheit mit den regelmässigen Willensbekundungen der Bevölkerung mit Stolz und Dankbarkeit. Dankbarkeit, in einem Land leben zu dürfen, in dem das Wir über wichtige Frage entscheiden darf. Und Stolz, weil der Volkswille nicht einfach von einem „Volksegoismus“ getrieben ist, sondern ganz oft die Vernunft über persönlichen Vorteilen obsiegt.

Noch immer habe ich einen deutschen Kollegen im Ohr, der meinte, es würde wohl kein anderes Land per Volksabstimmung zusätzliche Ferienwochen ablehnen. Während mir in der ganzen Corona-Diskussion doch erhebliche Zweifel am viel zitierten „gesunden Menschenverstand“ kamen, glaube ich an so etwas wie einen „gesunden Volksverstand“. Als Einzelne mögen wir uns in einer Sache verrennen, als Volk werden wir gemeinsam immer wieder einen gangbaren Weg finden.

„I bi dr gäge – wägem Töfflifahre“

Dieser „gesunde Volksverstand“ funktioniert aber nur so lange gut, wie wir alle die Fähigkeit besitzen, einen Schritt zurückzutreten und versuchen eine Sachlage in grösseren Zusammenhängen als der eigenen Lebensrealität zu betrachten.

Die gegenwärtigen Diskussionen um das CO2-Gesetz zeigen, wie umkämpft dieses Miteinander vom Ich und dem Grossen Ganzen ist. Meinem Sohn, der den haushälterischen Umgang mit seinem Jugendlohn noch am Einüben ist, kann ich verzeihen, wenn er, im Grunde atypisch für seine Ansichten, auf SVP-Parolen aufspringt und sagt: „Ich würde nein stimmen, ich will doch nicht, dass die Tankfüllung für mein ‚Töffli‘ (Mofa) teurer wird.“

Dass seine Rechnung wahrscheinlich nicht mal stimmt, weil er ja Töffli fährt, aber nicht in der Welt herumjettet und somit mehr Geld zurückkriegt, ist hier nur eine Nebensache.

Was mich beschäftigt, ist, dass der „gesunde Volksverstand“ genauso wie der „gesunde Menschenverstand“ bedroht ist. Er wird verloren gehen, wenn wir uns vom bequemen Egoismus treiben lassen: Der persönliche Profit sollte nicht das Mass aller Dinge sein bei unseren Entscheidungen – weder bei Volksabstimmungen noch im persönlichen Verhalten.

Ganz nach dem Motto: Klimaneutralität ist super – so lange ich mich nicht beschränken muss. Windenergie ist super – so lange das Windrad nicht in meiner Nähe aufgebaut wird.

Ich hoffe, dass auch bei den kommenden Abstimmungen der „gesunde Volksverstand“ über den persönlichen Profit gewinnen wird.

Glücksaufgabe

Beteilige dich an der Abstimmung, denn das macht glücklich.

Mindestens die Tatsache, dass wir die Möglichkeit haben, via Volksabstimmungen zu partizipieren macht nachweislich glücklich (das zeigen Ländervergleiche). Ob wir das Stimmrecht auch wirklich beanspruchen, ist dann eine andere Sache.