Ich zahle gerne Steuern. Und seit ich im Gemeinderat sitze, noch viel lieber.
Zugegeben: Bisher habe ich mein Leben lang auch noch nicht wirklich sehr viel Steuern bezahlen müssen. Und wenn sich im Verlauf der letzten zehn Jahren unser Steuerbetrag deutlich erhöht hat, ist dies ein schöner Beweis dafür, dass sich unser Einkommen langsam dem durchschnittlichen Haushaltseinkommen annähert. Die Steuerrechnungen sind für mich also schon nur darum ein Grund zur Dankbarkeit.
Doch seit ich in der Exekutive sitze, wird mir der Gegenwert meiner Steuern viel bewusster. Es gibt unterschiedlichste Bereiche, in denen meine Familie und ich vom Gemeinwesen profitieren, aber belassen wir es bei einem Beispiel aus meinem eigenen Ressort (Bildung).
Diesen Sommer schliesst unser zweites Kind seine obligatorische Schulzeit ab. Für ein Schuljahr rechnen wir pro Schülerin und Schüler mit Kosten von ca. 10’000 Franken.
Die Rechnung ist wirklich einfach: Zwei Kinder, je 11 Schuljahre = rund 220’000 Franken.
Der Staat liess sich die obligatorische Schulkarriere unserer Kinder knapp eine Viertelmillion Franken kosten. Und da sind Mittelschule oder Berufsausbildung noch gar nicht mitgerechnet.
Bis der Staat eine Viertelmillion von mir erhält, muss ich bei meinem aktuellen Steuerbetrag gut und gerne 35 Jahre Steuern einzahlen.
Fazit für alle, die es weniger mit Zahlen haben: So gerne wir alle jeden Steuerfranken lieber in Ferien investieren würden, die meisten von uns profitieren weit mehr von den Leistungen des Staates als sie jemals dafür bezahlen werden.
«Frage nicht …»
Neulich, genau ein Jahr vor dem grossen Wahltag, habe ich meinen Wahlkampf für den Grossrat (Berner Kantonalparlament) lanciert. Für dieses Mailing hab ich nach einem Aufhänger gesucht und da kam mir mal wieder das bekannte Zitat von John F. Kennedy in den Sinn:
Frage nicht, was dein Land für dich tun kann,
sondern was du für dein Land tun kannst!
Ich war mir aber unsicher, ob ich diesen Spruch verwenden sollte: Ist er nicht abgedroschen? Oder zu pathetisch? Und überhaupt – passt er in der aktuellen (Krisen)Situation?
Nach einigem Abwägen entschied ich mich, das Zitat zu verwenden – jetzt erst recht!
Es ist so einfach – und derzeit unheimlich beliebt – gegen den Bundesrat, den Regierungsrat, den Gemeinderat oder auch gegen die Schule zu wettern.
Sie alle machen alles falsch. Nur die, die sich beschweren, anklagen oder gar verurteilen, sie machen scheinbar alles richtig.
Ist das nicht etwas gar einfach? Natürlich habe auch ich meine Fragen. Ob der Bundesratsentscheid von letztem Mittwoch wirklich schlau war oder wir schon bald eine ghörige Retourkutsche auf uns zukommen sehen werden – ich weiss es nicht.
Was ich weiss: Ich hätte nicht im Budesratszimmer sein wollen und diesen Entscheid fällen müssen.
«Wer sich einsetzt, setzt sich aus!», hat in jungen Jahren jemand zu mir gesagt. Und tatsächlich: Jedes Mal, wenn ich irgendwo Verantwortung übernehme oder mutig voran gehe, gibt es auch Leute, die meinen Einsatz nicht nachvollziehen können.
Was ist die Alternative? Motzen statt anpacken kann es aus meiner Sicht nicht sein: «Wer immer etwas auszusetzen hat, bewegt wenig!»
Die unerhörte Anspruchshaltung in unserer Gesellschaft gibt mir zu denken. Dabei sind wir sehr weit weg von dem, was John F. Kennedy sagte. Es wird mehr danach gefragt, was unser Land für uns tun und lassen sollte. Menschen, die sich für das Gemeinwohl engagieren, sind leider selten geworden.
Schade eigentlich! Gemeinsam könnten wir vieles zum Guten bewegen.
Glücksaufgabe
Wie hast du es mit den Steuern? Warum könnte Steuern bezahlen auch etwas mit Dankbarkeit zu tun haben?
Was heisst der Spruch von John F. Kennedy für dich? Was kannst du für dein Land tun?