Der Wind in meinem Leben

Ich bin total entspannt: Heute Morgen hab ich noch die letzten Sonnenstrahlen genutzt, um mit meiner Frau unseren Aare-Spaziergang zu machen – auf halber Strecke wurden wir jedoch bereits vom Regen begrüsst.

Früher, als Hauptleiter einer Jungschar, wäre ich an einem so verregneten Freitag vor Pfingsten alles andere als entspannt gewesen: Zelte aufbauen oder gleich in der Zivilschutzanlage das Nachtquartier einrichten? Welche Programmteile des Pfingstlagers (PfiLa) müssen umgestaltet werden, was kann wie geplant durchgeführt werden?

Nun gut, eigentlich gehört ja Regen fest in eine PfiLa-Planung dazu …

Neben der Erinnerung an nasskalte und trotzdem geniale PfiLas (Pfingstlager) mit der Jungschar – und der Nostalgie des Cup-Finales am Pfingstmontag im Wankdorfstadion – ist Pfingsten für mich die schöne Zusage Gottes, dass er uns nicht alleine lässt: Der gute Geist Gottes will uns tröstend und helfend zur Seite stehen. Mehr noch! Der Heilige Geist will uns nicht nur be-geleiten, sondern uns gar an-leiten.

Mit Rückenwind unterwegs

Die Bibel vergleicht den göttlichen Geist unter anderem mit dem Wind. In meiner Auseinandersetzung mit der Glücksthematik brauche ich das Bild des Windrades. Und genau da kommt dieser Wind ins Spiel: Was wäre ein Leben ohne Wind? Hier steht der Wind für eine gelebte Spiritualität und die Sinnhaftigkeit im Leben.

Und welcher Wind ist der Antrieb meines Engagements in Kirche, Gesellschaft und Politik? «Suchet der Stadt Bestes und betet für sie!», lesen wir bei Jeremia. Das ist mein Leitmotiv für mein vielseitiges Wirken.

So will ich beispielsweise eine Sachpolitik betreiben, die das göttliche Wohlwollen für seine Geschöpfe und seine Schöpfung zum Ausdruck bringt. Dabei will ich bewusst die Kraft und Führung des Heiligen Geistes in Anspruch nehmen. Er darf und soll der Wind in meinem Leben sein – auch in meinem Politisieren.

Und darum will ich als Pfarrer der Gesellschaft dienen – nicht bloss einem kleinen Kreis von Gleichgesinnten. Unsere Aktivitäten als Kirche sollen zum Wohl aller beitragen. Das heisst dann:

Verantwortung übernehmen – lokal und global.

Brücken bauen – statt Fronten zu zementieren.

Menschen dienen – praktisch, unbürokratisch, konkret.

Pfingsten steht für die Hoffnung, dass eine andere Welt möglich ist. Eine Welt, nicht getrieben von egoistischer Gier, sondern angetrieben vom guten Geist Gottes, der alle Menschen beflügeln will.

(Teile aus diesem Artikel sind als Kolumne in der Zeitung Berner EVP 2/2021 erschienen.)

Glücksaufgabe

Falls du während dem Pfingstweekend nicht gerade umziehst oder in einem Pfila bist, habe ich dir hier einen Glückstipp: Zusammen mit der Hirnforscherin Barbara Studer durfte ich als Talk-Gast beim Livenet-Talk «Was kann ich zu Glück und Gesundheit beitragen?» mitwirken.

Und falls du lieber liest als den Talk zu schauen, gibt es im Artikel Livenet-Talk: Was kann ich zu Glück und Gesundheit beitragen? eine gute Zusammenfassung davon.

Zufriedener Staatsbürger oder Wutbürger?

Ich zahle gerne Steuern. Und seit ich im Gemeinderat sitze, noch viel lieber.

Zugegeben: Bisher habe ich mein Leben lang auch noch nicht wirklich sehr viel Steuern bezahlen müssen. Und wenn sich im Verlauf der letzten zehn Jahren unser Steuerbetrag deutlich erhöht hat, ist dies ein schöner Beweis dafür, dass sich unser Einkommen langsam dem durchschnittlichen Haushaltseinkommen annähert. Die Steuerrechnungen sind für mich also schon nur darum ein Grund zur Dankbarkeit.

Doch seit ich in der Exekutive sitze, wird mir der Gegenwert meiner Steuern viel bewusster. Es gibt unterschiedlichste Bereiche, in denen meine Familie und ich vom Gemeinwesen profitieren, aber belassen wir es bei einem Beispiel aus meinem eigenen Ressort (Bildung).

Diesen Sommer schliesst unser zweites Kind seine obligatorische Schulzeit ab. Für ein Schuljahr rechnen wir pro Schülerin und Schüler mit Kosten von ca. 10’000 Franken.

Die Rechnung ist wirklich einfach: Zwei Kinder, je 11 Schuljahre = rund 220’000 Franken.

Der Staat liess sich die obligatorische Schulkarriere unserer Kinder knapp eine Viertelmillion Franken kosten. Und da sind Mittelschule oder Berufsausbildung noch gar nicht mitgerechnet.

Bis der Staat eine Viertelmillion von mir erhält, muss ich bei meinem aktuellen Steuerbetrag gut und gerne 35 Jahre Steuern einzahlen.

Fazit für alle, die es weniger mit Zahlen haben: So gerne wir alle jeden Steuerfranken lieber in Ferien investieren würden, die meisten von uns profitieren weit mehr von den Leistungen des Staates als sie jemals dafür bezahlen werden.

«Frage nicht …»

Neulich, genau ein Jahr vor dem grossen Wahltag, habe ich meinen Wahlkampf für den Grossrat (Berner Kantonalparlament) lanciert. Für dieses Mailing hab ich nach einem Aufhänger gesucht und da kam mir mal wieder das bekannte Zitat von John F. Kennedy in den Sinn:

Frage nicht, was dein Land für dich tun kann,
sondern was du für dein Land tun kannst!

Ich war mir aber unsicher, ob ich diesen Spruch verwenden sollte: Ist er nicht abgedroschen? Oder zu pathetisch? Und überhaupt – passt er in der aktuellen (Krisen)Situation?

Nach einigem Abwägen entschied ich mich, das Zitat zu verwenden – jetzt erst recht!

Es ist so einfach – und derzeit unheimlich beliebt – gegen den Bundesrat, den Regierungsrat, den Gemeinderat oder auch gegen die Schule zu wettern.

Sie alle machen alles falsch. Nur die, die sich beschweren, anklagen oder gar verurteilen, sie machen scheinbar alles richtig.

Ist das nicht etwas gar einfach? Natürlich habe auch ich meine Fragen. Ob der Bundesratsentscheid von letztem Mittwoch wirklich schlau war oder wir schon bald eine ghörige Retourkutsche auf uns zukommen sehen werden – ich weiss es nicht.

Was ich weiss: Ich hätte nicht im Budesratszimmer sein wollen und diesen Entscheid fällen müssen.

«Wer sich einsetzt, setzt sich aus!», hat in jungen Jahren jemand zu mir gesagt. Und tatsächlich: Jedes Mal, wenn ich irgendwo Verantwortung übernehme oder mutig voran gehe, gibt es auch Leute, die meinen Einsatz nicht nachvollziehen können.

Was ist die Alternative? Motzen statt anpacken kann es aus meiner Sicht nicht sein: «Wer immer etwas auszusetzen hat, bewegt wenig!»

Die unerhörte Anspruchshaltung in unserer Gesellschaft gibt mir zu denken. Dabei sind wir sehr weit weg von dem, was John F. Kennedy sagte. Es wird mehr danach gefragt, was unser Land für uns tun und lassen sollte. Menschen, die sich für das Gemeinwohl engagieren, sind leider selten geworden.

Schade eigentlich! Gemeinsam könnten wir vieles zum Guten bewegen.

Glücksaufgabe

Wie hast du es mit den Steuern? Warum könnte Steuern bezahlen auch etwas mit Dankbarkeit zu tun haben?

Was heisst der Spruch von John F. Kennedy für dich? Was kannst du für dein Land tun?

Die Kunst, selber zu denken

Selbstdenken ist der höchste Mut.
Welche wagt, selbst zu denken,
die wird auch selbst handeln.

Bettina von Arnim

Neulich – es war die Woche der Trump-Wahl – sassen wir mit einem befreundeten Paar beim Frühstück. Wir sprachen über dies und das, auch über unsere Arbeit als Künstler und Referenten. Wir vier waren uns einig: Kunst und Bildung sollen zum Selberdenken anregen und nicht alle möglichen Fragen mit schnellen Antworten auf einfache Weise zu klären versuchen.

Einig waren wir uns aber auch, dass genau dies in gewissen Kreisen nicht gefragt ist. Mehr noch: Angebote, die zum selbständigen Weiterdenken einladen, sind oft Nischenprodukte. Tragischerweise lassen viele Menschen lieber andere für sich denken, als dass sie sich die Mühe nehmen würden, sich selbst ein möglichst breites Bild zu verschaffen und selbständig nach Antworten zu suchen.

Wer selber denkt, merkt dann wahrscheinlich auch, dass es oft die eine einfache Antwort gar nicht gibt. Das Leben ist viel komplexer. Und das macht das Selberdenken ja auch so anstrengend. Es ist viel einfacher, nachzuplappern, einer Masse nachzulaufen und Meinungsmacher anzuhimmeln, als einmal einen Schritt zurückzutreten und eine Situation mit etwas Distanz zu betrachten, nachzudenken und sich eine eigene Meinung zu bilden.

Worte sind schnell gemacht, Taten lassen oft lange auf sich warten. Wer nur die – oftmals polarisierenden – Standpunkte der lautstarken Meinungsmacher repetiert und auf deren Taten wartet, macht es sich zu einfach. Und das selbst der, welcher noch vor wenigen Wochen mit krassen Parolen Schlagzeilen machte, nun vor den Taten zurückschreckt, zeigt doch, dass die lauten Töne nicht unbedingt die nachhaltigsten sind. (Wobei wir in diesem Fall wohl dankbar dafür sein können, wenn nicht alle lauthals angepriesenen Instantlösungen umgesetzt werden.)

Leider haben es Menschen, die in ihrem Bereich (ob Kunst, Bildung oder Kirche; schön zu beobachten aber auch in der Politik) andere Leute mit einer differenzierten Herangehensweise zum Weiterdenken einladen, nicht immer leicht. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit einem Thema ist nicht wirklich schlagzeilentauglich. Und die Menschen sitzen lieber in einem Stadion voller Gleichgesinnten, als dass sie den Andersdenkenden und seine Sichtweise kennen lernen wollen.

Und so suchen wir dann das Polarisierende, das Trennende: Pro oder contra? Schwarz oder weiss? Ja oder nein? Links oder rechts? Trump oder Clinton? 

Doch diese Verkürzung von komplexen Zusammenhängen schafft Fans und Gegner. Aus dem Meinungsaustausch und dem Kennenlernen unterschiedlicher Ansichten wird ein Kampf. Wir gegen sie! Statt Brücken zu bauen, pudeln wir immer tiefere Gräben. Statt aufeinander zu, bewegen wir uns immer weiter voneinander weg. Statt dem Miteinander eine Chance zu geben, zementieren wir das Gegeneinander.

Einigen macht diese Tendenz zu Extrempositionen Angst und sie sehen schon den nächsten Weltkrieg anklopfen. Mich macht es mindestens traurig. Traurig, dass wir Menschen es immer noch nicht schaffen, den anderen zu respektieren, das Fremde (den Fremden) zu lieben, einander zu verstehen und wo das nicht möglich ist, einander wenigstens stehen zu lassen, ohne den Anspruch zu haben, die eigene Wahrheit sei die absolute Wahrheit.

Übrigens, wer schon mal das Stockhorn von Thun und dann vom Niederhorn aus betrachtet hat, weiss, dass der eigene Standpunkt nie die volle Wahrheit sagt.

Lasst uns selberdenken, ohne den Andersdenkenden zu diskreditieren.
Lasst uns mutig sein und Brücken bauen, statt Gräben zu graben.
Lasst uns handeln und nicht nur blind den Wortführern folgen. 

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Selbst