Glaub dich glücklich!

Ja, ich weiss, das klingt viel zu simpel. Und überhaupt: Ist der Glaube wirklich für unser Glück zuständig? Was heisst schon Glauben? Und vielleicht noch schwieriger: Was ist schon Glück?

Wer hier regelmässig vorbeischaut, hat hoffentlich eine Ahnung von dem, was ich unter Glück verstehe. Es geht mir nicht um ein Leben im ständigen «Happy Hour»-Modus – nicht Easy-Life ist das Ziel, sondern ein ganzheitliches Wohlbefinden und eine Lebenszufriedenheit, in der wir mit dem Schönen und Schwierigen unseres Lebens versöhnt sind, sind gemäss meiner Glücks-Definition und der Idee vom «Shalom-Leben» anzustreben.

Und dazu haben diese Woche zwei Artikel meine Aufmerksamkeit in besonderem Masse geweckt.

Die eine Quelle der Inspiration war, wie so oft, die NZZ am Sonntag. Peer Teuwsen hält uns mit seiner Kolumne «Die Schamlosigkeit hat auch mit uns zu tun» knallhart den Spiegel vor die Nase: Zu einfach sei es, sich an der Schamlosigkeit des neuen politischen Stils zu empören. Und in Vergessenheit geraten sei sie, die Volksweisheit, «dass Bescheidenheit eine Zier sein kann. Dass es christliche Pflicht ist, zu Lebzeiten Gutes zu tun, vor allem anderen, nicht bloss sich selbst.»

Was er stattdessen beobachtet, wirkt wie entblössende Gesellschaftskritik:

Die Zeichen der Zeit sind andere. Viele Schweizerinnen und Schweizer ramassieren, was sie nur bekommen können. Sie reisen in einer Kadenz in ferne Länder, als hätten sie Krebs im Endstadium und wollten ein letztes Mal die Schönheit der Welt bestaunen. … Sie verkaufen ihre Häuser und Wohnungen einfach an den Meistbietenden. Man wählt links und investiert sein Geld, das nicht selten ein geerbtes ist, gleichzeitig in Aktien von Waffenherstellern. Hauptsache, die Rendite stimmt.

Gnadenlos fällt das Fazit aus: «Mehr Widerspruch und weniger Engagement für das Gemeindewohl waren selten. Nur eins scheint klar: Alle wollen mehr von allem. Haben statt Sein.»

Nein, es ist nicht mein Stil, hier mit den Ausführungen von Peer Teuwsen den moralischen Zeigefinger aufzustrecken und über den katastrophalen Zustand der Gesellschaft zu lamentieren. Einerseits gibt es natürlich neben diesen, vom Autoren selbst so benannten, überspitzen Aussagen ganz viel schöne Beispiele die von Mitmenschlichkeit, Grosszügigkeit und Gemeinschaftssinn zeugen – auch in unserer Zeit.

Anderseits will ich nur fragen, ob uns der egozentrische Lebensstil der Schamlosigkeit wirklich nachhaltig glücklich macht. Mag die dritte Kreuzfahrt oder der fünfte Städtetrip innerhalb eines Jahres wirklich unser Wohlbefinden nachhaltig verbessern?

Da kommt der zweite Artikel ins Spiel. Im Dienstagsmail war diese Woche zu lesen:

Spiritualität ist eine wichtige Ressource für das Leben – in vielen Bereichen eine Wohltat. Ein christlicher Lebensstil reduziert die Sterblichkeit und ist ein Jungbrunnen bezüglich Langlebigkeit (Longevity). … Neue Studien zeigen auch, dass die feste Zugehörigkeit zu einer Kirche dem Leben gut tut. Die Teilnahme an Gottesdiensten kann die Gesundheit fördern, weil sie soziale Integration verbessert, gesundheitliche Verhaltensweisen reguliert, ein Gefühl von Sinn vermittelt und den Charakter stärkt.

Ich will nicht verheimlichen, dass Glaube auch krank machen kann. Doch die Glücksforschung hat längst entdeckt, dass nicht Egoismus, sondern Gemeinschaft und Mitmenschlichkeit uns nachhaltig glücklich machen. Und genau das, verbunden mit einer Transzendenzerfahrung, also der Verbindung mit dem Göttlichen, ist die grosse Chance einer Glaubensgemeinschaft.

Es ist mein Traum und mein Bestreben, Räume zu schaffen, in denen unterschiedlichste Menschen genau das erleben dürfen.

Glücksaufgabe

Wo fühlst du dich vielleicht ertappt in den gesellschaftskritischen Ausführungen von Peer Teuwsen? Macht dich immer mehr haben zu wollen statt mehr in Verbundenheit zu sein wirklich zufriedener?

Und wie hast du es mit dem Glauben? Macht er dich glücklich? Vielleicht magst du ja mal ausprobieren, ob die Studien wirklich recht haben …

Übrigens, auch wenn mein GlücksBuch bald sein 10jähriges Jubiläum feiert, die Frage nach dem Glück bleibt aktuell: Glück finden – hier und jetzt.

Meine Woche mit Trump, Brudereck und Bischöfin Budde

Lass uns gleich auf den Punkt kommen: Zu welcher Fraktion gehörst du? Zur Fraktion «Türen-Zuknaller:innen» oder bist du bei den «Fenster-Öffner:innen» dabei?

Die vergangene Woche liefert dazu jede Menge Anschauungsmaterial. Einerseits auf der für uns schon ziemlich grossen Konferenz-Bühne von BUNT GLAUBEN, anderseits auf der mega grossen Weltbühne der Politik und Wirtschaft.

Die Konferenz mit Christina Brudereck, Lukas Amstutz und vielen anderen sollte ein Tag, gar ein Wochenende, der Inspiration und Motivation für einen weiten, tragfähigen Glauben werden. Tatsächlich ist das gelungen – wie viele schöne, spezielle, persönliche und ermutigende Rückmeldungen es deutlich machen.

Viele Feedbacks haben mich persönlich berührt, weil sie sich stark abheben vom typisch Schweizerischen «War gut – weiter so!». In den Zeilen sind ganz viel Herz und persönliche Betroffenheit zu spüren, neben aller Begeisterung und Freude auch ein Ringen, wie diese markigen Sätze wie «Hier ist Platz für alle!» und «You are loved – always!» denn nun wirklich gelebt werden können.

Jemand schrieb: «Wie ihr Fenster zur Freiheit geöffnet habt. Ich bin sicher, das wird nachwirken.»

Was für ein schönes Bild! Ja, genau das wollten wir. Fenster öffnen, Weite und Freiheit feiern, Grenzen sprengen – oder wie es einer meiner Talk-Gäste sagte: «Gott aus dem Kästchen, in das wir ihn gesteckt haben, herauslassen.»

Fenster zur Freiheit zu öffnen, kann auch irritieren. Wenn mensch Fenster öffnet, geht es bei uns im Bernbiet nicht lange und irgendwer sagt: «Äs zieht!». Fenster zu öffnen kann auch unbequem werden, unser wohligwarmes, selbstgefälliges bis selbstgerechtes Gefühl beginnt zu frösteln.

Die Freiheit der offenen Fenster inspiriert und beflügelt die einen – wie entspannend ist es, nicht mehr auf jede Frage eine Antwort haben zu müssen.

Für andere ist es zu viel Irritation. Bei offenen Fenstern kann der Wind wehen, wo er will – das haben nicht alle gerne. Da fehlt die Kontrolle, die eigene Macht wird möglicherweise in Frage gestellt.

Da gibt es nur eins: Türen zuschlagen!

Das hat sich wohl auch Donald Trump gesagt und bei der Antrittsrede am Montag vorsorglich schon mal detailliert geschildert, welche Türen bei ihm nun alle zugeknallt werden. Dass für diese unmenschliche Haltung gar noch der Name Gottes missbraucht wird, Trump als Messias oder immerhin als Gesandter Gottes angehimmelt wird – ich weiss nicht, ob ich da lachen oder weinen will. Mindestens fremdschämen für die Tür-Zuknaller-Fraktion unter meinen Glaubensgeschwistern.

Gott sei Dank gibt es aber auch in den USA die Fenster-Öffner-Fraktion. Wow, der Mut von Bischöfin Mariann Edgar Budde in ihrer prophetischen Predigt den in der ersten Reihe sitzenden Präsidenten anzuflehen, bitte nicht alle Türen zuzuknallen – das war grossartig, beeindruckend.

Was für ein Kontrast: Laut, überheblich, menschenentwürdigend werden auf der einen Seite Türen zugeknallt. Leise, zerbrechlich und doch klar, mitfühlend werden andernorts Fenster geöffnet.

Ja, das Leben ist komplex und am Schreibtisch solche Dinge zu schreiben ist einfacher, als als Kanzlerkandidat Lösungen auf die aktuellen Probleme zu präsentieren.

Aber ich will und kann nicht glauben, dass wir, wenn wir irgendwie ein C oder E im Namen haben oder uns ganz konkret als Nachfolger:innen des Friedenspredigers aus Nazareth verstehen, keine besseren Lösungen finden als: «Das Boot ist voll!», «America first!» «Das Mass ist endgültig voll!». Mit anderen Worten: «Diese Türen schlagen wir zu!»

Es muss anders gehen!
Als Mensch,
als Christenmensch erst recht.

Ich halte mich an den Schlusssatz von Christina Brudereck an unserer BUNT GLAUBEN-Konferenz: «Gott hat immer mehr und ewig Platz.»

Glücksaufgabe

Nochmals die Frage: Zu welcher Fraktion gehörst du? «Türen-Zuknaller:innen» oder «Fenster-Öffner:innen»?

Und wie zeigt sich das in deinem Leben?

Ich schaff das nicht

Vor zwei Wochen hab ich hier über die Liebe ohne Wenn und Aber geschrieben. Tatsächlich bin ich überzeugt, dass Gott sich wünscht, dass wir uns alle nach unseren Möglichkeiten an seiner Liebes-Mission, die Welt zu einem bessern, liebevolleren Ort zu verwandeln, beteiligen.

Ich bin wirklich begeistert von unserem «You are loved – always!»-Slogan und ich fühle mich reich beschenkt, eine Arbeit zu leiten und gestalten, in der immer wieder Menschen sagen, dass sie hier genau das spüren.

Trotzdem muss ich heute gestehen: Ich schaff das ganz oft nicht. Diese bedingungslose Liebe wie sie in der Bibel in 1. Korinther 13 wunderbar beschrieben ist, fasziniert mich, danach streck ich mich aus.

Doch ich schaff sie nicht. Nicht immer. Und vor allem: Nicht bei allen.

Es gibt Menschen, die liegen mir einfach nicht besonders gut. Und dann gibt es Menschen, die haben mir so grausam «ans Bein gepinkelt», da fällt es mir unheimlich schwer zu denken: «You are loved – always!». Geschweige denn es zu sagen oder es gar zu fühlen.

Und was mach ich mit Menschen, die mir den Glauben absprechen, die Gott und die Welt durch eine völlig andere Brille betrachten als ich?

Menschen zu lieben, die das Gute für uns wollen, ist das eine. Menschen zu lieben, die uns (vielleicht ja sogar nur aus unserer Sicht) Schaden zuführen wollen, ist eine ganz andere Liga.

Wenn ich aufrichtig mit meinen Gefühlen in Kontakt bin, kann ich mir nicht befehlen, diese Menschen zu lieben. Doch ich kann mich daran erinnern, dass Liebe auch eine Entscheidung ist. Und darum entscheide ich mich: Ich will jedem Menschen, egal, was er mir angetan hat, ob er komplett andere Ansichten vertritt als ich, mit Respekt begegnen.

Das heisst nicht, dass ich mit allen in die Ferien fahren muss!

Und es heisst auch nicht, dass ich alles gutheissen muss!

Es heisst auch nicht, dass ich schweigend Unrecht über mich ergehen lassen muss!

Wir dürfen und sollen protestieren, wo protestiert werden muss.
Doch wir sollen den Respekt vor dem Menschen nicht verlieren.

Das ist der erste Schritt, damit sich die Liebe ihren Weg bahnen kann.

Wo ist mein Safe Place?

Ich brauche Orte, wo ich mich sicher fühlen kann. Wo ich sein kann, wie ich bin. Wo ich spüre: Da sind Menschen, die wollen das Gute für mich. Die sind für mich. Und ja, die sind mir Ausdruck des göttlichen «You are loved – always!».

Hast du einen solchen Ort? Wo ist er? Familie, Freunde, Verein oder vielleicht eine Kirche?

Beim Netzwerktreffen, von dem ich vor zwei Wochen schrieb, wurde eine Folie mit der Aussage präsentiert: Kirchliche Angebote sind heute eines unter vielen Freizeitangeboten wie Kino, Turnverein, Einkaufscenter oder Freizeitparks.

Wenn das so ist, haben wir als Kirchen schon verloren. Wir können gar nicht mithalten mit diesen Aktivitäten. Wir stellen die falsche Frage, wenn unsere Events so attraktiv sein sollten, wie ein Broadway-Musical oder wir unsere Kids-Programme am Erlebnisfaktor vom Europapark messen.

Die Frage ist: Erfahren Menschen bei uns einen Safe Place, spüren sie hier, dass sie bedingungslos angenommen und geliebt sind?

Kirche ist mehr als ein weiteres Freizeitangebot. Wenn Menschen hier mit dem Himmel in Berührung kommen, erfahren sie das göttliche «You are loved – always!». Selbst wenn wir es nicht immer schaffen, allen Menschen diese Liebe zu schenken.

Glücksaufgabe

Jetzt sind wir also wieder in dieser aufgeladenen Zeit des Jahres, wo wir allen Menschen auf Knopfdruck Liebe schenken sollten.

Selbst wenn die Weihnachtszeit etwas «magisches» in sich trägt, wenn wir es das ganze Jahr hindurch nicht schaffen, alle Menschen zu lieben, warum sollte es ausgerechnet jetzt damit klappen?

Entstress dich, gesteh dir ein, dass du es nicht schaffst. Und beginn mit dem ersten kleinen respektvollen Schritt. Was könnte das für dich bedeuten?

So verändern wir die Welt

Ich sass da und dachte: «Wir würden uns wohl weder politisch noch theologisch einig werden, doch diese Geschichte fasziniert mich!».

Tatsächlich ist es so, dass ich zwei Wochen hinter mir habe, in denen ich viele Lebensgeschichten hören durfte. Und ich liebe Geschichten. Sie verbinden, sie eröffnen mir eine fremde Lebenswelt, sie helfen zu verstehen und sie sind einfach spannend.

Ob in einem persönlichen Vieraugen-Gespräch, bei einer Tischrunde unter Freunden, in der «Künstler:innen-WG» auf Zeit, im Austausch mit Pfarrkolleg:innen oder auch organisiert in einer Gesprächsgruppe am ersten christlichen Forum in der Deutschschweiz, als eine Art Testimonials bei unseren Jubiläums-Feierlichkeiten oder gestern Abend im Talk beim «Chäs, Brot, Wy – und mini Gschicht mit Gott» – es sind Menschen und ihre Geschichten, die mich faszinieren. Und nicht Technologien, Modetrends oder abstrakte Kunst.

Einige dieser Gespräche der letzten Wochen bauten auf eine bereits tiefe Freundschaft auf. Andere waren so intensiv, dass es den Anschein machte, wir würden uns schon seit Jahren kennen, obwohl es erst die zweite Begegnung war. Ähnliche Erfahrungen, Lebensfragen und Einstellungen helfen da natürlich.

Bei wieder anderen Begegnungen half das Teilen der persönlichen Geschichte, in die Lebenswelt des Gegenübers einzutauchen, Lebensentwürfe und Meinungen nachvollziehen, vielleicht sogar verstehen zu können. Das Fremde muss nicht länger fremd bleiben, auch wenn daraus nicht zwingend eine Freundschaft entstehen muss.

Was jetzt helfen könnte

Der Erfahrungsaustausch beim oben genannten christlichen Forum, welches von unterschiedlichen interkonfessionellen Organisationen getragen und von unterschiedlichsten Menschen mit freikirchlichem, pfingstlerischem, römisch-katholischem, evangelischem und orthodoxem Hintergrund besucht wurde, bestätigte mich in meiner Überzeugung: Wenn wir Menschen für ein bestimmtes Thema sensibilisieren wollen, hilft eine theoretische Abhandlung in der Regel nicht viel weiter. Doch Begegnungen mit Menschen und ihren Geschichten haben das Potenzial, Denkprozesse zu initiieren und festgefahrene Überzeugungen zu hinterfragen.

Und so frag ich mich, was uns Menschen in dieser Woche, in der die eine Hälfte unter Schock steht und die andere Hälfte davon überzeugt ist, dass es jetzt wieder «great» wird, näher zueinander bringen könnte. Die festgefahrenen rechts-links Positionen sind kaum mehr mit Argumenten zu überwinden. Viele Dinge können ja tatsächlich auch unterschiedlich betrachtet werden. Und das ist gut so! Selbst wenn ich vehement für meine Meinung einstehe, die andere Position mich enorm herausfordert (was schon ziemlich freundlich formuliert ist), will ich Brücken bauen und nicht Gräben ausheben.

Darum: Lasst uns Geschichten erzählen! Hören wir einander zu. Doch werfen wir uns dabei nicht Argumente um die Köpfe, sondern hören wir auf Erfahrungen. Sie sind das, was uns zu der Person gemacht hat, die wir heute sind.

So konnte ich letzte Woche bei den 25 Jahre gms Jubiläums-Feierlichkeiten problemlos die Bühne mit einem SVP-Politiker Beat Feurer (Gemeinderat Biel), der Sängerin Jaël, dem SP-Nationalratspräsidenten Eric Nussbaumer, dem Missionar in Japan, mit Teenagern genauso wie dem pensionierten Polizisten und vielen weiteren teilen. Nicht weil wir theologisch und schon gar nicht politisch einer Meinung wären, sondern weil hinter jedem Gesicht eine Geschichte steht, die es wert ist, gehört zu werden.

Ja, meine letzten zwei Wochen waren super intensiv und ich schleppe noch ein Schlafmanko mit mir herum, doch sie waren wunderbar erfüllt und haben mir einmal mehr gezeigt: Persönliche Begegnungen und das Teilen der individuellen Lebensgeschichten sind eine gute Möglichkeit, um Menschen mit ihren Lebensentwürfen und Glaubenstraditionen besser kennen und verstehen zu lernen.

Glücksaufgabe

Einander die eigene Geschichte zu erzählen, schafft nicht nur Brücken und weitet unseren Horizont. Es ist auch wertschätzend für die Person, die ihre Geschichte teilen und dadurch erleben darf, dass die eigenen Erfahrungen, und vielleicht ganz besonders die schwierigen Erfahrungen, andere Menschen inspirieren.

So habe ich mich persönlich beispielsweise über die Rückmeldungen zur letzten Podcast-Episode vom Zweifelclub gefreut, in der Mäth und ich zu Gast waren.

Ich kann es nur nochmals sagen: Erzählen wir uns unsere Geschichten.

Und wenn wir gerade alleine unterwegs sind, tun es zum Anfang auch Podcasts wie «Jetzt wird’s persönlich» von Klaus-André Eickhoff (Spotify) oder auch unser gms Podcast mit den Aufnahmen der Talks vom «Chäs, Brot, Wy – und mini Gschicht mit Gott».

Liebe in Mitten von Schutt und Asche

Man bleibt ja in den Sozialen Medien immer mal wieder an einem Video-Clip hängen. Einige bescheren einem einen kurzen witzigen Moment, anderen treiben einem Tränen in die Augen.

Und ganz viele weitere sind nicht mehr als Zeitfresser und halten uns von Begegnungen in der wirklichen Welt oder von unserer Arbeit ab.

Dieser Clip hier hat mich einerseits berührt und anderseits macht er mich irgendwie auch traurig. Schau selbst in den kurzen Clip, der unseren Umgang mit emotionalen Wunden beschreibt:


Hätte der Clip einen anderen Schluss, könnte er uns an die Karfreitags-Botschaft erinnern.

Natürlich würden ganz viele Menschen mit Haustieren bestätigen, dass ihr Hund oder ihre Katze ihnen auf wundersame Art helfen, mit emotionalen Verletzungen umzugehen.

Trotzdem macht mich der Clip traurig, vielleicht weil er mich daran erinnert, was ich auch sonst als Tendenz beobachte: Es gibt so viele super Aktionen und Aktivitäten, vom Happy Café über Kurse zur Steigerung der Lebensfreude bis zum von der UNO-Hauptversammlung 2012 eingeführten Weltglückstag, um daran zu erinnern, dass es ein Wohlergehen gibt, das über den materiellen Wohlstand hinausgeht.

Ich freu mich aufrichtig an diesen guten Aktionen. Und gleichzeitig werde ich traurig, wenn wir dabei in die Selbstoptimierungs-Falle tappen und der materiellen Leistungsgesellschaft mit einer, nennen wir es einmal emotionalen Leistungsgesellschaft entgegentreten wollen.

Ich will unbedingt mehr Mitmenschlichkeit, Liebe statt Eifersucht, Freude statt Angst, Hoffnung statt Resignation, Gemeinschaft statt Egoismus.

Ich glaube, dass wir Glück für uns und unsere Mitmenschen finden können. Und ich weiss, dass wir ganz viel zu unserer eigenen Lebenszufriedenheit und emotionalen Gesundheit beitragen können – natürlich, sonst hätte ich ja auch nicht ein Buch darüber geschrieben.

Doch, was ich in meinem Buch auch nicht verheimliche: Ich bin zutiefst überzeugt, dass unsere Seele nach einem göttlichen Gegenüber verlangt. Eine Liebe, Hoffnung, Versöhnung, Gnade, die nicht von Menschenhand gemacht sind.

Der Mensch kann viel – aber er ist nicht fähig, dieses Vakuum der Seele zu stillen. Weil all unsere Versuche nach Selbstoptimeriung, vollkommener Liebe, reiner Mitmenschlichkeit und grenzenlosem Versöhntsein ab einem gewissen Punkt ins Leere laufen werden. Scheitern vorprogrammiert.

Der Brand von Notre Dame als Erinnerung

Schutt und Asche – und Mitten drin das leuchtende Kreuz. Was für eine Erinnerung in dieser Karwoche.

Notre Dame mag abbrennen, aber das Symbol der göttlichen Liebe steht nach wie vor.

Unser Versuch, mehr Liebe und Hoffnung in diese Welt zu bringen, mag grandios scheitern, aber seine Liebe bleibt bestehen und zählt ganz persönlich für uns.

Das Projekt „World Peace“ ist einige Schuhnummern zu gross für uns. Ein friedliches Zusammenleben aller Menschen kann nicht funktionieren. Wie auch, wenn wir es nicht mal schaffen, mit uns selbst in Frieden zu leben? Geschweige denn mit unseren Nächsten, dem Fremden – allen?!

Darum brauchen wir bei allen guten Versuchen zu mehr Wohlbefinden, Mitmenschlichkeit, Lebensfreude und Zufriedenheit diesen göttlichen Frieden, den die Bibel Shalom nennt, der möglich wird, weil nicht wir ihn erschaffen müssen, sondern weil er uns geschenkt ist!

Das ist Karfreitag: In Jesus ging Gott selbst den Weg, den wir trotz gutgemeinten Bemühungen nicht schaffen können. Er nahm die „schwarzen Flecken“ von uns, unseren Mitmenschen und von der ganzen Welt auf sich – damit wir in Frieden leben können.

Glücksaufgabe

Karfreitag und Ostern sind wunderbare Feiertage – paar Tage frei, Zeit für Familie, Frühlingssonne geniessen … Wunderbar!

Und was machen wir mit dem göttlichen Friedensangebot? Nutz doch die freie Zeit auch, um darüber nachzudenken, ob du auf deiner Reise zu mehr Lebenszufriedenheit ganz alleine auf dich setzt oder ob du mit mir einig gehst, dass unsere Seele auf dieses göttliche Gegenüber angewiesen ist.

Vielleicht hilft dir dieser Clip dabei – es ist nicht unser Haustier, das die „schwarzen Flecken“ der Welt tragen kann:

 

 

Glücksfaktor Nächstenliebe

Menschen, die freiwillig helfen, mehr spenden und verschenken,
und solche, denen andere vertrauen, diese Menschen sind glücklicher!
Prof. Dr. med. Tobias Esch (in: Die Neurobiologie des Glücks)

Ich zögere: Soll ich im Titel dieses Artikels wirklich Nächstenliebe schreiben? Ist das Wort nicht abgedroschen und allzu „frömmlich“ aufgeladen? Mitmenschlichkeit, Altruismus, Philanthropie oder Wohltätigkeit, ja – aber Nächstenliebe?

Die Neurobiologie und die Positive Psychologie haben Erstaunliches herausgefunden: Gutes tun hilft – und nicht nur dem, dem geholfen wird, sondern auch dem, der hilft! Nun gut, so erstaunlich ist das nun auch wieder nicht. Die Wissenschaft unterstreicht einfach das, was der Theologe durch sein Bibelstudium (und hoffentlich auch durch sein praktisches Handeln) längst weiss: Die Nächstenliebe ist nicht nur ein Gebot Gottes, sie ist auch ein Glücksfaktor, eine zentrale Tugend für ein gelingendes Leben.

Wenn die Bibel sagt: „Geben macht glücklicher als Nehmen“, ist das nicht einfach eine verstaubte, religiöse Lebenshaltung. Es ist nicht weniger als ein gesundheitsförderndes Lebensprinzip, das auch einem Praxistest im 21. Jahrhundert standhält.

Und genau dies bestätigt inzwischen die Wissenschaft. Die Psychologie Professorin Sonja Lyubomirsky sagt dazu in ihrem Buch Glücklich sein folgendes:

Hilfsbereitschaft macht uns also auf vielfältigste Weise glücklicher. Untersuchungen an Freiwilligen haben beispielsweise gezeigt, dass ehrenamtliche Arbeit zu einer Verringerung depressiver Symptome und einem Anstieg des Glücksempfindens, des Selbstwertgefühls und des Gefühls der Beherrschung und Selbstbestimmung führt und ein „Helferhoch“ auslöst.

Glück – für dich und mich

Das sind schlechte Aussichten für Egoisten. Und es kommt noch dicker: „Denn Egoismus wird nicht nachhaltig belohnt, wie wir heute wissen. Benötigt für den langfristigen Erfolg (und biologisch gefördert) wird dagegen Teamfähigkeit, gemeinsame Erfahrungen, wozu Menschen wiederum ermutigt, eingeladen und inspiriert werden müssen“, sagt der Mediziner Tobias Esch im Fachbuch Die Neurobiologie des Glücks.

An dieser Stelle die komplexen Vorgänge zu erläutern, welche durch unsere guten Taten in unserem Gehirn ausgelöst und welche Glückshormone dabei alles ausgeschüttet werden, würde meine Fähigkeiten und den Rahmen dieses Artikels sprengen. Die Tatsache, dass durch praktizierte Mitmenschlichkeit Glücksbote (wie Oxytozin) in unserem Gehirn aktiviert werden, ist mir Motivation genug.

Soviel zu den positiven Nebenwirkungen von gelebter Nächstenliebe. Auf was warten wir noch? Legen wir doch einfach los! Es ist im Grunde ganz einfach:

  • Schenken wir jemandem Zeit: Entlasten wir z.B. junge Eltern indem wir ihnen einen freien Tag ermöglichen und zum Nachwuchs schauen.
  • Schenken wir jemandem Aufmerksamkeit: Haben wir ein offenes Ohr für die Nachbarin, die gerade durch eine schwierige Lebensphase geht.
  • Schenken wir jemandem Beachtung: Ein Lächeln kann viel bewirken, hier eine kleine Liebestat, dort eine kleine (oder grosse) Hilfeleistung.

Da haben wir’s: Nächstenliebe als Glücksfaktor. Ob wir dafür ein weniger verstaubtes Wort wählen oder bei der schlichten Begrifflichkeit der Bibel bleiben, spielt ja eigentlich keine Rolle. Hauptsache man tut es!

PS: Zufälligerweise habe ich den Glücksfaktor Nächstenliebe gerade heute selbst erlebt: Eine kleine, spontane Aufmerksamkeit hat ein mir unbekanntes Paar im Auto und mich selbst mit einem Glücksgefühl beschenkt, als ich einen Brief für sie in den gelben Kasten einwarf… So einfach – und so beglückend!

 

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE ZUM THEMA

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichGesellschaft“.