Das ist unfassbar!

An der ersten Weihnacht wurde der unfassbare Gott in einer Krippe (an)fassbar. Ist das nicht unfassbar?

Letzten Sonntag predigte ich an der gms Matinée über den unfassbaren Gott. Dabei wurde offensichtlich: Gott ist für unterschiedliche Menschen ANDERS erfahrbar, er ist viel MEHR als ich mir vorstellen kann und er bleibt HEILIG – und daher auch immer nah und fern gleichzeitig, eben unfassbar für uns Menschen.

Der unfassbare Gott …

Mit einer sehr persönlichen «E-Mail an Gott» kam in der Moderation eindrücklich zum Ausdruck, dass in unserem Alltag oft Fragen offenbleiben und sich Gott uns nicht so zeigt, wie wir es vielleicht gerne hätten. Eindrücklich auch die Geschichte der sechs blinden Experten, die einen Elefanten beschreiben: Unsere Erfahrungen und Erkenntnisse sind immer nur ein beschränktes Stückwerk. Wer meint, die Wahrheit gefunden zu haben – ob im religiösen Sinn oder in einem gesellschaftlichen Thema unserer Zeit –, hat vielleicht erst gerade ein Bein des Elefanten abgetastet …

Diese Erkenntnis sollte uns eigentlich bescheiden halten, oder?

Und so bleibt eben auch Gott, der sich zwar durch die Jahrhunderte hindurch immer wieder den Menschen offenbart hat, unfassbar. Will heissen: Er lässt sich nicht in ein (unser) Schema pressen. Wenn er sich dem Menschen einmal «laut & rockig» offenbart, zeigt er sich das nächste Mal vielleicht ganz «still & sanft». Die Bibel ist voll von so unterschiedlichen Gotteserfahrungen und wenn wir uns die Mühe machen, heutige Menschen nach ihren Erfahrungen mit Gott zu fragen, bekommen wir ebenfalls individuelle, unterschiedliche Geschichten zu hören.

Gott ist unfassbar, weil er eben Gott ist. Und das ist gut so.

ER – vollkommen und heilig.
Ich – unvollkommen und bedürftig.

… wird fassbar

Aber dann geschah dieses Wunder an Weihnachten: Gott selbst besucht in diesem Kind in der Krippe seine Welt. Der unfassbare Gott, der seine Geschöpfe ermahnte, kein Bildnis von ihm zu machen – weil er eben nicht in einem Bild zu fassen ist, nimmt in dieser Krippe menschliche Gestalt an.

In Jesus bleibt er ANDERS, MEHR und HEILIG. Und doch wird er in unserer unvollkommenen und bedürftigen Welt ganz konkret anfassbar. In ihm wird Gott fassbar.

An Weihnachten bleibt Gott nicht abstrakte Liebe.
ER lebt Liebe.

Mit dem Wirken und Reden von Jesu gibt uns Gott ein Beispiel.
ER lebt Liebe.

Mit Karfreitag und Ostern triumphiert göttliche Hoffnung über den Tod.
ER lebt Liebe.

Der Himmel hat uns besucht – und uns eine ewige Perspektive geschenkt.
ER lebt Liebe.

Unserer Unvollkommenheit und Bedürftigkeit setzt Gott seine Liebe gegenüber.
ER lebt Liebe.

Weihnachten – das Fest der Liebe – war nicht ein genialer Schachzug eines Marketingverantwortlichen der Spielzeugladens.
Weihnachten ist der geniale Schachzug des unfassbaren Gottes, der für uns fassbar wird.

Was für ein Geschenk! Irgendwie unfassbar …

Glücksaufgabe

Wer oder was ist Gott für dich? Für mich bleibt er trotz langjähriger Glaubensreise unfassbar und oft auch unverstehbar. Ich erlebe ihn nah und fern gleichzeitig.

Auch wenn ich vieles nicht verstehe, ich halte mich ans göttliche Weihnachtsgeschenk: Dieser Jesus, diese gelebte Liebe, ist mein Halt und Vorbild.

Platz für alle. Wirklich?

«Mini Farb und dini, das git zäme zwee,
wäred’s drü, vier, fünf, sächs, siebe,
wo gärn wettet zämebliibe,
git’s en Rägeboge, wo sich laht lah gseh,
git’s en Rägeboge, wo sich cha lah gseh.»

Ja, dieser Regenbogen.

Immer wieder ein demütiges Staunen, wenn der Friedensbogen irgendwo am Himmel aufleuchtet.

Und leider in den letzten Jahren auch immer wieder ein Ärgernis, wenn im Namen der Vielfarbigkeit darüber gestritten wird, wer nun zu welchen Bedingungen unter diesem Bogen alles Platz finden darf.

«Wie konnte es nur soweit kommen, dass ein biblisches Zeichen als Symbol der Schwulen-Bewegung missbraucht wird?» monieren die einen, während andere auf Social Media stolz Flagge zeigen – wahlweise für mehr Frieden auf dieser Welt oder für Diversität und ganz grundsätzlich für ein respektvolles Miteinander.

Persönlich ist mir der Regenbogen in vielerlei Hinsicht sehr wichtig: Zuerst als Naturphänomen, das mich immer wieder in eine innere Verzückung führt.

Dann als biblisches Versprechen, dass Gott es gut mit dem Menschen meint und er seinen Friedensbogen über uns spannt.

Und schliesslich genauso wie ich es im oben zitierten Kinderlied viele Jahre gesungen habe: Als Symbol für eine diverse Gesellschaft, wo alle ihren Platz finden dürfen und wo wir gemeinsam stärker (und schöner!) sind als jede:r für sich.

Auf so vielen Webseiten von Vereinen, Kirchen und Clubs steht: Bei uns sind alle herzlich willkommen. Ach, wirklich?

Oft steht im ungeschriebenen Kleingedruckten: Du bist willkommen, wenn du dich unseren Normen und Formen anpasst.

Oder wie es mein Bruder in seiner Lebensgeschichte auf den Punkt bringt: Mäth – Ja, aber …

Alle gleich

Zum 30-Jahre-Jubiläum des Weltbestsellers «Der Regenbogenfisch» fand in der Presse eine würdigende, jedoch auch kritische Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Kinderbuches statt.

Ist es nun eine schöne Erzählung über das Teilen oder doch eher eine versteckte Botschaft in Richtung Gleichmacherei: Alle müssen gleich werden, damit sie in unserer Gesellschaft akzeptiert werden?

So gab beispielsweise Julia Stephan im Bieler Tagblatt vom 15. Oktober 2022 zu bedenken:

Meine deutsche Mutter, die das Schweizer Wertesystem, seine ungeschriebenen Verhaltensregeln gerade erst zu durchschauen begann, gab mir ihre Interpretation dieser Geschichte mit auf den Weg: Das Schicksal des Regenbogenfischs, am Ende nur einer unter vielen zu sein, sei ein typisch schweizerisches Ärgernis: «Bloss nichts Besonderes sein, bloss nicht auffallen, sonst werden alle neidisch auf dich.»

Jede:r ein Original

Wenn alle gleich sind, wo bleiben denn dann all die schönen Farben? Ich wünsche mir eine Gesellschaft, wo jede:r seine/ihre Farbe einbringen kann und mit seiner/ihrer Identität und Originalität geschätzt und geliebt wird.

Unsere Tochter Joy und ihre Partnerin Loa setzen sich mit ihren wöchentlichen Schwumpf-Geschichten genau dafür ein: Die kleinen und grossen Hörer:innen erfahren in den sympathischen Tiergeschichten, wie eine Welt aussehen könnte, wo Diversität nicht bloss ein schönes Mode- oder gehasstes Reizwort ist. Hier leben unterschiedlichste Menschen mit ihrer Einzigartigkeit und Eigenheit nicht nur friedlich neben- sondern wertschätzend miteinander.

Die Autorinnen schreiben über ihr Projekt:

Der kleine Biber Marco hat zwei Papas, der Molch Anton sitzt im Rollstuhl und ein Hasenbaby kommt zu früh zur Welt… dies ist nur ein kleiner Einblick in unsere vielfältigen Kindergeschichten. Unser Ziel ist es, Diversität auf kindgerechtem Weg zu vermitteln. Die 10-15minütigen Tiergeschichten werden auf Schweizerdeutsch erzählt und sind gratis auf Spotify und Anchor zu finden.

Mein bisherige Lieblingsgeschichte handelt natürlich passenderweise auch vom Regenbogen: Das Eichhörnchen Mimi macht sich darin auf die Suche nach den unterschiedlichsten Familienformen und findet auf ihrer Suche sechs tolle neue Freunde. Alle haben ihre eigene Geschichte und gemeinsam entdecken sie den Regenbogen mit all seinen Schattierungen und Farbverläufen.

Dabei fasziniert mich, wie Unterschiedlichkeit nicht ausschliesst sondern Diversität zu einem bereichernden Miteinander führt. Jede:r hat etwas Besonderes an sich. Es geht nicht um «Norm-al»: Normal ist, dass wir unterschiedlich sind und dazu stehen dürfen – und nicht menschgemachten Normen entsprechen müssen. 

Glücksaufgabe

«Das Fremde muss nicht länger fremd bleiben.» Hab ich hier im GlücksBlog nach meiner Begegnung mit dem Juden und dem Imam geschrieben.

Für einige mag es (be)fremd(end) sein, dass der Regenbogen von der Diversitäts-Bewegung in Beschlag genommen wurde. Aus religiösen Gründen haben viele Mühe, wenn die Formen der menschlichen Sexualität aus dem konservativ-traditionellen Rahmen fallen.

In einem Referat hat der deutsche Theologe Michael Diener kürzlich sehr offenen über seine Entwicklung mit diesen Thema gesprochen.

Hier auch noch ein Lesetipp: Homosexualität: Auf dem Weg in eine neue christliche Ethik?
Und wer sich ganz grundsätzlich Gedanken darüber machen möchte, wie man glauben kann, wenn der Glaube aus der Kindheit plötzlich zu eng wird, findet in Wenn der Glaube nicht mehr passt: Ein Umzugshelfer von Martin Benz wertvolle Impulse um den eigenen Glauben weiterzuentwickeln.

Und natürlich empfehle ich herzlich die Schwumpf-Geschichte vom Regenbogen und den dazugehörenden Instagram-Kanal.

Über hoffnungslose Fälle und andere Sackgassen

Meine Sonntagslektüre (NZZ am Sonntag) brachte mich neulich herzhaft zum Lachen: «Sie sind ein hoffnungsloser Fall! – Man sollte eine Sackgasse nach Ihnen benennen.»

Ich fand und finde dieses Cartoon wirklich lustig. Natürlich meldete sich in mir auch sofort die Stimme, die sagte: «Bei Gott gibt es keine hoffnungslosen Fälle.»

Ja, so hörte ich es seit Kindheitsbeinen immer wieder und in dieser Glaubensüberzeugung bin ich bis heute verwurzelt.

Und trotzdem hat sich im Lauf der Zeit und mit zunehmender Komplexität des Lebens die Bedeutung dieser kindlichen Überzeugung gewandelt.

Salopp gesagt, sah die Hoffnung, dass es bei Gott keine hoffnungslosen Fälle gibt, für mich früher etwa so aus: Was nicht sein darf, macht Gott weg – schliesslich gibt es bei ihm ja keine hoffnungslosen Fälle.

Leider hat er es so oft nicht gemacht: Bei der Krankheit meiner Mutter, beim Leidensweg meines Bruders, bei der Depression meines Freundes, bei so mancher Krise und auch nicht bei Putin.

Also doch hoffnungslose Fälle?
Doch eine Sackgasse?

NZZ am Sonntag, 11. Sept. 2022 – Schluss-Strich von Nicolas Mahler

Vielleicht stimmt die vertrauensvolle Aussage mit Gott und den hoffnungslosen Fällen für mich darum noch, weil ich eine neue Definition für Hoffnung gefunden habe: Es geht hier nicht um einen kurzfristigen Zweckoptimismus à la Positives Denken – was heute nicht gut ist, ist morgen wunderbar – wenn du nur genug daran glaubst.

Nein, Hoffnung ist für mich ein tragendes Grundgefühl geworden: Auch wenn es das Leben nicht gut mit mir meint, Gott wird – zu seiner Zeit! – alles zu einem guten Ende bringen.

Meine Herausforderung dabei ist die Frage nach der Geduld: Ich möchte es jetzt «geflickt» haben. Doch Gott lässt sich Zeit und sagt nur: «Hab Geduld, mein Kind!».

Vielleicht sagt er das bis in alle Ewigkeit. Aber dann, das ist meine Hoffnung und Zuversicht, wird wirklich alles gut. Denn Hoffnung heisst für mich, wie ich es neulich zum Schluss meiner Predigt sagte: Die Perspektive, dass unsere Sehnsucht nach dem Vollkommenen und Ewigen einmal in Erfüllung gehen wird.

Zurück ins Hier und Jetzt. Tatsächlich gibt es ausweglose Situationen und gar hoffnungslose Fälle. Ich glaube nicht mehr, dass jede Situation sich plötzlich wie durch Wunderhand ins Gute dreht und nicht jeder Fall verpuppt sich von der Raupe zum Schmetterling – bei mir starben die Raupen meistens vorher.

Das klingt pessimistisch, ja. Aber das Leben zeigt uns doch, dass manchmal wirklich die Sackgasse gewinnt. Doch: Auch hier lebt die Hoffnung zuletzt, wie es eine Freundin von uns formuliert. Auch wenn die Sackgasse, das Unausweichliche, weder weggebetet noch wegpositivgedenkt werden kann: Gott bringt alles zu seinem guten Ende!

Glücksaufgabe

Wie definierst du Hoffnung?

Hoffnung ist eine wunderbare Glücksaktivität – sogar in der Sackgasse.

Übrigens: Die Künstlerin Christa Reusser, von der das obige Schriftenbild stammt, gibt demnächst bei uns in Studen einen Handlettering Kurs (vier freie Plätze gibt es noch).

Ewig willkommen

Es war ein Experiment: «Abendmahl riche» haben wir es genannt. Mit dem wunderbaren Bibeltext «Festmahl der Völker» (Jesaja 25,6-9) haben wir im gms an der letzten Matinée unsere Serie «Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt» abgeschlossen.

Der Text verspricht uns, dass wir «Ewig willkommen» sind, wie es Christina Brudereck in ihrer fantastischen Wortkunst nannte. Zudem nährt der Text die Hoffnung, dass eines Tages wirklich alles gut wird – jede Träne wird weggewischt werden.

Was für eine hoffnungsvolle Botschaft in einer Welt voller Leid, Schmerz, Ungerechtigkeit und Krieg. An dieser göttlichen Hoffnung wollen wir festhalten und schon jetzt in aller Unvollkommenheit das Leben feiern.

Darum haben wir am Sonntag nicht nur über den Bibeltext nachgedacht, sondern liessen diesen mit einem langen Tisch voller Gaben für alle Gäste erfahrbar werden. Und das war eben unser Experiment: Das Abendmahl sollte nicht wie so oft ein eher schweres, hoch liturgisches Ritual sein, sondern etwas von diesem «ewigen Willkommensein» transportieren.

So feierten wir das Ritual, das auf Jesus zurückgeht und daran erinnert, dass er den Tod besiegt hat und uns zu einem Leben in diesem «Ewig willkommen» einlädt, als Start in ein gemütliches Apéro. Wir brachen das Brot – ein traubenförmiges Apéro-Brot, fragten unser gegenüber, ob es lieber Wein oder Traubensaft hätte, schenkten uns gegenseitig das Glas ein und prosteten uns mit einem «Shalom» zu.

Für mich war das sehr schön und stimmig. Ein fröhliches Fest, weil wir bei Gott willkommen und angenommen sind und weil dieser göttliche Friede etwas in unser Leben bringt, das wir nicht selbst produzieren können.

Alles wird gut – wirklich?

Der erwähnte Jesajatext weckt die Sehnsucht in mir, dass Gott wirklich alle Tränen abwischt. Dass Trauer, Leid, Schmerz und Ohnmacht vorbei sind – für mich, für dich, für uns, für alle!

Doch selbst wenn der Bibeltext uns genau dies verspricht: Ein Leben ohne Träne und Schmerz – das tönt wie eine Utopie.

Ich glaube, dass diese Sehnsucht eines Tages gestillt wird. Es ist kein leeres Versprechen von Gott. Aber das Versprechen erfüllt sich noch nicht im Hier und Jetzt.

Zu dieser Welt gehört neben der Freude auch das Leid. Aber wenn Gottes neue Welt anbricht, kommt wirklich alles gut!

Wie es viele von uns in der Kindererziehung erleben, so ist es mit dem ganzen Menschsein: Grosse Freude und heftiger Schmerz gehören genauso dazu. Und es braucht viel Vertrauen in Gott und in das Leben.

Mit Vertrauen und Gelassenheit wird vieles gut kommen.

Aber nicht alles!

Schmerz bleibt, Krankheiten werden Leben zerstören – aber seine Liebe bleibt. Und sein Versprechen: Eines Tages kommt wirklich alles gut – und jede Träne wird weggewischt werden.

Du bist willkommen!

Glücksaufgabe

Du willst diesem «Ewig willkommen» noch etwas mehr auf den Grund gehen?

Dann lass dich von Christina Bruderecks Wortkunst inspirieren:

Vielleicht willst du auch den erwähnten Bibeltext nachschlagen und dich fragen, was er für dich bedeuten könnte: Jesaja 25,6-9

Was begeistert dich?

Und schon wieder haben wir ein langes Wochenende vor uns. Einmal mehr verdanken wir dieses einem christlichen Feiertag.

Einige finden ja, man sollte die christlichen Feiertage in unserem Land abschaffen – schliesslich haben immer weniger Menschen einen persönlichen Bezug zum christlichen Glauben.

Tatsächlich habe ich mich auch schon beim Gedanken ertappt, wie es wohl aussehen würde, wenn nur die frei hätten, die auch wirklich wissen, was da gefeiert wird.

An Pfingsten feiern wir also das Geschenk des Gottesgeistes, der nach Jesus Kreuzestod (Karfreitag), Auferstehung (Ostern) und Rückkehr zu Gott, seinem Vater (Himmelfahrt) auf seine zurückgebliebenen Freunde und auf die ganze Masse ausgegossen wurde.

Jesus hat schon angekündigt, dass sowas passieren würde:

Aber wenn der Heilige Geist auf euch herabkommt, werdet ihr mit seiner Kraft ausgerüstet werden, und das wird euch dazu befähigen, meine Zeugen zu sein – in Jerusalem, in ganz Judäa und Samarien und überall sonst auf der Welt, selbst in den entferntesten Gegenden der Erde.
Die Bibel, Apostelgeschichte 1,8

Was für ein Zuspruch! Jesus hat seinen Nachfolgenden nicht nur eine grosse Mission anvertraut, sondern ihnen auch die Energie und die Befähigung zur Erfüllung dieser Mission zugesagt.

Was treibt mich an?

Über das Vermächtnis Jesu nachzudenken, scheint jedoch um einiges einfacher zu sein, als wirklich darin zu leben. Oder müsste unsere Welt nicht anders aussehen, wenn wir effektiv in dieser göttlichen Kraft leben und vor allem LIEBEN würden?

Der gute Gottesgeist wird auch mit dem Wind verglichen. Da komme ich natürlich sofort auf mein Bild vom Windrad in der Glücksthematik. In diesem Bild steht der Wind für das, was meinem Leben Sinn gibt sowie für die persönliche Spiritualität.

Und damit hat der Wind auch mit dem zu tun, was mich antreibt.

Ich wünsche mir, dass der Wind in meinem Windrad, dass der Antrieb in meinem Leben noch viel öfter diese Gotteskraft und seine Liebe sowie Hoffnung wären.

Zu oft werde ich noch von anderen «Energien» getriggert und angetrieben:

Angst, dass es das Leben am Ende doch nicht gut mit mir meint.
Der Wunsch, anderen Menschen zu gefallen.
Der Ehrgeiz, erfolgreich zu sein.

Ich sehne mich nach dem, was in der Bibel so beschrieben wird: «Und wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.»

Frei von Ängsten.
Frei von Menschenfurcht.
Frei von Leistungsdenken.

Dafür mehr von diesem «Jesus-Geist», der liebt, hofft und glaubt bis zum letzten Ende. Unsere Welt braucht weniger Menschengeist dafür mehr von diesem Heiligen Geist. Ich glaube, es ist ein Geist der Willkommens-Kultur für alle Menschen.

Ein Geist, der mehr ist als eine schöne Idee. Sondern etwas Göttliches, das in uns leben und sich entfalten will.

Zu Pfingsten wurde den Christen der Heilige Geist geschenkt. Dieses Geschenk dürfen auch wir annehmen und als Beschenkte anderen Liebe, Hoffnung und Glauben schenken.

Das beGEISTert mich.

Glücksaufgabe

Was ist der Wind in deinem Windrad? Wo wirst du von Dingen getriggert, die dich nicht in Freiheit führen?

Und wie könnte es aussehen, wenn du dem guten Gottesgeist mehr Raum geben würdest?

Der Imam und der Jude – meine neuen Freunde

Derzeit habe ich das grosse Privileg, Teil eines historischen Kurses zu sein: Im dreiwöchigen Technischen Lehrgang (TLG) werde ich zusammen mit rund 30 anderen Männern und einer Frau zum Armeeseelsorger ausgebildet.

Diesen TLG zu einem historischen Kurs macht die Tatsache, dass neben der riesigen Vielfalt von Theologen aus den christlichen Kirchen auch ein Imam und zwei Vertreter aus der jüdischen Glaubenstradition dabei sind.

Während ich mir durch die Auftritte meiner Frau und durch meine Tätigkeit bei Willow Creek das Miteinander mit nahezu allen Frei- sowie den Landeskirchen gewohnt bin, ist dieser enge Kontakt mit den Vertretern aus den anderen beiden grossen monotheistischen Religionen Neuland.

Und ich liebe dieses Neuland!

Militärdienst als Privileg – ehrlicherweise muss ich zugeben, dass dies noch vor einigen Jahren ein fremder Gedanke für mich gewesen wäre. Natürlich, ich habe meinen obligatorischen Militärdienst absolviert und dabei auch viele schöne Begegnungen erlebt und dank einem Sonderjob fühlte sich schon meine erste (und äusserst bescheidene) «Militärkarriere» sinnvoll an.

Doch die Freude war gross, als ich vor schon bald 20 Jahren meine Pflicht erfüllt hatte und all meinen militärischen Krimskrams abgeben durfte.

Beschenkt

Nun bin ich also freiwillig zurück. Vieles, was ich höre und lerne, zeugt von einer grossen Sinnhaftigkeit der Armeeseelsorge. Neben grosser Neugier und Vorfreude habe ich grossen Respekt vor der Aufgabe, die auf mich zukommen wird.   

Doch vorerst geniesse ich das dreiwöchige Miteinander mit all diesen spannenden Menschen. Was wir in den Theorien lernen, füllt unseren Werkzeugkasten für die kommenden Einsätze. Als noch wertvoller erlebe ich die Begegnungen beim Essen, im Ausgang oder beim Bier spät abends (doch, doch, auch das gibt es in einem Kurs lauter Pfarrer, Pastoren, Diakonen, Priester, einem jüdischen Vorbeter und dem Imam – gut, dieser verzichtet selbstverständlich aufs Bier, ist aber trotzdem dabei).

Ungezwungen und total sympathisch entsteht in unserem gemeinsamen Unterwegssein ein interreligiöser Dialog, der in seinem Wert kaum überschätzt werden kann. Dieser Dialog überwindet übrigens auch den Röstigraben.

Der jüdische Rektor einer Schule, bedient gerne die jüdischen Klischees – und lacht gerne mit uns darüber. Und wenn der Imam sich selbst und seine Religion aufs Korn nimmt, entstehen wunderbare Momente. Er hat uns von Anfang an versichert: Bei Witzen, die das «Weltliche» betreffen, lache er gerne mit, doch wenn es um Witze über das «Göttliche» gehe, gebe es für ihn nichts mehr zu lachen.

Meine neuen Freunde, der Imam und der Jude, bringen mit ihrem Humor eine angenehme Leichtigkeit in unsere Gruppe und in unseren Dialog. Es ist wirklich ein riesiges Privileg: Noch nie hatte ich die Gelegenheit, Vertreter dieser Religionen so persönlich kennen zu lernen und die Möglichkeit, einfach mal ne dumme Frage zu stellen. Bereitwillig geben wir einander Auskunft über unsere Herkunft und unsere Tradition.

Und als der Imam bei der gestrigen Besinnung mit uns betete, hat mich das unglaublich stark berührt. Oft werden vor allem die Unterschiede unserer Religionen sichtbar – und dann auch besonders betont.

Das Gebet vom Imam war mir fremd: Aber das lag an der Sprache und dem Gesang. Der Inhalt war mir überhaupt nicht fremd. Wie Gott in diesem Gebet beschrieben wurde – da war ich voll dabei. (Übrigens haben mir auch der Gesang und die Sprache gefallen.)

Drei Erkenntnisse nehme ich von den ersten beiden Wochen des TLGs mit:

1. Auch in meiner zweiten «Militärkarriere» werde ich wohl kein guter Schütze (aber zusammen mit meinem jüdischen Freund, der beim Pistolenschiessen etwa ähnlich talentfrei ist wie ich, kann ich sogar darüber lachen).

2. Die Besuche von mehreren Sterne-Generälen hat uns darin bestätigt, dass die Armeeseelsorge eine sehr wichtige und wertvolle Sache ist (gerade die Pandemie hat dies eindrücklich aufgezeigt).

3. Und vor allem nehme ich mit, dass das Fremde nicht länger fremd bleiben sollte! Das Miteinander von Muslimen, Juden, Frei- und Landeskirchlern ist ein wertvoller Schatz.

Lasst uns Brücken bauen. Mit den gemeinsamen Werten wie Respekt, Gerechtigkeit, Freiheit, Wertschätzung, Offenheit, Solidarität und Gleichbehandlung kann es uns gelingen, auch über Kirchen- und Religionsgrenzen hinaus Barrieren abzubauen und das Fremde schätzen zu lernen. Und so für mehr Liebe statt Hass auf unserer Welt zu sorgen.

Glücksaufgabe

Wo hattest du letztmals die Gelegenheit genutzt, das Fremde kennenzulernen?

Wo könntest du neugierig deinen Horizont erweitern und beginnen, im «Anderen» eine Ergänzung statt einer Bedrohung zu sehen?

Übrigens: Zu meinen neuen Freunden gehört jetzt auch ein katholischer Priester.
Und: Über den historischen Kurs berichten auch die Medien gerne wie beispielsweise das Echo der Zeit oder BlickTV.

Mutig weiterstolpern

Im Februar habe ich hier im Blog schon darüber geschrieben, dass das Jahr für uns als Familie ein regelrechtes Auf und Ab war (Das Leben auf der Achterbahn und Die Welt steht Kopf). Auch in meiner Kolumne im Magazin Family und FamilyNEXT habe ich unsere familiäre Situation zum Thema gemacht. Die Fragestellung war wie zugeschnitten auf unsere Situation: Das hilft mir, wenn ich daran zweifle, dass Gott es gut mit mir meint?

Schon mehrmals habe ich erlebt, dass Gott endlich ein Gebet erhört hat und wir voller Freude und Dank nächste Schritte in Angriff nahmen – bis dann der Schock kam: Was gerade noch eine Gebetserhörung und Traumerfüllung war, entpuppt sich plötzlich als Albtraum.

Anfangs Jahr haben wir eine solch schmerzliche Erfahrung gemacht: Unserem Sohn wurde zusammen mit dem Praktikumsjahr schriftlich eine anschliessende Ausbildung (Lehre) zugesagt, erst noch in seinem Wunschbetrieb. In den letzten Monaten war er längere Zeit arbeitsunfähig und als wir den Wiedereinstieg mit dem Ausbildungsbetrieb besprechen wollten, kam der Schock: Die Lehrstelle wurde entgegen der Abmachung zurückgezogen.

Gott, was soll das?!

In solchen Momenten sind die Zweifel schnell da. Aber ich weiss gar nicht genau, an was ich zweifle: An uns als Eltern? An Gott? An unserem Sohn? An den Mitmenschen?

Manchmal verzweifle ich fast an der Komplexität des Lebens. An einen guten Gott zu glauben, fällt mir nicht so schwer. Aber die Achterbahnen des Lebens auszuhalten dafür umso mehr: Wenn ich auf dem Höhepunkt schon den nächsten Tiefschlag zu erwarten habe, wie soll ich mir da die Lebensfreude bewahren? Fühle ich mich zu gut, lauert bestimmt hinter der nächste Ecke wieder ein Dämpfer.

Nein, ich wehre mich gegen eine solche destruktive Gedanken- und Gefühlswelt. Es gelingt mir bei weitem nicht immer. Doch ich will fröhlich und mutig meinen Weg gehen. Und dabei ringe ich mit meinem Gott, fordere ihn schon mal heraus. Wenn er das Beste für uns will, wie kann es denn zu all den Rückschlägen kommen?

Ich weiss nur, dass zum Glauben auch Zweifeln gehört. Ohne Zweifel kein Glaube. Glauben ist eben keine Wissenschaft, sondern eine Lebensschule: Ringen, hoffnungsvoll Neues wagen, umfallen, Chancen packen, Herausforderungen meistern, Enttäuschungen wegstecken, Fragen aushalten.

Und wenn es sein muss, darf ich auch an Gott und am Leben zweifeln. Solange ich daran nicht „verzweifle“, nicht zu Grunde gehe. Mir hilft aktuell ganz besonders, dass liebe Menschen mit uns leiden und wir die Zweifel gemeinsam aushalten.

Dieser Artikel ist zuerst als Kolumne in der Rubrik „Das hilft mir, wenn …“ im Magazin Family und FamilyNEXT erschienen.  

Glücksaufgabe

Wo zweifelst du aktuell im Leben und vielleicht auch in deinem Glauben? Und was hilft dir, daran nicht zu verzweifeln (zu zerbrechen)?

Meine Osterpredigt an der gms Matinée handelte von Gelassenheit im Sturm. Dazu gab es – inspiriert von der Bergpredigt und vom Buch Tänzer und Stolperer von Bernhard Ott – Impulse dazu, wie wir vom Stolperer zum Tänzer werden können. Die Predigt gibt’s hier zum Nachhören.

Wohlbefinden nicht nur am Weltglücktag

Zum diesjährigen UNO Tag des Glücks durfte ich für das christliche Wochenmagazin IDEA folgendes Interview geben:

Am 20. März wurde zum 10. Mal der Internationale Tag des Glücks begangen. Was halten Sie davon?

Es ist wie beim Mutter- oder Vatertag: Schön, dass wir uns einen Tag besonders daran erinnern, was unser Wohlbefinden beflügelt. Aber wenn wir nur einen Tag pro Jahr an unsere Mütter/Väter oder an unser Glück denken, verfehlt es das Ziel.

Sie beschäftigen sich seit einigen Jahren mit der Glücksforschung. Ihre wichtigsten Erkenntnisse?

Was wir intuitiv als Glück empfinden – die Weltreise oder das grosse Haus -, entpuppt sich als Sackgasse: Die Positive Psychologie hat gezeigt, dass sich unsere Glücksempfindung in unserer Haltung und Denkweise und nicht im Portemonnaie entscheidet. So ist ein dankbarer Lebensstil erwiesenermassen der Königsweg zum Glück.

In Ihrem Buch ziehen sie Parallelen zwischen der Glücksforschung und der christlichen Spiritualität? Macht der Glaube glücklich?

Es gibt gute Gründe dafür, warum das so sein sollte. Viele der 16 Glücksaktivtäten, die ich in der Glücksforschung entdeckte, haben einen direkten Bezug zur lebensbejahenden Botschaft des christlichen Glaubens: Achtsamkeit, Vergebung, Gemeinschaft, Grosszügigkeit …

Philosoph Nietzsche prägte einst den Satz: «Christen müssten mir erlöster aussehen» – Woran liegt es, dass er partiell recht hat?

Weil es auch eine krankmachende Form des Glaubens gibt. Ich staune, dass manche Christen gerne und viel von Freiheit, Freude und Liebe sprechen, in der Gesellschaft jedoch als unfreie, lieblose Menschen ohne Lebensfreude wahrgenommen werden. Ich kann nur vermuten, woran das liegt: Statt den Kern des Evangeliums (bedingungslose Annahme durch Gott) sich entfalten zu lassen, wird ein Zaun aus Gesetzlichkeit und Rechtgläubigkeit darum gebaut.

Wo hilft der Glaube, das Leben entspannter zu nehmen?

Uns ist ein Schatz anvertraut, der uns helfen könnte, das Leben entspannter anzugehen: Ich bin vom Druck befreit, alles unter Kontrolle haben zu müssen, weil ein liebender Gott über, neben, unter und in mir ist. Ich kann wirklich frei sein, weil ich weder ihm noch meinen Mitmenschen etwas beweisen muss. Ich bin geliebt, weil ich Ich bin – meine noch so guten oder noch so schlechten Taten können nichts daran ändern. Dieses Evangelium verkünden wir zwar und tappen dann doch in die Falle, den Glauben zum Leistungssport zu machen.

Noch ganz persönlich: was macht Sie glücklich?

Glück hat für mich mit einem dankbaren Blick zurück, einem genussvollen Leben im Jetzt und einer hoffnungsvollen Zukunftsperspektive zu tun. Glücklich bin ich, wenn es mir gelingt, mich mit allem Schönen und Schwierigen im Leben zu versöhnen. Bei einer solchen Lebenshaltung ist Glück mehr als ein Aneinanderreihen von einzelnen Glücksmomenten. Ich suche nach Lebenszufriedenheit und freue mich genauso an einem Skitag wie an einem Abend mit Freunden oder einem gelungenen Gottesdienst.

(Interview: IDEA, Daniel Rhefeld)

Glücksaufgabe

Beim neusten World Happiness Report belegt die Schweiz den vierten Rang. Einmal mehr an der Spitze liegt Finnland.

Ein Faktor, der das Bruttoinlandglück beeinflusst, ist der Grad der politischen Partizipationsmöglichkeit. Man könnte also salopp sagen: Wählen macht glücklich!

Schade, dass so viele (oft 60 – 70 % der Wahlberechtigten) diese Chance verpassen und ihr Wahlrecht nicht nutzen.

Übrigens: Dieses Wochenende finden im Kanton Bern Wahlen statt. Nutz die Chance!

Die Welt steht Kopf

Ich liebe starke und imposante Bühnenprogramme mit kreativen, professionellen und auch überraschenden Elementen. Sei dies beim Konzertbesuch, als Teilnehmer einer Tagung oder eines Kongresses und selbst im Gottesdienst lasse ich mich gerne von einer frischen, qualitativ hochstehenden Präsentation ansprechen. Das inspiriert mich.

Neulich war jedoch genau eine andere Form das, was mir in der Situation gut tat: Ein schlichter Taizé-Gottesdienst ohne Band – dafür mit beruhigenden Flötenklängen, ohne üppiger Deko. – dafür mit angenehmem Kerzenlicht, ohne Präsentation – dafür mit unaufdringlicher Leitung mit der Einladung, sich von den Liedern und Texten ansprechen zu lassen.

Es sind zwei komplett unterschiedliche Dinge, die ich beide sehr schätze und auf keinen Fall gegeneinander ausspielen will – genau die Ergänzung sind für mich wertvoll: Vielleicht passt hier wieder einmal das Bild von «Wurzeln und Flügeln» ganz gut.

Ein schlichter Taizé-Gottesdienst erinnert mich an meine Wurzeln. Es sind Texte und Lieder, die mich geborgen im Glauben an den liebenden Gott, in dem ich beheimatet bin, ruhen lassen.

Mehr als eine Dose Red Bull verleiht mir auf der anderen Seite ein starkes Programm Flügel: Es fordert mich heraus, den guten Wurzeln des Glaubens auch Taten folgen zu lassen. Ein gutes Programm – ob jetzt in einem christlichen Setting oder auf einer politischen Konferenz – ist für mich dann gut, wenn es mich kulturell abholt und mich inspiriert, selber aktiv zu werden und etwas zu bewegen.

Für mein Leben in dieser verrückten Welt – Corona war gestern, heute ist Krieg in Europa – brauche ich unbedingt Wurzeln und Flügel: Ich will mich in etwas Grösserem aufgehoben und getragen fühlen, gleichzeitig will ich in aller Ohnmacht und Komplexität des Lebens auch erfahren, wie ich mich an meinem Ort in kleinen Schritten für die gute Sache einbringen kann.

Anders ausgedrückt: Ich will nicht jeden Sonntag «bloss» daran erinnert werden, dass Gott es gut mit mir meint und mich auch in der grössten Not des Lebens trägt. Ich will auch mal herausgefordert werden mit der Frage, was es in meinem Leben heissen könnte, diesem Jesus nachzufolgen und diese Welt in seiner Kraft zu einem besseren Ort zu machen – mit mehr Liebe und weniger Hass.

Und natürlich will ich anderseits auch nicht andauernd hören, was ich tun könnte, sondern brauche die erfahrbare Gewissheit, dass ich in Gottes Händen gut aufgehoben bin.

Meine Welt steht Kopf

Wie ich schon im letzten Blogartikel (Das Leben auf der Achterbahn) durchblicken liess, steht derzeit nicht nur die grosse Welt um mich herum Kopf, sondern auch in unserer kleinen Familienwelt sind wir gerade arg herausgefordert. Nach einem längeren gesundheitsbedingten Ausfall wurde unserem Sohn der Ausbildungsplatz gekündigt, just in dem Moment, als er sich dank professioneller Hilfe auf sein Comeback vorbereitete und dem Arbeitgeber seinen Plan für den Wiedereinstieg präsentieren wollte. Wir teilen jetzt erst recht mit vielen anderen die Erfahrung: Arbeiten in einem sozialen Job kann alles andere als sozial sein …

Eine Kündigung kommt selten alleine. Jedenfalls musste ich auch gleich noch den Ausstieg eines sehr wertvollen Mitarbeiters zur Kenntnis nehmen.

Und da kam eben der eingangs geschilderte Taizé-Gottesdienst genau richtig: Eine schlichte Feier in einer kleinen Gemeinschaft. Die meisten Leute kannte ich nicht, aber der schönen Stimme meines Sitznachbarn zu lauschen und mich dadurch daran erinnern zu lassen, dass Gott genau jetzt oben, neben und unter mir ist – das brauchte ich.

«In deiner Hand steht meine Zeit» war so eine Liedzeile, die mich meine Wurzeln spüren liess. Und es war nachhaltig! In den Tagen und inzwischen Wochen nach dieser Feier erinnere ich mich fast Mantra mässig immer wieder daran: Meine Zeit steht in seinen Händen.

Wo ist Gott, wenn die Welt Kopf steht? Warum können einzelne Machthaber wie Putin so viel Leid anrichten und Leben zerstören? Warum lässt Gott das zu?

Glaub mir: Ob meine kleine oder unsere grosse Welt Kopf steht, die Frage «Gott, was soll das?» ist ein ständiger Begleiter.

Und trotzdem will ich an meinen Wurzeln festhalten: Da ist ein liebender Gott.

Glücksaufgabe

Was hilft dir in Situationen, in denen deine Welt Kopf steht? Und welche Wurzeln tragen dich, wenn das Chaos in der Welt überhand nimmt?

Gnadenbringende Weihnachtszeit …

Hast du gerne Weihnachtslieder? Und welches sind deine liebsten Weihnachtslieder?

Hier ein kleines Rätsel für Weihnachtslieder-Profis unter uns: Erkennst du die folgenden Zeilen? Aus welchen Liedern stammen sie? (Lösung am Ende des Artikels)

A) «Gnadenbringende Weihnachtszeit!»

B) «Einfach frei nach Schnauze backen»

C) «Kehrt mit seinem Segen ein in jedes Haus»

D) «überen eus in Ewigkeit» (Schweizer Mundart)

Weihnachtslieder sind nicht jedermanns Sache. Obwohl die Auswahl ja riesig ist und in jeder Stilrichtung etwas zu finden ist.

Überhaupt: Wie hast du es so mit Weihnachten?

Die Advents- und Weihnachtszeit lebt von einem spannenden Mix aus Kitsch, Romantik, Geschenke, sinnentleerten Ritualen, Sehnsucht nach menschlicher Wärme und dem Aufblitzen einer göttlichen Liebes- und Hoffnungsbotschaft.

An uns persönlich ist es, zu entscheiden, welchen Aspekt davon wir besonders gewichten wollen.

Nachdenklich stimmte mich folgende Zeile, die ich gestern im Bieler Tagblatt entdeckte:

An Weihnachten scheint mir vieles unsinnig.
Einige treffen sich mit Menschen,
die sie nicht mögen und nicht sehen möchten,
um eine Geburt zu feiern,
an deren Existenz sie zweifeln. 

Jessica Ladanie
(in: Jesus wäre vegan, Kolumne im Bieler Tagblatt, 23.12.21)

Oje, wie traurig ist denn das?!
Viel Stress mit wenig Inhalt.
Schade, wenn Weihnachten nicht mehr sein darf!

Mir gefallen die kitschigen Weihnachts-Liebesfilme, gegen Geschenke habe ich nichts einzuwenden und auch Familienfeste und Weihnachtsessen mit Freunden gehören für mich in die Zeit am Jahresende.

Aber wenn das alles ist, wäre mir tatsächlich lieber, wenn wir es nicht mehr mit der Geburt dieses Babys in der Krippe im Stall von Betlehem in Zusammenhang bringen würden. Wir brauchen wirklich nicht eine Geburt zu feiern, wenn wir deren Existenz anzweifeln.

Dann wäre eine Jahresend-Party als Zeichen des menschlichen Miteinanders viel ehrlicher.

Doch soweit lasse ich es für mich persönlich nicht kommen: Weihnachten ist das Fest der Liebe! Und zwar nicht einfach Liebe als wohlig-warmes-romantisches Miteinander von Menschen.

Hier geht es um göttliche Liebe!!

Genau für Zeiten wie die gegenwärtige wurde Weihnachten! Gott besucht uns in aller Schwachheit, Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit. Sein Licht bringt uns eine neue, ganz andere Hoffnung. Eine Liebe, die nicht von dieser Welt ist.

Eine Frage des Vertrauens

Letzte Woche habe ich hier über Vertrauen geschrieben. Tatsächlich handelt es sich aus meiner Sicht auch bei Weihnachten um eine Vertrauenssache.

Wer Weihnachten ernst nimmt, steht hier vor einer Vertrauensfrage:

Vertraue ich irgendeinem Weihnachtszauber aus Kitsch, Romantik, Kommerz und Engelchen?

Oder merke ich, dass hier mein Herzvertrauen gefragt ist, mich der Höchste persönlich besucht und mich fragt: Vertraust du mir?

Vertraust du der gnadenbringenden Weihnachtszeit, weil er – weil Jesus – es ist, der da Gnade bringt?

Manchmal dringen die alten Weihnachtslieder nicht so recht zu meinem Herzen durch. Diese alte Sprache ist mir fremd.

Und doch: Genau diese «gnadenbringende Weihnachtszeit» wünsche ich mir dieses Jahr ganz besonders. Etwas Gutes, etwas Göttliches ist mir, dir, uns allen geschenkt. Sind wir bereit, dieses Geschenk anzunehmen und dem Schenkenden zu Vertrauen?

Oder mit dem populären Weihnachtslied (Last Christmas) gefragt: Wem schenkst du dieses Weihnachten dein Herz und dein Vertrauen?

Glücksaufgabe

Welcher Teil von Weihnachten macht dich glücklich?

Und hier noch die Lösungen zum Weihnachtslieder-Rätsel:
A) «O du fröhliche»
B) «In der Weihnachtsbäckerei»
C) «Alle Jahre wieder»
D) «Das isch de Stern vo Bethlehem»