Für die Lias und Luanas dieser Welt

Diese Woche hatte ich mein Standort- und Fördergespräch. In einem offenen Austausch haben wir uns mit meiner beruflichen Situation und der Entwicklung im letzten Jahr beschäftigt.

Dabei gab es viel Grund zur Freude – zum Beispiel über Ziele, die erreicht wurden und Perspektiven, die sich in den letzten Monaten eröffnet haben.

Doch ich nutzte die Gelegenheit auch, um einen ehrlichen Blick in unerfüllte Wünsche zu geben: Sowohl ich als auch meine Frau erhalten immer mal wieder ausgezeichnete Feedbacks auf unsere Predigt- und Referententätigkeit. Trotzdem fühlt sich vieles in unserem Alltag nach «Kleinklein» an – und nach Halloween befreien wir beispielsweise verklebte Fenster in unserer Location vom nächtlichen Eierbewurf.

Anders ausgedrückt mit einem konkreten Beispiel: Ich erhalte super ermutigende Feedbacks auf «Glück finden – hier und jetzt» (zuletzt vom ehemaligen Regierungsrat Bernhard Pulver), aber mein Glücks-Buch ist weit davon entfernt, ein Kassenschlager zu sein.

Was ist Erfolg?

Das Gefühl, das ich also in diesem Mitarbeitergespräch offen benannte, hat damit zu tun, dass ich mir «mehr Erfolg» wünsche und die «grosse Bühne» vermisse.

Mein Chef nahm meine Gefühle ernst, hielt mir gleichzeitig den Spiegel vor: «Warum hast du damals vor Jahren die Strategie deiner Arbeit angepasst und freiwillig auf die «grosse Bühne» verzichtet? Und von wegen «mehr Erfolg»: Gibt es etwas Wirkungsvolleres als das, was ihr da tut – denk nur an die Lias und Luanas, die hier einen Safe Place gefunden haben und sich aktiv einbringen!»

Touché! Es ist ein cooles Gefühl, vor 200 oder 1’000 Menschen zu sprechen und dafür Anerkennung zu erhalten. Doch ich habe mich bewusst dafür entschieden, mich für die Lias und Luanas dieser Welt einzusetzen. In der Hoffnung, abseits des Scheinwerferlichts nachhaltiger wirken zu können.

Das heisst dann halt auch: Hier ein Teenie-Kreis mit acht Personen, dort eine Matinée mit zwanzig Teilnehmenden und dazwischen ein wilder Cocktail von Umbauen, Einkaufen, Chai Latte zubereiten, Administration und Marketing.

Richtig schön ist es, wenn ich in die Predigtvorbereitung eintauchen kann und meine Gedanken mit anderen teilen darf. Und wenn wir dann wie letzten Sonntag Meilensteine feiern dürfen, fühlt sich unser Engagement tatsächlich sehr stimmig und nachhaltig an: Mit unterschiedlichsten Menschen durften wir den 23. Geburtstag unserer Arbeit feiern und die Moderation wurde von zwei jungen Frauen sehr persönlich, sympathisch und professionell gemacht.

Gibt es eine schönere Frucht als das: Zwei Menschen, die bei der Geburtsstunde vom gms noch gar nicht auf der Welt waren, erzählen offen, wie sie das gms als Geschenk von Gott erleben, hier einen Safe Place und die Liebe Gottes gefunden haben.

Darum mache ich, was ich mache!

Darum habe ich mich entschieden, mich künftig voll und ganz als Pfarrer zu betätigen und die Politik hinter mir zu lassen.

Für die Lias und Luanas dieser Welt.

Glücksaufgabe

Mit wem kannst du über ungestillte Sehnsüchte sprechen? Was für ein Glück, wenn man einen Chef hat, der einem dabei hilft zu sortieren. Wenn es nicht der Chef ist, kann ein Freund, Partner oder Coach diese Aufgabe übernehmen und dich spiegeln.

Und wenn du wissen willst, was denn die beiden jungen Frauen erzählt haben, dann empfehle ich dir von Herzen, in die Audio-Aufnahme der Matinée «Geschenk von Gott» reinzuhören. Mich macht es sehr glücklich – dich hoffentlich auch!

«Connected» leben und führen

Endlich ist es wieder soweit: Pandemiebedingt wurde der letzte Leitungskongress abgebrochen und der diesjährige musste unglücklicherweise vom Februar in den August verschoben werden.

Umso grösser war die Freude, als es gestern in der Messe Leipzig losging und tausende Menschen sich «connected» (verbunden) haben, um sich für ihr Leben und Leiten inspirieren zu lassen. Willow Leitungskongress – das sind für mich drei Tage voller hochkarätiger Referate, herzbewegende Kunst, erstklassige Musik und zahlreiche horizontweitende (Pausen)Begegnungen.

Unter dem Thema «Connected» denken wir dieses Jahr darüber nach, wie wir trotz der zahlreichen Krisen unserer Zeit, die von der globalen (Medien)Bühne direkt in unsere Kirchenreihen und Familien dringen, miteinander verbunden bleiben.

«Verbundenheit ist alles!», meinte etwa der erfolgreiche Unternehmer und Autor Bodo Janssen, «Kernziel der Führung ist Verbindung zu schaffen. Verbindung der Menschen zu sich selbst, zueinander, zur Umwelt und zu Gott.»

Verbunden mit mir selbst

Mir helfen solche Kongresse immer wieder, mit mir und meinen Visionen in Verbindung zu kommen. Natürlich sind über all die Jahre viele Inhalte auch einfach Wiederholung – aber guttuende und wichtige Wiederholungen.

Ohne solche – und andere – Reflexionspausen wird mein Alltag viel zu schnell von «willkürlichen» To-Do-Listen bestimmt, scheinbar Dringendes wird hastig erledigt, wirklich Wichtiges bleibt dafür liegen.

Darum brauche ich Erinnerungen wie diese:

«Das WHAT motiviert niemanden,
was motiviert ist das WHY».
Michael Herbst

Will ich gut mit mir und meiner Lebensvision connectet sein, sollte sich dementsprechend mehr um das WHY drehen und nicht bloss um die To-Do-Listen des WHATs.

Und ein weiterer Gedanke von Michael Herbst bleibt hängen: Bevor wir irgendetwas anpacken, brauchen wir ein ehrliches Annehmen von der Situation, wie sie eben ist – kein Schönreden, aber auch kein endloses Jammern über die Umstände.

«Es ist wie’s ist.»

Das ist ein wertvoller Rat für jeden Menschen persönlich, jede Kirche, überhaupt für alle Organisationen und Unternehmen. Für das persönliche Leben hat es auch damit zu tun, was Gary Haugen «Inventur der Innenwelt» nannte und uns herausforderte, uns nicht von Angst leiten zu lassen.

Denn: «Angst zerstört Träume».

Je nach Ergebnis dieser persönlichen Inventur wird ein kraftvoller Wandel nötig sein, wie es Bodo Janssen aus seinem Leben als Unternehmer ganz offen erzählte: Vom Erkennen (Inventur) über das Anerkennen (Es ist wie’s ist!) zum Bekennen (Wandel ist nötig und ich will diesen Weg gehen – selbst wenn es mich unter Umständen einiges kosten wird).

Verbunden mit anderen

Es ist ein geflügeltes und oft zitiertes, aber eben auch wahres Wort:

«Nur wer sich selbst führen kann,
kann andere führen.»

Darum ist es so wichtig, dass wir zuerst auf eine gesunde Weise mit uns verbunden sind, bevor wir uns mit anderen verbinden. Daraus kann eine reife Führungsperson erwachsen.

Bezüglich dem WHY nehme ich mir vor, noch konsequenter das WARUM (der grosse Traum) zu kommunizieren, erst dann kommen HOW und WHAT.

Und ich will Menschen darin unterstützen, ihr grosses WHY zu finden. Da schliesse ich mich gerne dem Traum von Bodo Janssen an:

«Führung hilft den Menschen
auf dem Weg vom Leben als Kopie
zurück zum Original-Sein.»

Die Sozial-Unternehmerin Nathalie Schaller sagte es so:

«Wenn etwas in dir brennt – du für etwas brennst -,
dann mache ein Feuer daraus!»

Führungspersonen helfen, Feuer zu entfachen.

Glücksaufgabe

Solche Führungspersonen werden andere Menschen glücklich machen.

Und das wiederum wird die Führungsperson glücklich machen!

Am Ende kommt es wieder zurück zu meiner Verbundenheit mit mir und mit meinem Schöpfer. Dazu das beste Zitat am Ende – nochmals von Bodo:

«Wir müssen nicht zuerst sterben,
um in Frieden zu ruhen.»

Was tust du dafür, dass du «in Frieden* ruhst» – bereits im Hier und Jetzt?

* gemäss der Worterklärung in der BasisBibel meint ein solcher Friede «umfassender Zustand von Glück und Wohlergehen des Einzelnen und der Gemeinsaft der aus der Beziehung mit Gott hervorgeht.» Anders gesagt: Ganzheitliches connected sein.

Hier kannst du ein kleines Häppchen Leitungskongress miterleben.

Schauendes Vertrauen

Es ist meine Hoffnung, dass ihr alle gut ins neue Jahr gestartet seid. Jedenfalls wünsche ich uns viel Hoffnung, Mut, Weitblick und Gelassenheit in dieser ungewissen Zeit.

Im Dezember habe ich an dieser Stelle über Vertrauen geschrieben (Frage des Vertrauens und Gnadenbringende Weihnachtszeit …), heute beschliesse ich diese kleine Serie.

Zu meinen schönen Aufgaben als Ressortvorsteher Bildung gehört es, dass ich anfangs Schuljahr das Kollegium bestehend als Lehr- und Betreuungspersonen sowie Schulleitung und -verwaltung mit einer kurzen Ansprache begrüssen darf.

Letzten Sommer, dem Abstand zwischen den rund 100 Mitarbeitenden unserer Schule war anzusehen, dass wir zum wiederholten Mal ein Schuljahr im Pandemie-Modus starten müssen, wollte ich nicht über Corona sprechen.

Darum wählte ich folgendes Zitat:

Nichts kann den Menschen mehr stärken als das Vertrauen,
das man ihm entgegenbringt.
Adolf von Harnack, protestantischer Theologe

Blind vertrauen?

Nein, in meiner Ansprache habe ich nicht für «blindes Vertrauen» im Schulalltag geworben. Dies wäre dort, wie an vielen anderen Stellen auch, fehl am Platz.

Aus gutem Grund gibt es Behörden (in diesem Fall beispielsweise die Bildungskommission), die eine Aufsichtspflicht haben. Und als Führungspersonen, Chefs, Trainer oder eben auch als Lehrpersonen sind wir gefordert, «häre z’luege» (hinzuschauen) was unsere Schützlinge bewegt, was sie tun oder auch nicht tun.

Darum wünschte ich uns zum Start ins Schuljahr «schauendes Vertrauen». Ich sagte zum versammelten «Team»:

«Unser Umgang an der Schule ist von Vertrauen geprägt, jedoch nie von Gleichgültigkeit. Wir vertrauen einander und wir sehen einander.»

Blindes oder schauendes Vertrauen – darüber hatte ich mir letzten Sommer erstmals Gedanken gemacht. Ich fand diesen Gedanke spannend und habe mich gefreut, dass er auch vom Kollegium gut aufgenommen wurde.

Ich sehe dich!

Diese Äusserung kann man so oder so hören. «Ich sehe dich!», vor allem wenn der Satz mit erhobenem Zeigefinger ausgesprochen wird, kann man als Bedrohung hören: «Pass nur auf, was du tust, ich habe dich unter Kontrolle!».

Wenn ich zusammen mit meiner Frau jeweils Paare auf ihre Hochzeit hin begleiten darf, lassen wir uns in den Traugesprächen von Bibeltexten inspirieren. Bei einem Treffen schauen wir uns gemeinsam Psalm 139 an. In poetischer Sprache wird hier beschrieben, wie einzigartig und wunderbar der Mensch geschaffen ist.

Es ist auch davon die Rede, dass wir vor Gott nicht weglaufen können – er sieht uns überall.

Da ist es wieder: «Ich sehe dich!».

Was hörst du, wenn Gott das sagt? Fühlst du dich getragen? Denn: Egal was passiert, egal wo du bist, egal was du tust – er sieht dich, er ist da, du bist in seiner Liebe aufgehoben.

Oder macht es eng? «Was? Gott sieht die ganze Zeit auf mich? Ich will mich doch nicht von Gott kontrollieren lassen!».

Schauendes Vertrauen soll keine Bedrohung sein. Es hat mit Wertschätzung zu tun und einem positiven «Ich sehe dich!». Wir wollen alle gesehen und geschätzt werden.

Wir wollen gesehen werden, wenn es uns nicht gut geht, weil wir dann Ermutigung brauchen.

Wir wollen gesehen werden, wenn uns etwas besonders gut gelingt, weil wir dann gefeiert werden möchten. (Das kann so gut tun, hat therapeutische Wirkung – und wird so selten gemacht!)

Etwas weniger gern wollen wir gesehen werden, wenn uns etwas misslingt. Da braucht es dann die hohe Schule des schauenden Vertrauens. Ich muss meinem Gegenüber nicht sagen, was es schon selber herausgefunden hat (was schief gelaufen ist). Doch wenn ich nicht als Kontrolleur sondern als Coach schauend vertraue, finden wir gemeinsam Entwicklungsschritte, die sogar das Scheitern zu einer wertvollen Erfahrung machen.

Blindes Vertrauen kann Gleichgültigkeit bedeuten: «Mach einfach, ich hab genug mit mir selbst zu tun».

Schauendes Vertrauen hingegen ist ein Akt der Wertschätzung, die uns allen gut tut.

«Ich sehe dich!»

«Ich vertraue dir!»

«Ich unterstütze dich!»

Glücksaufgabe

In welchem Umfeld (Beruf, Familie, Verein …) könntest du die Aspekte vom schauenden Vertrauen umsetzen?

Dieser wertschätzende Umgang miteinander wird uns glücklich und stark machen!

So nicht!

Bis jetzt habe ich mich hier loyal gegenüber unserer Regierung und den Behörden gezeigt. Damit ist heute Schluss!

Was zu viel ist, ist zu viel! Was unser nationales Parlament anfangs dieser Woche geboten hat, ist einem Amt mit Vorbildfunktion schlicht unwürdig!

Das hat sogar in unserem kreativ & wunderBar-Angebot bei sonst eher zurückhaltenden Frauen für heftiges Kopfschütteln gesorgt. Meine Frau sagt, sie hätte einige der Teilnehmerinnen noch nie so vehement diskutieren gehört.

Jede Person die Einfluss hat – und das ist so ziemlich jede und jeder, vom Mami zum Projektleiter über die Lehrperson bis zum Bundesrat -, weiss doch, dass unsere Taten lauter sprechen als unsere Worte!

Und was macht unser höchstes Parlament: Sie feiern in bester Partylaune ihren neuen Präsidenten (Ständerat) und tags darauf setzt der Nationalrat mit einer Geburtstagsfeier für Ueli Maurer noch einen oben drauf.

In normalen Zeiten wäre es schön, zu sehen, wie unser Gesetzgeber nicht nur hart um Paragraphen streitet, sondern auch gesellig Gemeinschaft pflegt.

Aber: Es ist nicht die Zeit für Party!

nach Alain Berset, in anderem Zusammenhang und zu anderen Zeiten. Damals, als die Schweiz noch nicht die Negativ-Statistiken der Corona-Pandemie anführte – und dem Virus trotzdem konsequenter die Stirn bot.

Sorry, liebes Parlament, euer Verhalten ist einfach nur dumm!

Landauf, landab beschäftigt sich das Volk mit der quälenden Frage, wie unter den gegenwärtigen Umständen dieses Jahr einigermassen verantwortungsvoll Weihnachten gefeiert werden kann – und ihr wisst nichts besseres, als einerseits ein Bussengesetz für Corona-Sünder zu erlassen und anderseits gleich selbst dafür zu sorgen, dass niemand mehr die Schutzmassnahmen ernst nehmen kann. Geht gar nicht!

So sehr ich jeden – mag er politisch noch so anders ticken als ich – respektiere, der die verantwortungsvolle Parlaments- oder Regierungsaufgabe wahrnimmt, hier habt ihr euch tatsächlich zur Lachnummer der Nation gemacht.

Da kann man sich nur wünschen, dass das „Chambre de Réflexion“ gehörig über das eigene Verhalten reflektiert und gleich noch die grosse Kammer miteinbezieht.

Doch auch das scheint bisher Fehlanzeige zu sein: Nach dem ersten, riesigen Fauxpas folgt gleich der nächste. Während Führungspersonen eigentlich schon mal gehört haben sollten, dass Krisenkommunikation offen, schnell und transparent sein sollte, scheint man hier genau die Strategie zu verfolgen, die oft benutzt wird, aber noch nie genützt hat:

Generell fährt man seitens der Landesregierung bisher offensichtlich die Strategie, den Vorfall totzuschweigen.

Ständchen für Maurer sorgt für rote Köpfe, srf.ch

Genug gerügt! Was lernen wir daraus?

Mach es besser!

Als Exekutivpolitiker (Gemeinderat) weiss ich aus eigener Erfahrung, dass es einfacher ist, im Dorf die farbigen BAG-Plakate aufhängen zu lassen, als sich selbst an all diese Verhaltensregeln zu halten.

Darum will ich nicht einfach mit dem Finger auf die Leute im Bundeshaus zeigen, sondern lade uns alle ein: Prüfen wir unser eigenes Verhalten! Nehmen wir Verantwortung wahr – in der Pandemie und darüber hinaus.

Und vergessen wir nicht, als Person mit Einfluss (ob als Eltern, Führungsperson oder Freund) …

  • … sprechen unsere Taten immer lauter als unsere Worte!
  • … stehen wir besser früher als später zu unserem Fehlverhalten!
  • … sind wir immer unter Beobachtung!

Das alles sollte nicht neu sein für Bundeshaus-Politiker. Wie sehr es aber auch für Erziehende gilt, hab ich grad neulich in einem Gespräch erlebt: Das Kind meines Gesprächspartners konnte nicht verstehen, warum die (Not-)Lüge des Papas nicht dasselbe ist, wie wenn es Lügengeschichten auftischt.

Kinder haben da wahrscheinlich wirklich noch das feinere Gespür: Was du von mir erwartest, musst du zuerst einmal selber halten!

Liebes Parlament, wir verzichten alle gerade auf ganz vieles.
Bitte mach doch auch mit und sei uns ein Vorbild!

Glücksaufgabe

Wo haben dich Vorbilder enttäuscht? Wie gehst du mit dieser Enttäuschung um?

Und: Wo bist du deiner Vorbildrolle nicht gerecht geworden? Was könnte dir helfen, (noch) stärker zu einer glaubwürdigen Person mit Einfluss zu werden?

Hauptsache es macht Spass …

Auf diese Erfolgsstory könnte man eifersüchtig sein: Youngster of the Year 2019, A-Nati, unverzichtbarer Stammspieler vom EHC Biel noch vor dem 20. Geburtstag, schiesst Entscheidungstor in seinem 100. NL-Spiel, vorübergehender Topscorer der Liga (als Verteidiger), Experten sagen ihm eine grandiose NHL-Zukunft voraus …

Janis Jérôme Moser

Und gestern Abend war also dieser Star so ganz ohne Starallüren bei uns im Chäs, Brot, Wy – und mini Gschicht mit Gott dabei: In gewohnt gemütlicher Bistro-Atmosphäre talkte ich mit Janis über sein Hockey-Leben. Und habe dabei die eine oder andere Lektion gelernt.

Blenden wir rund 10 Jahre zurück: Der Traum vom Hockey-Profi ist schon sehr präsent, doch der Weg dazu wird Janis nicht im Schlaf geschenkt.

Im Gegenteil! Während „normale“ 5. Klässler morgens kaum aus dem Bett zu kriegen sind, schnürt er schon vor 6 Uhr die Schlittschuhe, damit er bereits vor der Schule ein Training absolvieren kann.

Auch sonst dreht sich so vieles um den Sport – anderes bleibt auf der Strecke, würde man von aussen sagen. Doch für Janis ist es ein Privileg, so viel Zeit mit dem verbringen zu dürfen, was ihm am meisten Spass macht.

Das ist mein grösstes Aha-Erlebnis des gestrigen Abends: Wenn ich Janis über seine Kindheit und sein heutiges Leben geprägt von Trainings, Essgewohnheiten und Verzicht reden hörte, dachte ich reflexartig an eine herausragende persönliche DISZIPLIN.

Ich bohrte nach, wollte ihm auf den Zahn fühlen und erhoffte mir wohl das Bekenntnis zu hören: „Ja, der Weg bis dahin war schon sehr hart. Aber es hat sich ja gelohnt.“

Aber nein, so was sagte er nicht. Während ich DISZIPLIN vor meinem inneren Auge aufleuchten sah, leuchteten seine Augen und er meinte ernsthaft: „Das wichtigste ist doch, dass man SPASS hat!“

Finde deine Leidenschaft!

Ja was jetzt? Spitzensportler wird man doch nur mit DISZIPLIN!? Wer nach dem SPASS-Prinzip lebt, bringt es doch nie und nimmer an die Spitze – egal in welchem Bereich.

Natürlich hat Janis nicht gesagt, es brauche keine Disziplin. Doch der Spass, die Leidenschaft, an seinem Sport ist so gross, dass das, was für mich im Kleid knallharter Disziplin daherkommt, ihm tatsächlich leicht von der Hand geht.

 

Weil für ihn so klar ist, was er will, fällt es ihm leichter als so manchen von uns, in dieser Multioptionsgesellschaft Entscheide zu treffen.

Sein Fokus ist glasklar: Er hat auf die Karte Hockey-Profi gesetzt – schon damals in den Freundschaftsbüchern in der Primarschule. Und so gehörte es halt einfach dazu, aus dem Konf-Lager für ein Hockey-Spiel abzureisen …

Erfolg hat viele Faktoren, einige davon können wir auch nicht beeinflussen. Was ich jedoch aus dem Talk mit Janis mitnehme sind vier Ansätze, die er eindrücklich verkörpert:

  • Suche den Spass-Faktor!
    Wofür brennst du?
    Was bereitet dir wirklich Freude?
    Was ist deine Leidenschaft?
  • Fokus, Fokus, Fokus!
    Wie kannst du mehr von dem tun, was dir wirklich Spass macht?
    Auf welche Karte setzt du?
  • Lebe im Hier und Jetzt!
    Trotz klarer Vision musst du im Moment bleiben: Wer im Spiel oder in der Karriere schon ans nächste Drittel oder an Übermorgen denkt, hat bereits verloren.
  • Dem vertrauen, der alles im Griff hat!
    Eindrücklich, wie Janis auch davon erzählte, dass er bei seiner Karrierenplanung auf Gott vertraue. Es ist beruhigend zu wissen, dass da ein Gott ist, der weiter sieht als wir, der das im Griff hat, was nicht in unserer Kontrolle liegt.

In alldem war für mich eindrücklich, dass Janis nicht verbissen rüberkam. Wohl genau darum, weil der Spass-Faktor so wichtig ist – und nicht die eiserne Disziplin. Und während Fokus, Fokus, Fokus wichtig ist, sucht er auch den Ausgleich neben dem Eisfeld – beim Tanzen, in einem Sprachkurs …

Ein eindrücklicher Abend mit einer eindrücklichen Persönlichkeit.
Ich bin gespannt, was aus Janis wird. Jedenfalls wünsche ich ihm viel Spass dabei!

Glücksaufgabe

Ich bin auch gespannt darauf, was aus dir wird!

Kennst du deine Leidenschaft? Welchen Fokus ergibt sich daraus? Wie gut gelingt dir das Leben im Hier und Jetzt?

Und: Wie hast du es mit dem Gottvertrauen?

Hier zum Podcast des Talks mit Janis Moser.

 

Angi oder Lisi?

Wahrscheinlich ist es tatsächlich so, dass Bill Hybels Geschichte ist. Zweieinhalb Jahre nach dem überstürzten Rücktritt aus der Öffentlichkeit des Gründers der Chicagoer Megachurch und der weltweiten Leadership-Bewegung deutet nichts auf ein Comeback hin.

Als einer, der sich über Jahre gerne von Bill inspirieren liess, schmerzt mich das. Irgendwie scheint es in dieser verzwickten Geschichte nur Verlierer zu geben: Die Menschen (mehrheitlich Frauen), die sich von Bill manipuliert, bedrängt oder missbraucht fühlten. Bill selbst, der trotz allem einen anderen Abschied verdient hätte. Die Gemeinde, die sich immer noch von der tiefsten Krise ihrer Geschichte am Erholen ist.

Und wir alle, die wir gerne von Bill gelernt haben. Einige sagen, man dürfe Hybels nun gar nicht mehr zitieren oder erwähnen. Und zum Teil wird er tatsächlich einfach totgeschwiegen – ein weiterer Schmerz.

Natürlich wäre es um so vieles einfacher, wäre Bill in den letzten drei Jahren einmal hingestanden und hätte öffentlich Busse getan, hätte selbst sichtbar für alle die Gnade in Anspruch genommen, von der er all die Jahre gepredigt hatte.

In dem Fall hätte diese „Müll-Geschichte“ das Potenzial eine „Davids-Geschichte“ zu werden. Aber so? Die Öffentlichkeit bleibt mit viel Schmerz und lauter Fragezeichen zurück.

Weltweiter Einfluss

Und warum schreibe ich jetzt eigentlich hier über Hybels? Weil ich immer wieder staune, welchen nachhaltigen Einfluss seine Arbeit nach wie vor hat. Nach dem Motto „Das Gute behaltet“ finde ich, muss man den Gewinn seines Wirkens für Kirchen, Organisationen und Firmen rund um den Globus nicht schmäleren – selbst wenn das letzte Kapitel ein leidvolles war.

Kürzlich durfte ich beim Forum christlicher Führungskräfte unter dem Motto „Frohes Schaffen!“ mitwirken. Auch da wieder: Mehr als ein Referent waren offensichtlich von Bill Hybels und dem von ihm gegründeten Global Leadership Summit (GLS) geprägt worden.

Einer erzählte von einem wichtigen Coaching-Prozess in seiner Firma. Der genannte Berater ist ein langjähriger GLS-Teilnehmer.

Urs Jäger, Head Automotive Technologies bei Sika, stellte sein selbst entwickeltes Führungskonzept vor: Der Angi- oder Lisi-Führungsstil.

Im persönlichen Gespräch erfuhr ich, dass auch er viele seiner Inputs durch den GLS und Leitungskongress erhalten hat.

Das Angi/Lisi-Konzept ist fantastisch einfach einprägsam und doch so oft eine tägliche Herausforderung:

Angi steht für Angst und Gier.
Lisi steht für Liebe und Sinn.

Keine Frage, bestimmt würdest auch du gerne für einen Chef arbeiten, der mit Liebe und Sinn führt anstelle von Angst und Gier.

Doch was für Führungspersonen und Menschen  sind wir: Sind wir von Angst und Gier getrieben? Oder schaffen wir es, angetrieben von Liebe und Sinn den Menschen in unserem Umfeld zu dienen?

In der Angi-Hierarchie dominieren Schlagwörter wie befehlen, bestechen, bedrohen, befolgen. Hier wird geherrscht.

In der Lisi-Welt wird so vieles auf den Kopf gestellt. Hier wird betraut, befähigt, befreit, begeistert. Und tatsächlich, so frömmelnd es tönen mag, hier versteht sich der Chef als Diener.

Das alles sind Ideen, die ich selber bei Bill Hybels und der GLS-Bewegung gelernt habe. Wurde Bill dem, was er gelehrt hat, auch immer selber gerecht? Natürlich nicht!

Sind deswegen all die guten Impulse nichts mehr wert? Natürlich nicht!

Lebe ich jederzeit in der Lisi-Welt? Natürlich nicht! Viel zu oft machen sich im hektischen Alltag Angst und Gier in irgendeiner Form bemerkbar.

Aber das heisst doch nicht, dass wir den Kopf in den Sand stecken sollten und das Gute gleich ganz über Bord werfen.

Nein, wir leben in einer sehr verletzlichen Welt aus lauter fehlerhaften Menschen. Trotzdem will ich nicht aufgeben, dem Guten nachzueifern und mich für mehr Lisi-Kultur zu investieren.

Glücksaufgabe

Was spricht dich spontan am Angi/Lisi-Modell an?

Und wie kannst du dich für mehr „Lisi“ in deinem Umfeld einsetzen – und dich dabei für mehr Glück in deinem Leben und in dem deiner Mitmenschen engagieren?

Das Beste, das geschehen könnte …

In zwei Wochen ist es wieder soweit: Ich darf zur DH!

Da ich nicht masochistisch veranlagt bin, gehört der Termin bei der Dentalhygienikerin natürlich auch für mich nicht zu den Highlights in meiner Agenda. (Tatsächlich bringt schon das Geräusch während der Untersuchung meinen Körper dazu, sich zu verkrampfen.)

Trotzdem freu ich mich auf den DH-Termin! Vor einigen Jahren hab ich den Versuch gestartet, meinem Hirn einen positiven Zugang zur DH-Behandlung zu geben.

Und so geht mein kleiner Trick: Der nächste DH-Termin ist nie so weit weg, wie wenn ich nach der DH zur Zahnarztpraxis hinauslaufe. Ich freu mich also auf die Behandlung, weil ich danach ein Jahr Ruhe von der DH habe.

Obs funktioniert? Die Vorfreude hält sich nach wie vor in Grenzen, aber tatsächlich verändert der positive Ansatz meine Einstellung zu diesem Termin.

Eine gewisse Ähnlichkeit gibt es bei einer Taktik, die Juliet Funt am diesjährigen Global Leadership Summit vorgestellt hat. Sie nennt es „Laddering Up“.

Dabei geht es darum, in einer Situation in einen inneren Dialog zu treten und sich selbst zu fragen: Was ist das Beste, das daraus entstehen kann? Und wenn das eintrifft, was kann wiederum die best mögliche Folge davon sein?

Es ist quasi die Umkehrung vom üblichen Gedankenspiel des „Worst Case Scenarios“, wo wir nach den schlimmst möglichen Folgen von etwas fragen.

Was ist also das Beste, das aus meinem DH-Termin resultieren kann? Im besten Fall höre ich, dass meine Zähne gesund sind (und ich gar nicht so schlecht Zähne putze …).  Daraus folgert, dass ich gute Aussichten habe, ohne Zahnschmerzen auszukommen. Dies wiederum führt im besten Fall dazu, dass ich für mindestens ein Jahr keine Zahnarzt-/DH-Termine brauche. Das wiederum schont meine Finanzen, meine  Zeit und meine Nerven …

Du entscheidest selbst, ob das jetzt ein passendes Beispiel war. Aber immerhin kennen wir wohl alle dieses Gefühl auf dem Stuhl in der Zahnarztpraxis.

Natürlich funktioniert die Übung auch in ganz anderen Lebensbereichen – bei Prüfungen, Terminen, Projekten und Begegnungen.

Das „Laddering Up“, das Fragen nach den besten Folgen eines Termines oder einer Tätigkeit, kann zu einer Motivations-Pille werden: Eine Routinearbeit wie das Schreiben eines Blogartikels, das Ausliefern einer Bestellung oder das Ernten von Gemüse bekommt eine tiefere Bedeutung, wenn wir danach fragen, was die bestmöglichen Ergebnisse davon sein könnten.

Eine Zufallsbegegnung kann der Anfang einer bereichernden Freundschaft sein, die wiederum dazu führen kann, dass ich mehr Freude im Alltag erlebe und mein Hobby mit jemandem Teilen kann …

Die Übung lässt sich soweit heraufspielen, bis wir bei unserem grossen „WHY“ landen. Warum tun wir, was wir tun? Was ist die Sinnhaftigkeit in unserem Sein und Tun?

„Laddering Up“ hilft in Beruf, Freizeit und Familie. Die Frage, was das Beste Resultat unserer Kindererziehung sein könnte, gibt dem doch immer auch wieder herausfordernden Familienalltag eine andere Bedeutung.

Das Beste Resultat daraus? Unsere Kids werden zu eigenständigen, positiven Persönlichkeiten mit einem gesunden Selbstvertrauen, die Liebe in diese Welt tragen.

Und das motiviert mich, dem WHY in meinem Leben nachzugehen: Gemäss meinem Lebensmotto möchte ich „Liebe schenken, Hoffnung verbreiten, Glaube leben“.

Glücksaufgabe

Wie würde das bei dir aussehen, wenn du deine alltäglichen Termine und Tätigkeiten mit „Laddering Up“ zu mehr Bedeutung verhelfen würdest?

Weitere Motivationstipps für den Alltag durfte ich diese Woche in einem Kurzinterview auf Radio Life Channel weitergeben.

 

Kaká bei uns im Wohnzimmer

Neulich war Kaká bei uns zu Besuch und er hat uns einige spannende Leadership-Einsichten weitergegeben.

Leider war er nur via Kongress-Livestream bei uns zu Gast – aber immerhin. Er war Teil eines hochkarätigen Speaker-Line-Ups des diesjährigen (digitalen) Global Leadership Summits (GLS).

In normalen Zeiten darf ich diesen Weltklasse-Leadership-Kongress vor Ort in Chicago miterleben – auch das fiel leider Corona zum Opfer.

Zusammen als Familie verfolgten wir nun also den diesjährigen Summit gemütlich im Sofa. Als wir letztes Jahr gemeinsam in Chicago waren und Kaká für dieses Jahr als Referent angesagt wurde, war mein fussballbegeisterter Sohn Feuer und Flamme: „Ich komme nächstes Jahr wieder!“.

Gespannt erwarteten wir jetzt, was uns der ehemalige brasilianische Fussballspieler, Weltmeister und Champions League Sieger und FIFA-Weltfussballer des Jahres zum Thema Leadership zu sagen hat.

Ehrlicherweise erwartete ich vor allem einige Fussball-Anekdoten, einen unterhaltsamen Talk mit einem Weltstar.

Unterhaltsam war es – aber nicht nur. Es war sehr interessant, wie Kaká seine Erfahrungen mit den unterschiedlichen Trainern in Leadership-Lektionen umwandelte. Er konnte seine Coaches sehr konkret in zwei Kategorien einteilen: Entweder dominierte der Führungsstil „Leadership of Fear“ oder aber er beherrschte die Kunst von „Leadership of Love“.

Der dröhnende Gong

Bei „Leadership of Fear“, als Führung durch Angst, kommt mir der Einstieg vom Hohelied der Liebe in den Sinn (Die Bibel, 1. Korinther 13,1):

Wenn ich in den unterschiedlichsten Sprachen der Welt, ja, sogar in der Sprache der Engel reden kann, aber ich habe keine Liebe, so bin ich nur wie ein dröhnender Gong oder ein lärmendes Becken.

Für mich ist das die Anti-Vision meines Lebens und somit auch meine Anti-Vision meiner Führungsaufgaben: Wenn ich in meinem Leben, Arbeiten und Führen keine Liebe habe, bin ich nur ein dröhnender Gong.

Wenn ich wunderbare Reden schwingen kann, die beste Strategie erarbeite und in grossartiger Effizienz meine Arbeit erledige, aber lieblos mit meinen Mitmenschen  und den mir anvertrauten Ressourcen umgehe, bin ich nichts mehr als ein dröhnender Gong.

Was macht der dröhnende Gong? Er schmerzt in Ohr und Herz. Mitmenschen werden verletzt und die Chance ist gross, dass hier ein „Leadership of Fear“ herrscht. Ein vergiftetes Klima, geprägt von Angst. Menschen sind verunsichert, schauen für sich selbst und sind ausser Stande, ihre beste Leistung abzurufen.

Dass dabei auch Freude und Leidenschaft auf der Strecke bleiben, versteht sich von selbst.

Aufblühen auf der Ersatzbank

Wie anders das vorherrschende Klima unter einer Führungskraft, die „Leadership of Love“ lebt. Aus eigener Erfahrung erzählte Kaká vom Teamgeist unter einem solchen Trainer, der es verstand, jedem Mitspieler Wertschätzung entgegenzubringen.

In den Top-Fussballteams ist jeder Mitspieler auch ein Konkurrent. In einem solchen Umfeld braucht es als Trainer besonders viel Fingerspitzengefühl. Kaká erzählte von einem solchen Coach, der es verstand, seinen topbezahlten Spielern so viel Teamgeist zu vermitteln, dass er dem Einzelnen auch die Rolle des Ersatzspielers mit Wertschätzung nahe bringen konnte.

Eindrücklich wie auch im knallharten Fussball-Business Menschen in einer Kultur von „Leadership of Love“ aufblühen und auf der anderen Seite in einem Klima von „Leadership of Fear“ ihre Leistung nicht abrufen können und das ganze Team vergiftet wird.

Egal wo: Menschen lieben es, wenn sie Liebe erfahren. Wertschätzung bringt uns alle zum Aufblühen.

Glücksaufgabe

Hast du schon „Leadership of Love“ erlebt? Wie hast du eine solche Führungskraft erlebt?

Und wo entdeckst du die dröhnenden Gongs? Was kannst du unternehmen, dass du selbst kein solcher liebloser Gong bis?

Hattest du einen erholsamen Urlaub?

Was für ein Sommer?!

Irgendwie genoss ich die Ferien zu Hause, viele Stunden in unserem Garten, zwei schöne Ausflüge ins Berner Oberland, Zeit für gute Begegnungen … – und viel Sonne tanken.

Irgendwie genoss ich den Sommer 2020 aber auch nicht so recht: Obwohl ich Ferien hatte und viel Zeit zum Relaxen vorhanden war – ich konnte nicht recht Abstand nehmen. Abstand vom Alltag und vor allem Abstand von Corona, das wollte nicht recht gelingen.

Wir sind alle auf irgendeine Art von der Coronakrise betroffen. So beschäftigen auch mich die Corona-Fragen in all meinen Tätigkeitsbereichen: „Kann die Schule nach den Sommerferien wie geplant starten?“, „Was tun wir mit der geplanten Tageskonferenz?“ und: „In welcher Form können wir unsere Aktivitäten bei gms/Happy Kids wieder durchführen?“.

Zu viele Fragen für einen entspannten Sommer. Doch auch der tägliche Blick auf die Fallzahlen oder das Verfolgen des Dauerkrimis in den USA brachten einem da kaum weiter.

Steckten wir im März alle in einem Schockzustand, wo die Anweisungen klar waren: „Bleiben Sie zu Hause!“, so lässt sich mein – und wohl auch das allgemeine – Gefühl derzeit am besten mit der Ohnmacht umschreiben.

Was darf man jetzt?
Wie entwickelt sich die Lage in den nächsten Monaten?
Was ist sinnvoll?

Im Frühling war vieles klar – auch wenn wir diese Situation natürlich nicht gerne hatten und viele auch Angst hatten. Doch ich fühlte mich handlungsfähig: Wir fanden Wege, um der Situation kreativ zu begegnen.

Jetzt ist so vieles unklar – und darin fühle ich mich ohnmächtig und unsicher. Dazu kommt noch die Corona-Müdigkeit: Der Lockdown setzte kreative Energie frei (was sich bei uns im Projekt #stayhappy zeigte), jetzt ist vieles wieder normal und doch ist alles anders – das macht mich müde.

Macht und Ohnmacht

In den letzten Tagen kam mir ein gms Brunch in den Sinn, den wir im Mai 2002 durchführten. In Anlehnung an die Expo.02 Arteplage in Biel (Macht und Freiheit) beschäftigten wir uns mit dem gestalterischen Gefühl der Macht und der lähmenden Ohnmacht.

Macht wird in unserer Zeit häufig fast nur noch negativ gesehen: Im Grunde denken wir bei Macht vor allem an Machtmissbrauch. Machthaber, die andere Menschen ausbeuten.

Und so denken wir: Die Macht (des anderen) schränkt unsere Freiheit ein.

Es kann auch anders gehen. Bleiben wir bei der Coronakrise: Als der Bundesrat im März seine Macht nutzte, führte er klar und wir konnten uns orientieren. Natürlich war unsere Freiheit stark eingeschränkt, aber mein Handlungsspielraum war klar und das gab mir innerlich eine Freiheit.

File:Expo02-ArtplageBiel-Türme-Nacht.jpg - Wikimedia Commons

Dann geht es vor allem um die Macht in unseren Händen: Macht ist da doch viel besser als Ohnmacht! Macht heisst, ich kann Dinge beeinflussen, habe Gestaltungsraum, bin nicht einfach ein Opfer von irgendwas, sondern kann mein Leben gestalten.

Beim gms Brunch im Mai 2002 hab ich gefragt: Auf welchem Stuhl sitzt du gerade? Dem Macht-Stuhl oder dem Ohnmacht-Stuhl?

Es ist ein Spannungsfeld zwischen Macht und Ohnmacht. Und ich vermute, so lange wir beides immer wieder fühlen, hier die Macht, etwas bewegen und gestalten zu können, da die Ohnmacht, kaum Handlungsspielraum zu sehen, bewahren wir uns auch eine gesunde Balance: Als Menschen, die demütig ihren Einfluss ausüben ohne die anvertraute Macht zu Ungunsten von anderen einzusetzen.

Glücksaufgabe

Wir brauchen Macht im Sinne von Handlungsoptionen damit wir unser Glück gestalten können. Eine Prise Ohnmacht ist aber bestimmt auch ganz gut, damit wir nicht auf die abstruse Idee kommen, alles kontrollieren zu können.

Glück heisst dann: Ich entdecke in aller Ohnmacht, welche Teile des Lebens ich gestalten kann ohne mich von dem lähmen zu lassen, was unsicher ist und ich nicht beeinflussen kann.

Ich bleibe ein Lernender. Vielleicht schliesst du dich mir an und wir lernen gemeinsam.

Willkommen im Lockdown-Alltag

Diese Tage zeigen in aller Deutlichkeit: Wir leben in einer sehr verletzlichen Welt. Was sich vor einigen Wochen kaum jemand hätte vorstellen können, ist heute Tatsache und das gesellschaftliche Leben steht still.

Wie geht es dir dabei?

Ich meine, tief in deinem Innern.

Nach dem allgemeinen Chaos und der teils surrealen Hektik der ersten Lockdown-Tagen ist inzwischen vielerorts sowas wie „Ausnahmezustand-Alltag“ eingekehrt.

Reagierte anfangs jeder auf seine eigene Art reflexartig  auf die Krise („Wo gibt es WC-Papier??“ oder  „Ach was, das ist alles halb so schlimm. Ich bleib doch sicher nicht zuhause!“),  stellen sich nach den ersten Wochen Lockdown grundsätzlichere Fragen:

Wie organisiere ich einen gewissen Alltag in diesem abnormalen Zustand?

Drei Wochen Fernunterricht war ja noch einigermassen lustig, aber wie schaff ich das die nächsten X Wochen?

HomeOffice – das geht, ich bin effizienter als im Grossraumbüro und die Video-Konferenzen bringen mal etwas Abwechslung in den sonst ewiggleichen Büroalltag. Doch: Wie ist es mit den nicht zu unterschätzenden emotionalen Beziehungen im Team? Was, wenn das „ungute Bauchgefühl“ nicht im persönlichen Kontakt ausdiskutiert werden kann? Ich vermute, dass da bei allen technischen Möglichkeiten nichts die persönliche Begegnung wirklich ersetzen kann.

Und wie finden alle die Familien, die nun so überhaupt nicht entschleunigen können (Wer hat sich diesen Witz ausgedacht? 4 Zimmer Wohnung, 2 Notebooks, 3 Kinder, die sich um Zimmer und Computer streiten, ein Vater, dessen Omnipräsenz zuhause nicht gerade zur Deeskalation beiträgt und eine Mutter die im Dreieck springt – wer kann da entschleunigen und mal in aller Ruhe ein gutes Buch lesen?!?!), zu einem Familienalltag, der mindestens gleichviel Lust- wie Frustmomente enthält?

Wie gelingt es mir, in dieser Zeit abzuschalten?

Während meine Tage gar nicht so viel anders sind als sonst, spüre ich abends einen massiven Unterschied: Vor Corona waren, bedingt durch meine diversen Mandate, fast alle Abende mit Sitzungen oder Anlässen besetzt. Und wenn ich mal zuhause war, dann hatte bestimmt meine Frau einen Kurs oder eines unserer Kinder war im Training oder Ausgang …

Jetzt sind wir jeden Abend alle vier daheim. Wie schön! Endlich zusammen Abendessen geniessen, lachen beim gemeinsamen Spielabend, Familien-Jahrbuch der letzten zwei (oder waren es drei) Jahren nachführen.

In der perfekten Familie ist das so. Wir sind keine perfekte Familie. 12 Minuten gemeinsam essen, dann gehen die Kids in die selbst gewählte Zimmerisolation während sich Frau und Mann aufs Sofa knallen und einmal mehr die Tagesschau reinziehen.

Naja, wir haben mindestens noch Entwicklungspotenzial und so wie es derzeit ausschaut, geht das Übungsfeld ja noch eine Weile weiter.

Bevor ein falscher Eindruck entsteht: Es gibt sie durchaus auch bei uns – wie bei dir sicher auch! – die schönen Momente, wo wir uns am Zusammensein freuen, als Familie oder als Paar. Aber sie sind manchmal ganz kurz und darum muss man sie bewusst sehen wollen und dankbar sein für die Zweisamkeit beim schönen Film oder die Gemeinschaft als Familie beim Pizzaabend.

Was macht die Krise mit meiner Seele?

Es ist offensichtlich: Abschalten gelingt nicht automatisch.  Ich merke, dass ich gerade noch mehr als sonst für meine wöchentlichen „Stillen Stunden“ (Tagebuchschreiben, reflektieren, lesen, beten) kämpfen muss als sonst.

Und jetzt noch eine Stufe tiefer: Was macht das Ganze eigentlich mit meinem Bild von der Menschheit, von der Welt und von Gott?

Die Krise ist auch eine Einladung, uns dieser Verletzlichkeit der Gesellschaft, aber auch der Verletzlichkeit des Selbst zu stellen.

Was bleibt in meiner Seele übrig, wenn mir der normale Alltag genommen wird? Wo offenbaren sich Sinn und Unsinn in meinem Leben?

Und wo verändert sich durch die Krise sogar mein Gottesbild? Was macht Corona mit meiner Gottesbeziehung?

Sich der Sinnfrage zu stellen, ist ein wichtiger Pfeiler vom persönlichen Glück. Vielleicht ist die Krise trotz allen Herausforderungen vor allem eines: Eine Einladung an uns, der Sinnfrage Raum zu geben.

Glücksaufgabe

Sinnhaftigkeit und eine gelebte Spiritualität sind wichtige Pfeiler für ein glückliches, erfülltes Leben. Oder in der Sprache des GlückBuchs: Die Spiritualität ist der Wind im Windrad.

Vielleicht ist die kommende Osterwoche ja eine gute Möglichkeit, sich bewusst in diesen Wind zu stellen. Hilfestellungen dazu gibt es viele, eine könnte beispielsweise der Artikel Glück über mich hinaus sein.