Meine Woche mit Trump, Brudereck und Bischöfin Budde

Lass uns gleich auf den Punkt kommen: Zu welcher Fraktion gehörst du? Zur Fraktion «Türen-Zuknaller:innen» oder bist du bei den «Fenster-Öffner:innen» dabei?

Die vergangene Woche liefert dazu jede Menge Anschauungsmaterial. Einerseits auf der für uns schon ziemlich grossen Konferenz-Bühne von BUNT GLAUBEN, anderseits auf der mega grossen Weltbühne der Politik und Wirtschaft.

Die Konferenz mit Christina Brudereck, Lukas Amstutz und vielen anderen sollte ein Tag, gar ein Wochenende, der Inspiration und Motivation für einen weiten, tragfähigen Glauben werden. Tatsächlich ist das gelungen – wie viele schöne, spezielle, persönliche und ermutigende Rückmeldungen es deutlich machen.

Viele Feedbacks haben mich persönlich berührt, weil sie sich stark abheben vom typisch Schweizerischen «War gut – weiter so!». In den Zeilen sind ganz viel Herz und persönliche Betroffenheit zu spüren, neben aller Begeisterung und Freude auch ein Ringen, wie diese markigen Sätze wie «Hier ist Platz für alle!» und «You are loved – always!» denn nun wirklich gelebt werden können.

Jemand schrieb: «Wie ihr Fenster zur Freiheit geöffnet habt. Ich bin sicher, das wird nachwirken.»

Was für ein schönes Bild! Ja, genau das wollten wir. Fenster öffnen, Weite und Freiheit feiern, Grenzen sprengen – oder wie es einer meiner Talk-Gäste sagte: «Gott aus dem Kästchen, in das wir ihn gesteckt haben, herauslassen.»

Fenster zur Freiheit zu öffnen, kann auch irritieren. Wenn mensch Fenster öffnet, geht es bei uns im Bernbiet nicht lange und irgendwer sagt: «Äs zieht!». Fenster zu öffnen kann auch unbequem werden, unser wohligwarmes, selbstgefälliges bis selbstgerechtes Gefühl beginnt zu frösteln.

Die Freiheit der offenen Fenster inspiriert und beflügelt die einen – wie entspannend ist es, nicht mehr auf jede Frage eine Antwort haben zu müssen.

Für andere ist es zu viel Irritation. Bei offenen Fenstern kann der Wind wehen, wo er will – das haben nicht alle gerne. Da fehlt die Kontrolle, die eigene Macht wird möglicherweise in Frage gestellt.

Da gibt es nur eins: Türen zuschlagen!

Das hat sich wohl auch Donald Trump gesagt und bei der Antrittsrede am Montag vorsorglich schon mal detailliert geschildert, welche Türen bei ihm nun alle zugeknallt werden. Dass für diese unmenschliche Haltung gar noch der Name Gottes missbraucht wird, Trump als Messias oder immerhin als Gesandter Gottes angehimmelt wird – ich weiss nicht, ob ich da lachen oder weinen will. Mindestens fremdschämen für die Tür-Zuknaller-Fraktion unter meinen Glaubensgeschwistern.

Gott sei Dank gibt es aber auch in den USA die Fenster-Öffner-Fraktion. Wow, der Mut von Bischöfin Mariann Edgar Budde in ihrer prophetischen Predigt den in der ersten Reihe sitzenden Präsidenten anzuflehen, bitte nicht alle Türen zuzuknallen – das war grossartig, beeindruckend.

Was für ein Kontrast: Laut, überheblich, menschenentwürdigend werden auf der einen Seite Türen zugeknallt. Leise, zerbrechlich und doch klar, mitfühlend werden andernorts Fenster geöffnet.

Ja, das Leben ist komplex und am Schreibtisch solche Dinge zu schreiben ist einfacher, als als Kanzlerkandidat Lösungen auf die aktuellen Probleme zu präsentieren.

Aber ich will und kann nicht glauben, dass wir, wenn wir irgendwie ein C oder E im Namen haben oder uns ganz konkret als Nachfolger:innen des Friedenspredigers aus Nazareth verstehen, keine besseren Lösungen finden als: «Das Boot ist voll!», «America first!» «Das Mass ist endgültig voll!». Mit anderen Worten: «Diese Türen schlagen wir zu!»

Es muss anders gehen!
Als Mensch,
als Christenmensch erst recht.

Ich halte mich an den Schlusssatz von Christina Brudereck an unserer BUNT GLAUBEN-Konferenz: «Gott hat immer mehr und ewig Platz.»

Glücksaufgabe

Nochmals die Frage: Zu welcher Fraktion gehörst du? «Türen-Zuknaller:innen» oder «Fenster-Öffner:innen»?

Und wie zeigt sich das in deinem Leben?

Äs guets Nöis!?

Vielfach wird es dieser Tage wieder gewünscht: «Äs guets Nöis!» Oft, wie gestern auch beim ersten gms Event des Jahres, verknüpft mit der Frage, ob mensch gut ins neue Jahr gestartet sei.

Was heisst denn eigentlich ein gutes Jahr? Was macht ein Jahr zu einem guten? Und was, wenn sich der Start ins Jahr gerade sehr holprig anfühlt?

Rezepte werden ja viele angeboten: Wenn du’s so machst, wird dieses Jahr das beste deines Lebens. Aber wehe, du schaffst es nicht …

Der Klassiker schlechthin ist die Idee der Jahresvorsätze. Und da wird dann zwischen guten und schlechten Vorsätzen unterschieden. Tatsächlich haben gute Vorsätze und Ziele eine grosse Wirkung. Wenn wir wissen, was wir wollen, steigt die Motivation und eine ganze Menge Energie wird freigesetzt.

Dann beobachte ich immer wieder die fromme Variante des Positiven Denkens: Mit der richtigen Einstellung, den richtigen Gebeten (und wohl auch noch den richtig grossen Spenden in deine Kirche) wird Gott in diesem Jahr Durchbrüche und Wunder für dich bereit halten.

Versteh mich nicht falsch, ich traue Gott schon Grosses zu. Aber warum sollte er ausgerechnet mir Wunder und Durchbrüche schenken und anderswo auf der Welt haben Menschen unter narzisstischen Regierungen zu leiden? Oder verhungern. Oder werden vergewaltigt. Oder, oder, oder …

Und ja, ich hab selbst schon mit detaillierten Jahresvorsätzen, gar mit einem PEP – persönlicher Entwicklungsplan – meinem Leben versucht eine gute Richtung zu geben, hab sogar als Coach andere darin angeleitet. Dankbar stelle ich fest, dass daraus tatsächlich viel Gutes entstanden ist.

Jetzt erwartest du das grosse Aber, gell? Und hier kommt es auch: Aber ich misstraue je länger je mehr allem, was so rezepthaft rüberkommt. Fürs Kochen mag das hilfreich sein (obwohl ich auch da lieber freestyle unterwegs bin), doch fürs Leben taugen Rezepte nicht!

Das Leben ist komplexer als eine Mahlzeit.
Der Glaube auch.
Beziehungen sowieso.

Da gehören Spannungsfelder dazu. Und wenn wir diese zu einfach, rezeptartig auflösen, werden wir ihnen nicht gerecht, unterdrücken sie und gehen vermutlich mehr getrieben als versöhnt durch unser Leben.

Und wie bringe ich jetzt eine positive Wendung in diesen Text ohne in die Rezeptfalle zu tappen? Ich versuche es mit einem Zitat:

Jedes neue Jahr sollte nicht mit guten Vorsätzen,
sondern mit einem Traum beginnen.
Roland Voss

Pläne sind gut und wichtig. Doch am Ende sind es nicht die Pläne, die unserem Leben Richtung geben, sondern unsere Träume.

Und wie entsteht ein Traum, für den es sich lohnt zu leben? Es ist die Sehnsucht, die uns lockt, die in uns Träume weckt, uns in Bewegung bringt, Neues entstehen lässt.

Ist Sehnsucht nicht einfach eine weitere Sucht auf dem grossen Markt der Möglichkeiten?

Ich glaube nein. Sehnsucht ist der Ursprung des Lebens. Sehnsucht ist das Verlangen nach Vollkommenheit. Unser Fragen nach dem Ewigen. Letztlich unsere Ahnung vom Himmel.

Und diese Sehnsucht lässt uns spüren: Da ist mehr, da ist etwas Grösseres, etwas, das über dieses Jahr und über dieses Leben hinausgeht.

So hat Sehnsucht wohl doch auch etwas mit Sucht zu tun. Ich vermute, dass die Sehnsucht nicht nur Ursprung des Lebens, sondern auch Ursprung aller Süchte ist. Weil die Sehnsucht nach dem Vollkommenen in einer unvollkommenen Welt nicht gestillt werden kann, driften wir ab in Ersatzhandlungen (Konsum, Genuss, exzessives Arbeiten …), die alle ein Suchtpotenzial in sich bergen.

Über die Sehnsucht schreibt Lorenz Marti in seinem fantastischen Buch Türen auf! gleich zu Beginn diese bedenkenswerten Zeilen:

Die Sehnsucht will mehr als alles,
was sich innerhalb eines Lebens realisieren liesse.
Wir können dieses Mehr nie erreichen –
aber es gibt Momente, wo es uns erreicht:
in einem Windhauch, der viel verspricht, der alles verspricht.

Lorenz Martis Gedanken faszinieren mich – und machen mich gleichzeitig traurig: Ich wünsche mir mehr als ein kurzer Windhauch. Doch genau darin liegt wohl die Sehnsucht nach der Vollkommenheit.

Glücksaufgabe

Nein, das einfache Rezept für ein glückliches Leben gibt es nicht. Und doch können wir unser Glück gestalten. Zum Beispiel indem wir der Sehnsucht nachspüren und die Ahnung des Ewigen nicht unterdrücken sondern in unserem Alltag integrieren.

Welcher Sehnsucht, welchem Traum willst du im neuen Jahr nachspüren?

Vom Himmel «wachgeküsst»

Heute schreibe ich einerseits meinen Weihnachts-Artikel hier im Blog und anderseits soll es der Abschluss einer kleinen Trilogie zum «You are loved – always!»-Satz werden.

Dieses «Du bist geliebt – immer!» ist Vision und Anspruch: Ich wünsche mir, dass sich Menschen in meiner Gegenwart geliebt, gesehen, wertgeschätzt fühlen. Darum ging es im ersten Artikel unter dem Motto Ohne Wenn und Aber.

Doch gleichzeitig ist dieser Anspruch auch Zumutung. Im Artikel Ich schaff das nicht habe ich vor zwei Wochen geschildert, wie mich dieser Wunsch, Liebe weiterzugeben, auch an meine Grenzen bringt, mich herausfordert und hin und wieder sogar überfordert.

Darum ist mir Weihnachten so wichtig: «You are loved – always!» beginnt nämlich nicht als Anspruch oder Zumutung. Es ist zuallererst der himmlische Zuspruch: Da ist ein Gott, der dich liebt – immer! Und diese Liebe wird nirgendwo konkreter sichtbar als an Weihnachten: Gott wird Mensch, wird einer von uns, nimmt sich uns an.

Gerade wenn die Erwartungen zu Weihnachten ins Unermessliche steigen und Familien mindestens einmal im Jahr auf Heile Welt machen wollen, brauchen wir diese Erinnerung: Das Fest der Liebe heisst nicht so, weil wir einander in dieser Zeit besonders gern haben, uns beschenken und versuchen, alle Themen mit Zündstoff wie Schikanen zu umfahren!

Genau an diesem Anspruch ist schon so manche Familienidylle zerbrochen und das Fest der Liebe ist vielleicht sogar in der grandiosen Katastrophe gelandet – oder eben im Eskalations-Feuerwerk, da vor lauter Schikanen-Umfahren die Beherrschung verloren ging und ein Zündstoff nach dem anderen gezündet wurde …

Weihnachtsidylle ist tatsächlich eine Zumutung! Wie soll ausgerechnet an Heiligabend per Knopfdruck funktionieren, was wir schon im normalen Alltag nicht schaffen?

Treffpunkt Krippe

Ich liebe es, gemeinsam mit Herzensmenschen (Familie und Freunden) bei einem leckeren Essen am Tisch zu sitzen, das Leben zu feiern, Freud und Leid zu teilen, über Gott und die Welt zu philosophieren. Das kann an Weihnachten sein – muss aber nicht. Und häufig sind die besonders guten Abende losgelöst von Weihnachts- oder sonstigem Erwartungsdruck.

Wir haben eben das Fest der Liebe missverstanden, wenn wir den Familientisch zum Zentrum des Geschehens erklären.

So gerne ich den Esstisch zum Treffpunkt erkläre – an Weihnachten ist der erste Treffpunkt die Krippe und nicht der Esstisch.

Der (Familien)Esstisch steht hier für Anspruch und Zumutung.

Die Krippe jedoch ist der Zuspruch: In Jesus wird Gott Mensch und will uns von Mensch zu Mensch begegnen. Weihnachten ist Fest der Liebe, weil uns an der Krippe – in aller Unvollkommenheit, Weltlichkeit, Menschlichkeit – die Vollkommenheit des Himmels begegnet.

Weihnachten ist das himmlische Geschenk für die Menschheit: Göttlicher Friede und vollkommene Liebe macht sich auf, um uns Menschen «wachzuküssen».

Glücksaufgabe

Mich hat berührt, wie die Mäuse neulich in der kreativen Adventsfeier vom gms unbedingt Teil der Krippenlandschaft sein wollten. Weihnachten ist für alle! Darum wollten auch die Mäuse nahe bei der Krippe sein.

Wie ist das mit uns, mit dir? Wo siehst du dich in der Krippenlandschaft: Freudig dazukommend und empfangend wie die Hirten? Nahe bei Maria, weil sie so eine Ruhe ausstrahlt? Oder direkt an der Krippe, um die Begegnung mit diesem Himmelskind als intime, ganz persönliche Gotteserfahrung einzusaugen? Vielleicht eher etwas auf Distanz, ungläubig beobachtend? Oder bist du noch unterwegs mit den Weisen aus dem Morgenland und fragst dich, wie du dieses Kind in der Krippe beschenken kannst?

An dieser Stelle noch den Hinweis auf unsere You are loved – always!-Produkte: Noch ist es nicht zu spät, im H2 Studen ein Weihnachtsgeschenk zu kaufen und damit unsere gemeinnützige Arbeit zu unterstützen.

Und falls du über die Festtage etwas freie «Hör-Zeit» hast, verlinke ich hier gerne drei Podcasts, in welchen ich kürzlich zu Gast war:

Vis-à-vis-Podcast von ERF Medien: Stef Gerber findet fragend frische Formen für die Kirche (mit Einblick in meine persönlichen Himmelsmomente 2024)

Der Zweifelclub: Bunt glauben mit Stef und Mäth

Jetzt wirds PERSÖNLICH: Klaus-André Eickhoff im Gespräch mit Stef

Ich schaff das nicht

Vor zwei Wochen hab ich hier über die Liebe ohne Wenn und Aber geschrieben. Tatsächlich bin ich überzeugt, dass Gott sich wünscht, dass wir uns alle nach unseren Möglichkeiten an seiner Liebes-Mission, die Welt zu einem bessern, liebevolleren Ort zu verwandeln, beteiligen.

Ich bin wirklich begeistert von unserem «You are loved – always!»-Slogan und ich fühle mich reich beschenkt, eine Arbeit zu leiten und gestalten, in der immer wieder Menschen sagen, dass sie hier genau das spüren.

Trotzdem muss ich heute gestehen: Ich schaff das ganz oft nicht. Diese bedingungslose Liebe wie sie in der Bibel in 1. Korinther 13 wunderbar beschrieben ist, fasziniert mich, danach streck ich mich aus.

Doch ich schaff sie nicht. Nicht immer. Und vor allem: Nicht bei allen.

Es gibt Menschen, die liegen mir einfach nicht besonders gut. Und dann gibt es Menschen, die haben mir so grausam «ans Bein gepinkelt», da fällt es mir unheimlich schwer zu denken: «You are loved – always!». Geschweige denn es zu sagen oder es gar zu fühlen.

Und was mach ich mit Menschen, die mir den Glauben absprechen, die Gott und die Welt durch eine völlig andere Brille betrachten als ich?

Menschen zu lieben, die das Gute für uns wollen, ist das eine. Menschen zu lieben, die uns (vielleicht ja sogar nur aus unserer Sicht) Schaden zuführen wollen, ist eine ganz andere Liga.

Wenn ich aufrichtig mit meinen Gefühlen in Kontakt bin, kann ich mir nicht befehlen, diese Menschen zu lieben. Doch ich kann mich daran erinnern, dass Liebe auch eine Entscheidung ist. Und darum entscheide ich mich: Ich will jedem Menschen, egal, was er mir angetan hat, ob er komplett andere Ansichten vertritt als ich, mit Respekt begegnen.

Das heisst nicht, dass ich mit allen in die Ferien fahren muss!

Und es heisst auch nicht, dass ich alles gutheissen muss!

Es heisst auch nicht, dass ich schweigend Unrecht über mich ergehen lassen muss!

Wir dürfen und sollen protestieren, wo protestiert werden muss.
Doch wir sollen den Respekt vor dem Menschen nicht verlieren.

Das ist der erste Schritt, damit sich die Liebe ihren Weg bahnen kann.

Wo ist mein Safe Place?

Ich brauche Orte, wo ich mich sicher fühlen kann. Wo ich sein kann, wie ich bin. Wo ich spüre: Da sind Menschen, die wollen das Gute für mich. Die sind für mich. Und ja, die sind mir Ausdruck des göttlichen «You are loved – always!».

Hast du einen solchen Ort? Wo ist er? Familie, Freunde, Verein oder vielleicht eine Kirche?

Beim Netzwerktreffen, von dem ich vor zwei Wochen schrieb, wurde eine Folie mit der Aussage präsentiert: Kirchliche Angebote sind heute eines unter vielen Freizeitangeboten wie Kino, Turnverein, Einkaufscenter oder Freizeitparks.

Wenn das so ist, haben wir als Kirchen schon verloren. Wir können gar nicht mithalten mit diesen Aktivitäten. Wir stellen die falsche Frage, wenn unsere Events so attraktiv sein sollten, wie ein Broadway-Musical oder wir unsere Kids-Programme am Erlebnisfaktor vom Europapark messen.

Die Frage ist: Erfahren Menschen bei uns einen Safe Place, spüren sie hier, dass sie bedingungslos angenommen und geliebt sind?

Kirche ist mehr als ein weiteres Freizeitangebot. Wenn Menschen hier mit dem Himmel in Berührung kommen, erfahren sie das göttliche «You are loved – always!». Selbst wenn wir es nicht immer schaffen, allen Menschen diese Liebe zu schenken.

Glücksaufgabe

Jetzt sind wir also wieder in dieser aufgeladenen Zeit des Jahres, wo wir allen Menschen auf Knopfdruck Liebe schenken sollten.

Selbst wenn die Weihnachtszeit etwas «magisches» in sich trägt, wenn wir es das ganze Jahr hindurch nicht schaffen, alle Menschen zu lieben, warum sollte es ausgerechnet jetzt damit klappen?

Entstress dich, gesteh dir ein, dass du es nicht schaffst. Und beginn mit dem ersten kleinen respektvollen Schritt. Was könnte das für dich bedeuten?

Ohne Wenn und Aber

«YOU ARE LOVED – always!» Dieser Schriftzug leuchtet seit Jahren bei jedem gms Anlass im H2 neben der Bühne. Und natürlich sollen alle Menschen, die zu uns kommen, nicht nur lesen sondern hoffentlich auch spüren, dass sie bedingungslos geliebt sind.

Zugegeben, auch wenn wir uns seit 25 Jahren bemühen, dass sich im gms alle wohl und angenommen fühlen, gelingt uns dies bestimmt nicht jederzeit. Darum ist der Schriftzug auch für uns eine Erinnerung: Die bedingungslose Liebe kommt von Gott selbst. Diese Liebe ist da, selbst wenn wir es nicht schaffen, alle Menschen so umfassend zu lieben.

Gestern sass ich in einem Netzwerktreffen auf dem Bienenberg. Um die Tische sassen vorwiegend Pfarrpersonen aus Freikirchen, die sich nach einer Theologie sehnen, die wirklich frei macht.

Lukas Amstutz und Martin Benz führten mit ihren inspirierenden Vorträgen in eine lebhafte Diskussion zur Frage, wie wir Mission verstehen und gestalten – gerade aus postevangelikaler Sicht.

Als einer der wenigen Nicht-Theologen begleitete mich Hansruedi vom gms Seeland-Team an dieses Treffen. In der Schlussrunde sagte er: «Ich will meinen Mitmenschen nichts aufzwingen. Sie sollen ganz einfach spüren und hören: Da ist ein Gott, der sie liebt – egal was ist und was war.»

Da ist es wieder, dieses «YOU ARE LOVED – always!». Ist das nicht zu simpel? Können wir einander wirklich sagen: «Du bist geliebt – ohne Wenn und Aber!»?

Laut Martin Benz ist unsere Mission, das blühende Leben, den himmlischen Segen und somit den göttlichen Shalom zu verkörpern. Für mich beginnt das genau bei dieser unvoreingenommenen Liebe. Ja, ich blühe auf, wenn mich die Liebe «wachküsst», wie es ein Teilnehmer gestern formulierte.

Wer schon mal verliebt war, weiss, welche Energie in diesem «Sich-unbändig-geliebt-fühlen» steckt. Es macht lebendig – selbst wenn der Preis dafür schlaflose Nächte sind.

Liebe zu erfahren, die uns unabhängig unserer grössten Flops und Tops beschenkt, berührt und begleitet, macht uns zu Menschen – da können mir KI und jede andere Maschine gestohlen bleiben.

Nun gibt es Situationen, da schaffe ich es nicht, mich selbst zu lieben. Warum auch immer, ich fühle mich dann einfach nicht liebeswürdig. Und leider kommt es auch vor, dass Menschen auch von anderen Menschen keine Liebe erfahren – aus welchen Gründen auch immer.

Es ist mehr als ein schwacher Trost: Selbst dann will uns der Himmel sagen: «You are loved – always!». Natürlich braucht Gott häufig andere Menschen, um uns dies spüren zu lassen. Aber selbst, wenn diese Menschen gerade nicht verfügbar sind, gilt uns die himmlische Liebe ohne Wenn und Aber! Und Gott wäre nicht Gott, wenn er keine Wege finden würde, um dieser Liebe einen Weg in unser Herz zu bahnen.

Glücksaufgabe

Wir sind so überzeugt von dieser Botschaft, dass wir sie jetzt auf T-Shirts, Socken, Bodys, Beanies, Kerzen und Tassen gedruckt haben. Wir finden: Eine wunderbare Botschaft auf wunderbaren Produkten. Und beides soll jetzt zu wunderbaren Menschen getragen werden!

Mit einem solchen (Weihnachts)Geschenk machst du nicht nur dich oder andere glücklich. Im Sinn von «Spread the Message, fund our Mission» sollen die Produkte die gute Botschaft weitertragen und der Erlös des Verkaufs hilft uns als gms, unsere Arbeit zu finanzieren.

So verändern wir die Welt

Ich sass da und dachte: «Wir würden uns wohl weder politisch noch theologisch einig werden, doch diese Geschichte fasziniert mich!».

Tatsächlich ist es so, dass ich zwei Wochen hinter mir habe, in denen ich viele Lebensgeschichten hören durfte. Und ich liebe Geschichten. Sie verbinden, sie eröffnen mir eine fremde Lebenswelt, sie helfen zu verstehen und sie sind einfach spannend.

Ob in einem persönlichen Vieraugen-Gespräch, bei einer Tischrunde unter Freunden, in der «Künstler:innen-WG» auf Zeit, im Austausch mit Pfarrkolleg:innen oder auch organisiert in einer Gesprächsgruppe am ersten christlichen Forum in der Deutschschweiz, als eine Art Testimonials bei unseren Jubiläums-Feierlichkeiten oder gestern Abend im Talk beim «Chäs, Brot, Wy – und mini Gschicht mit Gott» – es sind Menschen und ihre Geschichten, die mich faszinieren. Und nicht Technologien, Modetrends oder abstrakte Kunst.

Einige dieser Gespräche der letzten Wochen bauten auf eine bereits tiefe Freundschaft auf. Andere waren so intensiv, dass es den Anschein machte, wir würden uns schon seit Jahren kennen, obwohl es erst die zweite Begegnung war. Ähnliche Erfahrungen, Lebensfragen und Einstellungen helfen da natürlich.

Bei wieder anderen Begegnungen half das Teilen der persönlichen Geschichte, in die Lebenswelt des Gegenübers einzutauchen, Lebensentwürfe und Meinungen nachvollziehen, vielleicht sogar verstehen zu können. Das Fremde muss nicht länger fremd bleiben, auch wenn daraus nicht zwingend eine Freundschaft entstehen muss.

Was jetzt helfen könnte

Der Erfahrungsaustausch beim oben genannten christlichen Forum, welches von unterschiedlichen interkonfessionellen Organisationen getragen und von unterschiedlichsten Menschen mit freikirchlichem, pfingstlerischem, römisch-katholischem, evangelischem und orthodoxem Hintergrund besucht wurde, bestätigte mich in meiner Überzeugung: Wenn wir Menschen für ein bestimmtes Thema sensibilisieren wollen, hilft eine theoretische Abhandlung in der Regel nicht viel weiter. Doch Begegnungen mit Menschen und ihren Geschichten haben das Potenzial, Denkprozesse zu initiieren und festgefahrene Überzeugungen zu hinterfragen.

Und so frag ich mich, was uns Menschen in dieser Woche, in der die eine Hälfte unter Schock steht und die andere Hälfte davon überzeugt ist, dass es jetzt wieder «great» wird, näher zueinander bringen könnte. Die festgefahrenen rechts-links Positionen sind kaum mehr mit Argumenten zu überwinden. Viele Dinge können ja tatsächlich auch unterschiedlich betrachtet werden. Und das ist gut so! Selbst wenn ich vehement für meine Meinung einstehe, die andere Position mich enorm herausfordert (was schon ziemlich freundlich formuliert ist), will ich Brücken bauen und nicht Gräben ausheben.

Darum: Lasst uns Geschichten erzählen! Hören wir einander zu. Doch werfen wir uns dabei nicht Argumente um die Köpfe, sondern hören wir auf Erfahrungen. Sie sind das, was uns zu der Person gemacht hat, die wir heute sind.

So konnte ich letzte Woche bei den 25 Jahre gms Jubiläums-Feierlichkeiten problemlos die Bühne mit einem SVP-Politiker Beat Feurer (Gemeinderat Biel), der Sängerin Jaël, dem SP-Nationalratspräsidenten Eric Nussbaumer, dem Missionar in Japan, mit Teenagern genauso wie dem pensionierten Polizisten und vielen weiteren teilen. Nicht weil wir theologisch und schon gar nicht politisch einer Meinung wären, sondern weil hinter jedem Gesicht eine Geschichte steht, die es wert ist, gehört zu werden.

Ja, meine letzten zwei Wochen waren super intensiv und ich schleppe noch ein Schlafmanko mit mir herum, doch sie waren wunderbar erfüllt und haben mir einmal mehr gezeigt: Persönliche Begegnungen und das Teilen der individuellen Lebensgeschichten sind eine gute Möglichkeit, um Menschen mit ihren Lebensentwürfen und Glaubenstraditionen besser kennen und verstehen zu lernen.

Glücksaufgabe

Einander die eigene Geschichte zu erzählen, schafft nicht nur Brücken und weitet unseren Horizont. Es ist auch wertschätzend für die Person, die ihre Geschichte teilen und dadurch erleben darf, dass die eigenen Erfahrungen, und vielleicht ganz besonders die schwierigen Erfahrungen, andere Menschen inspirieren.

So habe ich mich persönlich beispielsweise über die Rückmeldungen zur letzten Podcast-Episode vom Zweifelclub gefreut, in der Mäth und ich zu Gast waren.

Ich kann es nur nochmals sagen: Erzählen wir uns unsere Geschichten.

Und wenn wir gerade alleine unterwegs sind, tun es zum Anfang auch Podcasts wie «Jetzt wird’s persönlich» von Klaus-André Eickhoff (Spotify) oder auch unser gms Podcast mit den Aufnahmen der Talks vom «Chäs, Brot, Wy – und mini Gschicht mit Gott».

Meine Geschichte

Zu dieser Zeit war ich vor 25 Jahren bereits supernervös und angespannt: Am 31. Oktober 1999 sollte mein Traum wahr werden. Wir hatten seit Wochen alles geplant, mit freiwilligen Mitarbeitenden überlegt, wie dieser spezielle Brunch-Gottesdienst in der örtlichen Mehrzweckhalle gestaltet werden sollte, damit er möglichst viele Familien aus Studen und Umgebung anspricht.

Dass es überhaupt zu diesem Anlass kam, war einerseits in meinem Pioniergeist angelegt, anderseits doch ein Wunder für sich.

Während meiner Schulzeit war ich nämlich in Mathe immer vorne dabei, doch wenn’s um Sprache ging, gehörte ich eher zu den Sammlern von peinlichen Situationen. Was in der Primarschule unvorstellbar war, geschah dann am Reformationssonntag 1999 tatsächlich: Ich stand, notabene in der Schulanlage meiner Schullaufbahn, auf der grossen MZH-Bühne und hielt unter dem Motto «Ein Traum wird wahr!» eine Kurzpredigt vor grossem Publikum.

Doch noch aus einem anderen Grund war es eine wundersame Fügung, dass ich als 23jähriger Student das gms gründete. Den Pioniergeist fühlte ich zwar in mir und konnte diesen schon als Teenager mit Grümpelturnier-Projekten und später mit der Jungschar-Gründung ausleben. Jedoch fühlte ich mich hin und wieder als Exot und fragte mich, ob meine Träume und Ideen in der Kirchenlandschaft wirklich Platz haben.

Es brauchte einen Heinz Strupler als Motivator und eine praxisorientierte Ausbildung wie ich sie am IGW genoss, damit ich mich mit meinen Visionen nicht als Spinner abstempeln liess und in meinem letzten Studienjahr tatsächlich innerhalb eines eher traditionellen Gemeindeverbandes eine Gemeindegründung wagte.

Und wir hatten gross angerichtet: Schöne Flyer gedruckt, eingeladen, geplant, gebetet, eingeladen, Band zusammengestellt, gezittert, gebetet, eingeladen, eingeladen, eingeladen, kreative Elemente ausgedacht, Zöpfe gebacken und vieles mehr.

Dann war der Tag da, die Tische gedeckt. Viele Tische. Zu viele? Mein Chef verriet mir hinterher, er hätte gedacht: «Oh nein, wenn sich Stef und sein Team nur nicht verschätzen mit ihren grossen Erwartungen.» Doch die Halle füllte sich und es war ein wunderbarer Start in ein Abenteuer, das nun schon mehr als die Hälfte meines Lebens prägt.

Veränderungen gehören zum Leben

Vieles ist seither geworden – anders geworden, gut geworden, hoffnungsvoll geworden. In besagtem Gemeindeverband ging es für uns nicht mehr weiter, nach 10 Jahren ohne Dach fanden wir in der EMK Schweiz eine neue Heimat.

Wichtiger als Strukturen sind uns die Menschen. Unzählige Geschichten beweisen, dass der Traum von damals lebt: Im gms fühlen sich kleine und grosse Menschen wohl und angenommen und werden für ihr Leben und Glauben inspiriert.

Doch nicht nur das gms hat sich in den letzten 25 Jahren entwickelt. Auch ich habe mich in dieser Zeit gewandelt: Der Pioniergeist und die Liebe Gottes als Triebkraft sind geblieben, doch meine Überzeugungen haben sich an manchen Stellen verändert und entwickelt. Meine Theologie wurde weiter, Zweifel sind keine Bedrohung mehr, sondern Zwilling des Glaubens.

Ein bitter-süsses, weil wunderschönes und gleichzeitig enorm trauriges Zeugnis meiner Entwicklung ist die aktuelle Episode im Zweifelclub-Podcast: Mein «kleiner Bruder» und ich durften dort über unsere Geschichte, die auch eng mit der gms-Geschichte verwoben ist, erzählen. Wie erste Reaktionen zeigen, ist ein sehr berührendes Gespräch entstanden:

25 Jahre gms – das ist nicht nur der grösste Teil meiner Berufslaufbahn, sondern ebenso ein sehr prägender Teil meiner Lebensgeschichte.

Ich bin Gott und den Menschen um mich herum sehr dankbar, dass sie dieses Abenteuer mit mir eingegangen sind!

Glücksaufgabe

Ich lass mich gerne durch Biographien inspirieren. Vielleicht geht es dir ähnlich. Dann empfehle ich dir die Podcast-Folge vom Zweifelclub mit Mäth und mir.

Dann freu ich mich riesig auf die Jubiläums-Events zu 25 Jahre gms. Dass viele Menschen mit uns feiern, bedeutet mir sehr viel:

JUBILÄUMS BENEFIZ GALA DINNER mit Singer/Songwriterin Jaël und Nationalratspräsident Eric Nussbaumer u.a. => 31. Oktober in Brügg

JUBILÄUMS-GOTTESDIENST mit Klaus-André Eickhoff => 3. November in Brügg

Tageskonferenz BUNT GLAUBEN mit Christina Brudereck u.v.a. => 18. Januar in der MZH Studen

Infos & Anmeldung zu den Events

Hör auf dein Herz

Neulich hörte ich mich in einer Moderation sagen: «Ich schaue gerne Menschen bei der Arbeit zu!» Stimmt wirklich. Ich beobachte gerne andere Menschen, wenn sie am Arbeiten sind.

Nicht, dass es mir an Motivation fehlen würde, um selbst tatkräftig anzupacken – darum geht es mir nicht. Doch es fasziniert mich, zu beobachten, mit welcher Leidenschaft Menschen ihrer Tätigkeit nachgehen – oder eben auch nicht.

Gerade letzte Woche wieder: Als Feriengast spürte ich sofort, wer vom Servicepersonal mit Engagement und sogar Freude bei der Arbeit ist und wer eher wie eine «herzlose Maschine» funktioniert.

Erhalte ich als Gast ein Lächeln? Oder wird mindestens mein Lächeln erwidert? Oder werde ich gar nicht als Gegenüber registriert?

Wenn unsere Bedienung am zweiten Abend beispielsweise proaktiv fragt, ob wir wieder Cola, Wasser und Wein möchten, fühle ich mich als Gast gesehen. Da bin ich bestimmt völlig einfach gestrickt: Ich fühle mich einfach gut, wenn ich wiedererkannt werde.

Mit Leidenschaft an der Arbeit

Es ist doch ein riesiger Unterschied, ob du das Glück hast, auf Mitarbeitende zu treffen, die ihre Arbeit mit Leidenschaft (Herz) ausführen oder solche, die nur mit Kopf und Hand ihre Aufgaben erfüllen. Mitarbeitende, die nur mit Herz aber ohne Kopf oder ohne Fähigkeiten (Hand) dabei sind, sind natürlich auch keine Idealbesetzung.

Doch können wir uns darauf einigen? Wenn das Herz fehlt, geht so viel Menschliches, Schönes, Guttuendes verloren.

Hast du schon erlebt, dass dir eine Bahndurchsage ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat? Es gibt die Ansagen, die verstehst du kaum, weil es quietscht und rauscht. Bei anderen fragst du dich, ob du gerade Teil einer Geiselnahme bist. Andere klingen, als wäre das Personal lieber ohne Zugreisende unterwegs. Schliesslich aber gibt es solche Durchsagen, da spürst du förmlich die Leidenschaft der Person am Mikrofon: Mit etwas so Banalem wie einer Durchsage von Ankunftszeiten und Umsteigemöglichkeiten wird ansteckende Positivität verbreitet.

Und so können wir alle Bereiche des täglichen Lebens durchgehen: Schon mal Menschen auf einer Bühne zugeschaut, die lustlos ihr Programm abspulten? Oder hast du auch schon festgestellt, dass du nach dem Anruf auf einer Hotline positiv gestimmt warst – und das nicht nur, weil dein Problem gelöst wurde?

Wir sind Menschen mit Herz und diesem Herz tut es gut, wenn es von anderen Menschen mit Herz berührt wird. Ja, ich glaube, das ist es, was mich fasziniert, wenn ich anderen beim Arbeiten zuschaue: Wenn sie es schaffen, mit ihrem Tun Menschen zu berühren.

Richtig toll kommt dies im Film «Kiss the Cook» zum Ausdruck:

Am Ende dieses Trailers sagt der Vater zum Sohn: «Mit dem, was ich tue, berühre ich die Herzen der Leute – ich liebe es. Und das will ich mit dir teilen.»

Leider haben viele Menschen im Laufe eines Berufslebens ihre Leidenschaft verloren. Manchmal ist das vor allem traurig für sie selbst, weil ihnen etwas entgeht. In vielen Berufsfeldern (vom Gesundheitswesen über die Betreuung bis zu den Kirchen) finde ich es jedoch tragisch für die Menschen, die solche Berufsleute ohne Leidenschaft erleiden müssen.

Glücksaufgabe

Mit diesen Fragen kannst du deiner eigenen Leidenschaft auf die Spur kommen:

Wo hast du neulich Flow erlebt?

Hast du eine besondere Leidenschaft, ein spezielles Interesse?

Was ist dein Herzensthema? Welche Menschen(gruppen) liegen dir besonders am Herzen?

Der Blanko-Check: Stell dir vor, es gibt keine Hindernisse, weder Zeit noch Geld oder Umstände – was würdest du anpacken?

Zum Thema Leidenschaft ist kürzlich meine Predigt «Hör auf dein Herz» als Podcast veröffentlicht worden. Hier kannst du sie nachhören. Die Predigt ist aus der Serie «Spuren hinterlassen – leave a legacy». Vielleicht magst du ja auch mal an einer gms Matinée dabei sein. Ich würd mich freuen!

Was willst du bewegen?

Aktuell dreht sich in meinem Leben viel um Wirkung: Einerseits durfte ich Teil der Werkstatt Wirkung (Workshop von Con·Sense Philanthropy Consulting) sein, anderseits haben wir im gms gerade mit der Serie «Spuren hinterlassen – leave a legacy» gestartet. Zudem spüre ich auch ganz persönlich, wie ich mit meinem Sein und Wirken bei anderen Menschen etwas auslöse.

Meine erste Lektion in all dem Nachdenken über Wirkung: Abgeleitet vom bekannten Bonmot von Paul Watzlawick «Man kann nicht nicht kommunizieren» wurde mir im Workshop sofort klar: Man kann nicht nicht Wirkung haben.

Dabei gibt es unterschiedliche Arten von Wirkung. Wir beschäftigten uns den ganzen Tag mit den gewünschten Wirkungen. Ausgehend vom «Problembaum» fragten wir uns bei einer konkreten Problemstellung aus unserer Praxis, was die Ursachen und was die Folgen des Problems sind.

Mit dem Problem vor Augen lernten wir anhand des Lösungsbaums, wie wir durch gezielte Interventionen Teil der Lösung werden und schliesslich Verbesserungen bewirken können.

Klingt technisch und theoretisch? Ist es auch. Und wir haben noch mehr Tools durchgespielt, wie das Modell I-O-O-I (Input – Output – Outcome – Impact) und uns so der Wirkungstreppe angenähert.

Kurz: Bis sich durch Interventionen einer Organisation nachhaltig Wirkung ereignet, kann es ein langer Weg sein. Beispielsweise spricht man bei durchgeführten Aktivitäten, selbst wenn sie ausserordentlich gut besucht werden, noch nicht von Wirkung. Die stellt sich erst ein, wenn bei den Menschen Veränderung (im Denken und Handeln) geschieht.

Manchmal gibt es aber auch ungeplante, positive Wirkungen: Durch unser Engagement werden andere möglicherweise dazu inspiriert, ein eigenes Teilprojekt zu realisieren, das wir so gar nicht auf dem Radar hatten.

Unangenehm sind die ungeplanten, negativen Wirkungen: Wenn unser Handeln dazu führt, dass Menschen resigniert, frustriert und vielleicht gar verletzt das Weite suchen und sich aus unserer Organisation verabschieden.

Bilder sprechen für sich

Tatsächlich hab ich in besagtem Workshop eine aktuelle Herausforderung aus meinem Berufsalltag bearbeitet: «Viele Menschen im mittleren Alter fühlen sich mit der/ihrer Kirche nicht mehr verbunden.» Das hat viele Ursachen und Auswirkungen, gleichzeitig sehe ich auch viele spannende Ansätze, wie dem entgegengewirkt werden kann. Einiges davon hab ich schon ausprobiert, anderes steht jetzt in meinem Modell der Wirkungstreppe.

Die Theorie soll der Praxis dienen – und nicht umgekehrt.

Darum freu ich mich darüber, dass ich intuitiv oft schon in die richtige Richtung «gewirkt» habe und erleben darf, wie sich eine neue Aufbruchstimmung breitmacht.

Und wie misst man Wirkung? Das wäre nochmals ein ganz anders Thema.

Doch in meinem Herzen bewahre ich, wie zuletzt beim fantastischen Sommerfest überall Menschen ihre Handy zückten und filmten – und bei einem neuen Gottesdienst-Format gleich nochmals viele Besucher:innen Momente und Impulse festhalten wollten. Für mich ein Bild für eine neue Freude und wachsende Verbundenheit.

Diesen Weg will ich weitergehen und hoffe, nachhaltig positive Spuren hinterlassen zu können.

Glücksaufgabe

Du willst dich auf einer persönlicheren Ebene mit deiner Wirkung beschäftigen? Dann empfehle ich dir die aktuelle Serie «Spuren hinterlassen – leave a legacy» in Studen, Lyss oder online.

Und als 1-Minuten-Reflexion gebe ich dir folgende Frage mit: Für welche Spuren in deinem Leben bist du dankbar?

Sommer ade?

Zugegeben, derzeit feiert der Sommer bei uns gerade ein schönes Comeback. Trotzdem hat mich neulich eine herbstlich sentimental-traurige Stimmung erfasst, als wir nach gefühlt einem halben Jahr auf der Terrasse frühstücken der regnerischen Frische nicht mehr zu trotzen vermochten.

Darum ist genau jetzt für mich ein guter Moment, diesen Sommer etwas Revue passieren zu lassen.

Es war ein schöner Sommer, mit vielen schönen Begegnungen, Innehalten, Freiheit, Wärme, Studium, Auftanken, Vorfreude … – genau das, was ich an der Sommerpause, wenn das Tagesgeschäft etwas ruht und Zeit für anderes bleibt, so schätze.

Und doch hat der Sommer sehr besonders angefangen: Genau zwischen Hochsaison und Sommerpause ist mein Vater gestorben. Was seine Krankheit und sein Sterben bei mir ausgelöst haben, teilte ich ja schon hier im GlücksBlog.

Auch zwei Monate nach seinem Tod fehlt er mir, mein Päpu. Die Trauer verändert sich, doch der Herzschmerz über die entstandene Lücke bleibt. Es gab so vieles, das mich in der Zeit des Abschiednehmens berührt hat – die sehr emotionale Gedenkfeier mit Tränen und Lachen, Trauer und Dankbarkeit im kleinen Kreis, das gemeinsame und doch individuelle Verarbeiten als Familie und die vielen, vielen sehr persönlichen Erinnerungen von Menschen, bei denen mein Vater Spuren im Leben hinterlassen hat.

Und als wäre ein Todesfall nicht genug, erhielt ich genau einen Monat nach dem Sterben meines Vaters die Todesnachricht eines lieben Freundes. Auch wenn unsere intensive Freundschaft schon Jahre zurücklag, traf mich die Nachricht voll ins Herz: Er, der mir ein wertvoller Ratgeber war und äusserlich alles hatte, fand sein Glück auf dieser Welt nicht.

Das Leben ist mehr als Trauer

Ja, Verlust von Vater und Freund prägten meinen Sommer. Es war – es ist – intensiv. Und doch bin ich nicht einfach in Trauerstimmung, nicht nur in Trauerstimmung.

Das Leben ist komplex, kompliziert, voller unterschiedlichen, schönen und hässlichen Facetten. Für mich ist das Ziel, diesen bunten Strauss an Emotionen in meinem Leben, in meinem Alltag, zu integrieren. Und nicht einen Monat in Trauerkleider herumzulaufen und danach soll plötzlich alles wieder gut sein. Ist es nicht, die Lücke bleibt, die Lücke schmerzt.

Doch neben dem Schmerz ist da so viel Schönes und Gutes! Genau das kam bei der Gedenkfeier für meinen Vater wunderbar zum Ausdruck: Es war so schön, dass einige Freunde sagten, sie hätten in einem Moment gleichzeitig weinen und lachen müssen.

Und jetzt beim Schreiben merke ich, genau das ist mein Motto des Sommers 2024 «Weinen & Lachen».

Innerlich weinend und lachend habe ich die längst geplante Themenserie «Spuren hinterlassen – Leave a legacy» ausgearbeitet: Ja, mein Vater und mein Freund hinterlassen ein reiches Vermächtnis im Sinn von Segensspuren im Leben von vielen Menschen.

Familienzeiten diesen Sommer waren von Weinen und Lachen geprägt: Ausgelassen haben wir zusammen gelacht, uns am Leben gefreut – auch gerade an neuen Freiheiten nach den Monaten der intensiven Krankheitszeit. Und schluchzend haben wir einander Anteil gegeben an dem, was die Lücke mit uns macht.

Weinen und Lachen gehörte auch zu Begegnungen mit Herzensmenschen. Weil wir offen miteinander über das Leben mit all dem Schönen und dem Herausfordernden sprachen.

Und so ist genau jetzt die richtige Jahreszeit für mein aktuelles Motto. Das Comeback des Sommers bringt die Leichtigkeit zurück: Essen im Garten, kurze Hosen, mit Flipflops durch die Gegend schlendern – ich liebe es. Und die herbstliche Morgenstimmung erinnert mich daran: Zum Leben gehört auch der Nebel, wo der Weg nicht so leicht zu gehen ist.

Glücksaufgabe

Und wie war dein Sommer? Was hat ihn ausgezeichnet? Wofür bist du dankbar? Was hat dich herausgefordert?

Wenn du magst, lass mich gerne dein Moto des Sommers 2024 wissen!