Sehnsucht nach dem Mehr im Leben

Der innere Durst, das Verlangen nach Mehr, die Ahnung von etwas Grösserem ist in uns Menschen angelegt. Diese Sehnsucht erinnert uns daran, dass wir „für den Himmel“ geschaffen sind und solange wir auf dieser Erde leben, gehört der nie restlos gestillte seelische Durst zum Menschsein dazu.

Wer den Himmel auf Erden sucht,
hat im Erdkundeunterricht geschlafen.
Stanislaw Jerzy Lec (1909 – 1966, polnischer Satiriker)

Mir gefällt dieses Zitat von Stanislaw Jerzy Lec. Ich weiss nicht wirklich, was er damit aussagen wollte, aber ich interpretiere es für mich so: Wer dieses Verlangen nach Mehr, diese Sehnsucht nach dem Himmel, den ewigen Durst mit irdischen Durstlöschern stillen will, hat etwas durcheinander gebracht.

Ich erinnere mich an Kirstine Fratz, die Zeitgeistforscherin aus Hamburg, die ich neulich kennen lernen durfte: „Der Zeitgeist ist ein temporäres Versprechen für ein gelungenes Leben.“

Und so versuchen wir, je nach dem, was gerade dem Zeitgeist entspricht, unseren ewigen Durst mit temporären Dingen zu stillen.

Was dann zur Erfahrung führt, die aus dem temporären Durstlöscher eben einen Zeitgeist macht: Was heute hilft, den Wunsch nach einem gelungenen, erfüllten, bedeutenden Leben zu stillen – was die Sehnsucht nach diesem Mehr kurzfristige befriedigt -, ist morgen schon ausgelutscht, erzielt seine Wirkung nicht mehr.

Ob Freizeitbeschäftigung, guter Wein, tolle Freunde, erfüllende Arbeit – so gut all diese Dinge sind, es bleibt unbefriedigend (oder eben temporär), wenn wir die Sehnsucht nach dem Himmel mit diesen irdischen Dingen ausfüllen wollen.

Da hat sich in mir die Visualisierung von einem meiner Dozenten während dem Theologiestudium eingebrannt: All diese (guten) Dinge sind wie Zisternen, die temporär ihre Wirkung erzielen, aber mit der Zeit austrocknen. Gleichzeitig gehört es zum Geheimnis dieser guten Nachricht des Evangeliums von Jesus, dass wir an die Quelle des Lebens eingeladen sind.

Nicht Zisternen, nicht temporäre Durstlöscher, nein, eine ewige Quelle, die unserem ewigen Durst begegnen will. Und richtig: Diese Quelle ist im Himmel selbst beheimatet. Der Himmel selbst, Christus, will und kann unseren Durst nach dem Ewigen stillen.

So hat uns in diesem Jahr dieser eine Bibelvers als Jahreslosung begleitet:

Gott sprich:
»Wer Durst hat,
dem werde ich umsonst
von dem Wasser zu trinken geben,
das aus der Quelle des Lebens fliesst.«
Die Bibel, Offenbarung 21,6

Das heisst nicht, dass wir all die irdischen Durstlöscher nicht auch brauchen: Ich brauche Gemeinschaft mit guten Leuten, die Liebe meiner Familie, eine sinnerfüllte Tätigkeit und geniesse auch gerne ein gutes Essen.

Doch es erinnert mich daran, dass ich mit all diesen guten Dingen nicht die Sehnsucht nach dem Mehr, nach dem Himmel, stillen kann. Die Sehnsucht nach dem Himmel kann nur der Himmel befriedigen – als Vorahnung bruchstückhaft schon im Hier und Jetzt, vollkommen einst auf der anderen Seite des Hiers.

Das allerschönste an Weihnachten ist, dass Stanislaw Jerzy Lec doch nicht ganz recht hat mit seinem Zitat: Weihnachten erinnert uns daran, dass der Himmel in der Person Jesus die Erde besucht hat. Nein, die irdischen Durstlöscher stillen nicht unseren ewigen Durst, doch der himmlische Durstlöscher besuchte uns an der ersten Weihnachten und hat die Verbindung zur ewigen Quelle ein für allemal freigelegt.

Glücksaufgabe

Die Weihnachtszeit ist eine Einladung, sich dem Himmel zu öffnen: Lass dich doch vom Himmel besuchen und frage danach, wie Gott deinen Durst nach dem Ewigen stillen könnte.

Vielfalt macht das Leben reich

Wow, was war das für eine Woche … Vier Tage auf dem Chrischona-Campus (Basel), wo ich als Moderator eine Konferenz mitgestalten durfte, dazwischen rasch zurück ins Seeland für eine weitere Talk-Moderation (Chäs, Brot, Wy – u mini Gschicht mit Gott) im mit 50 Besuchenden voll besetzten Begegnungszentrum H2. Ausgerechnet in dieser Woche war auch meine Frau an einer Geschichten-Woche als Puppenspielerin auswärts engagiert.

Richtig viel Adrenalin, schöne Begegnungen, spannende Inputs, Horizonterweiterung, Zuwachs meines Erfahrungsschatzes … Ich liebe es!

Und trotzdem bin ich froh, ist nicht jede Woche derart rasant. Das würde mir und unserem Familienleben nicht gut tun.

Denn die Bühne ist das Eine, die Alltagsverpflichtungen das Andere: Kursbesuch als Gemeinderat, Elternabend an der Schule unserer Tochter, Fussballtraining des Sohnes und überhaupt die ganze Betreuungsaufgabe, wo wir als Eltern auch mit Teenie-Kids immer noch gebraucht werden.

Und darum bin ich sehr dankbar für die wunderbare letzte Woche, aber auch dafür, dass ich diese Woche wieder viel näher an meinen Kids dran bin, sie spüre, mit ihnen den Alltag teilen kann und in ihrem Leben präsent bin.

Ich bin dankbar, dass ich beides habe. Vielfalt macht das Leben reich. Man könnte im Blick auf unsere Familie vielleicht auch sagen: Alles ausser gewöhnlich. Das ist nicht immer einfach, aber es ist das, wofür wir uns entschieden haben. Kreativ, vielfältig, intensiv, jeder Tag anders –  aussergewöhnlich eben.

Spielen mit der Vielfalt

An der besagten Konferenz letzte Woche gehörte unter anderem die beeindruckende Kirstine Fratz, Zeitgeist Forscherin, zu den Referenten. Es zeigt schon eine erfreuliche Offenheit, dass sich die 400 Konferenzteilnehmenden, mehrheitlich Pastoren und kirchlich Engagierte, mit der Frage auseinandersetzten, wie der Zeitgeist als Chance für die kirchliche Arbeit genutzt werden kann.

Zeitgeist ist, laut Kirstine Fratz,  ein temporäres Versprechen für ein gelungenes Leben. Im Grunde ist es also das, worauf wir unsere Hoffnung für Glück im Leben setzen.

Eindrücklich das von Fratz benutzte Beispiel des grünen Gemüse-Smoothie, der gerade stark en vouge ist und uns ein besseres Leben verspricht …

Kirstine Fratz lud uns ein, mit dem Zeitgeist zu spielen, ihn nicht etwa als Feind, sondern viel mehr als Chance zu entdecken. Ich meine, es ist nicht nur eine Einladung, es ist sogar unsere Pflicht – eigentlich unabhängig davon, in welchem Gebiet wir tätig sind: Wir müssen wissen, wovon sich die Leute ein gelungenes Leben versprechen, wenn wir ihnen eine Dienstleistung, ein Produkt oder auch eine Überzeugung näher bringen möchten.

Die Beschäftigung mit dem Zeitgeist, aber auch die weiteren Referate der Konferenz, wo wir über Introvertiertheit versus Extrovertiertheit und über Emotionalität in der Persönlichkeitsentwicklung nachdachten, unterstrich für mich nochmals: Vielfalt macht das Leben reich.

Oder wie es durch das Referat von Debora Sommer zum Ausdruck kam: „Gott muss Humor haben, dass er die Menschen als Intros und Extros geschaffen hat.“

Und beim  Global Leadership Summit diesen Sommer zeigte David Livermore auf, wie mit kultureller Intelligenz die Vielfalt der Menschen und Kulturen zum Gewinn für eine Organisation genutzt wird.

Wie so oft beginnt es damit, dass wir versuchen in den Schuhen des anderen zu gehen. Also uns, gerade als Führungsperson, in die Situation des Gegenübers versetzen, seine Sicht der Dinge verstehen lernen und dies als Bereicherung entdecken.

Wäre jeder Tag wie der vorherige und jeder Mensch wie der andere, wäre unser Leben zwar einfacher, aber bestimmt viel langweiliger.

Vielfalt macht das Leben reich!

Glücksaufgabe

Was macht dein Leben reich? Wo freust du dich an Vielfalt?

Einige sagen: Der Zeitgeist, das sind die anderen. Doch jeder hat „seinen Zeitgeist“, sein temporäres Versprechen für ein gelungenes Leben.  Wovon erhoffst du dir Glück und Erfüllung im Leben?