Sommer ade?

Zugegeben, derzeit feiert der Sommer bei uns gerade ein schönes Comeback. Trotzdem hat mich neulich eine herbstlich sentimental-traurige Stimmung erfasst, als wir nach gefühlt einem halben Jahr auf der Terrasse frühstücken der regnerischen Frische nicht mehr zu trotzen vermochten.

Darum ist genau jetzt für mich ein guter Moment, diesen Sommer etwas Revue passieren zu lassen.

Es war ein schöner Sommer, mit vielen schönen Begegnungen, Innehalten, Freiheit, Wärme, Studium, Auftanken, Vorfreude … – genau das, was ich an der Sommerpause, wenn das Tagesgeschäft etwas ruht und Zeit für anderes bleibt, so schätze.

Und doch hat der Sommer sehr besonders angefangen: Genau zwischen Hochsaison und Sommerpause ist mein Vater gestorben. Was seine Krankheit und sein Sterben bei mir ausgelöst haben, teilte ich ja schon hier im GlücksBlog.

Auch zwei Monate nach seinem Tod fehlt er mir, mein Päpu. Die Trauer verändert sich, doch der Herzschmerz über die entstandene Lücke bleibt. Es gab so vieles, das mich in der Zeit des Abschiednehmens berührt hat – die sehr emotionale Gedenkfeier mit Tränen und Lachen, Trauer und Dankbarkeit im kleinen Kreis, das gemeinsame und doch individuelle Verarbeiten als Familie und die vielen, vielen sehr persönlichen Erinnerungen von Menschen, bei denen mein Vater Spuren im Leben hinterlassen hat.

Und als wäre ein Todesfall nicht genug, erhielt ich genau einen Monat nach dem Sterben meines Vaters die Todesnachricht eines lieben Freundes. Auch wenn unsere intensive Freundschaft schon Jahre zurücklag, traf mich die Nachricht voll ins Herz: Er, der mir ein wertvoller Ratgeber war und äusserlich alles hatte, fand sein Glück auf dieser Welt nicht.

Das Leben ist mehr als Trauer

Ja, Verlust von Vater und Freund prägten meinen Sommer. Es war – es ist – intensiv. Und doch bin ich nicht einfach in Trauerstimmung, nicht nur in Trauerstimmung.

Das Leben ist komplex, kompliziert, voller unterschiedlichen, schönen und hässlichen Facetten. Für mich ist das Ziel, diesen bunten Strauss an Emotionen in meinem Leben, in meinem Alltag, zu integrieren. Und nicht einen Monat in Trauerkleider herumzulaufen und danach soll plötzlich alles wieder gut sein. Ist es nicht, die Lücke bleibt, die Lücke schmerzt.

Doch neben dem Schmerz ist da so viel Schönes und Gutes! Genau das kam bei der Gedenkfeier für meinen Vater wunderbar zum Ausdruck: Es war so schön, dass einige Freunde sagten, sie hätten in einem Moment gleichzeitig weinen und lachen müssen.

Und jetzt beim Schreiben merke ich, genau das ist mein Motto des Sommers 2024 «Weinen & Lachen».

Innerlich weinend und lachend habe ich die längst geplante Themenserie «Spuren hinterlassen – Leave a legacy» ausgearbeitet: Ja, mein Vater und mein Freund hinterlassen ein reiches Vermächtnis im Sinn von Segensspuren im Leben von vielen Menschen.

Familienzeiten diesen Sommer waren von Weinen und Lachen geprägt: Ausgelassen haben wir zusammen gelacht, uns am Leben gefreut – auch gerade an neuen Freiheiten nach den Monaten der intensiven Krankheitszeit. Und schluchzend haben wir einander Anteil gegeben an dem, was die Lücke mit uns macht.

Weinen und Lachen gehörte auch zu Begegnungen mit Herzensmenschen. Weil wir offen miteinander über das Leben mit all dem Schönen und dem Herausfordernden sprachen.

Und so ist genau jetzt die richtige Jahreszeit für mein aktuelles Motto. Das Comeback des Sommers bringt die Leichtigkeit zurück: Essen im Garten, kurze Hosen, mit Flipflops durch die Gegend schlendern – ich liebe es. Und die herbstliche Morgenstimmung erinnert mich daran: Zum Leben gehört auch der Nebel, wo der Weg nicht so leicht zu gehen ist.

Glücksaufgabe

Und wie war dein Sommer? Was hat ihn ausgezeichnet? Wofür bist du dankbar? Was hat dich herausgefordert?

Wenn du magst, lass mich gerne dein Moto des Sommers 2024 wissen!

Päpu, du fehlst!

Hier im GlücksBlog blieb es in den letzten Wochen still. Aus Gründen … Zuerst wurde uns in Köln feierlich der Verkündigungspreis überreicht, danach gings fast direkt weiter an die Jährliche Konferenz unserer Kirche und pünktlich auf das letzte vollgepackte Wochenende verschlechterte sich der Gesundheitszustand meines erkrankten Vaters massiv.

Fünf Tage später wurde er von seinen Leiden erlöst – er konnte seinem Wunsch entsprechend friedlich daheim einschlafen. Ihn gehen zu lassen war sehr schön und sehr schmerzhaft, sehr heilig und sehr traurig – du hast noch einmal die Augen geöffnet, uns ein Lächeln geschenkt und dich auf die ewige Reise gemacht.

Zwei Wochen ist es jetzt her. Das grosse Wunder blieb aus, viele kleine durften wir erleben. Ich bin tieftraurig und enorm dankbar. Dein Leben hat Spuren hinterlassen – davon zeugen dutzende persönliche Erinnerungen in den vielen Trauerkarten, die uns erreichen.

Die vielleicht stärksten Spuren hast du in meinem Leben hinterlassen, Päpu.
Und du fehlst mir!

Mir wird dein Stolz auf mich fehlen

Du hast nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass du stolz auf mich warst. Als Jugendlicher, der wohl besonders fromm sein wollte, hatte ich dir mal gesagt, du sollst nicht stolz auf mich sein. Stolz sei nicht so gut, stehe doch schon in der Bibel.

Ach Mensch, so kann man die Bibel auch verdrehen. Wie wichtig und prägend war es doch, einen Vater zu haben, der stolz auf mich war – selbst, wenn ich als Letzter beim Bächlilauf ins Ziel hechelte. Und du hast es mir auch gesagt und gezeigt.

Päpu, ich danke dir dafür, dass du stolz auf mich warst!

(Eltern, seid nicht nur heimlich stolz auf eure Kinder! Lasst es sie spüren! Es wird eure Kinder zum Fliegen bringen.)

Mir werden die gemeinsamen Stunden fehlen

Was für ein Geschenk, dass wir (m)ein Leben lang höchstens ein Haus voneinander entfernt wohnten. Du hast meine Kinder glücklich gemacht und mir und meiner Frau damit ermöglicht, unsere Berufung zu leben.

Und durch die Nähe durften wir unkompliziert viele Stunden spontan oder geplant miteinander verbringen: Ein leckeres Essen bei dir (euch) auf der Terrasse, ein Glas Rotwein bei uns im Garten.

Noch im Frühling vor einem Jahr haben wir wunderschöne Skitage gemeinsam erlebt. Du warst fit, wir genossen den Neuschnee, die Sonne, das Tempo … Nichts deutete darauf hin, dass dein Körper schon bald zerfallen würde.

Päpu, ich danke dir für die gemeinsamen Stunden und dass du grosszügig mit mir geteilt hast, was dir anvertraut wurde.

Mir wird dein Glaube an mich fehlen

Auch wenn du meine Pläne und Entscheidungen nicht immer nachvollziehen konntest, du hast stets an mich geglaubt.

Als ich dir von meiner Berufung in den kirchlichen Dienst erzählte, hattest du zu schlucken. Nicht, weil das «kein richtiger Beruf» wäre, sondern weil du wusstest, dass dies kein leichter Weg sein wird.

Trotzdem hast du immer an mich geglaubt. Du versuchtest nicht, mich von meinem Weg abzuhalten.

Päpu, ich danke dir für diesen Glauben an mich. Dein Vertrauen hat mich zum Fliegen gebracht!

Mir wird dein Mittragen fehlen

Jemand hat es sehr treffen geschrieben: «Oft habe ich miterlebt, wie Willy zwar still und doch ganz hingegeben mitgetragen hat.»

Ja, das warst du! Nicht der Bühnenmensch – das hast du deinen Söhnen überlassen. Doch du warst der stille (Lasten)Träger. Unzählige Stühle gerichtet, Kaffees angeboten, viel Zeit & Geld gespendet, viele Menschen mit ermutigenden Worten beschenkt und nur du und Gott wissen, wie viele Gebete du für deine Familie und ihre Projekte gesprochen hast.

Päpu, ich danke dir für alles Mittragen. Ohne dich wäre vieles nicht möglich gewesen.

Nicht alles wird mir fehlen

Bevor ihr denkt, ich will hier meinen Päpu heiligsprechen, sei auch das noch gesagt: Daddy, ich vermisse dich sehr und ich habe dich enorm geliebt, aber es gibt da auch Dinge, die ich nicht vermissen werde. Und ich glaube, auch du bist froh, dass du diesen Anteil deiner Persönlichkeit nun hinter dir lassen konntest.

Noch im Schluchzen am Totenbett fragte ich: «Und wer wird jetzt reklamieren?». Ja, du hattest immer mal wieder etwas zu nörgeln. Bestimmt hattest du auch das gut gemeint, doch dein schon bald 50jähriger Sohn muss nicht daran erinnert werden, dass er übergewichtig ist, zum Beispiel.

Päpu, es gab auch immer wieder dunkle Tage in deinem Leben, wo sich deine kleine und die grosse weite Welt schwer für dich anfühlte. Als Perfektionist hast du vielleicht noch mehr als wir anderen an der Unvollkommenheit dieser Welt und der Menschen darauf gelitten.

Wie schön, dass du diesen Schatten nun für immer hinter dir lassen und ins vollkommene Licht fliegen durftest.

Päpu, ich liebe und vermisse dich!
Adieu, mein herzensguter Papi!

Weggetragen

«Du hangisch wieder», wurde mir Ende September mehrmals gesagt. Gemeint war, dass auch mein Kopf im Plakat-Wald des Wahlherbstes zu finden war.

Auch wenn ich mich nach mehreren Wahlkämpfen (mit mehr oder weniger Ambitionen) daran gewöhnt habe, wochenlang an einem Plakat von mir selbst vorbeizufahren – es bleibt etwas Spezielles und irgendwie auch Unangenehmes.

Schön war dieses Jahr, dass mir Kids auf dem Schulhausplatz «Sälü Herr Gerber» nachgerufen haben. Erschreckend fand ich, wie viele Menschen unser, zugegebenermassen kompliziertes und für Kleinparteien auch unfaires, Wahlsystem nicht begreifen: «Wenn sein Plakat im Dorf hängt, dann will er auch unbedingt in den Nationalrat». Nein, das war nicht so, ich wollte nur meiner Partei (EVP) helfen und unserem Nationalrat (Marc Jost) zur Wiederwahl verhelfen.

Soweit so gut, um Politik soll es hier nicht gehen.

Eine Szene nach den Wahlen war so skurril, dass ich sie hier mit euch teilen will: Als wir durch ein Nachbardorf fuhren, sahen meine Frau und ich, wie ein Werkhof Mitarbeiter gerade den Plakatständer mit meinem Kopf darauf wegtrug.

Das ist eingefahren: Ich werde einfach weggetragen. Ein starker Mann nimmt mich einfach so unter seinen Arm – und weg bin ich.

Wir schauten der Szenerie etwas perplex zu und verpassten es so leider, ein Foto davon zu schiessen. Ein solches Bild hätte meine Gedanken hier eindrücklich untermalen können. Nun setz ich einfach auf deine Vorstellungskraft!

Endlichkeit vor Augen

Dieses Bild, wie ich weggetragen werde, brannte sich sofort in mein Herz. Deutlicher kann man nicht mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert werden. Meine Zeit, mein Sein und Tun, all die schönen Beziehungen und all mein freudiges Wirken, aber auch sämtlicher Schmerz des Alltags – all das hat ein Verfallsdatum.

Irgendwann werde ich nicht mehr sein!

Und bei dir ist es genauso!

Ich finde diesen Gedanken nicht bedrohlich – auch wenn ich hoffe, dass mein Verfallsdatum noch einige Jahre auf sich warten lässt.

Doch die Endlichkeit vor Augen ist für mich eine Einladung, mein Leben bewusst zu gestalten. Mich regelmässig, ganz besonders um meinen Geburtstag herum (war gestern), zu fragen, was ich durch mein Sein und Tun bewegen will und was ich eines Tages hinterlassen will.

Die Amis sprechen da schön von «Leave a legacy», die deutsche Übersetzung kommt nicht an diesen schönen Satz heran: Ein Vermächtnis hinterlassen.

Aber bleiben wir dabei: Welches Vermächtnis wollen wir zurücklassen? Das entscheidet sich heute – und nicht auf dem Sterbebett!

Die kleinen Entscheidungen des Alltags bestimmen, welche «Legacy» wir einmal zurücklassen werden.

Das Bild meines Wegtragens ist kaum an Dramatik zu überbieten, wenn ich dir jetzt noch etwas ganz Persönliches anvertraue: Genau in diesen Tagen, als sich die Szenerie abspielte, erfuhren wir, dass die Chemotherapie bei meinem Vater sein Ziel verfehlt und er besser seiner baldigen Endlichkeit ins Auge schaut.

Lass uns im Bewusstsein leben, dass wir möglicherweise schon morgen weggetragen werden.

Glücksaufgabe

Meine Hoffnung, dass es auch nach dem endgültigen Wegtragen meiner Selbst nicht zu Ende ist, nährt sich aus meinem Vertrauen in die christliche Verheissung: Nach dem unvollkommenen Leben im Hier und Jetzt mit all seiner Schönheit und seiner Tragik, wartet auf uns ein vollkommenes Leben im Jenseits. All unsere Sehnsüchte werden da gestillt werden.

Und welche Hoffnung trägt dich über die Endlichkeit des diesseitigen Lebens hinaus?

Nach den vielen Worten hier ein Lied, das mich bewegt und etwas von dieser Hoffnung ausdrückt:

Was jetzt gefragt ist

Die Lage ist ausser Kontrolle!

Natürlich finden sich kaum offizielle Statements, die diesen Satz bestätigen würden.

Die Politik bemüht sich, zu versichern, dass es zwar jetzt sehr ernst und fragil sei, man die Lage aber nach wie vor im Griff habe.

Weniger zuversichtlich zeigen sich die wissenschaftlichen Experten. Aber da findet man ja je nach eigener Brille fast für jede These, mag sie noch so verrückt sein, einen Experten, der die gewünschte Theorie bestätigt.

Richtig wild wird es, wenn man die Posts und Kommentare auf den Social Media etwas verfolgt, die Meinung des Volkes also.

Kaum präsentiert das BAG auf Twitter die neuesten Zahlen, hagelt es bissige Verlautbarungen von Zeitgenossen, die den Bundesrat zum Handeln aufrufen – einzelne möchten diesen wegen fahrlässiger Tötung sogar gerne hinter Gitter sehen.

Auf der anderen Seite gehen den Corona-Leugnern mehr und mehr die Argumente aus, doch die Proteste gegen die verschärften Massnahmen gehören nach wie vor zur Tagesordnung.

Corona leugnen lässt sich sicher nicht mehr. Während im Frühjahr in der Deutschschweiz noch viele gesagt haben, sie kennen gar niemanden, der an Corona erkrankt war, hat sich dies nun in der zweiten Welle deutlich geändert.

Kann man Corona auch übertreiben? Natürlich! Wir werden erst im Nachhinein wissen, welche Massnahmen tatsächlich auch sinnvoll und welche unnötig oder gar kontraproduktiv waren. Wahrscheinlicher ist wohl sogar, dass wir es gar nie wissen werden.

Wir dürfen die seelische Gesundheit nicht vergessen und darum braucht es (kreative) Wege, um Nähe herzustellen trotz physischer Distanz.

Doch das Geschrei nach Eigenverantwortung nervt mich tatsächlich, wenn ich sehe, wie ein Spital nach dem anderen zu kämpfen hat, ein geregelter Schulbetrieb kaum mehr aufrecht erhalten werden kann und sich das Virus unkontrolliert weiter ausbreitet.

Ich würde gerne in einer Welt leben, in der das mit der Selbstverantwortung klappen würde! Dann könnten wir endlich alle Verkehrsschilder abmontieren und könnten sehr viele Kontroll- und Sicherheitssysteme abschaffen.

Das tönt für mich paradiesisch:

Wolf und Lamm werden friedlich zusammen weiden,
der Löwe wird Heu fressen wie ein Rind,
und die Schlange wird sich von Erde ernähren.
Sie werden nichts Böses mehr tun und niemandem
schaden auf meinem ganzen heiligen Berg.
Mein Wort gilt!
(Die Bibel)

Das Geschenk demütig annehmen

Aber eben: Die Lage ist ausser Kontrolle! Und wir leben noch nicht im Paradies.

Die Lage scheint ausser Kontrolle, wenn ich schaue, wie wir als Gesellschaft miteinander umgehen. Und dass wir den Corona-Virus noch im Griff haben, bezweifle ich sehr.

Doch das überrascht mich nicht! Es ist eine Arroganz unserer Zeit, dass wir meinen, wir hätten „es unter Kontrolle“.

Was kannst du wirklich kontrollieren?
Was hast du echt im Griff?

Und schon wieder kommt mir ein Bibelwort in den Sinn:

Wer von euch kann durch Sorgen sein Leben auch nur um einen Tag verlängern?
(Jesus)

Darum glaube ich, dass wir jetzt vor allem Demut brauchen!
Ja, wir können unser Leben und unser Glück zu einem grossen Teil gestalten.

Nein, kontrollieren, im Griff haben, können wir unser Leben nicht.

Es ist ein Geschenk des Himmels,
das wir demütig annehmen dürfen,
aber auch demütig wieder loslassen müssen.

Corona räumt in unserer hochtechnologischen und sicherheitsverliebten Gesellschaft gerade mit dem Irrglauben auf, wir hätten alles unter Kontrolle.

Mir tut es dabei gut, darauf zu vertrauen, dass da ein Gott über mir ist, der nicht so schnell ausser Kontrolle zu bringen ist.

Glücksaufgabe

Was bedeutet es für dich, das Leben als Geschenk des Himmels demütig anzunehmen und ebenso demütig wieder loszulassen?