Du bist gewollt!

Einen Menschen lieben heißt ihn so sehen, wie Gott ihn gemeint hat.
Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Letzte Woche habe ich hier in meinem GlücksBlog behauptet, dass der gute Umgang mit sich selbst mit einem stabilen Selbstwert beginnt. Und ich schrieb: „Wir sind, was wir uns selbst sagen, was wir sind!“

„Stimmt das?“ habe ich meine Familie gefragt. Die Reaktion meiner Frau hat mir gefallen: „Aus unserer Sicht schon. Aber nicht aus Gottes Sicht.“

Ich stehe immer noch zu meiner These. Es ist von entscheidender Bedeutung, was wir selbst über uns denken, glauben, fühlen, sagen … Das macht uns aus, das bestimmt, wie wir uns verhalten, wie wir uns in Gruppen hineingeben, wie wir uns „verkaufen“ – beim Bewerbungsgespräch, im Verein oder in der Nachbarschaft – aber auch im Freundeskreis.

Die Frage dahinter ist: Wer bestimmt, was wir uns selbst sagen, was wir sind? Konkret: Wovon machen wir unser Selbstbild abhängig?

Aus unserer Sicht sind wir, was wir uns selbst sagen, was wir sind. Aus Gottes Sicht sind wir viel mehr. Die Herausforderung besteht darin, Gottes Sicht auf uns in unser eigenes Bild von uns zu integrieren.

Leider scheitern wir oft genau an diesem Punkt: Unser Denken über uns selbst wird bestimmt von dem, was wir denken, dass andere über uns denken. Wir fühlen uns geliebt, gewollt und wertvoll – so lange andere uns mit Anerkennung und Liebe überschütten.

Das Problem dabei: Die anderen können uns gar nie mit so viel Liebe und Anerkennung überschütten, wie wir es uns wünschen. Dabei ähneln wir einem Löcherbecken: Je mehr Lob, Anerkennung und Liebe uns andere schenken, desto schneller läuft dieses „wohlige Wasser“ ab und verliert seine Wirkung.

Meine Blogleser wissen hoffentlich, dass mir eine Kultur der Wertschätzung sehr wichtig ist und ich davon überzeugt bin, dass wir uns gegenseitig mit Anerkennung und Liebe beschenken sollen.

Doch: Wenn wir unseren Wert davon abhängig machen, bauen wir aufs falsche Fundament!

Bei Apostel Paulus lese ich, dass unser Leben am besten „in der Liebe verwurzelt und auf das Fundament der Liebe gegründet ist.“ Und zwar geht es hier um die göttliche Liebe, die uns unabhängig von der Anerkennung unserer Mitmenschen gilt: Du bist wertvoll und geliebt, weil Gott Ja zu dir sagt!

Meine Sicht über mich selbst verändert sich, wenn ich glauben kann, dass Gott mich gewollt hat, dass er gute Gedanken über mich hat. 

Der Wert des Menschen ist nicht abhängig von Äusserlichkeiten! Unseren Wert haben wir, weil uns unser Leben von Gott als Ursprung des Lebens anvertraut wurde!

Wir bleiben, was wir uns selbst sagen, was wir sind. Aber mit dem Glauben daran, dass Gott zu uns sagt: „Du bist gewollt!“ werden wir uns hoffentlich andere Dinge zu uns selbst sagen!

Und natürlich wünsche ich mir, dass wir gemäss dem Eingangszitat auch andere Menschen so sehen, wie Gott sie gemeint hat. Doch so schön dieses Zitat auch ist (es wurde auffällig mehr mit „Gefällt mir!“ markiert als andere Zitate, die ich postete), bleibt für mich an diesem Punkt auch eine gewisse Ernüchterung: Ich kann andere gar nie vollständig so sehen, wie Gott sie gemeint hat. Und ich kann andere auch nie so lieben, wie Gott sie liebt.

Es bleiben edle Ziele – und die will ich auch gar nicht aufgeben. Aber es reicht nicht: Jeder muss für sich selbst an dieser göttlichen Liebe angedockt sein, sonst bleibt das Leck in unserem Liebestank einfach zu gross.

 

Im GlücksBlog schreibe ich zu den fünf Bereichen, die zu einem Leben in Zufriedenheit gehören. Diese Woche geht es um den Bereich Gelebte Spiritualität.

Ohne Gott?

Das Bild wird gleichsam vollständig und der Kreis der Liebe schliesst sich, 
wenn wir zu Gott hochschauen und sagen können: „Danke.“ 
Dr. Henry Cloud (in Auf der Spur des Glücks)

Kürzlich wirbelte eine Berner Pfarrerin ziemlich Staub auf, als sie im Radio verkündete: „Gott existiert nicht.“ Ella de Groot, reformierte Pfarrerin aus Muri-Gümligen, hatte im Juli in einer Sendung von Radio SRF2 erklärt, dass sie nicht an einen realen Gott glaube. Wenn eine Pfarrerin mit dem Glauben an einen realen Gott nichts anfangen kann, provoziert das. Die Aussagen von Ella de Grott sorgten für ein grosses Medienecho im In- und Ausland. Die Berner Zeitung schreibt: „Gemäss den Medienberichten sagte de Groot unter anderem, sie glaube nicht an einen personalen, ausserweltlichen Gott. Für sie sei Gott etwas Innerweltliches, die Lebenskraft, die Lebensenergie.“

Als Reaktion auf die Äusserungen von de Grott haben elf junge Berner Pfarrerinnen und Pfarrer eine Stellungnahme veröffentlicht: „Doch wir sind überzeugt: Der kleinste gemeinsame Nenner unserer Vielfalt muss unser Glaube an Gott sein. Kirche ohne Gott ist nicht Kirche.“

Glücklich leben – mit oder ohne Gott?

Derzeit lese ich verschiedenste Bücher der Positiven Psychologie. Da begegnet mir – je nach Autor – ganz ähnliches: Es wird ein Leben beschrieben, das bestens zu den alten biblischen Lebensweisheiten passt. Es werden christliche Tugenden wie Dankbarkeit, Vergebung oder Grosszügigkeit als wichtige Eckpfeiler eines solchen Lebens aufgeführt. Selbst der transzendente Glaube wird durchaus als Beitrag zu einem glücklichen Leben aufgeführt. Doch all dies wird immer mal wieder gesagt, ohne selbst an die Existenz des Schöpfergottes zu glauben. Vielleicht gibt es Gott, aber wahrscheinlich ist er eine menschliche Erfindung, scheint bei einigen Exponenten der Positiven Psychologie der Grundtenor zu sein.

So sehr ich Autoren wie Martin Seligman oder Mihaly Csikszentmihalyi schätze (und sie in meinem Blog auch zitiere und ihre Bücher empfehle), für mich als Theologe und praktizierender Christ ist es unvorstellbar, den persönlichen Schöpfergott aus einem gelingenden Leben auszuklammern. Das sinnerfüllte Leben ist für mich untrennbar an die Überzeugung geknüpft, dass da ein Gott ist, der mir dieses Leben schenkte, mich kennt, liebt und will.

Ich profitiere sehr gerne von den Erkenntnissen der Positiven Psychologie und integriere viel davon in meine Arbeit. Dazu brauche ich jedoch eine lebendige Gottesbeziehung: Denn wie kann ich vergeben, ohne Gottes Vergebung in Anspruch zu nehmen? Wie kann ich dankbar sein, wenn ich nicht weiss, wem ich das Leben verdanke (oder reicht dazu der Glaube an den Zufall oder eine natürliche Auslese?)?

Sowohl Seligman als auch Csikszentmihalyi kommen mir am Ende etwas sprachlos vor, wenn sie in ihren Büchern über die Sinn- und Glaubensfrage schreiben. Trotz vieler Worte und ausgeklügelter Philosophie überzeugen mich ihre Antworten nicht. In Der Glücks-Faktor schreibt Seligman (2012:405): „Teilnehmen an einem
Prozess, der das Herbeiführen eines Gottes im Vollbesitz von Allwissenheit,
Allmacht und Allgüte zum höchsten Ziel hat, verbindet unser Leben mit einem
grenzenlos grossen ‚Etwas‘“.
Seine These: Gott existiert noch nicht, doch dank fortschreitender Evolution können wir ihn in ferner Zukunft erschaffen.

Sinnerflülltes Leben ohne Gott? Für mich unvorstellbar.

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE ZUM THEMA

 

Mein  Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Spiritualität“.