Hilfe, welcher Beruf passt zu mir?

Glückliche Menschen gehen in ihrer Arbeit auf, aber niemals unter.
Rudolf Scheid

Meinen vierzigsten Geburtstag feierte ich letztes Jahr, doch alt wurde ich diesen Sommer quasi über Nacht: Unsere Tochter steckt in der Berufswahl. Wow, das ist eine ganz neue Erfahrung als Vater und vor allem eine eindrückliche Erinnerung daran, dass die Zeit nicht stehen bleibt (waren wir nicht eben erst so nervös vor dem ersten Kindergartentag?).

Und so sass ich also gestern Abend am Infoabend im regionalen Berufsinformationszentrum (BIZ) und wurde nochmals eindrücklich daran erinnert, dass die Zeit nicht stehen bleibt: Einerseits haben sich die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung seit meiner Berufswahl grundlegend verändert (heute erhält man im Internet mehr Infos als zu meiner Zeit im BIZ zu finden waren), anderseits hat sich die Berufslandschaft selbst im letzten Vierteljahrhundert merklich (weiter)entwickelt.

Ob es heute besser ist als damals oder zur Zeit meiner Eltern, mag ich nicht beurteilen. Natürlich sind all die Wahlmöglichkeiten zu begrüssen und dass unserer Tochter Wege offen stehen, die für ihre Eltern nicht begehbar waren, werte ich selbstverständlich als positive Entwicklung.

Doch: „Wer die Wahl hat, hat die Qual“, weiss schon das Sprichwort. Tatsächlich bedeutet grosse Wahlmöglichkeit häufig auch eine gewisse Überforderung. Das beginnt bei der Müesli-Abteilung in der Migros, geht über die unzähligen Ferienangebote im Internet und manifestiert sich vielfältig in der Klasse meiner Tochter: Aus der Orientierungsphase in der Berufswahl wird erst einmal eine Verwirrung, Überforderung und Desorientierung.

Eben noch Kind – und nun plötzlich so gross sein müssen, um so schwerwiegende Entscheidungen zu fällen: In welches Berufsfeld zieht es mich? Lehre oder weiterführende Schule? Welcher Beruf passt zu mir? … Das Gute ist ja, dass heute ein eingeschlagener Weg immer wieder an Kreuzungen vorbeiführt, an denen eine neue Richtung eingeschlagen werden kann. Darum ist der Einstieg ins Berufsleben sehr wichtig, aber nicht eine Entscheidung für den Rest des Lebens.

Die Berufslaufbahn planen

So sehr ich dankbar dafür bin, dass ich selbst nicht mehr zurück auf dieses Startfeld muss, auf dem unsere Tochter gerade steht, so sehr bin auch ich – sind im Grunde wir alle – immer wieder ähnlich gefordert: Wie planen wir eigentlich unser Berufsleben?

Diese Frage stellte ich gestern auch einer Gruppe von Menschen zwischen 30 und 65. Das Spannende – und vielleicht auch Ernüchternde: Niemand aus der Gruppe hat seine Berufslaufbahn so geplant, wie sie herausgekommen ist. Einige sind noch in ihrem angestammten Beruf, haben aber auch dort einige Irr- und Umwege genommen bis sie dort gelandet sind, wo sie heute stehen. Eine Frau hat gar keinen Beruf erlernt, kann nun an der Schwelle zum Pensionsalter trotzdem auf ein reicherfülltes, vielfältiges Berufsleben zurückblicken. Wieder andere (zu denen gehöre ich) haben nach ihrer Grundausbildung schnell einmal eine ganz andere Richtung eingeschlagen und haben ihr Hobby zum Beruf gemacht.

Was wünsche ich nun also meiner Tochter? Was gebe ich all denen weiter, die ihre Berufslaufbahn überdenken wollen?

  • Vertraue darauf, dass es das Leben – und vor allem der Erfinder des Lebens – gut mit dir meint.
  • Nicht alles ist planbar: Prüfe verschiedene Optionen, schau, wo es dich hinzieht und was dir „vor die Füsse“ gelegt wird – und dann lass dich überraschen!
  • Finde deinen Weg: Die grösste Freiheit hat der, der sein Leben leben kann ohne davon abhängig zu sein, was die anderen darüber denken.
  • Höre auf dein Herz: Entdecke deine Passion, finde heraus, was dich zum Blühen bringt. Wo du mit Begeisterung dabei bist, wirst du einen Unterschied auf diesem Planet machen.
  • Lebe deine Stärken: Das Berufsleben soll Freude bereiten. Die Chancen dazu steigen, wenn du das einbringen kannst, was du besonders gut kannst und gerne tust.
  • Sei mutig: Pack es an und wage einen ersten Schritt – selbst wenn sich der eingeschlagene Weg als Umweg entpuppen sollte.

 

Im Glücksbuch gebe ich im Kapitel „Das Traumjob-Dreieck“ Impulse, wie wir unserem Traumjob und unserer Berufung einen Schritt näher kommen können.

 

Mein  Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Arbeit“.

Ein Feuer entfachen

Menschen bilden bedeutet nicht,
ein Gefäß zu füllen,
sondern ein Feuer zu entfachen.

Aristophanes (um 450 – 385 v.Chr.)

Im Zeitalter von Wikipedia ist das Wissen der Welt oft nur ein Mausklick von uns entfernt – und das erst noch praktisch kostenlos.

Dies war zur Zeit von Aristophanes noch anders. (Keine Ahnung, wer Aristophanes ist? Kein Problem, Wikipedia weiss es.) Und trotzdem hat er schon rund 400 Jahre vor Christus angedeutet, um was es bei Bildung nicht geht. Wenn er schreibt, es gehe nicht darum, ein Gefäss zu füllen, interpretiere ich das so, dass es bei der Bildung nicht in erster Linie um Wissensvermittlung geht.

Das mag in der Zeit von Aristophanes eine mutige Aussage gewesen sein. Wenn Wissen nicht einfach so frei verfügbar ist wie zu unserer Zeit, ist das Wissen sehr wohl schnell einmal das grösste Kapital, das jemand besitzt. Anders ausgedrückt: Vor Internet und Wikipedia spielte es schon eine Rolle, ob das „Gefäss gut gefüllt“ war oder nicht.

Trotzdem scheint Aristophanes geahnt (oder beobachtet) zu haben, dass Wissen alleine nicht glücklich macht. Was der Mensch vor allem Wissen braucht, ist Leidenschaft. Was ein Mensch aus Leidenschaft tut, tut er selbst dann, wenn es „Leiden schafft“.

Wer viel weiss, mag ein wandelndes Lexikon sein, kann mit seinem Wissen imponieren und gewinnt vielleicht bei „Wer wird Millionär?“ (übrigens, sogar darüber gibt es einen Eintrag auf Wikipedia). Doch fehlt die Leidenschaft, dann ist dieser Mensch wirklich ein lebloses Gefäss, das gut gefüllt ist – aber mehr nicht.

Wie sind Sie in der Berufswahl vorgegangen?

Nicht wenige Menschen sind das geworden, was sie sind, weil irgendjemand ein Feuer für eine bestimmte Sache bei ihnen entfacht hat. Mein erster Beruf, Bankkaufmann, habe ich erlernt, weil Zahlen und Banknoten auf eine gewisse Weise meine Faszination auf sich ziehen. Wie das gekommen ist, weiss ich nicht so genau. Ausser, dass ich schon als Kind liebend gerne mein Zimmer zu einem Shop umbaute, meine gesamte Verwandtschaft einlud und ihnen dann zu stolzen Preisen Werbegeschenke verkaufte. (Jetzt wo ich darüber reflektiere, frag ich mich, ob das wohl mit dem Abzocker-Gen zu tun hatte, dass schon manchem Banker zum Verhängnis wurde …)

Bei meinem zweiten Beruf kann ich mich besser daran erinnern, was oder wer das Feuer in mir entfachte. Da waren Jungscharleiter wie Markus oder Rolf, die für mich Vorbilder waren, denen ich nacheifern wollte und die ein Feuer in mir entfachten. So war eine Zeit lang mein Berufswunsch „Profi-Jungscharleiter“. Nun, das war nicht wirklich ein Beruf, trotzdem hat mich dieses Feuer zu dem geführt, was ich heute tue: Auf kreative Art und Weise Menschen in ihrer Lebensgestaltung unterstützen und zusammen mit ihnen nach dem Göttlichen zu fragen.

Bildung kann viel mehr als bloss Gefässe zu füllen, das wusste schon Aristophanes, der, wie alle wissen, die oben auf den Wiki-Link geklickt haben, ein griechischer Komödiendichter war.

Wer in der Bildung tätig ist – ob sein Gegenüber Kinder oder Erwachsene sind, spielt keine Rolle – versteht es hoffentlich, ein Feuer zu entfachen, Leidenschaft und Entdeckergeist zu wecken. Oder, um es in Anlehnung an Anselm Grün zu sagen: Sie finden den Schlüssel zur Schatztruhe der Menschen.

 

Mein  Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Arbeit“.

 Lassen Sie sich von meinem Glücksbuch inspirieren!