Träume – mehr als Schäume

Unsere Träume können wir erst dann verwirklichen,
wenn wir uns entschließen, daraus zu erwachen.

Josephine Baker

„I have a dream“. Das steht auf meiner Mappe, in der sich alles nötige für meine Reflektier-, Stille- und Studierzeiten befindet: Mein Tagebuch, mein PEP (persönlicher Entwicklungsplan), eine Zeitschrift (AufAtmen), eine Bibel und noch eine Kerze. Ich bin ein Träumer, ein Visionär. Und um meine Ideen und Visionen dreht es sich oft, wenn ich mich zu solchen Reflektierzeiten zurückziehe. Weil ich mich nicht von den Alltagssorgen gefangen nehmen lassen will, sondern das grosse Ganze im Blick behalten will, soll mich der Schriftzug auf der Mappe immer wieder daran erinnern: I have a dream – ich habe einen Traum.

Nun ist es so eine Sache mit unseren Träumen. Nur ganz selten gehen sie wie von selbst in Erfüllung. Und je grösser die Visionen, desto mehr Hindernisse begegnen uns auf dem Weg vom Traum zur Realität. Was können wir also tun, dass nicht die recht bekommen, die sowieso schon im Voraus sagen: „Träume sind Schäume“.?

Meine Träume entdecken

Nicht jeder ist ein Visionär – zum Glück. Während die Stärke der Einen die Gesamtschau ist, sind die Anderen Spezialisten, wenn es ums Detail geht. So sind nicht alles Träumer, die vor dem inneren Auge bereits eine bessere Welt erkennen können. Trotzdem glaube ich, dass in jedem von uns Träume schlummern. Und die gilt es erstmals zu entdecken.

  • Welche Kindheitsträume stecken noch in mir?
  • Welche Themen wecken ein besonderes Interesse?
  • Gibt es Wünsche in meinem Leben, die immer mal wieder bei mir anklopfen?
  • Bei welchen Gedanken fliesst bei mir speziell viel Energie? Bei welchen Themen bin ich selbst mitten in der Nacht hell wach?
  • An welchen Ideen studiere ich immer und immer wieder herum?

Diese Träume sollten wir „ans Tageslicht holen“. Sprich: Sie sichtbar machen. Sie nicht schon im Vornherein als unrealistisch abtun. Sie anschauen und uns mit ihnen beschäftigen. Könnte da ein Spur zu einem Thema meines Lebens liegen?

Aus den Träumen erwachen

Im Unterschied zu unseren nächtlichen Träumen, sollten wir diese Art von Träumen nicht einfach sich selbst überlassen. Ein Traum alleine verändert weder die Welt noch unser Leben. Wenn wir also unsere Träume sichtbar gemacht haben, geht es um die Frage, was wir mit ihnen machen.

  • Bin ich bereit, micht dafür einzusetzen, dass dieser Traum Realität wird?
  • Kann ich die Kosten des Traums überschlagen und bin ich bereit, den Preis zu bezahlen?
  • Ist der Traum (Kindheitstraum, Berufswunsch, Idealbilder aus der Jugend) in meinem heutigen Leben überhaupt noch relevant? Will ich das wirklich noch? Oder träume ich da einer Sache nach, die ich heute gar nicht mehr als erstrebenswert erachte?
  • Welche Träume gilt es loszulassen? Vielleicht, weil mir die Kosten zu hoch sind. Vielleicht, weil er nicht zu meinem (familiären) Umfeld passt. Vielleicht, weil er doch eine Nummer zu gross ist.
  • Gibt es Träume, die das Potenzial haben, zu meinem Beruf – zu meiner Berufung – zu werden?

Ran an die Arbeit

Träume machen Arbeit. Das ist in jedem Fall so.

  • Träume, die wir umsetzen wollen, brauchen einen Plan (eine Strategie) – in kleinen Schritten zum grossen Ziel.
  • Träume, die sich nicht umsetzen lassen, brauchen Raum, damit wir uns von ihnen verabschieden können und uns mit der Situation versöhnen können.
  • Träume, die Rückschläge mit sich bringen, brauchen viel Ausdauer, Stehauf-Fähigkeiten und ein ermutigendes Umfeld, das mitträgt.

Gerade wenn wir in der Mitte des Lebens stehen, gilt es, den unerfüllten Träumen in die Augen zu schauen. Sich mit diesen vielleicht schmerzlichen Wendung im Leben auszusöhnen, ist eine grosse Herausforderung.

Und: Immer wieder ist es nötig, sich in Mitten der Anforderungen des Alltags auf die eigenen Träume zu besinnen. Bin ich noch auf dem Weg, den ich einmal eingeschlagen habe? Oder hat sich mein (Berufs)Leben einfach so, fast unbemerkt, in eine Richtung entwickelt, die nicht mehr viel mit der ursprünglichen Vision gemeinsam hat?

„I have a dream“. Und ich muss etwas dafür tun, dass dieser Traum in mir wach bleibt und nicht von den unterschiedlichsten Ansprüchen von aussen zugedeckt wird.

 

Weiterführende Angebote zum Thema

  • Im Timeout-Weekend für Frauen 2012 beschäftigen sich die Teilnehmerinnen unter dem Motto „Ich werde keine Primaballerina mehr“ mit der Frage, wie sich die Zukunft trotz unerfüllten Wünschen versöhnlich gestalten lässt.
  • Im Timeout-Weekend zum Jahresstart erstellen die Teilnehmenden einen eigenen PEP (persönlichen Entwicklungsplan), der ihnen durchs Jahr hindurch helfen wird, an den eigenen Träumen und Visionen dran zu bleiben.
  • Buchtipp: Dem Leben Richtung geben von Jörg Knoblauch

 

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichSelbst“.

Unerwünscht und zurückgewiesen

Alleinsein ist schön, wenn man allein sein will,
nicht, wenn man es muss.

Annette Kolb, dt.-frz. Schriftstellerin, 1870-1967

Beim LebensbereichSelbst“ geht es um einen guten Umgang mit mir selber. Bin ich mir selbst ein guter Erzieher? Treffe ich Entscheidungen, die mir gut tun, die mich fördern? Gerade diese Tage habe ich dazu einen guten Tipp gelesen: Wenn wir vor einer Entscheidung stehen, können wir die 10-10-10 Regel anwenden. Welche Auswirkungen wird die Entscheidung, die ich jetzt treffe in 10 Minuten, 10 Monaten und 10 Jahren haben? Diese Regel kann uns helfen, nicht nur kurzfristig sinnvoll scheinende Entscheidungen zu treffen, sondern auch an die mittel- und langfristigen Auswirkungen zu denken.

Zu einem guten Umgang mit sich selbst gehört es, sein Leben aktiv zu gestalten, Ziele zu setzen und sich mit der persönlichen Entwicklung auseinander zu setzen. Es gehört aber auch die Frage dazu, wie wir mit Rückschlägen, Frustration und Niederlagen umgehen.

Was mach ich also, wenn ich mich unerwünscht und zurückgewiesen fühle? Was, wenn ich alleine bin, obwohl ich nicht alleine sein möchte? Das Gefühlschaos aus solchen Momenten ist jeder und jedem mehr oder weniger bekannt: Da kommt einmal mehr eine Absage auf eine Bewerbung, eine Beziehung endet im Chaos und zerbricht, meine Bereitschaft, mich zu engagieren, wird nicht honoriert, meine Zeichen der Liebe werden nicht erwidert… Ich fühle mich unerwünscht, frustriert, unverstanden und zurückgewiesen.

Mir helfen in solchen Situationen zwei gegensätzliche Dinge: Das reflektierende Alleinsein und die Kraft der Gemeinschaft.

Das reflektierende Alleinsein

Kürzlich, als ich in einer solchen Situation steckte, mich unverstanden und zurückgewiesen fühlte, setzte ich mich auf mein Bike und radelte der Aare entlang. Nach der kurzen Biketour waren nicht all meine Fragezeichen verschwunden und auch mein Gefühlschaos hatte sich nicht in Luft aufgelöst. Doch an der frischen Luft konnte ich neue Kraft tanken, klar denken und bereits erste positve Gedanken trotz der Enttäuschung fassen.

Neben Natur und Sport erlebe ich das Tagebuchschreiben als etwas sehr Hilfreiches für den guten Umgang mit mir selbst. Ich versuche, meinen fest reservierten Termin einmal die Woche auch tatsächlich einzuhalten und einige Gedanken zu meinem aktuellen Erleben zu notieren. Das Aufschreiben der Gedanken hilft, sich nicht einfach im Kreis zu drehen und sich nicht von Enttäuschungen und Frust auffressen zu lassen.

Zum reflektierenden Alleinsein gehört für mich ein Drittes: In der Stille des Alleinseins suche ich die Gemeinschaft mit meinem Schöpfer. Wer kennt mich besser als mein Schöpfer? Und wer kennt die Gefühle des Unerwünschtseins und der Zurückweisung besser als Jesus, der Frieden bringen wollte und dafür gekreuzigt wurde? Diese Woche habe ich gelesen: „Wer überzeugt ist, dass sein Gott es gut mit ihm meint, ist resilienter (widerstandsfähiger).“ (Markus Züger im Artikel „Die seelische Widerstandsfähigkeit„, antenne, September 2012)

Die Kraft der Gemeinschaft

So gut mir das reflektierende Alleinsein tut, bin ich doch sehr dankbar dafür, dass ich gerade in schwierigen Phasen des Lebens, in Momenten der Enttäuschung, auch ein stabiles Netz von guten Menschen um mich habe, die mich stützen und mir Kraft geben.

Die wertvollste Unterstützung sind mir hier das Zusammensein und der Gedankenaustausch mit meiner Frau: Gemeinsam meistern wir die Hürden des Alltags und sind auch dann füreinander da, wenn einer von uns „Schiffbruch“ erlebt hat.

Überhaupt kann die Familie ein kraftvoller Anker sein, wenn sich das Leben gerade von der harten Seite zeigt. Geschwister, Eltern, Kinder – sie alle haben im Normalfall ein natürliches Interesse an uns und darum auch ein offenes Ohr für uns.

Gerade wenn man sich unerwünscht und zurückgewiesen fühlt, gibt es kaum etwas Wohltuenderes als die Ermutigung von echten Freunden. Zu spüren, dass man ja doch nicht alleine auf der Welt ist, nicht von allen im Stich gelassen wird, hat etwas Heilsames. Freunde können einem helfen, wieder aufzustehen und das Leben aktiv zu gestalten.

Es wird offensichtlich, gerade in enttäuschenden Situationen, die uns die Motivation und die Freude am Leben nehmen wollen, ist ein Leben in gesunder Balance von grosser Bedeutung: Der Rückhalt in der Familie, die Ermutigung der Gemeinschaft, die Kraft des guten Umgangs mit sich selbst und eine gelebte Spiritualität. Sind diese Lebensbereiche tragfähig, so kann ich auch nach einer Zurückweisung und einer Niederlage aufstehen, mich neu ausrichten und mein Leben gestalten.

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichSelbst“.

"Beweg dich!"

Du bist nicht für das Universum verantwortlich:
du bist verantwortlich für dich selbst.
Enoch Arnold Bennett

Ja, für das Universum sind wir nicht verantwortlich. Gott sei Dank! Aber das Zitat sagt auch etwas anderes: Für uns selbst sind wir sehr wohl verantwortlich.

Leider begegne ich immer wieder Menschen, die genau diese Verantwortung nicht wahrnehmen. Entweder schieben sie diese Verantwortung jemand anderem ab, fühlen sich als Opfer ihrer Umstände oder sind einfach so passiv, dass sie nichts aus ihrem Leben machen. (Siehe dazu auch meinen Blog-Artikel der letzten Woche: Kranke Gesellschaft?.)

Wir haben nicht alles in der Hand. Doch oft unterschätzen wir den Anteil, den wir tatsächlich selbst bestimmen können. Aus Erfahrung weiss ich, dass das Leben manchmal merkwürdige Wendungen nimmt. Wendungen, die man sich nur Wochen davor nicht hätte vorstellen können. Zu oft sagen wir dann, wir hätten ja keine Wahl. Doch genau das Gegenteil hab ich schon vor vielen Jahren von Michelle Pfeiffer im Film „Dangerous Minds“ gelernt: Du hast immer die Wahl zwischen mind. zwei Möglichkeiten, zwischen ja oder nein.

Dazu ist Folgendes zu bedenken:

Als Faustregel gilt: Nur 10 Prozent unseres Lebens sind nicht veränderbar, 90 Prozent könnten wir direkt durch unser Verhalten und unsere Reaktion beeinflussen. Ein Opfer jedoch fühlt sich immer als ohnmächtiges Objekt des Handelns anderer. Es zeichnet sich aus durch Selbstmitleid, Jammern und Passivität. Aus Ersterem bezieht es seine Lebenskraft. Das fühlt sich vielleicht wie Motivation an, ist aber eine Täuschung. Denn es führt dazu, dass ich nur um mich selbst und meine Sorgen kreise. Das Credo des Opfers lautet: Ich bin einfach ein armes Schwein.

(aus dem empfehlenswerten Buch Dem Leben Richtung geben von Jörg W. Knoblauch)

Was ist also zu tun, wenn ich die Verantwortung für mein Leben aktiv wahrnehmen will?

  • Mein erster Tipp ist simpel und sehr direkt: „Beweg dich!
    Wer beim Jammern bleibt, hat noch nichts bewegt. Viele Menschen reden lieber über ihre Probleme, als diese aktiv anzugehen.
    Wer stehen bleibt, wird nie etwas verändern. Weder die berufliche noch die private Situation.
    Das Wichtigste ist, in Bewegung zu kommen. Selbst wenn wir in dieser Situation falsche Entscheide treffen. Es ist einfacher, später eine Kurskorrektur vorzunehmen als im Stillstand das Leben zu verändern.
  • Reflektieren Sie Ihre Situation!
    Wo stehe ich? Wo bin ich zufrieden? Was macht mich traurig? Wovor habe ich Angst? Was habe ich erlebt und was möchte ich bestimmt nicht mehr erleben? Welche Wünsche und Ziele habe ich? Welche Grenzen erkenne ich? Welche Möglichkeiten liegen vor mir?
  • Suchen Sie sich gute Ratgeber!
    Sie sind ganz alleine für sich selbst verantwortlich. Aber Sie müssen nicht alles alleine tragen. Holen Sie sich Rat und Unterstützung bei Freunden, Vertrauenspersonen, einem Coach oder Therapeuten. Je nach Situation braucht es eine andere Form von Hilfe und manchmal kann es gut sein, verschiedene Ratgeber aufzusuchen. Aber Achtung: Nicht die Menge der Ratschläge macht es aus, sondern die Qualität.
  • Setzen Sie Ziele!
    Ich habe meine Situation analysiert, mir Unterstützung von anderen geholt. Jetzt ist es an der Zeit, konkrete Ziele zu definieren und Umsetzungsschritte festzulegen. Hilfreich sind hier auch Etappenziele. Ich kann möglicherweise nicht morgen schon meinen Traumberuf ausüben. Aber ich kann Etappenziele auf dem Weg dorthin festlegen.
  • Packen Sie es an!
    Selbst die besten Ziele und der ausgeklügeltste Plan ist zum Scheitern verurteilt, wenn Sie nicht Schritte tun. Darum ist der erste Punkt so wichtig: Wir müssen in Bewegung kommen. Das Leben aktiv gestalten, mutig Entscheide fällen, etwas ausprobieren, demütig Fehler eingestehen, wieder aufstehen, neu beginnen…

Wer die Verantwortung für sich selbst wahrnimmt, braucht nicht die Verantwortung für das ganze Universum zu tragen. Doch er wird auch eine verantwortungsvolle und wichtige Person in unserer Gesellschaft werden:

Die Verantwortung für sich selbst ist die Wurzel jeder Verantwortung.
Mong Dsi, (372 – 289 v. Chr.), konfuzianischer Philosoph

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichSelbst“.

Kranke Gesellschaft?

Ohne Vision verliert eine Gesellschaft jeden Halt.
Glücklich ist, wer sich an die göttlichen Prinzipien hält.

frei nach König Salomo

Noch nie lebte der Mensch in so grosser Freiheit wie heute. Und noch nie war der Mensch so sehr überfordert im Umgang mit dieser Freiheit.

Zu diesem Schluss kam ich jedenfalls, als ich den Artikel „Die neuen Gebote“ in der NZZ am Sonntag vom 8. Juli 2012 las:

„Dabei wären wir doch so frei wie nie. Dürfen tun, sagen und glauben, was wir wollen, egal ob wir arm sind oder reich, Frauen oder Männer. Und trotzdem oder gerade deshalb hängen sich so viele an die Lippen von Ratgebern wie Kinder an die Rockzipfel ihrer Mamis, um auszusehen, wie alle aussehen, das zu tun, was alle tun, die ewiggleichen Sätze zu sagen und sich in abgeschaute Posen zu werfen.“

Trotz grosser Freiheit und schier unendlichen Wahlmöglichkeiten findet sich die Gesellschaft mit einem „Darfmanitis“-Problem wieder und weil es kaum mehr allgemein gültige Normen oder gemeinsame Werte gibt, wird auch die Orientierungslosigkeit grösser und grösser: Darf man das? Muss man dies? Kann man jenes?

Mir scheint das krankhaft: Die Individualisierung wird bis zum Narzissmus ausgereizt (die Welt um mich herum existiert, damit es mir gut geht) und der Sinn fürs Gemeinwohl sinkt auf ein gefährliches Niveau ab. Gleichzeitig ist die Angst, sich zu blamieren oder irgendwie unangemessen anders zu sein, so gross, dass man dem Diktat der Gesellschaft folgt, statt mutig den eigenen Weg zu entdecken und zu gestalten.

Nochmals eine Perle aus dem oben erwähnten Artikel von Carole Koch:

„Man macht Karriere, kleidet sich stilgerecht, ist fit, turnt Yoga, beisst in Biogemüse, meditiert, trennt Abfall, kauft Versicherungen, kauft Autos, kauft Möbel, macht Kinder, wird alt und fett und glücklich, unbedingt. Im Grunde wollen alle das, was schon immer alle wollten: sein wie die anderen.“

Doch hier liegt die Herausforderung: Da es immer weniger allgemein akzeptierte und verbindlich gelebte Werte gibt, ist überhaupt nicht klar, „wie man zu leben hat“. Diese Orientierungslosigkeit führt dazu, dass die unterschiedlichsten – seriösen und weniger seriösen – Ratgeber aufgesucht werden, um Ordnung in eine chaotische Welt zu bringen.

Dass man sich mit den Fragen der Lebensgestaltung, ja mit den Fragen des Lebens überhaupt, an eine Drittperson wendete, finde ich zunächst sehr sinnvoll. Die Frage ist nur, von wo man sich Hilfe erhofft und wie diese Hilfe aussieht. Nicht selten wird nämlich die persönliche Freiheit aufgegeben und man tritt in eine (unbewusste) Abhängigkeit eines esoterischen Lehrers, religiösen Führers oder unseriösen Therapeuten. Auch die Meinung eines Stilberaters kann abhängig machen.

Unsere Gesellschaft krankt daran, dass sich jeder selbst verwirklichen will, aber keiner Verantwortung übernehmen will. Selbst die Verantwortung für das eigene Leben legt man lieber in die Hände eines Beraters, der uns sagt, wo’s lang geht. Beim Nachdenken übers Leben, beim Reflektieren des eigenen Weges kann die Unterstützung eines Freundes oder Beraters eine grosse Hilfe sein. Aber die Verantwortung fürs eigene Leben sollte man nicht delegieren – weder an die Gesellschaft noch an einen Therapeuten und schon gar nicht an einen Guru.

Als Coach ist es mir wichtig, Menschen zu ermutigen, ihren persönlichen Weg zu entdecken und zu gestalten – unabhängig von dem, was gesellschaftlich erwartet wird. Und als Theologe ist es mir wichtig, Menschen zu ermutigen, sich an den göttlichen Prinzipien zu orientieren – weil in diesen alten Wahrheiten eine grosse Kraft steckt.

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichGesellschaft“.

Mein Montagsgesicht – Zumutung oder Ermutigung?

Wir werden glaubend geboren.
Ein Mensch trägt Glauben wie ein Baum Äpfel.

Ralph Waldo Emerson

Haben Sie auch noch so ein schönes, teures Sonntagsgeschirr? Und haben Sie auch ein Sonntagsgesicht?

Unter dem Motto „Mein Montagsgesicht – Zumutung oder Ermutigung?“ nahm ich letzten Sonntag in meiner Predigt die Spannung zwischen Sonntags- und Montagsgesicht auf. In meiner Funktion als theologischer Mitarbeiter von bvMedia war ich in einer (Kirch)Gemeinde zu Gast und forderte die Zuhörer auf, sich damit auseinanderzusetzen, welche Wirkung wir im Alltag haben. Sonntag und Montag driften da manchmal gewaltig auseinander.

Es gibt die Momente im Leben, da bemüht man sich besonders, sein Sonntagsgesicht zu zeigen: Bewerbungsgespräch, Wohnungsbesichtigung, erster Schultag der Kinder… Wir zeigen uns im besten Licht, wahrscheinlich ist es sogar etwas gekünstelt, aber wir wollen einen guten Eindruck hinterlassen. Es ist so, wie ich es bei den Filmaufnahmen für den Dällebach Kari erlebte: Während die Kameras aus waren, wurde überall eifrig alles zurechtgeschoben und -gebügelt. Und dann hiess es: „Achtung wir drehen – und Action.“ Sofort musste alles im besten Licht erscheinen.

Dann gibt es die Momente, da ist keine Kamera auf uns gerichtet. Wir fühlen uns unbeobachtet, wir packen unser Montagsgesicht aus. Wie verhalten wir uns, wenn wir denken, es spielt jetzt grad nicht so eine Rolle, wie wir uns benehmen? Viele (Männer) zeigen ihr Montagsgesicht im Strassenverkehr. Oder an der Migroskasse. Und sein Montagsgesicht im Griff zu haben, ist für etliche z.B. auch beim Ausfüllen der Steuererklärung eine Herausforderung.

Der Punkt ist: Unser Montagsgesicht zeigt, wer wir wirklich sind. Mit dem Sonntagsgesicht geben wir vor, etwas zu sein, was wir gar nicht sind – jedenfalls nicht alle Tage (eben „Alltag“) sind. Wir versuchen ein bestimmtes Image vorzugeben, ein gewisses Bild, das uns wahrscheinlich etwas besser, schöner, anständiger… darstellt, als wir wirklich sind.

Leider stehen besonders Christen im Verdacht, einen solchen heuchlerischen Lebensstil zu verkörpern: Am Sonntag ganz schön fromm, am Montag ganz unschön unfromm. Wasser predigen, Wein trinken. Nicht selten stimmt das tatsächlich: (Auch) Wir Christen werden unseren hohen Ansprüchen nicht gerecht. So richtig ungesund wird es, wenn wir so tun, als wären wir tatsächlich etwas Besseres und wir als christliche Gemeinschaften vorgeben, dass in unseren Kreisen alles rund läuft, wir weder lügen, noch gierig oder zornig sind und schon gar nicht fremdgehen.

Weil wir ja alle gerne ein Sonntagsgesicht hätten, werden wir tatsächlich zu Heuchlern. Was können wir dagegen tun? Wie wird unser Montagsgesicht von der Zumutung zur Ermutigung? Drei Gedanken habe ich letzten Sonntag dazu weitergegeben:

Das Sonntagsgesicht in der Kommode verstauen

Was für das Sonntagsgeschirr eine Schande ist, täte unserem Sonntagsgesicht gut: Weg damit, verstauen in der Kommode.
Das Montagsgesicht zeigt, wer wir wirklich sind. Wenn wir uns ernsthaft füreinander interessieren und einander unterstützen wollen, müssen wir das Sonntagsgesicht ablegen. Denn nur so können wir uns richtig kennen lernen, erfahren, was uns schmerzt, wo wir hoffen und wo wir zweifeln. Wo wir uns freuen und wo wir versagen…

Mit dem Himmel in Tuchfühlung bleiben

Eine aktive Gottesbeziehung hilft, sich zu sehen, wie man wirklich ist: Nicht perfekt, nicht vollkommen, aber ein geliebtes Kind des Schöpfers.
Zu wissen, dass dieser Gott besser mit meinem Scheitern umgehen kann, als ich oder mein Umfeld, gibt mir Hoffnung. Er verlangt von mir nicht, dass ich mich im schönsten Sonntagsgesicht präsentiere, er nimmt mich auch mit meinem Montagsgesicht an.

Bei allem was wir tun, Jesus im Blick behalten

Im Bibeltext, den ich für meine „Montagsgesichts-Predigt“ wählte (Kolosserbrief 3), gibt es eine sehr herausfordernde Stelle: Wir sollen so arbeiten, als würden wir für Jesus arbeiten. Wir sollen uns als Angestellter so verhalten, als wäre Gott selbst unser Chef. Wenn wir weniger danach fragen, in welchem Licht wir dastehen, wie wir mehr für uns rausholen, dafür umso mehr fragen, was einem jesusmässigen Lebensstil entspricht, können wir zu Ermutiger in unserer Familie, in unserem Quartier und in unserem Job werden.

Wie das Zitat oben sagt, sind wir im Grunde glaubende Wesen. Manchmal sind leider die Früchte dieses Glaubens wie faule Äpfel: ungeniesbar. Doch wenn wir aufhören, etwas vorzugeben, das gar nicht ist, stattdessen mit Gott in Tuchfühlung bleiben und offen und ehrlich mit unseren Mitmenschen umgehen, wird auch unser Montagsgesicht eine Ermutigung.

Mein  Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichSpiritualität“.

Mit angezogener Handbremse unterwegs

Das typisch Menschliche: sich aus Angst vor einer unbekannten Zukunft
an die bekannte Vergangenheit klammern.

John Naisbitt

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Auto, vielleicht in einem eher älteren Fahrzeug, drehen den Schlüssel und der Motor startet. Sie beginnen Ihre Reise, aber kommen nicht so recht in Fahrt.  Erst jetzt bemerken Sie das kleine rote Lämpchen: Die Handbremse ist noch nicht vollständig gelöst. Sofort holen Sie das nach – und siehe da, das Fahrgefühl wird spürbar „befreiter“.

Das Fahren mit angezogener Handbremse ist nicht besonders angenehm und vor allem nicht wirklich gesund für ein Fahrzeug. Doch noch viel weniger gesund ist es, mit angezogener Handbremse durchs Leben zu gehen.

Dieses „Mit-angezogener-Handbremse-Unterwegssein“ kam mir beim Nachdenken über obiges Zitat in den Sinn. Statt mit Freude die Gegenwart zu gestalten und sich so (pro)aktiv auf die Zukunft einzulassen, hangen viele Menschen der Vergangenheit nach. Und diese Einstellung wird dann schnell einmal zu einem Fahren – oder eben Leben – mit angezogener Handbremse. „Als ich in der Blüte meines Lebens war“, wird wehmütig auf die Zeit zwischen 20 und 30 Jahren zurückgeschaut, „da hatte ich so richtige Freude am Leben!“ Und die das sagen, sind nicht selten noch nicht einmal 40 Jahre alt.

Vielleicht hat dies damit zu tun, dass einem in diesem Lebensabschnitt (oft ist diese Phase ja auch vom alltäglichen Familienwahnsinn mit zwei, drei kleinen Kindern geprägt) bewusst wird, dass sich nicht alle Lebensziele oder -träume verwirklichen lassen. Diese Angst, den grössten Abenteuer des Lebens, der gelassenen Unbekümmertheit und der jugendlichen Schaffenskraft für immer adieu gesagt zu haben, führen dazu, dass wir uns erinnerungsverliebt an die Vergangenheit klammern.

Versöhnt in die Zukunft

Die Zukunft kann Angst auslösen, weil sie unbekannt ist, vielleicht unberechenbar scheint. Und gut möglich, dass wir uns nicht auf sie freuen, weil tatsächlich ein unbeschwertes Leben wie in den 20ern kaum mehr möglich sein wird. Dann gibt es diese Jugendträume, die im Alltag immer weiter in den Hintergrund rücken und teils auch mit bestem Willen nicht mehr erfüllen lassen.

Um versöhnt leben zu können, müssen wir mit unserer Vergangenheit ins Reine kommen. Alten Wunden, schmerzhaften Erfahrungen und unerfüllten Wünschen sollten wir „den Wind aus den Segeln nehmen“, damit sie uns nicht auf der Reise in die Zukunft behindern können. Auch wenn uns mit 40 nicht mehr die ganze Welt offen steht, ist doch das Leben in dieser Phase voller Reichtum. Unsere gesammelten Erfahrungen (auch die schmerzlichen, auch unser Scheitern) haben das Potenzial zu wertvollen Schätzen zu werden, die unseren Alltag und unsere Zukunft reich machen.

Und damit meine ich mit nichten sowas wie resignative Zufriedenheit! Wer versöhnt im Jetzt lebt, wird die Zukunft aktiv gestalten können. Egal welches Alter wir haben, egal in welchen Lebensumständen wir stecken, wenn wir unser Leben bewusst gestalten und neue Träume/Ziele definieren, können wir sehr viel erreichen. Haben wir uns dabei entschieden, eine Eiche und nicht ein Kürbis zu sein, werden wir nicht nur alt, sondern auch weise. Und diese Lebensqualität ist mindestens so wertvoll wie die Unbeschwertheit der Jugend.

Tipps zum „Handbrems-lösen“

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichSelbst“.

Geniessen können

Wer nicht selbst geniesst, wird ganz schnell ungeniessbar.
(Quelle: Simplify your time)

Ich kann geniessen! Letzte Woche, zum Beispiel, genoss ich das, was das Leben so schön macht, ganz oft: Ein Mittagessen mit einem Freund am Bielersee, unser zwölfter Hochzeitstag, den wir mit einem wunderbaren kulinarischen und kulturellen Abend im Bäre Buchsi feierten, das feine Muttertagsmenü, das Erreichen eines Etappenzieles eines grossen Projektes, das Lesen eines tollen Buches… Und zu guter Letzt liess ich die Woche bei einem Glas Rotwein ausklingen.

Zum guten Umgang mit sich selbst gehört, dass man geniessen kann. Zeit für sich selbst – vielleicht mit anderen zusammen – aber nicht für andere, einfach für mich – „egoistische Zeit“. Natürlich soll mein Leben nicht einfach ständig um mich selbst drehen. Doch bei vielbeschäftigten, engagierten Menschen liegt die Gefahr öfters darin, sich nur noch um die Arbeit oder um andere Menschen (zum Beispiel die Kinder) zu drehen. Bewusst geniessen, ist eine Möglichkeit, sich selbst ernst zu nehmen, sich um sich selbst zu kümmern, damit man nicht ver-kümmert. Geniessen ist sehr individuell – was für mich ein Genuss ist, kann für einen anderen Stress bedeuten. Daher ist es wichtig, herauszufinden, wie ich geniessen, Energie tanken und einfach mal die „Seele baumeln lassen“ kann.

Massvoll geniessen

Ja, ich kann geniessen! Leider kam auch das Feedback meiner genussvollen Woche sehr direkt und ungeschminkt: Am Montagmorgen zeigte mein wöchentlicher Gewichtsindex steil nach oben. Damit mein Gewichtsindex nicht Woche für Woche in die Höhe schnellt, muss ich darauf achten, dass mein Geniessen massvoll bleibt.

Dies ist auch darum wichtig, weil geniessen nur dann wirklich „Genuss“ ist, wenn es nicht zur Selbstverständlichkeit wird. Das feine Gala-Dinner verliert seinen Reiz, wenn wir es jeden Mittag haben – so wird auch das Spezielle zum Gewöhnlichen, aus Genuss wird Selbstverständlichkeit.

Noch schlimmer ist, wenn aus Genuss eine Sucht wird. Was wir anfangs geniessen, kann bei übermässigem Konsum zur Selbstverständlichkeit und mit der Zeit sogar zur Sucht werden. Daher ist gut, wenn wir uns ab und zu fragen: Ist dies und das ein Genuss- oder vielleicht doch ein Suchtmittel für mich?

Ich liebe es, zu einem feinen Essen oder an einem gemütlichen Sommerabend im Garten ein Glas Rotwein zu geniessen. Da ich will, dass dies wirklich ein Genuss bleibt, verzichtete ich dieses Jahr während der Fastenzeit auf Alkoholkonsum. Es war gar nicht so einfach, denn es gab ganz viele Gelegenheiten in diesen sechs Wochen, zu denen ein Glas Rotwein eigentlich einfach dazu gehört hätte…

Geniessen – unbedingt! Aber bitte auch immer in gesundem Mass.

Ausgewogen geniessen

Ein zweiter Punkt scheint mir wichtig, wenn wir gut mit uns selbst umgehen wollen: ausgewogen – oder ganzheitlich – geniessen. Wir tun uns und unserem Körper einen Bärendienst, wenn Geniessen für uns nur mit „Kalorienzufuhr“ zu tun hat. Ideal ist, wenn wir mit unserem Geniessen unserem Körper, unserem Geist und unserer Seele etwas Gutes tun.

Diese verschiedenen Bereiche entsprechen drei Tanks, die alle auf ihre Weise immer mal wieder einen Tankfüllung brauchen.

Den emotionalen Tank füllen wir vielleicht im Zusammensein mit Freunden. Oder mit einem Vollbad. Oder einem Ausflug in die Berge.

Den geistigen Tank füllen wir in dem wir unserem Verstand Futter geben. Ich las kürzlich genussvoll die Biographie von Steve Jobs. Das war geniessen für den Geist.

Für den körperlichen Tank gibt es verschiedene Unterbereiche: Da sind die vernünftige Ernährung, genügend Schlaf, regelmässige Bewegung. Da komme ich immer mal wieder mit mir selbst in den Clinch: Schlafen, ja, das ist ein Genuss für mich. Essen auch – aber eben vielleicht nicht unbedingt die gesunde Ernährung. Und bei der Bewegung muss ich immer wieder herausfinden, wie ich lust- und genussvoll Sport treiben kann. Nicht selten erlebe ich, dass ich mir erst einen Ruck geben muss und dann auf dem Bike im Wald es wirklich geniessen kann, wenn ich meinen Körper fordere und der Schweiss mir übers Gesicht läuft.

Geniessen können ist wichtig! Darum ist es wichtig, zu wissen, wie wir geniessen können. Viel Freude beim Herausfinden und beim Geniessen!
Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den Lebensbereich “Selbst“.

Weltverbesserer – Praxisbeispiel

Es ist nie zu früh, mit dem Geben anzufangen.
Blake Mycoskie, Gründer und „Chief Shoe Giver“ von TOMS Shoes

Passend zu meinem Blogartikel dieser Woche, Ein Weltverbesserer sein, habe ich mich heute morgen von der Story von Blake Mycoskie inspirieren lassen. Die Geschichte berührt mich und darum Teile ich sie gerne mit allen, die im Kleinen oder Grossen auch Weltverbesserer sein möchten.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=f5OCcD4qbk8[/youtube]

Ein Weltverbesserer sein

Jeder Mensch hat die Chance,
mindestens einen Teil der Welt zu verbessern,
nämlich sich selbst.

Paul Anton de Lagarde

Ein kurzer Blick in die Tagesschau und es ist offensichtlich: Auf unserer Welt herrschen katastrophale Missstände. Ungläubig schauen wir nach Damaskus und können diese syrische Tragödie nicht fassen.

Heute ist es Syrien – gestern war es Lybien und morgen wird ein nächster selbstverliebter Machthaber Grund für unser verständnisloses Kopfschütteln sein. Weil News nach einer gewissen Zeit keine News mehr sind und uns die immer gleichen Berichterstattungen nur noch langweilen (würden), geraten viele weitere Konflitkherde dieser Welt in den Hintergrund oder gar in Vergessenheit.

Einige der menschenverachtendsten Katastrophen blenden wir wohl auch desswegen aus, weil wir bei genauerem Betrachten unser eigenes Verhalten kritisch reflektieren müssten. Ich gebe zu: Es ist wesentlich einfacher, mit dem Finger auf einen machtbesessenen Unterdrücker zu zeigen, als zu fragen, wo ich selbst Teil der schlimmsten Ausbeutung unserer Zeit bin. Wo lebe ich auf Kosten der Menschen in der 3. Welt? – Ähm, wie hiess schon wieder dieser Diktator aus Syrien? …

Nein, ich will nicht vom Thema ablenken. Das einleitende Zitat macht klar: Auch wenn wir wohl kaum die ganze Welt alleine verändern können, gibt es doch einen Teil, den jeder von uns anpacken kann und sollte: Sich selbst zu verbessern.

Veränderung ist möglich, wenn auch nicht ganz gratis. Ein Beispiel: Gegenwärtig mache ich mir Gedanken, ob ich unsere budgetschonenden Kaffeebohnen künftig mit sozial gerecht produzierten ersetzen soll. Ich weiss: Es ist eine kleine Sache und damit werde ich die Welt noch nicht grossartig verbessern. Aber es zeigt ein Dilemma, in dem ich (wir?) stehe: Wie kann ich mit meinem bescheidenen Budget auskommen, ohne dies auf Kosten anderer Menschen zu tun, die für die Produktion meiner Billigprodukte ausgebeutet werden?

Eigentlich wollte ich nicht über Kaffeebohnen schreiben, sondern der Frage nachgehen, wie wir denn uns selbst verbessern können. Wie schaffen wir es, egal in welchem Bereich, unser Verhalten oder unsere Lebenssituation zu verändern?

Der erste Schritt zur Veränderung ist immer, dass ich meinen Alltagstrott unterbrechen lasse. Ich werde nicht einfach zufällig ein besserer Mensch. Mein Leben (ziel)bewusst zu gestalten, braucht auch einen bewussten Entscheid dazu. Oder, das wünsche ich aber keinem: Unser Körper zieht irgendwann die Notbremse und wir landen in einem Burnout, was uns zwingt, unser Leben zu überdenken.

Ob in der Unternehmensberatung oder in der Psychologie: Es gibt die schönen Theoriemodelle der Veränderung zu hauf. Ich selbst liebe es möglichst einfach. Darum habe ich aus dem simplen „Luege, Lose, Loufe“ meinen persönlichen Praxiszyklus gemacht. Und genau der kam mir gerade eben in den Sinn, als ich ein einfaches Bild für die Schritte der persönlichen Veränderung suchte.

  • Warte: Wenn wir nicht aus dem Hamsterrad aussteigen und unsere Betriebsamkeit stoppen, werden wir uns nie verändern!
  • Luege: Genau hinschauen und unsere Situation betrachten. Ob es wie oben um unser Konsumverhalten geht oder ob wir uns Veränderung im Job oder in der Beziehungsgestaltung wünschen, wir müssen hier die Ist-Situation wahrnehmen und festhalten.
  • Lose: Was sagt unser Bauch zu dieser bestimmten Situation? Hier geht es darum, in sich selbst zu hören. Bauchgefühl und Verstand sollen gemeinsam entscheiden, wo wir mit der Ist-Situation zufrieden sind und wo wir Handlungsbedarf erkennen (Soll-Zustand).
  • Loufe: Kein Modell bringt uns weiter, wenn am Ende nicht die Aktion steht. Welche kleinen Schritte will ich ab heute in Angriff nehmen?

Oft sind wir gut darin, zu sehen, wo unser Gegenüber Veränderungspotenzial hat. Doch bevor wir mit besserwisserischen Tipps kommen: „Warte“! Ich kann weder die Welt noch meine Mitmenschen verändern, doch ich kann mich verbessern. Und während ich dies tue, kommt Bewegung ins ganze „Lebensmobile“ und die Welt wird vielleicht doch ein bischen besser…

 

 

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichSelbst“.

Mehr Zeit

Es gibt nichts, wofür man Zeit findet.
Wenn man Zeit haben möchte,
muss man sich welche schaffen!
Leopold von Ranke

Diese Woche durfte ich für ein Verwaltungsteam einen Motivationstag Mehr Zeit durchführen. Doch eigentlich war schon der Titel dieser Personalschulung eine (bewusste) Mogelpackung.

Unsere Zeit vermehren – das funktioniert nur in den Märchen. Wir haben nun mal nicht mehr als 24 Stunden pro Tag zur Verfügung. In dieser Hinsicht ist die Zeit etwas sehr Gerechtes: Jeder hat 60 Minuten Zeit pro Stunde.

Die grosse Frage ist: Wie nutzen wir die uns zur Verfügung stehende Zeit? Und genau da setzte ich an diesem Motivationstag Mehr Zeit an: Wir können nicht zusätzliche Zeit kaufen, aber wir können die vorhandene Zeit sinnvoll und verantwortungsbewusst nutzen.

Dabei geht es mir weniger um die ausgeklügelten Techniken, wie wir noch mehr in unsere Tagesplanung quetschen können. Diese Zeitspartipps sind zwar sehr wesentlich und können eine grosse Hilfe sein. Und natürlich haben wir uns am besagten Motivationstag ausführlich damit beschäftigt. Doch bevor wir mit immer besseren Techniken in immer grösseren Aktivismus ausbrechen, gilt es ganz grundsätzlich über die Zeit nachzudenken:

  • Unsere Einstellung zur Zeit ist matchentscheidend.
  • Der Kompass ist wichtiger als die Uhr.
  • Jeder verschwendet ab und an Zeit.

Unsere Einstellung

In seinem grundlegenden Zeitmanagementbuch Das neue 1×1 des Zeitmanagements schreibt Lothar Seiwert: „Erfolgreiches Zeitmanagement hängt mehr von der richtigen Einstellung und konsequentem Verhalten ab als von ausgefeilten Techniken und trickreichen Mehtoden.“

Beginnen wir also damit, eine positive Einstellung zur Zeit zu gewinnen. Nicht: „Ich habe keine Zeit!“ sondern: „Wie will ich meine Zeit gestalten?“.
Der Blick soll nicht auf das gerichtet sein, was wir alles nicht schaffen können, sondern bewusst auf das gelenkt werden, was wir wirklich schaffen wollen. Die richtige Motivation ist auch hier entscheidend: Ist es nicht erstaunlich, was wir alles an einem Tag schaffen, wenn wir wirklich wollen? Auf der anderen Seite gibt es auch Tage, an denen eigentlich schon beim Aufstehen klar ist, dass wir heute zu nichts Zählbarem in der Lage sein werden.

Der Kompass

Es ist eines meiner Lieblingsthemen und darüber habe ich in meinem Blog schon oft geschrieben: Wer seine Ziele kennt, kommt im Leben viel zufriedener und effektiver voran. Die Uhr ist gnadenlos und zeigt uns jede verflossene Stunde an. Doch der Kompass hilft uns, immer wieder zu kontrollieren, ob uns der eingeschlagene Weg ans avisierte Ziel führen wird.

Weiterführende Artikel zum Thema Kompass:

Zeitverschwendung

Als junger, visionärer Projektleiter wollte ich alles richtig machen: Ich las die Zeitmanagement- und Leadership-Bücher und wollte die vorgeschlagenen Techniken umsetzen, wollte meine Projekte und meine Tage durchorganisieren und optimal planen. Aber irgendwie war das frustrierend.

Warum? Ich bin nicht der „Buchhalter-Zeittyp“. Das heisst: Ich kann nicht genau budgetieren, wie viel Zeit ich für einzelne Tätigkeiten brauchen werde. Und noch fast weniger kann ich mich an einen genauen Plan halten. Das schränkt meine Kreativität und mein visionäres Potenzial ein.

Ich habe aufgegeben, die hochgepriesenen Techniken eins zu eins zu übernehmen. Hilfreiche Tools nehme ich gerne in Anspruch – wenn sie zu meinem Zeittyp (der Jongleur) passen und wirklich eine Erleichterung sind. Es geht ja nicht um die Technik, sondern dass wir unsere Mission erfüllen.

Inzwischen hab ich mich damit versöhnt, dass ich nicht jeden Tag zu aussergewöhnlichen Leistungen fähig bin. Ich will in einem gesunden Rhythmus leben und auch mal Zeit verschwenden dürfen. Meine Erfahrung ist: Zeit verschwenden, heisst manchmal auch Zeit gewinnen. In der Hektik des durchorganisierten Tages kommen mir nicht die besten Ideen. Aber vielleicht, wenn ich mit meinem Sohn am Rollhockey spielen bin…

 

Mein  Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichArbeit“.