Oh du fröhlicher Weihnachtsstress

„Weihnachten offenbart die Temperaturen im Umgang der Menschen miteinander.“
Kardinal Karl Lehmann

Und wieder steht uns das „Fest der Liebe“ kurz bevor. Und wie alle Jahre wieder ist die Adventszeit von einem mehrwöchigen Ausnahmezustand geprägt: Ein Weihnachtsessen reiht sich ans andere, Geschenke werden gewünscht, gebastelt und gekauft, man trifft sich an Weihnachtsmärkten, die vor allem durch kulinarische Nascherein zu bestechen vermögen, die Vorfreude auf das grosse Fest steigt bei den Kindern von Tag zu Tag – etwa im ähnlichen Verlauf der Stresskurve der Eltern.

Ganz nach dem schlauen Spruch von Kurt Marti, „Die Ware Weihnacht ist nicht die wahre Weihnacht.“, gehört bei mir die Frage nach Sinn und Unsinn unserer Art Weihnachten zu feiern alljährlich dazu. Ich steh da in einem inneren Konflikt: Auf der einen Seite sprechen mich all diese Adventsrituale an. Die Idee, mit den Kindern all die Weihnachtsgeschenke für Grosis und Göttis selbst zu basteln, ist doch wunderbar. Und was gibt es besseres, als „in Liebe selbst gebackene Weihnachtsguetzli“? Auch das Bummeln auf dem Weihnachtsmarkt mit der ganz besonderen Duftnote gefällt mir jedes Jahr wieder – besonders, weil der Besuch eines solches Marktes zu einem guten Ritual für uns als Ehepaar wurde. Dann sind da noch die Weihnachtsessen. Warum muss ausgerechnet im Advent jede Kommission, jede Firma und jeder Verein noch ein Weihnachtsessen machen? Klar, man könnte dies auch im Januar nachholen; aber irgendwie wäre dies dann doch nicht dasselbe, oder?

Ich habe also sehr viel Sympathie für all diese Dinge, die den Advent ausmachen. Und doch gibt es eben eine Spannung in mir. Gerade gestern beim Coiffeur war da diese Situation: Eine Mutter gesteht mir, dass sie eigentlich gerade ziemlich überfordert ist. Und ich frage mich: Führt diese Art, wie wir Advent und Weihnachten verbringen nicht dazu, dass wir uns selbst überfordern und an Heiligabend erschöpft in den Sessel fallen, die Weihnachtslieder hinter uns bringen und kein Hauch von Besinnung auf das wahre Weihnachten mehr möglich ist?

Vielleicht wollen wir wieder einmal zu viel – zu viel des Guten. Vielleicht sind es zu viele gute Erwartungen, zu viele gute Vorsätze (wen wir alles beschenken wollen), zu viel Lust auf Harmonie – Friede, Freude und Liebe auf Knopfdruck, und zu viel ausgemalte Weihnachts- und Familienidylle. Möglicherweise gibt es auch den unbewussten Antrieb in uns, in der Weihnachtszeit nahzuholen, was wir auf der zwischenmenschlichen Ebene durchs Jahr verpasst haben.

Vielleicht, und da bin ich mir ziemlich sicher, wäre weniger oftmals mehr. Ich hätte da eine Idee: Weniger „Fest der Liebe“ dafür mehr Liebe während dem Jahr. Könnte das ein weihnächtlicher Vorsatz sein? Ein Geschenk, das wir uns gegenseitig schenken könnten?

Und hier noch für alle, die ihre Familien Weihnachtsfeier am Planen sind. Im Alltagstipp Weihnachten einmal anders im Radio Life Channel haben wir eine Idee parat.

Sind unsere Kinder normal?

Wir müssen uns im Klaren sein, dass wir in unserem System mittlerweile mehr ‚kranke‘ als gesunde Kinder haben.
Thomas Baumann, Kinderarzt (Im Interview mit der NZZ am Sonntag vom 6. November 2011)

Als Vater ist es mein grosser Wunsch, dass sich unsere Kinder positiv entwickeln, Fortschritte machen und ich sie in ihrer Persönlichkeit fördern und unterstützen kann.

Das ist nichts besonderes, weil alle Eltern das Beste für ihre Kinder wünschen. Nur: Was ist das Beste? Dabei erlebe ich den Umgang mit den schulischen Anforderungen an meine Kinder als eine spezielle Herausforderung.

Ich möchte mir später mal nicht vorwerfen müssen, ich hätte meine Kinder zu wenig gefördert und ihnen dadurch Stolpersteine auf eine erfüllende Berufslaufbahn gelegt. So hinterfrage ich mich, ob ich „es“ wohl richtig mache. Ohnmachtgefühle sind da nicht mehr weit. Aber auch damit scheine ich nicht alleine zu sein.

Gerade diese Woche habe ich mich mit einer Mutter unterhalten, die sich auch schwer damit tut, angemessen auf die Schulleistungen der Kinder zu reagieren. Erfüllt ein „Erfüllt“ auch die Erwartungen der Eltern oder braucht es jedesmal ein „Übertroffen“? Wie reagiere ich zum Beispiel auf einen so genannten „dummen Fehler“ in einem Test?

Weil ich weiss, dass elterlicher Druck für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder oft mehr unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen, will ich mich hüten, überhöhte Forderungen zu stellen. Doch auch wenn ich Bemerkungen im Sinn von „mehr wäre möglich“ unterdrücke, spürt mein Kind, ob ich seine Leistung wertschätze oder nicht.

Letzten Sonntag las ich in der „NZZ am Sonntag“ ein bemerkenswertes Interview zu diesem Thema: „Heute hingegen erhalten über fünfzig Prozent aller Kinder irgendwelche Therapien, um schulische Schwächen zu beheben. Irgendetwas stimmt da nicht“, sagt Kinderarzt Thomas Baumann. Und warum ist das so? „Wir haben heute völlig falsche Vorstellungen davon, was normal und was nicht normal ist.“

Baumann und sein Kollege Romedius Alber warnen vor den vielen Abklärungstests und der Übertherapierung unserer Kinder. Statt bei jedem Kind einen Defekt zu suchen, sollte man gescheiter auf die Stärken des einzelnen bauen. Als Kinderärzte lehnen sie selbstverständlich nicht einfach grundsätzlich Therapien ab, weisen jedoch darauf hin, dass jede Diagnose bei den Kindern etwas auslöst. „Durch die Therapien werden Kinder stigmatisiert“, sagen die Experten, und zudem seien viele Therapien nutzlos.

Doch Baumann beobachtet auch hoffnungsvolle Förderung: „Es gibt Therapeutinnen, die wollen nicht einen Defekt reparieren, sondern das Kind stärken. Sie suchen nach anderen Fähigkeiten, auf die das Kind bauen kann, damit es trotz Problemen auf sich stolz sein kann.“

Sind nun unsere Kinder normal? Oft wohl „normaler“ als wir denken. Stärken wir doch unsere Kinder in ihren Fähigkeiten und hören wir damit auf, sie an einer gnadenlosen, übersteigerten Norm zu messen.

Link zum Artikel in der NZZ am Sonntag: „Erlöst die Schüler von unnötigen Diagnosen

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichLiebe & Familie„.

Erwartungen klären

Manchmal wäre es einfacher, Männer würdensagen, was sie denken. Vielleicht wäre es manchmal einfacher, Frauen würdennicht ständig sagen, was sie denken. (C.J. in der Frauenzeitschrift Joyce 1/2011)

Die meistenKonflikte, nicht nur in Partnerschaft, auch im Job, haben mit uner­füllten Erwartungenzu tun. Wir sind enttäuscht, weil der andere unsere Erwart­ungen nicht erfüllt.

BeiEnttäuschung meinen wir, mind. emotional, der andere haben etwas falschgemacht. Wir denken oder sagen „Du hast mich enttäuscht“, doch richtiger wäreeigentlich „Ich habe mich getäuscht“. Eine Enttäuschung ist im Grunde eineTäuschung, die wir geglaubt haben, jetzt aber entmachtet wird.

Ein solcheTäuschung kann verschiedene Ursachen haben:

ð  Unausgesprochene Erwartungen: Für michist „normal“, was meinem Back­ground (Denkweise, Erziehung, Erfahrungen…)entspricht. Und dann schliesse ich von mir auf die anderen.
ð  Übersteigerte Erwartungen: Manchmalhaben wir auch zu grosse Erwart­ungen. Unsere Mitmenschen, oder eben unserPartner, kann beim besten Willen gar nicht erfüllen, was wir alles erwarten.
ð  Unklare Erwartungen: Oft erwarten wir von unserem Partner, dass er eine Aufgabe genau so angeht, wie wir das tun würden. Das kann schnell zu unklaren Erwartungen führen. Dabei gilt es zu bedenken: Es gibtoft mehrere Wege ansgleiche Ziel!!
ð  Scheinbare Erwartungen: In denvielen hunderten von Jahren haben wir Männer gelernt, möglichst rasch eineLösung auf ein Problem zu finden! Doch: Will die Frau wirklich meine Lösung fürihr Problem? Will die Frau wirklich Antwort auf ihre Frage? – oder nur einGefühl von ernst genommen sein?

Wir sehen, es wird uns nicht einfach gemacht: Es gibt nicht gäusserte Erwartungen des Partners, die wir nicht erkennen. Auf der anderen Seite sind offensichtliche Erwartungen, die aber gar keine sind. Was in jedem Fall hilft: Klare Kommunikation, Erwartungen miteinander besprechen, klare Abmachungen treffen. Setze nicht voraus, was gar nicht besprochen/abgemacht wurde!

Diese Gedanken stammen aus unserem Seminar „Hilf mir, dich zu verstehen!“. Beim letzten Timeout-Weekend für Paare beschäftigten sich 17 Paare mit der Thematik positiven Paar-Kommunikation.
Weitere Blogbeiträge zu diesem Thema finden Sie hier: Hilf mir, dich zu verstehen! / Verständnis zeigen

Mein Blogbeitrag dieser Woche dreht sich um den LebensbereichLiebe„.

Liebe kann man lernen…

Mein Zitat am Dienstag
„Liebe kann man lernen. Und niemand lernt besser als Kinder. Wenn Kinder ohne Liebe aufwachsen, darf man sich nicht wundern, wenn sie selber lieblos werden.“
Astrid Lindgren (1907-2002), schwedische Kinderbuchautorin (Pipi Langstrumpf)

Hilf mir, dich zu verstehen!

„Kommunikation ist ein lebenslanger Lernprozess und unsere Lebenszufriedenheit hängt stark vom Gelingen oder Misslingen der Kommunikation ab.“ Kerstin Hack

Obwohl wir täglich kommunizieren und Dank moderner Technologien immer mehr Möglichkeiten für die zwischenmenschliche Kommunikation haben, bleibt diese eine grosse Herausforderung. Sei dies im Berufsleben oder ganz besonders auch im Paaralltag.

In der Kommunikation von Mensch zu Mensch gibt es vier Quellen für Missverständnisse und Verständigungsprobleme:

  • Botschaft (Sachebene)
  • Emotionen (Beziehungsebene)
  • Sender (Motiv: Was will ich bezwecken?)
  • Empfänger (Was will ich [nicht] hören?)

In der Kommunikationslehre ist oft die Rede vom „Vier-Seiten-Modell“ (oder 4-Ohren-Modell) von Schulz von Thun. Das Modell bringt schön zum Ausdruck, dass in jeder Botschaft (Nachricht) eigentlich vier verschiedene Botschaften stecken:

    • Botschaft zur Sache (Facts)
    • Botschaf zu unserer Beziehung (Wie sehen wir einander.)
    • Botschaft über mich (Selbstoffenbarung)
    • Botchaft über die Erwartungen („Was will ich von dir“ und auch: „Was denke ich, dass du von mir willst“.)

 

Folgendes Zitat in Gedichtform zeigt nochmals auf, dass es beim Kommunizieren verschiedene Stolpersteine gibt:

„Gedacht ist nicht gesagt. Gesagt ist nicht gehört. Gehört ist nicht verstanden. Verstanden ist nicht einverstanden. Einverstanden ist nicht behalten. Behalten ist nicht angewandt. Angewandt ist nicht beibehalten.“ (Kerstin Hack)