Anfangs Woche hatte ich eine Teamsitzung um die nächste gms Matinée vorzubereiten. Bereits vor Monaten haben wir festgelegt, dass in unserer Serie „FULLDRIVE – aus dem Vollen schöpfen“ im September das Thema des Morgens „Unverschämt glauben“ lauten soll.
Ich fand die Idee von Anfang an toll. Doch mein Team war sich irgendwie unsicher: „Unverschämt? – ist das nicht zu negativ geprägt?“
Mit was verbinden wir denn unverschämt? Freche Jugendliche? Sich auf Kosten von anderen bereichern? Respektlos? – Natürlich ist das nicht das, was ich mit „unverschämt glauben“ verbinden möchte …
Nun, ich gebe zu, auch das Google Wörterbuch ist nicht auf meiner Seite:
Wir fanden dann im Verlauf der Kreativ-Sitzung den Kern, auf den wir hinaus wollen: Wir wollen einem angepassten Lebensstil den unverschämten Lebensstil gegenüberstellen.
Angepasste gibt es genug! Sei unverschämt, sei dich selbst!
Dazu forderte uns auch die dritte Sprecherin des GLS18 heraus: In der Gesellschaft und am Arbeitsplatz gibt es so viele die in Konformität leben, sich also angepasst verhalten.
Juliet Funt, CEO von WhiteSpace, beobachtet in vielen Firmen eine gewisse Trägheit: Keiner ändert sich, bis sich alle ändern und sich so doch wieder niemand verändert.
Die Erklärung davon: Die Macht des Gruppendrucks.
Um dies zu veranschaulichen, brachte Juliet Funt folgenden Videoclip mit auf die GLS-Bühne:
Auf dem Weg zu mehr Einfachheit im Alltag und im Unternehmen, kommt uns diese menschliche Verhaltensweisen in die Quere. Der Gruppendruck führt zu einer gefährlichen Angepasstheit.
Laut WhiteSpace ist rund die Hälfte von dem, was uns am Arbeitsplatz stört, unser eigener Fehler. Das ändert sich erst, wenn wir uns und das System hinterfragen. Eine kleine, sichere, „unverschämte“ (unerwartete, unangepasste) Handlung bringt vieles in Bewegung.
„NEIN!“-sagen lernen
Funt: „Everyone says yes because no one knows how to say no.“ („Jeder sagt ja, weil niemand weiss, wie man nein sagt.“)
Angepasste sagen ja, wenn es von ihnen erwartet wird. Unverschämte sagen auch einmal nein.
Als Führungsperson ist es praktisch, Leute zu haben, die immer anständig mit dem Kopf nicken und tun, was man von ihnen wünscht. Doch als Chef sollten wir uns einmal überlegen: Was für Mitarbeitende will ich eigentlich? Angepasste oder unverschämte? (Natürlich geht das jetzt nur, wenn wir das Wort „unverschämt“ positiv füllen. Auch ich will keinen respektlosen, selbstsüchtigen und verletzenden Mitarbeiter.)
Aber ich wünsche mir Leute in meinem Umfeld, die sich gewohnt sind, selber zu denken. Die eine ehrliche Antwort geben – und nicht die Antwort, die zwar gut tönt, aber nicht authentisch ist.
Das heisst für uns als Führungsperson: Sei kein Kontrollfreak! Lerne loszulassen! Lerne zu delegieren – nicht nur an deine Topleute! Sondern auch an Leute, die du entwickeln willst – denn das sind deine zukünftigen Topleute!
Und wie lernen wir jetzt NEIN zu sagen?
Bist du eine Führungskraft? Dann sorge dafür, dass in deinem Team, deiner Organisation, eine Kultur herrscht, in dem Nein gesagt werden darf. Dies kannst du zum Beispiel, in dem du einem Mitarbeitenden, der Nein sagt, erwiderst: „Danke für deine Offenheit/Direktheit.“
Was ich versuche: Wenn ich nein sagen muss, bemühe ich mich, dem Fragenden eine Alternative anzubieten. „Ich kann dir nicht helfen, aber schau doch mal dort …“.
Wenn du nicht direkt nein sagen kannst – oder auch noch nicht weisst, ob deine Antwort ein Ja oder ein Nein sein soll – dann bitte um Bedenkzeit.
Wenn du zusagst, kannst du auch gleich sagen, dass du diese Arbeit jedoch in Zukunft nicht immer übernehmen kannst.
Falls dein Nein aus zeitlichen Gründen ist, biete einen späteren Zeitpunkt an.
Ganz schön finde ich diesen WhiteSpace-Tipp: “I have something on my calendar.” (Make sure you write the actual word “Something” on your calendar in spare moments so you can be honest when you use this phrase.)
Wenn es dir schwer fällt, nein zu sagen, dann übe es. Vielleicht bei Freunden oder in der Familie. Du kannst sogar um Hilfe bitten, damit sie dich beim Nein-sagen unterstützen.
Den schönsten Satz sparte sich Juliet Funt für den Schluss auf: „Legacy is a story that has yet to be written, but you hold the pen.“ („Vermächtnis ist eine Geschichte, die noch geschrieben werden muss, aber du hältst den Stift.“)
Glücksaufgabe
Welches Vermächtnis willst du hinterlassen? Was schreibst du für eine Geschichte mit dem Stift in deiner Hand? Ein angepasstes Leben? Oder bist du unverschämt unterwegs?
Wie kannst du respektvoll NEIN sagen und dein Leben leben?