So nicht!

Bis jetzt habe ich mich hier loyal gegenüber unserer Regierung und den Behörden gezeigt. Damit ist heute Schluss!

Was zu viel ist, ist zu viel! Was unser nationales Parlament anfangs dieser Woche geboten hat, ist einem Amt mit Vorbildfunktion schlicht unwürdig!

Das hat sogar in unserem kreativ & wunderBar-Angebot bei sonst eher zurückhaltenden Frauen für heftiges Kopfschütteln gesorgt. Meine Frau sagt, sie hätte einige der Teilnehmerinnen noch nie so vehement diskutieren gehört.

Jede Person die Einfluss hat – und das ist so ziemlich jede und jeder, vom Mami zum Projektleiter über die Lehrperson bis zum Bundesrat -, weiss doch, dass unsere Taten lauter sprechen als unsere Worte!

Und was macht unser höchstes Parlament: Sie feiern in bester Partylaune ihren neuen Präsidenten (Ständerat) und tags darauf setzt der Nationalrat mit einer Geburtstagsfeier für Ueli Maurer noch einen oben drauf.

In normalen Zeiten wäre es schön, zu sehen, wie unser Gesetzgeber nicht nur hart um Paragraphen streitet, sondern auch gesellig Gemeinschaft pflegt.

Aber: Es ist nicht die Zeit für Party!

nach Alain Berset, in anderem Zusammenhang und zu anderen Zeiten. Damals, als die Schweiz noch nicht die Negativ-Statistiken der Corona-Pandemie anführte – und dem Virus trotzdem konsequenter die Stirn bot.

Sorry, liebes Parlament, euer Verhalten ist einfach nur dumm!

Landauf, landab beschäftigt sich das Volk mit der quälenden Frage, wie unter den gegenwärtigen Umständen dieses Jahr einigermassen verantwortungsvoll Weihnachten gefeiert werden kann – und ihr wisst nichts besseres, als einerseits ein Bussengesetz für Corona-Sünder zu erlassen und anderseits gleich selbst dafür zu sorgen, dass niemand mehr die Schutzmassnahmen ernst nehmen kann. Geht gar nicht!

So sehr ich jeden – mag er politisch noch so anders ticken als ich – respektiere, der die verantwortungsvolle Parlaments- oder Regierungsaufgabe wahrnimmt, hier habt ihr euch tatsächlich zur Lachnummer der Nation gemacht.

Da kann man sich nur wünschen, dass das „Chambre de Réflexion“ gehörig über das eigene Verhalten reflektiert und gleich noch die grosse Kammer miteinbezieht.

Doch auch das scheint bisher Fehlanzeige zu sein: Nach dem ersten, riesigen Fauxpas folgt gleich der nächste. Während Führungspersonen eigentlich schon mal gehört haben sollten, dass Krisenkommunikation offen, schnell und transparent sein sollte, scheint man hier genau die Strategie zu verfolgen, die oft benutzt wird, aber noch nie genützt hat:

Generell fährt man seitens der Landesregierung bisher offensichtlich die Strategie, den Vorfall totzuschweigen.

Ständchen für Maurer sorgt für rote Köpfe, srf.ch

Genug gerügt! Was lernen wir daraus?

Mach es besser!

Als Exekutivpolitiker (Gemeinderat) weiss ich aus eigener Erfahrung, dass es einfacher ist, im Dorf die farbigen BAG-Plakate aufhängen zu lassen, als sich selbst an all diese Verhaltensregeln zu halten.

Darum will ich nicht einfach mit dem Finger auf die Leute im Bundeshaus zeigen, sondern lade uns alle ein: Prüfen wir unser eigenes Verhalten! Nehmen wir Verantwortung wahr – in der Pandemie und darüber hinaus.

Und vergessen wir nicht, als Person mit Einfluss (ob als Eltern, Führungsperson oder Freund) …

  • … sprechen unsere Taten immer lauter als unsere Worte!
  • … stehen wir besser früher als später zu unserem Fehlverhalten!
  • … sind wir immer unter Beobachtung!

Das alles sollte nicht neu sein für Bundeshaus-Politiker. Wie sehr es aber auch für Erziehende gilt, hab ich grad neulich in einem Gespräch erlebt: Das Kind meines Gesprächspartners konnte nicht verstehen, warum die (Not-)Lüge des Papas nicht dasselbe ist, wie wenn es Lügengeschichten auftischt.

Kinder haben da wahrscheinlich wirklich noch das feinere Gespür: Was du von mir erwartest, musst du zuerst einmal selber halten!

Liebes Parlament, wir verzichten alle gerade auf ganz vieles.
Bitte mach doch auch mit und sei uns ein Vorbild!

Glücksaufgabe

Wo haben dich Vorbilder enttäuscht? Wie gehst du mit dieser Enttäuschung um?

Und: Wo bist du deiner Vorbildrolle nicht gerecht geworden? Was könnte dir helfen, (noch) stärker zu einer glaubwürdigen Person mit Einfluss zu werden?

Meide die Extreme!

Leider bietet unsere Welt gerade ganz viel Stoff für die härtesten, wenn auch oft „nur“ verbalen Grabenkämpfe: Ob Corona oder Trumpismus – die Meinungen sind üben und drüben gemacht, der Ton ist oft gehässig und die unterschiedlichen Positionen lassen Freundschaften zerbrechen und stellen die Familienbande unter grösste Belastungen.

Ein kühler Kopf wünscht man sich da, der reflektieren, unterscheiden und auch mal Meinungen stehen lassen kann.

Allergisch bin ich auf die schwarz-weiss Brille, auf Verantwortungsträger, die Öl ins Feuer schütten, und auf Menschen, die unreflektiert nachplappern, was ihre Idole von sich geben – mögen es noch so abstruse Verschwörungstheorien sein.

„C’est le ton qui fait la musique“ habe ich einmal als Kind gelernt. Oder: „Wie du in den Wald rufst, so schallt es heraus“. Nun, man kann politisch oder auch in Bezug auf Corona unterschiedliche Positionen einnehmen, aber heiligt der Zweck wirklich die Mittel? Darf man Mitmenschen wirklich aufs Gröbste beleidigen, Lügen verbreiten und gegen alle Regeln des Anstandes verstossen, um für seine Position zu werben?

Offen gesagt: Ich bin erstaunt – und von Herzen dankbar!! – dass, soweit ich es überblicken kann, die Städte in den USA (noch) nicht brennen. Das lässt mich hoffen, dass die Demokratie gewinnt und nicht die „Kriegserklärung“ der Trump-Familie.

Ein kühler Kopf bewahren

Es gibt Themen und vor allem Verhaltensweisen, die bringen mich emotional zum Rasen. Und für starke Überzeugungen ist man schnell bereit zu kämpfen. Doch sobald die Angriffslust einmal geweckt ist, befinden wir uns im Kampf, verteidigen unsere Position und versuchen mit Schlägen (Schlacht der Argumente) unseren Gegner zu schwächen.

Unterschiedliche Meinungen müssen unbedingt Platz haben, ein Ringen nach dem besten Weg, sogar ein hartes Debattieren – das gehört zur freien Gesellschaft.

Aber bitte bewahren wir Haltung dabei!

Mir hilft dabei immer mal wieder diese biblische Weisheit:

Vermeide die Extreme!
(Buch Prediger)

In diesem spannenden Abschnitt wird uns sogar geraten, das mit der Frömmigkeit nicht zu übertreiben. Auf der anderen Seite sollen wir jedoch auch nicht gewissenlos und unvernünftig sein.

„Vermeide die Extreme!“ – ein wahres Wort für eine Zeit, in der sich Menschen zur einen oder anderen Extremposition hingezogen fühlen.

Ich wünsche mir Menschen, die nachdenken, prüfen, verantwortungsvoll handeln und mit Gottvertrauen und dem Mitmenschen gegenüber respektvoll vorwärts gehen.

Dabei kann uns Martin Luthers Umgang mit der Pest ein Vorbild sein:

So will ich zu Gott bitten, daß er uns gnädig sei und es abwehre. Danach will ich auch räuchern, die Luftreinigen helfen, Arznei geben und nehmen, Orte und Personen meiden, wenn man mich nicht braucht, damit ich mich selbst nicht vernachlässige und dazu durch mich vielleicht viele andere vergiftet und angesteckt werden und ihnen so durch meine Nachlässigkeit eine Ursache des Todes entsteht. Will mich allerdings mein Gott haben, so wird er mich wohl finden; so habe ich doch getan, was er mir zu tun gegeben hat, und bin weder an meinem eigenen noch an anderer Leute Tod schuldig. Wenn aber mein Nächster mich braucht, will ich weder Orte noch Personen meiden, sondern frei zu ihm gehen und helfen, wie oben gesagt ist. Sieh, das ist ein rechter, gottfürchtiger Glaube, der nicht tollkühn oder frech ist und auch Gott nicht versucht.
Martin Luther angesichts der Pest in Wittenberg (1527)

Glücksaufgabe

Welche Themen bringen dich aktuell in Rage? Und wo bist du allenfalls in Gefahr, „extrem“ zu werden?

Versuche dich in den nächsten Tagen in eine Person zu versetzen, die eine ganz andere Position vertritt. Wie könnte es dir gelingen, ihre Position nachzuvollziehen?

Willkommen im Lockdown-Alltag

Diese Tage zeigen in aller Deutlichkeit: Wir leben in einer sehr verletzlichen Welt. Was sich vor einigen Wochen kaum jemand hätte vorstellen können, ist heute Tatsache und das gesellschaftliche Leben steht still.

Wie geht es dir dabei?

Ich meine, tief in deinem Innern.

Nach dem allgemeinen Chaos und der teils surrealen Hektik der ersten Lockdown-Tagen ist inzwischen vielerorts sowas wie „Ausnahmezustand-Alltag“ eingekehrt.

Reagierte anfangs jeder auf seine eigene Art reflexartig  auf die Krise („Wo gibt es WC-Papier??“ oder  „Ach was, das ist alles halb so schlimm. Ich bleib doch sicher nicht zuhause!“),  stellen sich nach den ersten Wochen Lockdown grundsätzlichere Fragen:

Wie organisiere ich einen gewissen Alltag in diesem abnormalen Zustand?

Drei Wochen Fernunterricht war ja noch einigermassen lustig, aber wie schaff ich das die nächsten X Wochen?

HomeOffice – das geht, ich bin effizienter als im Grossraumbüro und die Video-Konferenzen bringen mal etwas Abwechslung in den sonst ewiggleichen Büroalltag. Doch: Wie ist es mit den nicht zu unterschätzenden emotionalen Beziehungen im Team? Was, wenn das „ungute Bauchgefühl“ nicht im persönlichen Kontakt ausdiskutiert werden kann? Ich vermute, dass da bei allen technischen Möglichkeiten nichts die persönliche Begegnung wirklich ersetzen kann.

Und wie finden alle die Familien, die nun so überhaupt nicht entschleunigen können (Wer hat sich diesen Witz ausgedacht? 4 Zimmer Wohnung, 2 Notebooks, 3 Kinder, die sich um Zimmer und Computer streiten, ein Vater, dessen Omnipräsenz zuhause nicht gerade zur Deeskalation beiträgt und eine Mutter die im Dreieck springt – wer kann da entschleunigen und mal in aller Ruhe ein gutes Buch lesen?!?!), zu einem Familienalltag, der mindestens gleichviel Lust- wie Frustmomente enthält?

Wie gelingt es mir, in dieser Zeit abzuschalten?

Während meine Tage gar nicht so viel anders sind als sonst, spüre ich abends einen massiven Unterschied: Vor Corona waren, bedingt durch meine diversen Mandate, fast alle Abende mit Sitzungen oder Anlässen besetzt. Und wenn ich mal zuhause war, dann hatte bestimmt meine Frau einen Kurs oder eines unserer Kinder war im Training oder Ausgang …

Jetzt sind wir jeden Abend alle vier daheim. Wie schön! Endlich zusammen Abendessen geniessen, lachen beim gemeinsamen Spielabend, Familien-Jahrbuch der letzten zwei (oder waren es drei) Jahren nachführen.

In der perfekten Familie ist das so. Wir sind keine perfekte Familie. 12 Minuten gemeinsam essen, dann gehen die Kids in die selbst gewählte Zimmerisolation während sich Frau und Mann aufs Sofa knallen und einmal mehr die Tagesschau reinziehen.

Naja, wir haben mindestens noch Entwicklungspotenzial und so wie es derzeit ausschaut, geht das Übungsfeld ja noch eine Weile weiter.

Bevor ein falscher Eindruck entsteht: Es gibt sie durchaus auch bei uns – wie bei dir sicher auch! – die schönen Momente, wo wir uns am Zusammensein freuen, als Familie oder als Paar. Aber sie sind manchmal ganz kurz und darum muss man sie bewusst sehen wollen und dankbar sein für die Zweisamkeit beim schönen Film oder die Gemeinschaft als Familie beim Pizzaabend.

Was macht die Krise mit meiner Seele?

Es ist offensichtlich: Abschalten gelingt nicht automatisch.  Ich merke, dass ich gerade noch mehr als sonst für meine wöchentlichen „Stillen Stunden“ (Tagebuchschreiben, reflektieren, lesen, beten) kämpfen muss als sonst.

Und jetzt noch eine Stufe tiefer: Was macht das Ganze eigentlich mit meinem Bild von der Menschheit, von der Welt und von Gott?

Die Krise ist auch eine Einladung, uns dieser Verletzlichkeit der Gesellschaft, aber auch der Verletzlichkeit des Selbst zu stellen.

Was bleibt in meiner Seele übrig, wenn mir der normale Alltag genommen wird? Wo offenbaren sich Sinn und Unsinn in meinem Leben?

Und wo verändert sich durch die Krise sogar mein Gottesbild? Was macht Corona mit meiner Gottesbeziehung?

Sich der Sinnfrage zu stellen, ist ein wichtiger Pfeiler vom persönlichen Glück. Vielleicht ist die Krise trotz allen Herausforderungen vor allem eines: Eine Einladung an uns, der Sinnfrage Raum zu geben.

Glücksaufgabe

Sinnhaftigkeit und eine gelebte Spiritualität sind wichtige Pfeiler für ein glückliches, erfülltes Leben. Oder in der Sprache des GlückBuchs: Die Spiritualität ist der Wind im Windrad.

Vielleicht ist die kommende Osterwoche ja eine gute Möglichkeit, sich bewusst in diesen Wind zu stellen. Hilfestellungen dazu gibt es viele, eine könnte beispielsweise der Artikel Glück über mich hinaus sein.

Wind of Change

Liebst du Veränderungen? Die Chance ist hoch, dass du eher nicht zu denen gehörst, die sich voller Begeisterung auf Veränderungen stürzen.

Keine Angst, das ist nicht etwa gegen dich und mit dir ist auch überhaupt nichts verkehrt, wenn du nicht in laute Jubelschreie ausbrichst, wenn sich gerade eine Veränderung anbahnt.

Laut Change Management Lehre sind es nur etwa 5 Prozent – die Visionäre – die nicht nur Lust auf Veränderung haben, sondern diese auch gleich bei jeder sich bietenden Gelegenheit selbst initiieren.

Eine weitere eher kleine Gruppe gehört zu den Förderer: Sie nehmen eine neue Idee schnell auf, schliessen sich mit Neugier den Visionären an und werden zu wichtigen Botschaftern im Veränderungsprozess.

Weil wohl etwa 80 % der Menschen weder zu den Visionären noch zu den Förderer gehören, sieht es für jede Neuerung und Veränderung schlecht aus, wenn sich nur diese 20 % auf das Neue einlassen.

Darum gilt es, möglichst bald die positiven Mitmacher zu finden: Sie suchen die Veränderung nicht, lassen sich aber durch eine ansteckende Vision zusammen mit überzeugenden Argumenten mit auf den Weg nehmen.

Wenn ich mich richtig erinnere, wurde diesen positiven Mitmachern in meinen Weiterbildungskursen als Jungscharleiter (vor 25 Jahren …) den Namen „die schnelle Mehrheit“ gegeben: Sie suchen die Veränderung nicht, sind aber auch nicht grundsätzlich dagegen.

Dieser schnellen Mehrheit stehen die abwartenden Skeptiker gegenüber:

Warum die Komfortzone durchbrechen, wenn es hier doch gerade so gut läuft?

Warum den sicheren Hafen für das riskante Abenteuer verlassen?  

Brauchen wir das wirklich (auch noch)?

Wer soll das bezahlen?

Und die Killerfrage der Skeptiker: Was, wenn wir mit dem Neuen scheitern?

Das Gute dieser Gruppe: Mit der Zeit, wenn sie ihre Ängste formulieren konnten und beobachtet haben, wie andere mutig den Change gestalten, werden auch sie sich auf das Neue einlassen.

Ja, mehr noch: Es kommt der Tag, da werden auch sie erkennen, dass in jedem Change auch eine Chance steckt. Altes, Liebgewonnenes loszulassen ist mit Abschiedsschmerzen verbunden. Es darf, nein, es muss getrauert werden.

Erst wer trauert und das Alte verabschiedet, wird frei und offen für das Neue.

Die Gruppe der abwartenden Skeptiker ist im Grunde die wichtigste Gruppe, wenn wir eine Veränderung positiv und erfolgreich gestalten wollen. Wenn wir sie gewinnen, dann sind 80 % bereit für das Neue.

Die restlichen 20 % teilen sich in die Gruppe der Bremser und aktiven Blockierer:

Warum kann nicht einfach alles so bleiben, wie es ist?

Nun, wenn alles bleibt, wie es ist, bleibt irgendwann gar nichts mehr. Veränderung gehört zum Leben. Im persönlichen Leben gehen wir von einer Saison in die andere und so kennt auch jede Organisation unterschiedliche Phasen.

Natürlich muss man nicht jeden Tag alles auf den Kopf stellen, aber wer sich konsequent gegen jeden Wandel stemmt, ist auf die Sackgassse eingebogen: In unser schnelllebigen Welt wird untergehen, wer sich nicht auf Veränderung einlässt.

Zum Thema Veränderung gestalteten wir neulich eine ganze Kinderwoche und veränderten beim Abschlussfest auch ganz anschaulich Dinge: Brigä & Adonette waren für einmal nicht auf der Hauptbühne, sondern auf einer extra aufgestellten Nebenbühne. Der Kommentar eines Kindes: „Hä, warum ist Adonette dort? Das geht doch nicht. Adonette ist immer auf der grossen  Bühne!“

Eindrückliches Beispiel dafür, was Veränderungen bei uns für Reaktionen hervorrufen können.

Glücksaufgabe

Bei eben erwähntem Abschlussfest habe ich von Veränderungen im persönlichen Leben und den unterschiedlichen Phasen gesprochen:

Frühling – Geschäftiges Treiben, Veränderung, Neues bricht auf

Sommer – Easy Going, zur Ruhe kommen, Wärme tanken

Herbst – Früchte ernten, Erfolge feiern, Berggipfel erklimmen 

Winter – Abschied nehmen, Erschöpfung, innerlich stark werden 

In welcher Jahreszeit befindest du dich gerade? Was ist das Schöne in dieser Phase des Lebens? Was willst zu zelebrieren? Und was ist schmerzhaft? Wo ist Trauer angebracht?

Wertschätzung gegen den Stress

Bei jedem vierten Arbeitnehmer in der Schweiz liegt das Stressniveau im kritischen Bereich:

Die neueste Erhebung des Job-Stress-Index in der Schweiz zeigt, dass der Anteil der Personen mit mehr Belastungen als Ressourcen leicht gestiegen ist; von 25,4% (2016) auf 27,1% (2018).

Quelle: Gesundheitsförderung Schweiz

Stress am Arbeitsplatz hat viele Ursachen. Weniger oft als erwartet, ist es die Arbeitsmenge als solches. Viel öfters liegen die Stressoren im zwischenmenschlichen, emotionalen und psychologischen Bereich.

Wenn ich von meinen Arbeitskollegen geschnitten werde, löst das mindestens so viel Stress aus, wie wenn ein Team mit zu wenig Ressourcen in zu kurzer Zeit zu viel Aufträge zu verarbeiten hat.

In einem sehr lesenswerten Interview der NZZ am Sonntag (26. Mai 2019) gibt Arbeitspsychologe Prof. Norbert Semmer zu diesem zwischenmenschlichen Stressor zu bedenken:

Isolation ist ein wichtiger Stressfaktor. Hat man das Gefühl, man werde übergangen, dann fühlt man sich ausgeschlossen, und das löst Stress aus.

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) im Allgemeinen hat viele Facetten, genauso wie die Stressbekämpfung im Besonderen.

Beim Lesen des besagten Interviews hat mich fasziniert, wie Norbert Semmer Stress und Wertschätzung in Zusammenhang bringt. Jeder will gesehen werden! – wie wir wissen (siehe Blogartikel 16.05.2019). Und das hat sehr viel mit Wertschätzung, Zugehörigkeit und Vertrauen zu tun.

Fehlt die Wertschätzung, steigt der Stress. Fühle ich mich jedoch von meinem Chef und/oder von meinem Kollegen wertgeschätzt, sinkt auch das Stressniveau – selbst wenn die Arbeit als solches dadurch noch nicht kleiner wurde.

Jeder, der schon mal eine wertschätzende Teamkultur erleben durfte, würde bestätigen, dass man mit einem solchen Team bei weitem mehr Leistung erzielt – und sich am Ende sogar noch energiegeladener fühlt als bei weniger Arbeit in einem mittelmässigen Team.

Kreative Wege für echte Wertschätzung

Meinen Mitarbeitenden oder Kollegen Wertschätzung zu schenken, ist im Grunde nicht schwer – man muss es einfach tun. Trotzdem gilt es einige Regeln zu beachten.

Sei konkret!
Das immer gleiche Pauschallob „Toll gemacht!“ lutscht sich sehr schnell ab. Wenn wir eine Person jedoch „auf frischer Tat ertappen“ und sie zeitnah und konkret für ihre Ausstrahlung bei der Präsentation, ihr Feingefühl bei der Verhandlung oder ihr „Out-of-the-Box“-Denken beim Brainstorming loben, wird unsere Anerkennung als Wertschätzung ankommen und positive Spuren hinterlassen.

Schaffe Zugehörigkeit!
Verlieren tun wir als Einzelkämpfer, gewinnen tun wir als Team. Ein Topmitarbeiter falsch eingesetzt, erschwert jede Teamarbeit. Ein mittelmässiger Mitarbeiter richtig eingesetzt, macht aus ihm einen wertvollen Teamplayer. Somit ist eine wichtige Führungsaufgabe, für jede und jeden den richtigen Platz zu finden. Und dabei eine Kultur aufzubauen, in dem sich alle als geschätzter Teil vom grossen Ganzen verstehen.

Gib Verantwortung weiter!
Ich fühle mich wertgeschätzt, wenn mir jemand grosse Aufgaben zutraut.  Durch das Anvertrauen wichtiger Aufgaben, inklusive entsprechende Entscheidungskompetenzen, drücken wir Wertschätzung aus.  Wie Norbert Semmer im Interview sagt, hat das nicht notwendigerweise mit der Abschaffung von Hierarchiestufen zu tun, sondern mit unserem Führungsverständnis.

Lebe Originalität!
Deine Wertschätzung ist anders als die von deiner Vorgängerin. Und das ist gut so! Steh zu deiner Art und versuche nicht jemanden zu imitieren. Aufgesetzte Wertschätzung kommt nicht an – auch nicht, wenn du es in einem teuren Managementkurs gelernt hast. Authentizität ist heute wohl wichtiger denn je.

Sei kreativ!
Nicht jeder spricht auf dasselbe an. Einer fühlt sich durch öffentliches Lob besonders wertgeschätzt, die andere freut sich mehr an einer persönlichen Karte, manchmal darf es ein kleines Geschenk sein. Lass dein Herz sprechen, sei überraschend, behandle nicht jeden gleich, aber lass allen deine Wertschätzung zukommen!

Glücksaufgabe

Langer Schreibe kurzer Sinn: Gib Wertschätzung weiter! Und am besten gleich hier und jetzt: Wen beschenkst du noch heute mit einem besonderen Ausdruck deiner Wertschätzung?

Jeder will gesehen werden

Gestern durfte ich am Berner Bildungstag teilnehmen. Ein eindrücklicher Weiterbildungsanlass mit 6’000 Lehrpersonen in der Bieler Tissot-Arena.

Da ich noch nie dabei war und die Welt der Lehrpersonen nur von der politischen Behördenseite kenne, war ich sehr gespannt, was mich da unter dem Tagungsmotto „Menschenverstand“ erwarten würde.

Was ich erlebt habe, hat mich überzeugt: inhaltlich top, gute Präsentation, ansprechende musikalische Umrahmung mit dem James Gruntz Trio und drei fantastische Referenten: Prof. Dr. med. Joachim Bauer, Neurowissenschaftler, Arzt und Psychotherapeut; Kathrin Altwegg, Professorin für Weltraumforschung an der Universität Bern sowie Dennis Lück, Chief Creative Officer bei der Kommunikationsagentur Jung von Matt/Limmat und Werber des Jahres 2017.

Was Joachim Bauer aus den Neurowissenschaften erzählte, ist nicht nur für das Klassenzimmer relevant – Führungspersonen sollten sich die Erkenntnisse aus der Forschung unseres Gehirns genauso zu Herzen nehmen wie die Lehrpersonen.

Was der gesunde Menschenverstand schon längst weiss, wird auch durch Studien der Neurologie bewiesen: Jeder Mensch will gesehen werden!

Einerseits wird unser neuronales Motivations-/Belohnungssystem im Gehirn durch Bewegung, Sport und Musik stimuliert. Anderseits geschieht genau dies auch durch Gesehen-Werden, Akzeptanz und Freundlichkeit.

Die körpereigene Botenstoffe – unsere Glückshormone Dopamin, Opioide, Oxytozin – steigern unsere Motivation und Anstrengungsbereitschaft.

„Nimm mich wahr!“

Wir alle wissen, wie es sich anfühlt, wenn man übergangen und übersehen wird. „Das fünfte Rad am Wagen“, sagt man. Irgendwie fühlt man sich unnütz, fehl am Platz, überflüssig. Frust oder gar Sinnkrise können die Folgen sein.

Das wünschen wir uns nicht. Und so soll es weder den Kindern in der Schule noch unseren Mitarbeitenden oder ganz allgemein unseren Mitmenschen gehen.

Was sind nun also die Merkmale von diesem „Gesehen-Werden“, das wir uns für uns selbst wünschen und bei anderen bewirken möchten?

Prof. Joachim Bauer hat in die volle Tissot-Arena folgende einfache Merkpunkte eingeworfen:

Im Blickfeld: Die Person des Kindes/des Jugendlichen

Wir sind nicht nur „Hirn“ oder Leistung – wir wollen als gesamte Person wahrgenommen werden. Und das gilt nicht nur für Kinder!

Sprache und Körpersprache der Lehrkraft

Wir wissen: Wir können nicht nicht kommunizieren (Watzlawick). Was wir sagen, nicht sagen oder tun, resp. nicht tun, erzeugt im Gegenüber Resonanz. Kommuniziert meine Körpersprache, dass dies hier kein guter Ort zum Sein ist, wird die Motivation im Klassenzimmer, am Arbeitsplatz, am Familientreff … nicht gerade einen Steigerungslauf hinlegen. (Bauer brauchte das Beispiel der Lehrperson, die während dem Dozieren ständig zum Fenster rausschaut und damit sagt: Eigentlich wäre da draussen jetzt der bessere Ort zum Sein.)

Angemessene Dosierung von Lob

Lob beflügelt uns – kann aber in Überdosis auch süchtig machen. Wir wollen ja nicht Leute abhängig von uns oder unserem Lob machen.

Beachtung der Gruppendynamik

Ob Arbeitsplatz, Familie, Verein oder eben Klasse – wir sind immer Teil von einem System und stehen vor der Herausforderung, dass in diesem System jeder seinen Platz findet und nicht übergangen wird.

Die Kunst wertschätzender Kritik

Das ist wahrlich eine Kunst. Wahrscheinlich hat sie mit unserem Selbstverständnis als Lehr-/Führungsperson zu tun: Verstehe ich mich als Polizist oder als Förderer?

Verzicht auf Beschämung, Blossstellung oder Lächerlich-Machen 

Wie schnell belustigt man sich – auch als Führungsperson und in einer Vorbildfunktion – auf Kosten anderer?
Geht gar nicht! Wir wissen nicht, hinter welchem Mitlachen eine verwundete Seele weint.
Noch schlimmer als nicht gesehen zu werden, ist es wohl, wenn wir als Mobbingopfer abgestraft und zur allgemeinen Belustigung beschämt, blossgestellt und beschimpft werden.

Glücksaufgabe

Ganz ehrlich: Fühlst du dich im Moment gesehen? Oder übergangen?

Falls du dich übersehen fühlst: Wie kannst du diesen Zustand ändern? Wie bringst du dich selbst zur Wirkung? Wo machst du dich unnötig „unsichtbar“?

Und was tust du, um anderen das Gefühl von „Ich werde gesehen!“ zu verleihen? In welchem der vorgestellten Merkmalen willst du dich konkret verbessern?

Schwierige Gespräche führen

Im letzten Blogartikel schrieb ich über die sehr interessante Ausstellung „Fake. Die ganze Wahrheit“ im Stapferhaus Lenzburg und schloss den Artikel mit dem Gedanken, dass wir den schwierigen Gesprächen nicht aus dem Weg gehen sollten.

Das schreibt sich so einfach. Hand aufs Herz: Wie gut bist du darin, die schwierigen Gespräche wirklich zu führen? Öfter als mir lieb ist, mache ich erstmal einen Bogen um solche Gespräche: Da ist eine unbefriedigende Situation, die eigentlich angesprochen werden sollte, aber da gibt es so einiges, das mich hindert, diese Gespräche zu führen.

Was, wenn ich die richtigen Worte nicht finde?

Was, wenn mir meine Emotionen einen Strich durch die Rechnung machen?

Was, wenn mich mein Gegenüber nicht versteht?

Was, wenn durch das Gespräch mehr Geschirr zerschlagen wird, als dass es zur Klärung führt?

Was, wenn durch das Gespräch Beziehungen in Brüche gehen?

Doch oft sind eben gerade diese schwierigen Gespräche auch nötige Gespräche. Darum machen wir besser keinen Bogen um sie.

Am Global Leadership Summit diesen Summer sagte es Sheila Heen so: „The difficult conversations in our lives are often the most important conversations in our lives.“ (Die schwierigen Gespräche in unserem Leben sind oft die wichtigsten Gespräche in unserem Leben.)

Zum Glück unterstrich sie nicht nur die Wichtigkeit solcher Gespräche, sondern gab uns auch einige Hilfestellungen dazu, wie wir in diese Gespräche gehen können.

Alles steht Kopf

Die besondere Herausforderung schwieriger Gespräche ist ja selten die Sachebene: Da gibt es Argumente, die sachlich besprochen werden und wir im Verlauf des Gespräches hoffentlich eine Einigung finden können (Selbst wenn die einzige Einigung ist, dass wir uns in dieser Sache nicht einig sind.).

Wirklich schwierig sind unsere Gespräche hinter den Gesprächen – die Gedankenspiele in unserem Kopf. Wunderbar veranschaulicht hat uns diese die Filmindustrie mit dem Animationsfilm Alles steht Kopf.

In Konfliktsituationen drehen sich unsere Gedanken oft um Fragen wie diese:

Wer hat Recht?

Wessen Fehler ist es?

Was motiviert den anderen? (Was ist sein Antrieb?)

Und je frustrierter wir über eine Person sind, umso negativer spielen wir die Story in unserem Kopf durch.

Eine erste Hilfe wird da sein: Wir können unsere Gefühle nicht an der Garderobe abgeben. Selbst im beruflichen Umfeld nicht und schon gar nicht in der Partnerschaft und im Familienleben.

Es bringt also nichts, wenn wir die Beziehungs– und Emotions-Ebenen ausblenden. Im Gegenteil! Gefragt ist ein transparenter Umgang damit, das Ansprechen von Gefühlen und das Eingeständnis, dass möglicherweise eine weitergehende Konversation nötig ist. Wir können die Angelegenheit nicht mit einer kurzen Besprechung abhacken.

Sheila Heen ermutigte mit ihrem Referat, die verborgene Ebene im gemeinsamen Gespräch ans Licht zu bringen. Und zwar in dem wir die obigen Fragen aus unserem persönlichen Gedankenspiel ins Gespräch bringen:

Wer hat Recht?
-> Gespräch über die Frage: „Was denken wir beide, um was es hier geht?“

Wessen Fehler ist es?
-> Gespräch über die Frage: „Was haben wir beide zur Situation beigetragen?“

Was motiviert den anderen?
-> Gespräch über die Frage: „Was wollen wir (gemeinsam) bewirken?“

Zu oft sind unsere Gespräche eigentlich zwei unterschiedliche Konversationen: Zwei Themen, zwei Sprecher, null Zuhörer.

Lass uns das ändern!

Glücksaufgabe

Nein, das Führen von schwierigen Gesprächen ist nicht gerade eine Glücksaktivität. Doch wenn wir einen Bogen um diese Gespräche machen, wird sich unser Glücksniveau auch nicht steigern.

Glücksgefühle machen sich breit, wenn wir uns den schwierigen Gesprächen stellen und diese konstruktiv führen konnten.

Welches Gespräch solltest du noch vor Jahresende führen?
Und wie willst du es angehen?

 

Ab dieser Woche wird mein GlücksBlog nicht mehr wöchentlich sondern ca. 14täglich erscheinen.

Macht lügen glücklich?

Gestern durfte ich im Rahmen einer Kommissionsreise die faszinierende Ausstellung „Fake. Die ganze Wahrheit“ im Stapferhaus Lenzburg besuchen.

Um es kurz zu machen: Ich kann einen Besuch nur empfehlen!

Warum?

Es ist eine spielerische, unterhaltsame, intelligente und interaktive Auseinandersetzung mit einem wichtigen Thema, das uns alle angeht: Unser Umgang mit der Wahrheit oder eben unser „Spiel mit der Lüge“ im Alltag.

Witzig war es, als Gruppe im Wettstreit gegeneinander Newsbeiträge als „fake“ oder als „wahr“ einzustufen. Gar nicht so einfach … Hört uns jetzt Facebook wirklich via Handymikrofon ab? Alles nur Käse oder stimmt die Schlagzeile „Käse-Desaster“ wirklich?

Richtig spannend fand ich die „Zentrale Lügenanlaufstelle“. Den Besuchern werden „wahre Lügengeschichten“ erzählt, also Geschichten, in denen Personen vor der Herausforderung standen: Lüge ich oder bleibe ich bei der Wahrheit?

Danach war es an jedem persönlich seine Einschätzung von der Lüge zu machen: „war notwendig“ bis „geht gar nicht“ oder gar „tödlich“.

Unsere Moderatorin brachte uns als Gruppe geschickt ins Gespräch über unsere persönliche Einschätzung zu den einzelnen Lügengeschichten. Ist es legitim einer Sterbenden etwas zu versprechen, dass man nie wird einhalten können? Wenn man im Ausgang Lügengeschichten über sich selbst erzählt – ist das spielerische Fantasie oder einfach dreist? Wie soll sich ein Sanspapier verhalten, wenn er während der Schwarzarbeit kontrolliert wird?

Einige Geschichten, die uns da aufgetischt wurden, waren amüsant, andere erzählten von einer persönlichen Not. Wie verhält sich eine Person mit einer bipolaren Störung im Bewerbungsprozess? Wird das psychische Leiden verschwiegen, weil andernfalls die Chance auf einen Job gegen null sinkt?

Ich liebte diese Diskussion als Gruppe. Jeder versucht auf seine Art Antworten auf diese nicht einfachen Fragen zu finden und die unterschiedlichen Begründungen verraten etwas von unseren Prägungen und unserer Haltung. Sehr bereichernd.

Wann ist lügen erlaubt?

Im Grundsatz ist meine Einstellung zur Lüge klar: Lügen geht gar nicht. Wenn ich merke, dass mich jemand anlügt, ist das mitunter der grösste Vertrauensbruch. So bin ich selbst aufgewachsen, so erleben mich nun auch meine Kinder: Wenn ich angelogen werde, hört der Spass auf.

Aber ganz so einfach ist es dann eben doch nicht: Was ist mit Halbwahrheiten? Notlügen? „Anstandslügen“ um den anderen nicht blosszustellen?

Ich tendiere dazu: Lüge ist Lüge.

Die FAKE-Ausstellung ist so aufgebaut, dass man ausgerüstet mit Besucherausweis Einblick in das „Amt für die ganze Wahrheit“ erhält. Und genau dieser Punkt fordert mich bei diesem Thema am meisten heraus: Ist es auch gelogen, wenn ich nicht alles – nicht die ganze Wahrheit – erzähle? Ich sage schon die Wahrheit, aber eben nicht die ganze.

Konkrete Situation: Ich habe einem Freund oder Mitarbeitenden ein Nein zu übermitteln. Muss ich ihm all meine Beweggründe offen legen, auch wenn ihn dies vermutlich sehr verletzen wird und das Potenzial hat, unsere Beziehung zu zerstören?

Hat Transparenz dort ihre Grenze, wo wir vermuten, dass unser Gegenüber mit diesen Informationen nicht umgehen kann? Oder beginnt nicht genau dort die Bevormundung unseres Gegenübers?

Aus meinen bisherigen Erfahrungen und Überlegungen sind das komplexe Fragen, die wir gar nicht so einfach beantworten können.

Wichtig scheint mir, dass wir diesen Fragen und vor allem den dazugehörenden schwierigen Gesprächen nicht aus dem Weg gehen.

Glücksaufgabe

Haben mich Lügen in meinem Leben glücklich gemacht? Wo werde ich immer mal wieder Opfer von Selbstlügen, die ich glaube?

Lügen sind vielleicht kurzfristig ein bequemerer Weg. Aber was ist der Lohn der Lüge – zum Beispiel wenn ich im Bewerbungsgespräch etwas vorgaukle?

Nutze deinen Einfluss zum Guten!

Nachdem ich gerade den Wikipedia-Eintrag über Strive Masiyiwa gelesen habe, bin ich ziemlich platt. Dieser Mann ist krass: Er ist ein simbabwischer Geschäftsmann, Unternehmer und Philanthrop. Miliardenschwer. Wurde von Barack Obama als Berater an einen G8-Gipfel gerufen, gewährte 100.000 jungen Afrikanern Stipendien, unterstützt über 250.000 Waisen mit Bildungsinitiativen …

Der Gründer und Vorsitzender des globalen Telekommunikationskonzerns Econet Wireless träumte davon, dass in Simbabwe und überhaupt in Afrika alle Zugang zur Telekommunikation erhalten würden. Seine Vision brachte ihm viel Spott und Widerstand: Die simbabwische Regierung von Robert Mugabe verweigerte ihm die Lizenz.

Doch er gab nicht auf und verfolgte seinen Traum mit viel Durchhaltewille (Grit):

Masiyiwa appellierte an das Verfassungsgericht von Simbabwe mit der Begründung, dass die Weigerung eine Verletzung der Meinungsfreiheit darstelle. Der simbabwische Gerichtshof, damals einer der angesehensten auf dem Kontinent, entschied nach einem fünfjährigen Rechtsstreit, der ihn an den Rand des Bankrotts brachte, zu seinen Gunsten. Das Urteil, das zur Abschaffung des staatlichen Telekommunikationsmonopols führte, gilt als einer der wichtigsten Meilensteine ​​bei der Öffnung des afrikanischen Telekommunikationssektors für privates Kapital. Der erste Mobiltelefon-Abonnent des Unternehmens wurde 1998 an das neue Netzwerk angeschlossen. (Quelle: Wikipedia)

Warum schreib ich das alles? Strive Masiyiwa war einer der Talk-Gäste am diesjährigen GLS. Ein kleiner, ruhiger, demütiger, fast scheuer Mann. Ja, neben dem schon äusserlich sehr eindrücklichen T.D. Jakes ging er fast unter.

Man musste gute auf die leisen Töne achten, um die bestechende Weisheit dieses Mannes nicht zu überhören.

Diese Begegnung zeigt mir: Es sind nicht die grossen Sprücheklopfer, die die Welt zum Besseren verändern. Was dieser unscheinbare Mann im Kampf für mehr Gerechtigkeit auf seinem Kontinent bewirkte, ist sehr eindrücklich.

Natürlich, sein Traum hat ihm schlussendlich auch sehr viel Geld gebracht. Er ist nicht nur einer der „World’s 50 Greatest Leaders“ (Fortune Magazine), er gehört auch zum Klub der Milliardären.

Ich freue mich, wenn solch demütige Persönlichkeiten ihren Reichtum nicht einfach selbstsüchtig verwenden, sondern so viel Gutes damit machen.

Und hier einige Perlen, die ich mir aus dem Interview mit Strive Masiyiwa notiert habe:

Mentoring ist toll, aber du musst es Modellieren.
Leute folgen dem Beispiel, das sie sehen!

Darum werden beim GLS unter dem Motto „Grander Vision“ immer auch Beispiele gezeigt, wie wir Einfluss positiv ausleben können: Jemand erfindet günstige Wasserpumpen und bringt Trinkwasser an abgelegene Orte. Einer bringt eine grosse Firma dazu, pro verkaufte Impfung eine in Afrika zu spenden.

Beispiele, die inspirieren. Wo sollten wir als Leiter weniger reden und mehr vorleben? Es braucht beides! Aber ohne Taten ist unser Reden nicht viel wert.

Und zum Reden sagt der, der die Mobiltelefone nach Afrika gebracht hat, es gehe um „Art of Speach not Art of Texting!“. Also die Kunst des Sprechens und nicht die Kunst der SMS.

Reden wir wieder miteinander! Wir müssen miteinander verbunden sein – wir als Menschen, nicht unsere Geräte.

Es geht darum, was aus unserem Herzen kommt.

Wir brauchen ein Team. Leute, die an dich „glauben“, dich aber auch hinterfragen. Ein Team, das zusammengeht!

Was wir nicht gerne hören, aber mindestens ich immer wieder erlebe:

Alles braucht länger als wir denken.

Und am Ende des Interviews steht in meinen Notizen nur ein Wort. Wahrscheinlich ist genau dies ein Schlüssel des Erfolgs von Strive Masiyiwa:

Respekt.

Glücksaufgabe

Welche oben erwähnte Perle spricht dich besonders an?

Wie kannst du sie (noch stärker) in dein Leben und Leiten integrieren?

Lebe unverschämt! – Sage „NEIN!“

Anfangs Woche hatte ich eine Teamsitzung um die nächste gms Matinée vorzubereiten. Bereits vor Monaten haben wir festgelegt, dass in unserer Serie „FULLDRIVE – aus dem Vollen schöpfen“ im September das Thema des Morgens „Unverschämt glauben“ lauten soll.

Ich fand die Idee von Anfang an toll. Doch mein Team war sich irgendwie unsicher: „Unverschämt? – ist das nicht zu negativ geprägt?“

Mit was verbinden wir denn unverschämt? Freche Jugendliche? Sich auf Kosten von anderen bereichern? Respektlos? – Natürlich ist das nicht das, was ich mit „unverschämt glauben“ verbinden möchte …

Nun, ich gebe zu, auch das Google Wörterbuch ist nicht auf meiner Seite:

Wir fanden dann im Verlauf der Kreativ-Sitzung den Kern, auf den wir hinaus wollen: Wir wollen einem angepassten Lebensstil den unverschämten Lebensstil gegenüberstellen.

Angepasste gibt es genug! Sei unverschämt, sei dich selbst!

Dazu forderte uns auch die dritte Sprecherin des GLS18 heraus: In der Gesellschaft und am Arbeitsplatz gibt es so viele die in Konformität leben, sich also angepasst verhalten.

Juliet Funt, CEO von WhiteSpace, beobachtet in vielen Firmen eine gewisse Trägheit: Keiner ändert sich, bis sich alle ändern und sich so doch wieder niemand verändert.

Die Erklärung davon: Die Macht des Gruppendrucks.

Um dies zu veranschaulichen, brachte Juliet Funt folgenden Videoclip mit auf die GLS-Bühne:

Auf dem Weg zu mehr Einfachheit im Alltag und im Unternehmen, kommt uns diese menschliche Verhaltensweisen in die Quere. Der Gruppendruck führt zu einer gefährlichen Angepasstheit.

Laut WhiteSpace ist rund die Hälfte von dem, was uns am Arbeitsplatz stört, unser eigener Fehler. Das ändert sich erst, wenn wir uns und das System hinterfragen. Eine kleine, sichere, „unverschämte“ (unerwartete, unangepasste) Handlung bringt vieles in Bewegung.

„NEIN!“-sagen lernen

Funt: „Everyone says yes because no one knows how to say no.“ („Jeder sagt ja, weil niemand weiss, wie man nein sagt.“)

Angepasste sagen ja, wenn es von ihnen erwartet wird. Unverschämte sagen auch einmal nein.

Als Führungsperson ist es praktisch, Leute zu haben, die immer anständig mit dem Kopf nicken und tun, was man von ihnen wünscht. Doch als Chef sollten wir uns einmal überlegen: Was für Mitarbeitende will ich eigentlich? Angepasste oder unverschämte? (Natürlich geht das jetzt nur, wenn wir das Wort „unverschämt“ positiv füllen. Auch ich will keinen respektlosen, selbstsüchtigen und verletzenden Mitarbeiter.)

Aber ich wünsche mir Leute in meinem Umfeld, die sich gewohnt sind, selber zu denken. Die eine ehrliche Antwort geben – und nicht die Antwort, die zwar gut tönt, aber nicht authentisch ist.

Das heisst für uns als Führungsperson: Sei kein Kontrollfreak! Lerne loszulassen! Lerne zu delegieren – nicht nur an deine Topleute! Sondern auch an Leute, die du entwickeln willst – denn das sind deine zukünftigen Topleute!

Und wie lernen wir jetzt NEIN zu sagen?

Bist du eine Führungskraft? Dann sorge dafür, dass in deinem Team, deiner Organisation, eine Kultur herrscht, in dem Nein gesagt werden darf. Dies kannst du zum Beispiel, in dem du einem Mitarbeitenden, der Nein sagt, erwiderst: „Danke für deine Offenheit/Direktheit.“

Was ich versuche: Wenn ich nein sagen muss, bemühe ich mich, dem Fragenden eine Alternative anzubieten. „Ich kann dir nicht helfen, aber schau doch mal dort …“.

Wenn du nicht direkt nein sagen kannst – oder auch noch nicht weisst, ob deine Antwort ein Ja oder ein Nein sein soll – dann bitte um Bedenkzeit.

Wenn du zusagst, kannst du auch gleich sagen, dass du diese Arbeit jedoch in Zukunft nicht immer übernehmen kannst.

Falls dein Nein aus zeitlichen Gründen ist, biete einen späteren Zeitpunkt an.

Ganz schön finde ich diesen WhiteSpace-Tipp: “I have something on my calendar.” (Make sure you write the actual word “Something” on your calendar in spare moments so you can be honest when you use this phrase.)

Wenn es dir schwer fällt, nein zu sagen, dann übe es. Vielleicht bei Freunden oder in der Familie. Du kannst sogar um Hilfe bitten, damit sie dich beim Nein-sagen unterstützen.

Den schönsten Satz sparte sich Juliet Funt für den Schluss auf: „Legacy is a story that has yet to be written, but you hold the pen.“ („Vermächtnis ist eine Geschichte, die noch geschrieben werden muss, aber du hältst den Stift.“)

Glücksaufgabe

Welches Vermächtnis willst du hinterlassen? Was schreibst du für eine Geschichte mit dem Stift in deiner Hand? Ein angepasstes Leben? Oder bist du unverschämt unterwegs?

Wie kannst du respektvoll NEIN sagen und dein Leben leben?