Jeder will gesehen werden

Gestern durfte ich am Berner Bildungstag teilnehmen. Ein eindrücklicher Weiterbildungsanlass mit 6’000 Lehrpersonen in der Bieler Tissot-Arena.

Da ich noch nie dabei war und die Welt der Lehrpersonen nur von der politischen Behördenseite kenne, war ich sehr gespannt, was mich da unter dem Tagungsmotto „Menschenverstand“ erwarten würde.

Was ich erlebt habe, hat mich überzeugt: inhaltlich top, gute Präsentation, ansprechende musikalische Umrahmung mit dem James Gruntz Trio und drei fantastische Referenten: Prof. Dr. med. Joachim Bauer, Neurowissenschaftler, Arzt und Psychotherapeut; Kathrin Altwegg, Professorin für Weltraumforschung an der Universität Bern sowie Dennis Lück, Chief Creative Officer bei der Kommunikationsagentur Jung von Matt/Limmat und Werber des Jahres 2017.

Was Joachim Bauer aus den Neurowissenschaften erzählte, ist nicht nur für das Klassenzimmer relevant – Führungspersonen sollten sich die Erkenntnisse aus der Forschung unseres Gehirns genauso zu Herzen nehmen wie die Lehrpersonen.

Was der gesunde Menschenverstand schon längst weiss, wird auch durch Studien der Neurologie bewiesen: Jeder Mensch will gesehen werden!

Einerseits wird unser neuronales Motivations-/Belohnungssystem im Gehirn durch Bewegung, Sport und Musik stimuliert. Anderseits geschieht genau dies auch durch Gesehen-Werden, Akzeptanz und Freundlichkeit.

Die körpereigene Botenstoffe – unsere Glückshormone Dopamin, Opioide, Oxytozin – steigern unsere Motivation und Anstrengungsbereitschaft.

„Nimm mich wahr!“

Wir alle wissen, wie es sich anfühlt, wenn man übergangen und übersehen wird. „Das fünfte Rad am Wagen“, sagt man. Irgendwie fühlt man sich unnütz, fehl am Platz, überflüssig. Frust oder gar Sinnkrise können die Folgen sein.

Das wünschen wir uns nicht. Und so soll es weder den Kindern in der Schule noch unseren Mitarbeitenden oder ganz allgemein unseren Mitmenschen gehen.

Was sind nun also die Merkmale von diesem „Gesehen-Werden“, das wir uns für uns selbst wünschen und bei anderen bewirken möchten?

Prof. Joachim Bauer hat in die volle Tissot-Arena folgende einfache Merkpunkte eingeworfen:

Im Blickfeld: Die Person des Kindes/des Jugendlichen

Wir sind nicht nur „Hirn“ oder Leistung – wir wollen als gesamte Person wahrgenommen werden. Und das gilt nicht nur für Kinder!

Sprache und Körpersprache der Lehrkraft

Wir wissen: Wir können nicht nicht kommunizieren (Watzlawick). Was wir sagen, nicht sagen oder tun, resp. nicht tun, erzeugt im Gegenüber Resonanz. Kommuniziert meine Körpersprache, dass dies hier kein guter Ort zum Sein ist, wird die Motivation im Klassenzimmer, am Arbeitsplatz, am Familientreff … nicht gerade einen Steigerungslauf hinlegen. (Bauer brauchte das Beispiel der Lehrperson, die während dem Dozieren ständig zum Fenster rausschaut und damit sagt: Eigentlich wäre da draussen jetzt der bessere Ort zum Sein.)

Angemessene Dosierung von Lob

Lob beflügelt uns – kann aber in Überdosis auch süchtig machen. Wir wollen ja nicht Leute abhängig von uns oder unserem Lob machen.

Beachtung der Gruppendynamik

Ob Arbeitsplatz, Familie, Verein oder eben Klasse – wir sind immer Teil von einem System und stehen vor der Herausforderung, dass in diesem System jeder seinen Platz findet und nicht übergangen wird.

Die Kunst wertschätzender Kritik

Das ist wahrlich eine Kunst. Wahrscheinlich hat sie mit unserem Selbstverständnis als Lehr-/Führungsperson zu tun: Verstehe ich mich als Polizist oder als Förderer?

Verzicht auf Beschämung, Blossstellung oder Lächerlich-Machen 

Wie schnell belustigt man sich – auch als Führungsperson und in einer Vorbildfunktion – auf Kosten anderer?
Geht gar nicht! Wir wissen nicht, hinter welchem Mitlachen eine verwundete Seele weint.
Noch schlimmer als nicht gesehen zu werden, ist es wohl, wenn wir als Mobbingopfer abgestraft und zur allgemeinen Belustigung beschämt, blossgestellt und beschimpft werden.

Glücksaufgabe

Ganz ehrlich: Fühlst du dich im Moment gesehen? Oder übergangen?

Falls du dich übersehen fühlst: Wie kannst du diesen Zustand ändern? Wie bringst du dich selbst zur Wirkung? Wo machst du dich unnötig „unsichtbar“?

Und was tust du, um anderen das Gefühl von „Ich werde gesehen!“ zu verleihen? In welchem der vorgestellten Merkmalen willst du dich konkret verbessern?

Menschenwürdige Unternehmung

Vor zwei Jahren hatte ich am Entrepreneur Forum Seeland das Vergnügen, Bodo Janssen kennen zu lernen. Sein Referat traf ins Schwarze: „Betreiben wir Wertschöpfung durch Ausnutzung oder Wertschöpfung aus Wertschätzung?“

In einer Pause sprachen wir kurz über mein GlücksBuch, das ich ihm kurz davor geschenkt hatte. Er zeigte sich begeistert über die kurzweilige, einfache Form des Buches und sofort war klar, dass wir uns für dieselben Anliegen stark machen: Mehr Erfüllung und Zufriedenheit im Leben – auch im Berufsleben.

Einige Tage später schickte er mir seinen Bestseller Die stille Revolution zu. Mit Faszination habe ich das Buch über seine persönliche und unternehmerische Geschichte gelesen.

Nach dem Tod seines Vaters hatte er die Führung der elterlichen Hotelkette übernommen. – Und ist in Bezug auf die Mitarbeiterführung vorerst gründlich auf die Nase gefallen: Die Mitarbeiterbefragung ergab ein vernichtendes Ergebnis für den Chef.

Dies war jedoch nicht etwa das Ende. Im Gegenteil: Es war der Ausgangspunkt für „eine der beeindruckendsten Wandlungen der deutschen Management Geschichte!“, wie es das Magazin „Harvard Business Manager“ ausdrückte.

Nach Rückzug ins Kloster, Selbstreflexion, einüben einer gesunden Selbstführung war Bodo Janssen bereit für das, was heute Der Upstalsboom Weg bekannt ist.

Entstanden ist eine beeindruckende Unternehmenskultur, in der Mitarbeitende nicht einfach ein Kostenfaktor sind, sondern in erster Linie Menschen, die geachtet und wertgeschätzt werden. Viele von ihnen reden heute von Familie, wenn sie an ihren Arbeitsplatz denken.

„Vom wirtschaftlich geprägten Unternehmen haben wir uns zu einem menschen- und werteorientierten Unternehmen gewandelt“, so nennen sie es selbst und erzählen Interessierten gerne von ihren Erfahrungen.

Inzwischen ist sogar ein Kinofilm zu diesem faszinierenden Kulturwandel entstanden:

Natürlich habe ich nach unserer ersten kurzen Begegnung den Weg von Bodo Janssen aus der Ferne mit grossem Interesse weiterverfolgt. Und mich sehr gefreut, als er zusammen mit Anselm Grün ein weiteres Buch herausgegeben hat: Stark in stürmischen Zeiten.

Ein Buch für Führungskräfte, die begriffen haben, dass sie zuerst die Kunst der Selbstführung beherrschen sollten, bevor sie andere führen wollen.

Zugegeben, dieses Buch fand ich im Vergleich zum ersten Janssen-Buch streckenweise etwas langatmig und ich wurde nicht im selben Mass in Bann gezogen. Doch es gab immer wieder wertvolle Perlen auf dem Weg zu den letzten Seiten.

Und die haben es in sich. Während in der Mitte des Buches das Prinzip Führen durch Fragen vorgestellt wird, sind es genau diese Fragen, mit denen die beiden Leadership-Experten den Leser am Ende auf seinen eigenen Weg schicken:

Was möchtest du mit deinem Unternehmen den Menschen geben?

Gibst du Hoffnung auf ein gutes Leben?

Fühlen sich die Menschen in deinem Unternehmen verstanden?

Was für eine andere Unternehmenskultur hätten wir an manchen Stellen, wenn wir genau mit diesen Fragen unsere Organisationen führen würden? Mit solchen Fragen kommen wir zurück auf den Kern des Problemes: Existieren die Menschen für die Unternehmen? Oder sind die Unternehmen für die Menschen da?

Und das geht uns alle an! Wir brauchen nicht mit dem Finger auf die Grossunternehmen zu zeigen und uns an übertriebenen Bonuszahlungen aufzuregen.

Wir fragen besser, wie wir unser „Unternehmen“ führen, was wir aus unserem Einfluss (Denn: Jeder hat Einfluss!) machen: Gestalten wir unsere Familie, unseren Verein, unsere Kirche, unsere Freundschaften … menschenwürdig? Was geben wir den Menschen? Welche Hoffnung geben wir weiter?

Oder geht es uns am Ende doch bloss um unseren eigenen Profit?

Es folgen weitere tolle Fragen am Ende des Buches Stark in stürmischen Zeiten. Nur so viel sei hier noch „ausgeplaudert“:

Es beginnt mit Stille: Kann ich mich selbst aushalten?

Geht über Klarheit: Weiss ich, was ich will?

Und braucht Verletzlichkeit: Spiele ich Rollen – oder darf ich Menschen (auch meinen Mitarbeitenden) so begegnen, wie ich wirklich bin?

Glücksaufgabe

In diesem Artikel hat es viele gute Fragen. Wenn du es mit dem Glück – dem persönlichen, dem deiner Unternehmung und dem deiner Mitmenschen – ernst meinst, nimm die Frage mit in einen stillen Moment.

Und wenn du weitergraben willst, empfehle ich dir eines der erwähnten Bücher:

Die stille Revolution von Bodo Janssen

Stark in stürmischen Zeiten von Bodo Janssen und Anselm Grün

Glück finden – hier und jetzt von Stefan Gerber

Hast du „Grit“?

Heute ist ein guter Tag! Nein, der EHC Biel hat sich leider (noch) nicht für den Eishockey-Playoff-Final qualifiziert, aber ich bin trotzdem in freudiger Stimmung.

In einem Projekt, das mich als Gemeinderat seit ca. zwei Jahren stark beschäftigt, durften wir heute das Erreichen des zweitletzten Meilensteins feiern und nach intensiver Erarbeitungsphase die konkrete Umsetzung einläuten.

Zusammen mit externen Fachexperten hatten wir in der Projektgruppe eine klare Verlaufsplanung skizziert. Doch die Praxis hält sich bekanntlich selten an die Theorie: Fortlaufende Anpassungen waren nötig, Umwege mussten in Kauf genommen und Überzeugungsarbeit musste geleistet werden.

Es wurden unzählige Dokumente entwickelt, überarbeitet und von den zuständigen Stellen abgesegnet. Die „Papiere“ sind das Eine. Hinter solchen Dokumenten stehen Menschen aus Fleisch und Blut. Das heisst: Auch wenn es im Prinzip um etwas Technisches, um eine Sache, geht, werden ganz viele Emotionen geweckt.

In den letzten Tagen bevor der Souverän über Sein oder Nicht-Sein des Projektes zu entscheiden hatte, kochten die Emotionen besonders hoch: WhatsApp- und Telefon-Aktionen, Zeitungsartikel, Unterstellungen und Falschinformationen …

Am Ende kam es gut – der deutliche Entscheid des Souveräns war eine Genugtuung und darum gab es an der heutigen Projektsitzung nach all der Arbeit Grund zur Freude.

Mit Grit und Ruhe zum Ziel

Alle Verantwortlichen in diesem Projekt waren sehr gefordert – und werden es auch weiterhin sein. In der Reflexion, warum wir diesen alles entscheidenden Meilenstein letztlich sehr souverän erreichen konnten, kann wohl festgehalten werden:

Trotz emotionalen Misstönen und teils scharfer Kritik überzeugten letztendlich bei einer differenzierten Auseinandersetzung die sachlichen Argumente.

Dass dies gelungen ist, lag, so wurde es uns zurückgemeldet, unter anderem auch daran, dass die Projekt-Verantwortlichen Ruhe ausgestrahlt haben, trotz Gegenwind nicht in einen „Hü-Hott-Modus“ gefallen sind und Schritt für Schritt vorwärts (auch über den einen oder anderen Umweg) gegangen sind.

Schön, wenn man solche Rückmeldungen erhält. Ich selbst wollte auf dem gesamten Weg die Ruhe bewahren, was mir innerlich bei weitem nicht immer gelang. Es freut mich sehr, dass es mir jedoch gelang, im entscheidenden Moment Ruhe auszustrahlen und ich mich nicht auf emotionale „Spielchen“ einliess.

In früheren Projekten ist mir das nicht immer nach Wunsch geglückt – vielleicht werde ich tatsächlich nicht nur älter, sondern auch reifer …

Und eben: Grit! Es braucht so was von Grit, wenn man in grossen Projekten bis zum Ende durchhalten will, bis zum Ziel auf dem Weg bleiben will.

Als ich 2015 am Global Leadership Summit erstmals das Wort „Grit“ hörte, brauchte ich eine Weile, bis ich verstand, was gemeint war: Weder meine Sitznachbarn mit besseren Englischkenntnissen, noch der Google Translater konnten helfen.

Wenn ich dort nämlich Grit eingebe, erscheint noch heute das Wort „Streugut“. Naja, was hat jetzt Leadership und Projektarbeit mit Streugut zu tun?

Es gibt aber eben auch die Bedeutung: Rückgrat und Mut. Ich würde sagen, es geht um Durchhaltewille, um die Kraft, trotz Gegenwind nicht aufzugeben.

Und so passt Streugut vielleicht doch ganz gut: Selbst auf dem Glatteis den festen Tritt nicht verlieren, Halt finden und Halt geben.

Glücksaufgabe

Ohne Grit werden wir vieles nicht erreichen, was wir in unserem Leben und Beruf erreichen könnten, wenn wir nur nicht zu früh aufgeben würden.

Darum: Egal welche Projekte du vor dir hast – Gegenwind wird dir eher früher oder später ins Gesicht blasen. Damit du dann standhaft bleibst, brauchst du Grit.

Was kann dir helfen, die Ruhe und diesen Grit nicht zu verlieren?

… ohne müde zu werden

Neulich lachte mich auf einem dieser blauen Plakate in gelber Schrift folgender Satz an: „Werdet nicht müde, Gutes zu tun.“

Es war tatsächlich, als hätte der liebe Gott mit diesem Plakat eine Message für mich bereit. Der Spruch stand in einer Serie von Ereignissen, die mir halfen, mich in einem Entscheidungsfindungsprozess zu orientieren.

Vielleicht ist dir der Gedanke, dass da ein Gott ist, der zu uns Menschen spricht – erst noch von einer Plakatwand – etwas fremd. Wie du zu dieser Idee stehst, spielt jetzt eigentlich auch gar nicht so eine grosse Rolle. Lass uns doch einfach mal über diesen Satz vom Plakat nachdenken.

Meine erste Reaktion auf den Satz ist: Genau, da haben wir sie wieder, die biblische Aufforderung zu einer calvinistischen Arbeitsmoral. „Schaffe, schaffe, Häusle bauen.“

Werdet nicht müde.
Macht keine Pause.
Vergeudet keine Zeit.
Schlaft nicht zu lange.
Gönnt euch keinen Luxus.

Hm, will mir Gott sagen, ich soll mich einfach (noch) mehr anstrengen?

Nein, in meiner Situation heisst es ganz einfach:
Gib nicht auf!
Bleib dran!

Und dann dreh ich den Satz um und frage mich: Wie kann ich dafür sorgen, dass ich beim Guten, das ich tue, nicht müde werde?

Plötzlich komme ich auf ganz andere Folgerungen:

Mach mal Pause.
Vergeude auch mal etwas Zeit.
Schlaf genug.
Gönn dir ab und zu einen Luxus.

Wenn ich nicht müde, ausgelaugt, ausgepowert, erschöpft werden will, bei dem, was ich alles an Gutes tue, muss ich eben das Tun auch mal ruhen lassen.

Ausgewogen leben heisst für mich nicht ein langweiliges, immer gleiches monotones Leben. Nein, es kann für mich heissen: Diese Woche gebe ich Vollgas, ein Termin jagt den nächsten, dafür sind die Tage danach mit viel freiem Gestaltungsraum ausgestattet. Ich habe Zeit für mich, Zeit für liegengebliebene Büroarbeit, Zeit für meine Familie.

Gutes tun

Noch einige Gedanken zum zweiten Teil des Spruches – „Gutes zu tun“. Was ist denn das Gute, das wir tun sollen?

Sich für das Gute, für mehr Mitmenschlichkeit, Nachhaltigkeit, Liebe und Gerechtigkeit einzusetzen, scheint mir allgemeingültig zu sein.

Aber ich glaube auch dran, dass wir – jeder für sich – unser individuelles „Gute“ haben. Ich meine: Ich habe meine persönliche Berufung im Leben und du hast deine eigene.

Und bei Berufung kommt mir unweigerlich die Kategorisierung in den Sinn, die ich bei Martin Seligman von der Positivien Psychologie entdeckt habe:

Tu ich einfach einen Job?
=> Geld verdienen, weil es halt einfach Geld zum Leben braucht.

Bastle ich an meiner Karriere?
=> Erfolg suchen, um möglichst schnell aufzusteigen und mehr Geld zu verdienen.

Lebe ich meine Berufung?
=> Meine Bestimmung – meinen Platz – finden, weil ich mehr von diesem Leben erwarte als Geld, Erfolg und Karriereschritte.

Letzte Woche sass ich in Budapest in einem Meeting, das mit einer Reflexionszeit gestartet wurde. Wie gut tut das, mitten im Betrieb, mitten in strategischem Denken, eine Pause einzulegen und sich übergeordneten (Lebens)Fragen zu stellen.

Und nochmals hatte ich, wie beim Plakat, den Eindruck, als wolle Gott etwas zu mir sagen: Bist du success driven oder calling driven? Orientierst du dich am Erfolg oder an deiner Berufung?

Erfolg gehört für mich in die obige Kategorie von Karriere: Was dient meiner Karriere, meiner erfolgreichen Entwicklung?

Meine Berufung zu leben, kann aber heissen, dass ich mich gegen den (schnellen) Erfolg entscheide, gegen die Karriere.

Und dafür nicht müde werde, das Gute zu tun – an dem Platz, an den ich hingestellt wurde.

Glücksaufgabe

Zwei Dinge zum Weiterdenken:

Was heisst „das Gute tun“ in deinem Leben? Wo ist dein Platz? Was ist deine Berufung?

Das Gute zu tun, seine Berufung zu leben, kann ganz viel Ausdauer erfordern: Wie kannst du dafür sorgen, dass du dabei nicht müde wirst?

Eine reife Führungsperson werden

Ich habe schon viele Leadership-Konferenzen besucht, Bücher für Führungspersonen gelesen und mich im Coaching mit Fragen Rund um Führung beschäftigt.

Das alles gab mir immer wieder wertvolle Inspiration, frische Motivation und auch konkrete Anstösse für meine Leitungsaufgaben.

Doch macht es mich zu einer reifen Führungsperson? Nicht automatisch. Nur das „Konsumieren“ von wertvollem Content macht uns nicht zwangsläufig zu einer reiferen Person.

Reifen tun wir an der Praxis, nicht an der Theorie. Wissen erlangen wir durch Bücher, Konferenzen, Inputs … Doch Reife braucht zwingend diese Alltagserfahrungen, ein Übungsfeld, Erfolge und Niederlagen, die wir wiederum reflektieren können, damit unseren Erfahrungsschatz nähren und so – hoffentlich – beginnen zu reifen.

Das Praxisfeld als Bewährungsprobe: In der Theorie funktioniert vieles. Aber in der Praxis zeigt sich, was die Theorie wirklich „wert“ ist.

In einem Talk wurde ich neulich gefragt, was denn reifes Leadership für mich bedeutet. Im Gespräch habe ich diese Frage so beantwortet:

Für mich hat das vor allem mit ehrlicher Leiterschaft zu tun und bedeutet, dass ich auf der Bühne nicht etwas spiele, das ich nicht bin. … Was es braucht, damit man eine reife Persönlichkeit ist, ist Reflektiertheit:  sich immer wieder in die Stille zurückziehen, gute Leute um sich haben, die einem ins Leben reden können. Es ist schwierig, einem erfolgreichen Geschäftsmann oder Pastor – eigentlich egal in welchem Bereich – einen blinden Fleck aufzuzeigen.

Auch wenn ich etwas länger darüber nachdenke, bleibe ich bei dieser Antwort. Und es ist genau das, was ich eben nur in der Praxis erhalte: Erfahrungen sammeln und daraus lernen.

Anders gesagt: Etwas anpacken, Leute für eine Idee begeistern, eine Gruppe zum Erfolg führen, sich am Erreichten freuen, nächste Schritte gehen, scheitern – hinfallen -, wieder aufstehen, Neues ausprobieren …

Und dies alles nicht in wildem Aktivismus, sondern immer wieder reflektiert, von Freunden oder von einem Coach begleitet, aus Erfahrungen lernen, sich selbst bleiben – oder überhaupt erstmal seinen eigenen Stil finden.

All das bekomme ich nicht auf Konferenzen oder wenn ich versuche, einen meiner Leadership-Helden zu imitieren.

Und trotzdem sind Konferenzen und Vorbilder für mich unverzichtbar: Ich bekomme da frische Ideen, neue Inspiration und die Einladung, dies alles durch die Brille meiner eigenen Erfahrungen zu betrachten.

Erfolge, Fehler, Ideen, Konzepte … von anderen machen mich nicht zu einer reifen Persönlichkeit, aber sie können meinen Horizont weiten und mir Ansporn auf meinem Weg sein – hinfallen, aufstehen, ausprobieren, reüssieren, feiern – ein Schritt nach vorne, einer zurück.

Ich glaube, das Leben selbst lässt uns reifen – ganz allgemein als Persönlichkeit. Und als Führungspersönlichkeit im speziellen, wenn wir unsere Leitungsfunktion wahrnehmen, ehrlich bleiben, nichts vorspielen und uns zwischendurch am Wegrand niederlassen und unser Leiten reflektieren.

Unsere Gesellschaft – ob Politik, Wirtschaft, Kirche – wird leider noch zu oft von Menschen geprägt, die aus ihrer Funktion und Machtposition heraus führen – und nicht aus ihrer Reife.

Ich wünsche mir mehr reife Menschen.
Und mehr reife Führungspersönlichkeiten.

Glücksaufgabe

Reife ist kein schnelles Glück, aber es ist ein nachhaltiges Glück. Versuche aus deinen täglichen Schritten, aus allem Scheitern und aus allen Erfolgen, zu lernen: Sammle nicht bloss Theorie, lege dir ganz bewusst einen Erfahrungsschatz an!

Und sei ehrlich zu dir und zu anderen. Das befreit!

(Das Interview von Livenet mit mir zum Nachlesen und in voller Länge zum Anschauen.)

 

Schwierige Gespräche führen

Im letzten Blogartikel schrieb ich über die sehr interessante Ausstellung „Fake. Die ganze Wahrheit“ im Stapferhaus Lenzburg und schloss den Artikel mit dem Gedanken, dass wir den schwierigen Gesprächen nicht aus dem Weg gehen sollten.

Das schreibt sich so einfach. Hand aufs Herz: Wie gut bist du darin, die schwierigen Gespräche wirklich zu führen? Öfter als mir lieb ist, mache ich erstmal einen Bogen um solche Gespräche: Da ist eine unbefriedigende Situation, die eigentlich angesprochen werden sollte, aber da gibt es so einiges, das mich hindert, diese Gespräche zu führen.

Was, wenn ich die richtigen Worte nicht finde?

Was, wenn mir meine Emotionen einen Strich durch die Rechnung machen?

Was, wenn mich mein Gegenüber nicht versteht?

Was, wenn durch das Gespräch mehr Geschirr zerschlagen wird, als dass es zur Klärung führt?

Was, wenn durch das Gespräch Beziehungen in Brüche gehen?

Doch oft sind eben gerade diese schwierigen Gespräche auch nötige Gespräche. Darum machen wir besser keinen Bogen um sie.

Am Global Leadership Summit diesen Summer sagte es Sheila Heen so: „The difficult conversations in our lives are often the most important conversations in our lives.“ (Die schwierigen Gespräche in unserem Leben sind oft die wichtigsten Gespräche in unserem Leben.)

Zum Glück unterstrich sie nicht nur die Wichtigkeit solcher Gespräche, sondern gab uns auch einige Hilfestellungen dazu, wie wir in diese Gespräche gehen können.

Alles steht Kopf

Die besondere Herausforderung schwieriger Gespräche ist ja selten die Sachebene: Da gibt es Argumente, die sachlich besprochen werden und wir im Verlauf des Gespräches hoffentlich eine Einigung finden können (Selbst wenn die einzige Einigung ist, dass wir uns in dieser Sache nicht einig sind.).

Wirklich schwierig sind unsere Gespräche hinter den Gesprächen – die Gedankenspiele in unserem Kopf. Wunderbar veranschaulicht hat uns diese die Filmindustrie mit dem Animationsfilm Alles steht Kopf.

In Konfliktsituationen drehen sich unsere Gedanken oft um Fragen wie diese:

Wer hat Recht?

Wessen Fehler ist es?

Was motiviert den anderen? (Was ist sein Antrieb?)

Und je frustrierter wir über eine Person sind, umso negativer spielen wir die Story in unserem Kopf durch.

Eine erste Hilfe wird da sein: Wir können unsere Gefühle nicht an der Garderobe abgeben. Selbst im beruflichen Umfeld nicht und schon gar nicht in der Partnerschaft und im Familienleben.

Es bringt also nichts, wenn wir die Beziehungs– und Emotions-Ebenen ausblenden. Im Gegenteil! Gefragt ist ein transparenter Umgang damit, das Ansprechen von Gefühlen und das Eingeständnis, dass möglicherweise eine weitergehende Konversation nötig ist. Wir können die Angelegenheit nicht mit einer kurzen Besprechung abhacken.

Sheila Heen ermutigte mit ihrem Referat, die verborgene Ebene im gemeinsamen Gespräch ans Licht zu bringen. Und zwar in dem wir die obigen Fragen aus unserem persönlichen Gedankenspiel ins Gespräch bringen:

Wer hat Recht?
-> Gespräch über die Frage: „Was denken wir beide, um was es hier geht?“

Wessen Fehler ist es?
-> Gespräch über die Frage: „Was haben wir beide zur Situation beigetragen?“

Was motiviert den anderen?
-> Gespräch über die Frage: „Was wollen wir (gemeinsam) bewirken?“

Zu oft sind unsere Gespräche eigentlich zwei unterschiedliche Konversationen: Zwei Themen, zwei Sprecher, null Zuhörer.

Lass uns das ändern!

Glücksaufgabe

Nein, das Führen von schwierigen Gesprächen ist nicht gerade eine Glücksaktivität. Doch wenn wir einen Bogen um diese Gespräche machen, wird sich unser Glücksniveau auch nicht steigern.

Glücksgefühle machen sich breit, wenn wir uns den schwierigen Gesprächen stellen und diese konstruktiv führen konnten.

Welches Gespräch solltest du noch vor Jahresende führen?
Und wie willst du es angehen?

 

Ab dieser Woche wird mein GlücksBlog nicht mehr wöchentlich sondern ca. 14täglich erscheinen.

Meine Arbeit tut mir gut

Neulich betete ein Vorschulkind aus unsrem Bekanntenkreis: „Lieber Gott, bitte mach, dass niemand mehr arbeiten muss. Nicht der Bäcker, nicht die Putzfrau und auch nicht der Chirurg. Amen.“

Oje, dachte ich, als unsere Tochter, die diese Szene miterlebt hatte, davon erzählte. „Was für ein Bild von Arbeit hat dieses Kind wohl aufgeschnappt?“, war mein Gedanke.

Und überhaupt: Was für ein Bild von Arbeit vermitteln wir eigentlich unsern Kindern?

In den letzten Jahren durfte ich für die Elternzeitschrift Family regelmässig eine Kolumne schreiben. In dieser „Tankstelle“ erzählten in jeder Ausgabe jeweils ein Mann und eine Frau, wie sie im Alltag auftanken.

Es ist bezeichnend, dass in diesen Tankstellen oft von Auftanken im Zusammensein mit lieben Freunden geschrieben wurde; aber wer hat schon davon erzählt, wie er bei der Arbeit auftankt?

Doch genau das tue ich! Nicht immer, aber immer wieder.

Wenn nach einem arbeitsreichen Tag meine To-Do-Liste am Abend länger ist als am Morgen, dann frisst die Arbeit tatsächlich meine Energie, der Tank ist leer.

Gott sei Dank gibt es auch die anderen Tage: Da schreibe ich einen Artikel oder eine Predigt und erlebe dabei diesen schönen Zustand, den die Psychologie „Flow“ nennt.

Es fliesst, die Zeit geht vergessen, ich gehe in meiner Arbeit auf, das Rundherum verliert an Bedeutung. Ein weiteres Kennzeichen von solchen Flow-Momenten ist, dass ich mich selbst am Resultat freue, noch bevor ich von aussen ein Feedback erhalte.

Ich liebe es, wenn ich meine Stärken einbringen kann und damit einen Unterschied mache – in der Kirche, in meinem Dorf, in der Gesellschaft.

Wie gesegnet ist der Mann (die Frau), der seine (die ihre) Berufung gefunden hat und Arbeit nicht einfach ein so genannter „Broterwerb“ ist?! Mark Twain nannte es so: „Je mehr Vergnügen du an deiner Arbeit hast, desto besser wird sie bezahlt.“ Das deckt sich zwar bisher nicht unbedingt mit meiner Erfahrung. Ich ertappe mich aber ab und zu bei diesem Gedanken: „Das macht so viel Freude, ist das wirklich noch Arbeit?“

Wer hat uns den gelehrt, dass Arbeit keine Freude machen darf?

Als wir im Frühjahr erstmals eine Konfirmation in unserer fx Netzwerkkirche feiern durften, war das eine Tankstelle für mich. Und nicht nur, weil auch unsere Tochter konfirmiert wurde. Aber zu sehen, wie sich die jungen Erwachsenen entwickelt haben, wie sie konkrete Schritte in ihrem Glauben gehen, wie sie sich in der Gemeinde engagieren und mitzuerleben, wie die vielen Besucher positiv auf unsere kreative Kirche reagierten, das alles war ein Genuss für mich als Pfarrer.

Solche Momente sind Lohn für all die Tage, an denen Arbeit nur Energie kostet. Und solche Tage erinnern mich daran, dass unsere Arbeit nicht einfach Mühsal ist. Wenn wir unsere Stärken einbringen, unsere Leidenschaft leben und uns in einem uns entsprechenden Umfeld bewegen können, werden wir immer wieder „Flow“-Erfahrungen machen. Und dabei erleben wir, wie sich unser Tank füllt und unsere Zufriedenheit steigt.

Glücksaufgabe

Hand aufs Herz: Macht dir deine Arbeit Freude?

Wenn ja: Dann geniess es und lass es fliessen!

Wenn nein: Was kannst du tun, damit du mehr Flow in deiner Arbeit erlebst?

Anregungen dazu, wie du deinem Traumjob näher kommst, findest du auch im GlücksBuch, das gerade seinen dritten Geburtstag gefeiert hat.

Nach wie vor erhalte ich tolle Feeedbacks zum GlücksBuch. Zum Beispiel diese:

Ich habe dein Buch gestern in einem Zug gelesen. Es hat mich in einen Zustand der Demut gebracht. Ich bin der Meinung es sollte eine Pflichtlektüre für alle sein! Bestimmt werde ich es immer wieder zur Hand nehmen, denn es gibt immer wieder Momente wo damit das Bewusstsein auf die wirklich wichtigen Dinge geschärft werden kann.
Marc Meichtry, dipl. Treuhandexperte / Gemeindepräsident

 

 

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Dieser Artikel ist zuerst als Kolumne im Magazin Family erschienen.

Vertrau nie deinem Erfolg!

If it can happen to Nokia, it can happen to you too.

Mit dieser Feststellung führte uns Ramsmus Ankersen beim Global Leadership Summit 2018 in sein Thema ein.

Die Nokia-Story und unzählige weitere Geschichten von Unternehmen, die sich auf ihrem Erfolg ausruhten, arrogant, selbstzufrieden und schliesslich träge wurden, sind eine deutliche Warnung für uns alle: Wenn es ihnen passieren konnte, sind vielleicht auch wir nicht davor gefeit.

Es passiert genau in den Momenten, in denen alles so glatt läuft, wir am besten sind, ein Flow auf den letzten folgt.

Genau da stehen wir in Gefahr, dass lauter „Fliessen“ plötzlich der Erfolg davon fliesst.

Nicht unbedingt, weil unser Produkt, unsere Dienstleistung oder unser Einsatz nicht mehr gut wären. Im Gegenteil: Sie können nahezu perfekt sein.

Das Nokia 3210 war perfekt für seine Zeit. Es war innovativ und unzerstörbar.

Wenn man die Konkurrenz abhängt, sind nicht mehr die Mitbewerber die grössten Hindernisse für den Unternehmenserfolg, sondern die Vorgänge in der Firma selbst. Wir werden zu unseren grössten Konkurrenten.

Wer beginnt Erfolg zu verwalten, hat seine Führungsposition eigentlich schon verloren. Vielleicht versuchen wir unser Produkt, unsere Dienstleistung in den kleinsten Details zu verbessern, Prozesse werden immer besser gemanagt, Produktivität steigt während Kosten sinken …

Gleichzeitig fehlt es an visionärem, vorausschauendem Leadership.

Der Erfolg von heute wird zur Fallgrube von morgen.

Warum? Wie gesagt: Das Nokia 3210 war perfekt für seine Zeit.

Während wir uns auf unsrem Erfolg ausruhen oder hart daran arbeiten, noch besser zu werden, versäumen wir möglicherweise die Zeichen der Zeit.

Man sagt, die besten Kutschen wurden hergestellt, als das Auto erfunden wurde.

Das Problem war nicht, dass die Kutschen nicht gut gewesen wären. Die waren perfekt.

Aber ihre Zeit war vorbei! Mit dem Auto brach eine neue Ära an.

Das Nokia 3210 war super – aber seine Zeit war irgendwann vorbei. Und darauf war Nokia nicht vorbereitet.

Erfolg kritisch hinterfragen

Wer Erfolg hat, hat Recht. Ob im Sport, der Wirtschaft oder gar in der Kirche. Offensichtlicher Erfolg – Tabellenplatz, Umsatzzahlen oder volle Kirchenbänke – sind der beste Beweis dafür, dass man etwas richtig macht.

Und so betiteln wir den Erfolgreichen als Genie.

Nur: Erfolg ist zufälliger, als wir denken! Eindrücklich zeigte Rasmus Ankersen dies an Hand von Beispielen aus dem Sport. Newcastle United beispielsweise spielte 2011/12 eine super Fussballsaison, man sprach schon von einer neuen Ära – und stürzte in der darauffolgenden Saison ab.

Die Daten hätten zeigen können, dass der Erfolg von Newcastle United zu einem grossen Teil auf glückliche Umstände zurückzuführen war.

Doch im Erfolg wollen wir solches nicht hören. Kritische Fragen stellen wir in der Regel nur, wenn der Erfolg ausbleibt.

Das ist ein grosser Fehler: Genauso kritisch wie wir den Misserfolg analysieren, sollten wir den Erfolg hinterfragen.

„Never trust success“, sagte Ankersen dazu.

Unser Erfolg sagt vielleicht einfach, das gerade alles stimmt: Unser Angebot, Bedürfnisse der Leute, Bekanntheit, glückliche Umstände …

Aber das kann morgen schon wieder anders sein!

Darum: Ruhe dich nicht auf dem Erfolg von heute aus, sondern bleibe aufmerksam und erkenne, wenn sich die Zeiten (Bedürfnisse) ändern!

Glücksaufgabe

In welcher Branche du auch immer tätig bist, werde dir bewusst, wer deine wahre Konkurrenten sind: Die Konkurrenz der Kutschen-Hersteller waren nicht die anderen Kutschen-Hersteller, sondern die aufkommende Automobilindustrie.

Wo stehst du dir selber im Weg weil du an deinem Erfolg von gestern festhältst, statt zu fragen, was morgen gefragt sein wird?

Und wenn du nicht Unternehmer bist, kannst du dich für deine berufliche Entwicklung fragen, welche nächsten Schritte dich selbst zukunftsfähig machen.

From WHY to WOW to HOW

Lass es mich gleich zu Beginn sagen: Wenn das WHY klar ist, schaffst du fast alles.

Wenn du hingegen die Warum-Frage nicht befriedigend geklärt hast, wird jede kleinere oder grössere Herausforderung auf dem Weg zu einem potenziellen Stolperstein.

Ich hab letzte Woche schon von unseren Happy Kids Days erzählt. Es war einfach genial – bestes Wetter, super glückliche Kinder und ein motiviertes, engagiertes Mitarbeiterteam.

Doch einige Tage vor den Happy Kids Days erhielt ich eine irritierende Nachricht: „Du, wir haben noch gar nicht abgemacht, was ich für meinen Einsatz verdiene …“ Ein blödes Missverständnis: Die gemeinnützige Kinder- und Familienanimation von Happy Kids basiert, neben der Projektleitung, auf Freiwilligenarbeit.

Und zwar wirklich frei und willig und ohne finanzielle Anreize.

Das ist für das 20köpfige Mitarbeiterteam auch selbstverständlich – einige nehmen sogar extra Ferien dafür.

Doch so selbstverständlich dies vielleicht für uns ist, so aussergewöhnlich scheint es scheinbar heute in unserer Gesellschaft zu sein, dass man die WHY-Frage nicht mit Geld beantwortet.

Obwohl das auch nicht ganz korrekt ist. Es gibt auch einen sehr starken Gegentrend: Gerade für viele junge Leute ist die alte Gleichung „Leistung gegen Geld“ nicht mehr genug.

„Dieser Weg wird kein leichter sein“

Mir war das irgendwie von Anfang an nie genug. Kaum fertig mit der Banklehre kündigte ich den Geldjob und wollte mich weniger mit Geld dafür mehr mit Menschen abgeben.

Wäre Xavier Naidoo damals schon unterwegs gewesen, hätte er mir wohl ins Ohr geflüstert: „Dieser Weg wird kein leichter sein!“

Nein, leicht ist mein Weg bis heute nicht. (Welcher Weg ist das schon?)

Doch was hält uns daran, diesen steinigen Weg der eigenen Berufung zu gehen?

Mehr zu wollen, als einfach einen Job auszufüllen.

Mehr zu wollen, als einfach Geld zu verdienen.

Mehr zu wollen, als Karriere zu machen.

Dieses Mehr ist einerseits ein grossartiges WHY – die Klärung der Sinnfrage.

Warum tue ich, was ich tue?

Was ist der übergeordnete Sinn hinter meinem Handeln?

Und anderseits ist es eine Vision, die uns lockt. Das Bild einer veränderten Zukunft, das uns anzieht, motiviert, vorwärts drängt.

Einer, der immer wieder Mut macht, hartnäckig an der Vision dran zu bleiben, an das Mehr zu glauben, ist der Leadership-Experte John C. Maxwell.

Am GLS forderte er uns heraus: „See the bigger picture.“ Und dass wir auf unserem Weg weitergehen und uns entwickeln sollen. „Ruh dich nicht aus auf dem, was du vor fünf Jahren erreicht hast.“

Das kann ich nur, wenn das WHY stark genug ist. Und wenn ich auf diesem Weg immer wieder WOW-Momente habe.

Das sind die Momente, wo ich gar nicht über Sinn und fehlendem Sinn nachdenken muss. Es ist einfach so sinnerfüllt, so genial, so berührend, dass es mir mehr gibt, als jeder Geld-Check.

Und erst wenn WHY und WOW da sind, sprechen wir übers HOW.

Wie tun wir das, was wir tun?

Wie werden wir besser in dem, was wir tun?

Know-HOW ist gut, aber zuerst muss das Know-WHY klar sein!

Glücksaufgabe

Was in deinem Leben würdest du keine Sekunde länger tun, wenn du dafür kein Geld bekommen würdst?

Und was würdest du tun, wenn das Geld absolut keine Rolle spielen würde – es wäre genug da, um deine Träume zu leben?

Mit diesen beiden Fragen wirst du deinem WHY im Leben ein grosses Stück näher kommen.

Better together

Gerade ist Happy Kids Days-Woche. Die schönste Woche im Kalender der sozial-diakonischen Kinder- und Familienanimation, welche ich zusammen mit meiner Frau leite.

Happy Kids Days – das sind vier energiegeladene, kreative Nachmittage mit 60 Kinder und gegen 20 freiwillig Mitarbeitenden.

Vorwiegend Mitarbeiterinnen. Traurige Wahrheit: Während ich in Vorständen und Gremien in die Runde schaue und der Frauenanteil viel zu oft (welche Schande!) gegen null Prozent tendiert, treffe ich in der Freiwilligenarbeit vorwiegend auf Frauen.

Ich mag mich jetzt gar nicht aufs Glatteis begeben und vermeide die Ursachenforschung …

Lieber schaue ich vorwärts: Better together!

Wir brauchen Frauen in Vorständen und Führungsgremien!

Und wir brauchen Männer in der Freiwilligenarbeit. Auch gerade in solchen Projekten wie unseren Happy Kids Days. Kinder, besonders die Buben, lieben es, wenn zum Beispiel ihre Kleingruppe von einem Mann geleitet wird.

Better together!

Ich weiss nicht, ob es biblischer Humor ist oder bloss eine sachliche Feststellung. Jedenfalls kam Gott nach dem Schöpfungsakt zur Einsicht, dass es nicht gut ist, wenn das „starke Geschlecht“ auf sich alleine gestellt ist:

Gott, der HERR, sagte: »Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will ihm jemanden zur Seite stellen, der zu ihm passt!«

Better together!

Das bestätigen auch viele Studien. Teams mit einer guten Durchmischung sind tatsächlich besser als reine Männer- oder Frauenteams.

Und die abtretende Bundesrätin Doris Leuthard erinnert sich in der NZZ am Sonntag an die Zeit, als in der Schweizer Regierung die Frauen kurzfristig in Überzahl waren:

Mit der Frauenmehrheit im Bundesrat haben wir mutigere Entscheide gefällt als vorher und nachher. … Ich habe allgemein die Erfahrung gemacht, dass sich Frauen in Exekutivämtern weniger in ein parteipolitisches Korsett stecken lassen als Männer. Sie sind in der Regel vorab der Sache verpflichtet und gut vorbereitet.

Doch mir ist eigentlich egal, ob Frauen- oder Männermehrheit. Hauptsache gute Durchmischung. Denn: Wir sind einfach besser zusammen!

Imagine a better world

Aus sehr aktuellem Grund war das Miteinander der Geschlechter auch am Global Leadership Summit 2018 ein Thema. Der Vortrag von Danielle Strickland forderte heraus, sich in mitten von #metoo mit all den Verfehlungen, Anschuldigungen sowie Verwirrungen und Irrungen bezüglich Täter und Opfer eine bessere Welt vorzustellen:

It is a moment to create a better world,
a different world,
where we are better together!

Das #metoo-Thema ist zu komplex, um ihm hier gerecht werden zu können. Wenn ich hier also weder sexuelle Übergriffe noch Machtmissbrauch thematisiere, will ich diese hier nicht kleinreden. Im Gegenteil: Diese Macht- und Abhängigkeitsstrukturen sowie der ganze mediale Umgang damit sind schlicht zu komplex, um sie an dieser Stelle zum Thema zu machen.

Doch wie kann der Traum einer besseren Welt, in der Männer und Frauen auf eine gute Art zusammenwirken, wahr werden?

Danielle Strickland gab vier Schritte weiter. Und ich meine, dass sie nicht nur für die Zusammenarbeit der Geschlechter grundlegend sind, sondern überhaupt für jedes Miteinander als Team:

Erster Schritt: Glaube, dass es möglich ist!
Zum Glück gibt es neben den traurigen Storys von Anschuldigungen und Verfehlungen auch viele Beispiele, wo Männer und Frauen in gemischten Teams hervorragend zusammenarbeiten. Es ist nötig. Und es ist möglich!

Zweiter Schritt: Sei nicht ängstlich!
Angst lähmt. Sie ist der wahre Feind und darf darum nicht unser Antrieb sein.

Dritter Schritt: Starte jetzt und starte mit dir!
Menschsein heisst einzigartig sein. Bringe deine Einzigartigkeit – als Mann, als Frau – ein! Du wirst gebraucht! Und suche die Ergänzung in deinen Teams.

Vierter Schritt: Never, ever give up!
Ich sehne mich nach Teams. Und doch gibt es in jedem Team diesen Moment: „Och, was mach ich eigentlich da?“. Der „Teamweg“ ist von Auf und Abs geprägt, manchmal braucht es Veränderungen, doch gib den Traum der Zusammenarbeit – auch der Zusammenarbeit zwischen Mann und Frau – niemals auf!

Better together. Wir brauchen Teammenschen, keine Einzelkämpfer!

Glücksaufgabe

Eine bessere Welt ist auch eine glücklichere Welt. Was kannst du in deinem Umfeld konkret tun, damit Männer und Frauen mehr und besser zusammenarbeiten?